Prüfungsordnung zur Sachkundeprüfung

Geprüfte/r Finanzanlagenfachmann/-frau IHK
vom 20. Juni 2012, zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe vom 12. April 2022Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung mehrerer ge- schlechtsbezogener Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für alle Geschlechtsformen.

§ 1 Sachkundeprüfung Geprüfte/r Finanzanlagenfachmann/-frau IHK

Der Nachweis der Sachkunde gemäß § 34f Abs. 2 Nr. 4 GewO auch in Verbindung mit § 34h Absatz 1 Satz 4 GewO kann durch eine Prüfung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen erbracht werden.

§ 2 Berufung von Prüfern und Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen

1) Die IHK beruft die Mitglieder der Prüfungsausschüsse für die Dauer von längstens fünf Jahren.
(2) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses müssen für die Prüfungsgebiete sachkundig, mit der aktuellen Praxis der Finanzanlagenvermittlung und -beratung durch eigene Er- fahrung vertraut und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein.
(3) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Der Prüfungsausschuss wählt einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Prüfungsausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder, wenigstens aber drei Mitglieder, mitwirken. Er beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitenden den Ausschlag.
4) Die §§ 83, 84, 86 und § 89 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes für Baden- Württemberg (LVwVfG BW) in der jeweils aktuellen Fassung finden entsprechende Anwendung. Bei der Sachkundeprüfung darf nicht mitwirken, wer Angehöriger des Prü- fungsteilnehmers1 nach § 20 Abs. 5 LVwVfG BW ist.
(5) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind ehrenamtlich tätig. Für bare Auslagen, Zeitversäumnis und sonstigen Aufwand wird - soweit eine Entschädigung nicht von an- derer Seite gewährt wird - eine angemessene Entschädigung gezahlt.
(6) Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse können nach Anhörung des Betroffenen aus wichtigem Grunde abberufen werden.
1 Soweit in dieser Prüfungsordnung die Bezeichnung „Prüfungsteilnehmer“ verwendet wird, bezieht sich dies gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen.

§ 3 Prüfungstermine, Anmeldung zur Prüfung

(1) Die IHK bestimmt Ort und Zeitpunkt der Prüfung sowie die Zusammensetzung des Prü- fungsausschusses und gibt die Prüfungstermine und Anmeldefristen in geeigneter Form rechtzeitig bekannt.
(2) Die Anmeldung erfolgt in der von der IHK vorgegebenen Form. Dabei hat der Prüfungsteilnehmer anzugeben,
a.) ob die Prüfung auf einzelne Kategorien von Finanzanlagen nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 (offene Investmentvermögen), Nr. 2 (geschlossene Investmentvermögen) oder Nr. 3 (Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes) der Gewerbeordnung beschränkt werden soll,
b.) ob er von dem praktischen Prüfungsteil gem. § 3 Abs. 5 FinVermV befreit ist. Dies ist durch Vorlage der Erlaubnis nach § 34d oder § 34e GewO, durch Vorlage des Sachkundenachweises oder einen nach § 19 VersVermV gleichgestellten Ab schluss (§ 3 Abs. 5 Nr. 1) oder durch Vorlage des (beschränkten) Sachkunde- nachweises nach § 34f GewO bzw. der Sachkundeprüfung nach § 2 FinVermV (§ 3 Abs. 5 Nr. 2) nachzuweisen.
(3) Die Entscheidung über den Prüfungstag, den Prüfungsort, den Prüfungsablauf und die erlaubten Hilfsmittel sind de Prüfungsteilnehmer rechtzeitig mitzuteilen.

