08.03.2023

Anforderungen an die Kassenführung

1. Allgemeines

Bei Betriebsprüfungen legen die Finanzbehörden verstärkt ihren Fokus auf Registrierkassen und überprüfen sehr genau die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung, insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten und Einzelhandel. Leider schließt das Gros der Kassenprüfungen mit Beanstandungen ab. Das führt in der Regel zu Hinzuschätzungen. Sie können eine Höhe von zehn Prozent des Jahresumsatzes plus Sicherheitszuschlag erreichen. Im schlimmsten Fall kann es zur Einleitung eines Strafverfahrens kommen.
Seit die Finanzverwaltungen Manipulationen an elektronischen Registrierkassen aufgedeckt haben, stehen Forderungen nach technischen Manipulationsschutzmaßnahmen im Raum, die Eingang in ein Gesetzgebungsverfahren, das sog. „Kassengesetz“ gefunden hatten und dessen Änderungen zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten sind.

2. Verpflichtung zur Kassenführung

Jeder Buchführungspflichtige muss Bücher und Aufzeichnungen gem. §§ 140 - 148 AO, § 238 ff. HGB führen, welche auch die tägliche Aufzeichnung der Kasseneinnahmen und -ausgaben (Kassenbuch) umfassen. Es besteht eine Einzelaufzeichnungspflicht. Buchführungspflichtig sind alle Kaufleute, aber auch Gewerbetreibende mit einem Jahresgewinn von mehr als 60.000 Euro beziehungsweise mehr als 600.000 Euro Umsatz. Nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung, sog. § 4 Abs. 3 - Rechner, ermitteln, sind nicht zur Kassenbuchführung verpflichtet. Erforderlich ist aber auch hier eine Einzelaufzeichnung, die in der geordneten Ablage von Belegen bestehen kann. Führen Einnahmen-Überschussrechner allerdings auf freiwilliger Basis ein Kassenbuch, so muss auch dieses in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen genügen.

