Top-Thema | November 2021

Mit Wasserstoff in die Zukunft?

Der Standort Lampoldshausen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist in der Region Heilbronn-Franken durch das Institut für Raumfahrtantriebe bekannt. Seit 1959 werden hier Antriebe für Raketen und Raumfahrtsysteme getestet und weiterentwickelt. Dazu gehört auch die Frage nach den optimalen Treibstoffen für die Raketenantriebe. Auch sie sollen heute „grüner“, also umweltfreundlicher werden.
Von Annette Wenk
Ein interessanter Kandidat dafür ist grüner Wasserstoff. Er lässt sich klimafreundlich herstellen und verursacht bei der Verwendung keine CO 2-Emissionen. Im Bereich Wasserstoffforschung im DLR werden jetzt intensiv die Produktion und Einsatzmöglichkeiten von grünem Wasserstoff untersucht.
„Das erste Forschungsprojekt haben wir im Jahr 2012 in Kooperation mit der ZEAG gestartet, um CO 2-Emissionen zu reduzieren und das Gelände mit Energie zu versorgen“, erklärt Klaus Schäfer, stellvertretender Direktor im Institut für Raumfahrtantriebe. Das war das Projekt H2ORIZON.
Im Mittelpunkt stand die Produktion von grünem Wasserstoff aus Windkraftanlagen im Harthäuser Wald sowie die Speicherung und Weiterverwendung. Der Strom aus Windkraft wurde dabei zur Elektrolyse genutzt. Bei diesem Verfahren wird Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. So entsteht grüner Wasserstoff. Ein Teil des grünen Wasserstoffs wird vom DLR in der Triebwerks-Forschung eingesetzt. Der Wasserstoff kann außerdem in Mobilitätsanwendungen wie Brennstoffzellen und zur Erzeugung von Wärme zum Einsatz kommen. Zum Projekt H2ORIZON zählte daher auch eine hochmoderne Heizzentrale mit zwei Blockheizkraftwerken.

Wasserstoffstrategie wird weiter ausgebaut

Nach dem Erfolg von H2ORIZON wurde die Wasserstoffstrategie weiter ausgebaut und um zusätzlich Ziele ergänzt. „Zero Emission - Wasserstoffstandort Lampoldshausen“ heißt das Nachfolgeprojekt, gestartet 2020. „Die Fragestellung hierbei ist auch: wie kann ich den DLR-Standort CO 2-neutral bekommen“, sagt Klaus Schäfer. Auch das Land Baden-Württemberg fand diese Herausforderung interessant und fördert das Projekt mit 16 Millionen Euro.
Man wird am Wasserstoff in vielen Bereichen nicht vorbeikommen.

Klaus Schäfer, stellvertretender Direktor im Institut für Raumfahrtantriebe

Bei „Zero Emission“ ist der ganze Standort zum Versuchslabor geworden. Erarbeitet werden Szenarien für den breiten Einsatz von Wasserstoff an einem energieintensiven Industriestandort. Die Arbeit ist in drei Teilprojekte unterteilt:
„Grüne Raumfahrt“
Ziel ist der Ausbau von Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff, der in erster Linie an den Raketenprüfständen genutzt werden soll.
„CO2-neutraler Standort“
Für den Standort wird ein optimiertes Energiesystem entwickelt und umgesetzt. Dabei werden auch Methoden des maschinellen Lernens untersucht. Außerdem werden durch die Beschaffung von einer mobilen H 2-Forschungstankstelle sowie mehrerer Brennstoffzellenfahrzeuge auch Forschungs- und Entwicklungsthemen im Bereich der H 2-Mobilität bearbeitet.
„H2-Technikum“
In dem Teilprojekt „H 2-Technikum“ wird eine modulare und flexible Testumgebung für Wasserstofftechnologien aufgebaut. Zusammen mit Partnern aus Industrie und Forschung soll dabei die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion grünen Wasserstoffs im Elektrolyseur bis zur Anwendung, beispielsweise in Brennstoffzellen betrachtet werden. Erste regionale Unternehmen haben bereits Interesse daran gezeigt.
Klaus Schäfer: „Ein zentraler Aspekt ist der Einsatz von regenerativ erzeugtem Wasserstoff für die Sektorenkopplung. Das bedeutet die Verbindung von Anwendungen für Raumfahrt, Energie und Verkehr.“ Ist Wasserstoff also der Energieträger der Zukunft? „Man wird am Wasserstoff in vielen Bereichen nicht vorbeikommen.“ 
Einsatzmöglichkeiten sieht er in stationären Energieanlagen, Energiespeichern und dem Bereich der Mobilität. „Wasserstoff lässt sich überall dort gut einsetzen, wo man im Vorfeld genau berechnen kann, wie hoch der Verbrauch ist. Im Individualverkehr ist das schwieriger.“ Dort könnten aber E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis als Zwischenlösung eingesetzt werden bis E-Mobilität sich flächendeckend realisieren lässt. Auch sie könnten in gewissem Umfang regional erzeugt werden. Man braucht dazu Wasserstoff und eine CO 2-Quelle, zum Beispiel Biogas.


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Matthias Marquart
Matthias Marquart
Redakteur | Pressearbeit

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