§ 4 Nichtöffentlichkeit der Prüfung und Verschwiegenheit

(1) Die Prüfung ist nicht öffentlich.
(2) Bei der Prüfung können jedoch anwesend sein:
a.) beauftragte Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt),
b.) Mitglieder eines anderen Prüfungsausschusses für die Sachkundeprüfung „Geprüfte/r Finanzanlagenfachmann/-frau IHK“,
c.) Vertreter der Industrie- und Handelskammern,
d.) Personen, die beauftragt sind, die Qualität der Prüfung zu kontrollieren, oder
e.) Personen, die in einen Prüfungsausschuss berufen werden sollen.
Diese Personen dürfen weder in die Prüfung noch in die Beratung über das Prüfungsergebnis einbezogen werden.
3) Unbeschadet bestehender Informationspflichten, insbesondere gegenüber der IHK, haben die Mitglieder des Prüfungsausschusses und sonstige mit der Prüfung befasste Personen über alle Prüfungsvorgänge Verschwiegenheit gegenüber Dritten zu wahren.

§ 5 Belehrung, Befangenheit

1) Zu Beginn des jeweiligen Prüfungsteils wird die Identität der Prüfungsteilnehmer festge- stellt. Die Prüfungsteilnehmer sind nach Bekanntgabe der Prüfer zu befragen, ob sie von ihrem Recht zur Ablehnung eines Prüfers wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 20 und 21 LVwVfG BW Gebrauch machen wollen.
(2) Für Mitglieder des Prüfungsausschusses gilt § 20 Abs. 4 LVwVfG BW entsprechend.
(3) Über einen Befangenheitsantrag entscheiden die Prüfer des Prüfungsausschusses ohne Mitwirkung des betroffenen Prüfers. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Richtet sich der Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden, so entscheiden die Stimmen der verbleibenden Prüfer; bei Stimmengleichheit entscheidet die IHK Karlsruhe. Wird einem Befangenheitsantrag stattgegeben, so soll der Prüfungsteilnehmer zum nächsten Prüfungstermin eingeladen werden, sofern der ausgeschlos- sene Prüfer nicht sogleich durch einen anderen Prüfer ersetzt oder der Prüfungsteilnehmer einem anderen Prüfungsausschuss zugeteilt werden kann. Besteht die Besorgnis der Befangenheit bei allen Prüfungsausschussmitgliedern, so hat die IHK zu entscheiden.

§ 6 Täuschungshandlungen und Ordnungsverstöße

(1) Bei Täuschungshandlungen oder erheblichen Störungen des Prüfungsablaufes kann der Prüfungsteilnehmer durch die Aufsichtsführende Person oder ein Mitglied des Prüfungsausschusses von der weiteren Teilnahme vorläufig ausgeschlossen werden.
(2) Über den endgültigen Ausschluss und die Folgen entscheidet der Prüfungsausschuss nach Anhören des Prüfungsteilnehmers. In schwerwiegenden Fällen, insbesondere bei vorbereiteten Täuschungshandlungen, kann die Prüfung für nicht bestanden erklärt werden. Das Gleiche gilt bei innerhalb eines Jahres nachträglich festgestellten Täuschungen.

§ 7 Rücktritt, Nichtteilnahme

Tritt ein Prüfungsteilnehmer nach der Anmeldung und vor Beginn der Prüfung durch schriftliche Erklärung zurück, gilt die Prüfung als nicht abgelegt. Tritt der Prüfungsteilnehmer nach Beginn der Prüfung zurück oder nimmt er an der Prüfung nicht teil, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, so gilt die Prüfung als nicht bestanden. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die IHK.