3. Regeln und Formen der Kassenführung

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung haben sich insbesondere seit 2018 erheblich verschärft. Grund dafür sind verschiedene Vorschriften, wie zum Beispiel die sogenannte Kassenrichtlinie (vom 26.11.2010), das Kassengesetz und weitere Verordnungen. Allerdings sehen die gesetzlichen Regelungen keine Festlegung hinsichtlich eines bestimmten Kassentyps vor. Eine Registrierkassenpflicht gibt es nach aktueller Rechtslage nicht. Bei der Aufzeichnung von Bargeschäften können sich Unternehmer also frei entscheiden, ob sie dies manuell mithilfe einer offenen Ladenkasse, mit einer elektronischen Registrierkasse, einem PC-Kassensystem oder mit einer Cloud-basierten App-Lösung erfassen möchten. Wichtig ist, dass alle Einnahmen und Ausgaben vollständig und detailliert aufgezeichnet werden.
Offene Ladenkasse
Die offene Ladenkasse funktioniert ohne technische Unterstützung und wird deshalb auch Schubladenkasse genannt. Diese ist häufig bei Kleinstbetrieben oder Marktbeschickern anzutreffen. Da durch die Nichterfassung von Einnahmen ein besonderes Betrugsrisiko gegeben ist, sollten die Nutzer besonderes Augenmerk auf einen fortlaufend nummerierten, täglichen Kassenbericht legen. Dabei müssen die Tageseinnahmen durch Rückrechnung (retrograd) aus dem gezählten Kassenbestand richtig und nachvollziehbar ermittelt werden können (Kassensturzfähigkeit). Es empfiehlt sich überdies, die Unterzeichnung mit Datum und Uhrzeit (nach Geschäftsschluss) vorzunehmen. Das so ermittelte Tagesergebnis sollte in einem Kassenbuch vermerkt werden.
Beispiel eines Kassenberichtes
Tagesendbestand (Endbestand zum Geschäftsschluss)
./. Anfangsbestand (Kassenbestand am Ende des Vortages)
= Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben)
+ Kassenausgaben des Tages
+ Geldtransit auf das betriebliche Konto oder weitere Kassen
+ Privatentnahmen
./. Privateinlagen
./. Sonstige Tageseinnahmen
= Summe der Kasseneinnahmen
Bei Bareinnahmen und -ausgaben gilt grundsätzlich die Einzelaufzeichnungspflicht, die nunmehr gesetzlich fixiert ist. Da sich diese jedoch „im Rahmen des Zumutbaren“ bewegen muss, kann hierauf insbesondere bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verzichtet werden.
Registrier- beziehungsweise PC-Kassen
Hinsichtlich des Einsatzes elektronischer Registrierkassen bzw. elektronischer Aufzeichnungssysteme gelten besonderen Anforderungen und Aufbewahrungsmodalitäten.
  • Seit dem 1. Januar 2020 müssen grundsätzlich alle Kassen mit einer sog. zertifizierten elektronischen Sicherheitseinrichtung (tSE) ausgestattet werden. Die IHK-Organisation konnte zumindest bis zum 30. September 2020 eine sog. Nichtaufgriffsregelung des BMF (vom 6. November 2019) erreichen.
Baden-Württemberg wird es darüber hinaus bis zum 31. März 2021 nicht beanstanden, wenn besondere Härten mit einem zeitgerechten Einbau einer Sicherungseinrichtung verbunden wären. Der entsprechende Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg ist veröffentlicht (Stand: 10. Juli 2020). Kann demnach nachgewiesen werden, dass die Ausrüstung der elektronischen Kassensysteme mit einer zertifizierten tSE bis zum 30. September 2020 nicht möglich war, aber rechtzeitig vor dem 1. Oktober 2020 eine verbindliche Bestellung oder ein Auftrag erfolgte, wird eine fehlende tSE-Umrüstung bis zum 31. März 2021 nicht beanstandet. Gleiches gilt, wenn der Einbau einer cloudbasierten tSE vorgesehen ist, eine solche jedoch nachweislich noch nicht verfügbar ist.
Trotz der verlängerten Frist ist zu befürchten, dass bis zu deren Ablauf keine zertifizierter Cloud-tSE-Lösungen zur Verfügung stehen. Unternehmen, die ihre Kassen(systeme) mit einer Cloud-tSE absichern wollen, ist anzuraten, Kontakt mit ihrem Cloud-tSE-Hersteller aufzunehmen und die konkreten Details bzw. einen Zeitrahmen für die Implementierung abzuklären. Dies sollte dokumentiert werden. Um zu vermeiden, dass die Kassen ohne eine tSE-Absicherung nach dem 31. März 2021 nicht mehr eingesetzt werden dürfen, ist es empfehlenswert, einen Antrag auf Fristverlängerung gem. § 148 AO beim zuständigen Finanzamt zu stellen. Hierfür hat der DIHK eine Praxishilfe für Unternehmen (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 204 KB) mit weiteren Erläuterungen und Musterformulierungen erarbeitet, die bei Bedarf als Orientierung verwendet werden können und auf den konkreten Einzelfall anzupassen sind.
  • Seit dem 1. Januar 2020 gilt eine Belegausgabepflicht für elektronische Kassen. Sie verpflichtet die Unternehmen zur sofortigen Ausstellung eines Kassenbons. Aus Gründen der Praktikabilität können sich jedoch Unternehmen, die Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkaufen, vom Finanzamt von der Belegausgabepflicht befreien lassen.
  • Es wird die seit 2018 nunmehr gesetzlich geregelte Einzelaufzeichnungspflicht ergänzt: Jeder Verkaufsvorgang muss detailliert im elektronischen System aufgezeichnet werden – ein sogenannter Z-Bon reicht nicht aus!
  • Daneben gibt es eine Meldepflicht an das zuständige Finanzamt bezüglich der Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme. Nach dem BMF-Erlass vom 6. November 2019 ist aber von einer Mitteilung bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen.
  • 2018 wurde die sog. Kassennachschau eingeführt. Prüfer der Finanzverwaltung dürfen unangekündigt die Kassenbuchführung überprüfen und Zugriff auf die Kasse verlangen.
  • Erforderlich ist außerdem eine Verfahrensdokumentation. Diese muss auch die Organisationsunterlagen zum eingesetzten Kassensystem, wie z.B. Kassenfabrikat, Seriennummer, Einsatzzeiten, Programmieranleitungen etc. enthalten.
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Verlautbarungen der Finanzverwaltung:
Im Erlass zu § 146a Abgabenordnung (AO) vom 17. Juni 2019 äußert sich das BMF zu diversen Anwendungsfragen. Ferner hat das BMF einen FAQ-Katalog für die Anwendung des §146a AO veröffentlicht. Daneben hat auch die Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe auf ihrer Homepage Informationen unter “Kassenbuchführung” bereitgestellt.
Mit Schreiben vom 21. August 2020 äußert sich das BMF zudem zu Fragen der steuerlichen Behandlung der Kosten der Implementierung der tSE und der einheitlichen digitalen Schnittstelle nach § 4 KassenSichV. Aus Vereinfachungsgründen wird es nach Ziffer 3 des Schreibens nicht beanstandet, wenn die Kosten für die nachträgliche erstmalige Ausrüstung bestehender Kassen oder Kassensysteme mit einer TSE und die Kosten für die erstmalige Implementierung der einheitlichen digitalen Schnittstelle eines bestehenden elektronischen Aufzeichnungssystems in voller Höhe sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Schließlich hat auch der DIHK ein umfangreiches Merkblatt zu den steuerlichen Anforderungen an Registrierkassen (Stand: 29. November 2019) herausgegeben.

4. Folgen fehlerhafter Kassenführung

Wenn formelle oder sachliche Mängel vorliegen, die so wesentlich sind, dass von ordnungsmäßiger Buchführung nicht mehr gesprochen werden kann, darf die Finanzverwaltung die Buchführung verwerfen, das heißt ihre Anerkennung versagen. Ob ein derart schwerwiegender Mangel tatsächlich gegeben ist, beurteilt sich danach, ob trotz des Mangels die Nachprüfung der Bilanz innerhalb einer angemessenen Frist möglich ist. Das Vorliegen formeller Mängel in der Kassenführung reicht hierzu in der Regel nicht aus, dennoch geben diese einem Betriebsprüfer Anlass für weitergehende Prüfungen, um die Beweiskraft der Buchführung zu erschüttern. Liegt jedoch ein materieller Mangel vor – beispielsweise unvollständiges Verbuchen von Einnahmen – besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Ordnungsmäßigkeit der Kasse zu verwerfen. Dies eröffnet den Weg zu Sicherheitszuschlägen und Hinzuschätzungen (ggf. Vollschätzung).