Familienfreundliche Maßnahmen rechnen sich

Familienfreundliche Maßnahmen rechnen sich für Unternehmen. Die Einsparpotenziale bewegen sich selbst für mittelständische Unternehmen in einer Größenordnung von mehreren 100.000 Euro. In der Kosten-Nutzen-Relation übersteigt der betriebswirtschaftliche Nutzen – auch kurzfristig betrachtet – die Investitionen.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen“ der Prognos AG, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben hat.
Die Studie steht im Kontext der von DIHK und Bundesregierung angestoßenen „Allianz für die Familie", die von wichtigen Promotoren aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaften unterstützt wird.
Auf der Grundlage von Controllingdaten von zehn beispielhaften Betrieben wurden die Wirkungen von familienfreundlichen Maßnahmen untersucht. Die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen erfolgte im Rahmen einer realitätsnahen, aus den Daten der analysierten Unternehmen abgeleiteten Modellrechnung für eine fiktive „Familien GmbH" mit 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer dem Bundesdurchschnitt entsprechenden Belegschaftsstruktur. Dabei ergibt sich bei einem Aufwand für familienfreundliche Maßnahmen in Höhe von etwa 300.000 Euro eine Kosteneinsparung von 375.000 Euro. Das heißt: ein monetärer Vorteil von 75.000 Euro.
Die Studie berücksichtigt Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einem engen Sinne; betrachtet werden ausschließlich Maßnahmen für Eltern mit kleinen Kindern.
Dazu gehören:
  • Beratungsangebote für Eltern, Kontakthalte- und Wiedereinstiegsprogramme für Beschäftigte in Elternzeit;
  • Teilzeitangebote, Arbeitszeitflexibilität und -souveränität für Eltern;
  • Telearbeit für Beschäftigte in Elternzeit;
  • betriebliche bzw. betrieblich unterstützte Kinderbetreuung.
Mit solchen familien- und frauenfreundlichen Maßnahmen können über 50 Prozent der durch eine unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Familie entstehenden Kosten – vor allem Überbrückungs-, Fluktuations- und Wiedereingliederungskosten – von den Unternehmen vermieden werden. Denn die Kosten für Familienfreundlichkeit sind deutlich geringer als die Kosten für Neubesetzung, Wiedereingliederung, Elternzeitpausen sowie Fehlzeiten. Die realisierten Einsparungen in den untersuchten Unternehmen bewegen sich überwiegend in einer Größenordnung von mehreren 100.000 Euro. So beträgt zum Beispiel das Einsparvolumen bei der B. Braun Melsungen AG durch ein familienfreundliches Maßnahmenbündel derzeit ca. 350.000 Euro pro Jahr.
Von einer besseren Balance von Familie und Arbeitswelt profitieren zum einen die Familien, denn sie werden bei der Koordination von Berufs- und Privatleben entlastet. Zum zweiten profitiert der Staat, wenn er durch eine höhere Erwerbsbeteiligung Steuern und Sozialabgaben einnimmt. Zum dritten bringt eine familienorientierte Personalpolitik für Unternehmen Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen.
Die Studie zeigt, dass die Einsparpotenziale von Betrieben auch bei der derzeit angespannten Wirtschaftslage zu realisieren sind, denn die betriebswirtschaftlichen Kosten zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden berücksichtigt. Bei der zu erwartenden mittelfristigen Entwicklung des Arbeitsmarktes wird der Nutzen von Familienfreundlichkeit dauerhaft steigen. Der wirtschaftliche Strukturwandel führt, trotz hoher Arbeitslosigkeit, in vielen Bereichen zu einer Arbeitskräfteknappheit. Bis 2010 wird der Anteil der höher qualifizierten Tätigkeiten bereits über 40 Prozent sämtlicher Berufstätigkeiten ausmachen. Das qualifizierte Arbeitskräfteangebot muss daher besser genutzt werden, dazu zählt auch eine höhere und kontinuierliche Erwerbsbeteiligung der Frauen. Gerade mittelständische Unternehmen haben trotz der allgemeinen Arbeitsmarktlage Probleme, Personal mit spezifischen Qualifikationen zu finden. Für sie ist wichtig, leistungsstarke Fachkräfte zu binden, betriebsspezifisches Know-How zu erhalten und den Aufwand für neue Personalrekrutierung zu vermeiden.

Beteiligte Unternehmen

An der Kosten-Nutzen-Analyse haben sich zehn Unternehmen beteiligt:
  • B. Braun Melsungen AG, Melsungen (Medizintechnik)
  • Condat Informationssysteme AG, Berlin (Softwareentwicklung)
  • Fraport AG, Frankfurt (Betreibergesellschaft Flughafen Frankfurt)
  • GeneralColgne Re, Köln (Rückversicherungsgesellschaft)
  • Gerhard Rösch GmbH, Tübingen (Bekleidung und technische Textilien)
  • Ratiopharm GmbH, Ulm (Pharmaprodukte, Generika)
  • SICK AG, Waldkirch (Breisgau) (Sensorsysteme)
  • Sparkasse Saarbrücken (Regionaler Finanzdienstleister)
  • VAUDE Sport GmbH & Co.KG, Tettnang (Outdoor-Sportartikel)
  • Wintershall AG, Kassel (Erdöl- und Erdgasgewinnung)
In diesen Betrieben sind zwischen rund 150 und 13.000 Beschäftigte tätig; insgesamt wurden die entpersonalisierten Daten von über 22.800 Beschäftigten in die Untersuchung der Prognos AG einbezogen.