§ 8 Durchführung und Gliederung der Prüfung

(1) Die Prüfungssprache ist deutsch.
(2) Die Sachkundeprüfung besteht gemäß § 3 Abs. 1 FinVermV aus einem schriftlichen und einem praktischen Prüfungsteil. Der schriftliche Prüfungsteil dauert für die Prüfung aller Kategorien nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 FinVermV in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 FinVermV (Vollprüfung) 165 Minuten. Soweit die Prüfung im Sinne von § 3 Abs. 2 Buchst. a auf Antrag des Prüfungsteilnehmers auf einzelne Kategorien von Finanzanlagen be- schränkt wird, verkürzt sich diese Prüfungsdauer. Die sich ergebende Prüfungsdauer wird dem Prüfungsteilnehmer rechtzeitig vor Prüfungsbeginn mitgeteilt. Der praktische Prüfungsteil soll in der Regel 20 Minuten dauern. Dem Prüfungsteilnehmer soll eine Vor- bereitungszeit zur praktischen Prüfung von 20 Minuten gewährt werden. Der schriftliche Prüfungsteil kann entweder auf Papier oder in elektronischer Form durchgeführt werden. Dier schriftliche Prüfungsteil kann im Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt werden. Die IHK bestimmt das Verfahren.
(3) Die IHK regelt die Aufsichtsführung bei dem schriftlichen Prüfungsteil.
(4) Im schriftlichen Prüfungsteil soll anhand von praxisbezogenen Aufgaben nachgewiesen werden, dass der Prüfungsteilnehmer die grundlegenden fachlichen und rechtlichen Kenntnisse erworben hat und diese praktisch anwenden kann. Gegenstand des schriftlichen Prüfungsteils sind fachliche Kenntnisse, insbesondere über rechtliche Grundlagen und steuerliche Behandlungen von:
a.) Beratung und Vermittlung von Finanzanlagen, die in § 34f Abs. 1 Satz 1 Ge-wO genannt sind,
b.) offenen Investmentvermögen (§ 34f Abs. 1 Nr. 1 GewO),
c.) geschlossenen Investmentvermögen (§ 34f Abs. 1 Nr. 2 GewO)
und
d.) Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes
(§ 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO).
(5) Im praktischen Prüfungsteil, der als Simulation eines Kundenberatungsgespräches durchgeführt wird, wird jeweils ein Prüfungsteilnehmer geprüft. Hier soll der Prüfungsteilnehmer nachweisen, dass er über die Fähigkeiten verfügt, kundengerechte Lösungen zu entwickeln und anzubieten.
(6) Das Gespräch wird auf der Grundlage einer Fallvorgabe durchgeführt, die auf eine Situation Finanzanlagenvermittler und Kunde Bezug nimmt. Die praktische Prüfung orientiert sich an den Inhalten der schriftlichen Prüfung.
(7) Zu den in den Absätzen 4, 5 und 6 genannten Bereichen sind die inhaltlichen Vorgaben gemäß Anlage 1 der FinVermV zu beachten.
(8) Zum praktischen Prüfungsteil wird nur zugelassen, wer den schriftlichen Prüfungsteil bestanden hat und sich innerhalb von zwei Jahren, beginnend ab dem Bestehen des schriftlichen Prüfungsteils, zum praktischen Prüfungsteil anmeldet und diesen ablegt.
(9) Bei der Durchführung der Prüfung sollen die besonderen Verhältnisse behinderter Men schen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Prüfung, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie Gebärdendolmetscher für hörbehinderte Menschen. Die Art der Behinderung ist mit der Anmeldung zur Prüfung nachzuweisen.

§ 9 Gegenstand und Dauer der spezifischen Sachkundeprüfung

(1) Gegenstand der spezifischen Sachkundeprüfung sind die Sachgebiete gemäß §§ 1 und 3 FinVermV, die aufgrund der Feststellung gem. 5 FinVermV ergänzend zu prüfen sind.
(2) Im Fall der spezifischen Sachkundeprüfung gemäß § 5 FinVermV können die in § 8 Abs. 2 genannten Zeiten entsprechend gekürzt werden.

§ 10 Ergebnisbewertung

(1) Die Sachkundeprüfung ist mit Punkten zu bewerten.
(2) Der schriftliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer in den geprüf- ten Bereichen jeweils mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt.
(3) Der praktische Prüfungsteil ist bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt.
(4) Die Prüfung ist insgesamt bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer beide Prüfungsteile bestanden hat oder nur der schriftliche Prüfungsteil bestanden ist und der praktische Prüfungsteil gem. § 3 Abs. 5 FinVermV nicht zu absolvieren ist.

§ 11 Ergebnisbewertung der spezifischen Sachkundeprüfung

(1) Der schriftliche Prüfungsteil ist bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer in den geprüf- ten Bereichen jeweils mindestens 50 Prozent der erreichbaren Punkte erzielt.
(2) Sofern eine praktische Prüfung stattfindet, ist der praktische Prüfungsteil bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer mindestens 50% der erreichbaren Punkte erzielt.
(3) Die Prüfung ist insgesamt bestanden, wenn der Prüfungsteilnehmer die aufgrund der Feststellung gem. § 5 FinVermV zu ergänzenden Prüfungsteile bestanden hat.

§ 12 Feststellung und Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses

(1) Der Prüfungsausschuss stellt gemeinsam das Ergebnis der einzelnen Prüfungsleistungen und das Gesamtergebnis fest.
(2) Das Ergebnis des schriftlichen Prüfungsteils ist dem Prüfungsteilnehmer als vorläufiges Ergebnis mitzuteilen. Die Prüfungsaufgaben können automatisiert ausgewertet werden, wenn das Aufgabenerstellungs- oder Aufgabenauswahlgremium festgelegt hat, welche Antworten als zutreffend anerkannt werden. Die Ergebnisse sind vom Prüfungsaus- schuss zu übernehmen. Die Bestätigung des Ergebnisses des schriftlichen Prüfungs- teils, das Ergebnis des praktischen Prüfungsteils und das Gesamtergebnis sind in der Regel nach Abschluss der Beratungen über den praktischen Prüfungsteil mitzuteilen.
(3) Wurde der schriftliche oder der praktische Prüfungsteil nicht bestanden, erhält der Prüfungsteilnehmer darüber einen schriftlichen Bescheid, in dem auf die Möglichkeit der Wiederholungsprüfung hinzuweisen ist.
(4) Wenn der Prüfungsteilnehmer die Prüfung erfolgreich abgelegt hat, wird eine Bescheinigung nach Anlage 2 der FinVermV ausgestellt. Soweit der Prüfungsteilnehmer den praktischen Prüfungsteil gem. § 3 Abs. 5 FinVermV nicht zu absolvieren hat, ist ein entsprechender Hinweis in der Bescheinigung aufzunehmen.
(5) Prüfungsteilnehmern, die die spezifische Sachkundeprüfung nach § 5 FinVermV be- standen haben, wird hierüber eine Bescheinigung ausgestellt.

§ 13 Prüfungswiederholung

Die Prüfung kann beliebig oft wiederholt werden.

§ 14 Niederschrift

Über die Prüfung ist eine Niederschrift zu fertigen, aus der die einzelnen Prüfungsergebnisse, besondere Vorkommnisse oder sonst auffällige Feststellungen zu entnehmen sind. Sie ist von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen.

§ 15 Aufbewahrungsfristen

(1) Nach Abschluss der Prüfung ist das Ergebnis der bestandenen Prüfung 60 Jahre aufzubewahren. Das Ergebnis über das Nichtbestehen der Prüfung, die schriftlichen Prüfungsarbeiten, die Niederschriften und weitere Prüfungsunterlagen – soweit vor- handen – sind 3 Jahre aufzubewahren.
(2) Der Ablauf der vorgenannten Fristen wird durch das Einlegen eines Rechtsmittels gehemmt.
(3) Die Aufbewahrung kann auch elektronisch erfolgen.

§ 16 Rechtsbehelfsbelehrung

Entscheidungen sind bei ihrer schriftlichen Bekanntgabe an den Prüfungsteilnehmer mit ei- ner Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

§ 17 Inkrafttreten

Diese Prüfungsordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Mitteilungsblatt der IHK Karlsruhe „Wirtschaft in der TechnologieRegion Karlsruhe“ in Kraft. Als Zeitpunkt der Veröffentlichung gilt das Erscheinungsdatum auf dem Titelblatt der Ausgabe des vorgenannten Mitteilungsblattes, in welcher diese Prüfungsordnung abgedruckt worden ist.