01.09.2016

Der Handelsvertreter

Das Handelsvertreterrecht ist im Handelsgesetzbuch in den §§ 84 bis 92 c HGB normiert. Die Vorschriften sind überwiegend dispostives Recht und können daher modifiziert bzw. abbedungen werden. Verstoßen einzelne Vereinbarungen gegen zwingende Normen des Handelsvertreterrechts, so wird der Vertrag hierdurch nicht im Ganzen unwirksam. Vielmehr werden die unwirksamen Regelungen durch die gesetzlichen Bestimmungen ersetzt und zwar ohne Rücksicht auf den abweichenden Willen der Parteien.

1. Was ist der Handelsvertreter?

Nach § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, „wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen“. Handelsvertreter kann eine natürliche Person, eine juristische Person (GmbH, eG, eV, AG) sowie eine Personengesamtheit (OHG und KG) sein. Dagegen kann ein nicht rechtsfähiger Verein als solcher kein Handelsvertreter sein, da er nicht im eigenen Namen handeln kann.
Selbständiger Handelsvertreter ist, „wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“, § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. Die persönliche Selbständigkeit und Freiheit des Handelsvertreters wird dabei durch eine wirtschaftliche Abhängigkeit von dem von ihm vertretenen Unternehmer nicht ausgeschlossen. Ebenso stehen Weisungen des vertretenen Unternehmers, an die der Handelsvertreter gebunden ist, einer Selbständigkeit nicht entgegen, sofern dem Handelsvertreter die freie Gestaltungsmöglichkeit im Wesentlichen belassen wird. Für die Selbständigkeit des Gewerbetreibenden sprechen insbesondere: eine eigene Firma, eigene Geschäftsräume, die Zahlung von Provision statt eines Fixums oder einer festen Vergütung, die Zahlung von Gewerbesteuer, eigene Werbung und Festlegung der Touren zu den Kunden ebenso wie der Verlust der Provision bei Storno.
Hinsichtlich der verschiedenen Arten des Handelsvertreters ist insbesondere zwischen dem Vermittlungs- und Abschlussvertreter, dem Bezirksvertreter sowie dem Alleinvertreter zu unterscheiden. Aufgabe des Vermittlungsvertreters ist es, den Abschluss von Verträgen zwischen den von ihm vertretenen Unternehmen und Dritten anzubahnen. Er führt damit die Verhandlungen, überlässt aber den Vertragsabschluss mit dem Dritten dem Unternehmer. Im Gegensatz zum Vermittlungsvertreter ist der Abschlussvertreter zum Abschluss von Geschäften im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmers befugt.
Dem Bezirksvertreter ist ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis vertraglich zugesichert. Für seine Gesamtbemühungen erhält der Bezirksvertreter eine Provision für alle direkt als auch indirekt abgeschlossenen Geschäftsabschlüsse mit den Kunden aus seinem Bezirk oder Kundenkreis.
Der Alleinvertreter ist ein Bezirksvertreter, dem von seinem vertretenen Unternehmen ein verstärkter Kundenschutz eingeräumt wird. Er hat Anspruch darauf, dass seine vertretene Firma weder selbst noch durch andere Beauftragte in dem ihm zugewiesenen Bezirk tätig wird. Interessenten muss die vertretene Firma an ihren Alleinvertreter verweisen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Alleinvertreter nur für ein Unternehmen tätig werden darf. Die Alleinvertretung und die Mehrfachvertretung schließen sich gegenseitig nicht aus.

2. Wie erfolgt die Eintragung ins Handelsregister?

Der Handelsvertreter muss seine Tätigkeit beim Gewerbeamt seiner Gemeinde anmelden. Er ist dann Kleingewerbetreibender.
Die Eintragung ins Handelsregister ist nur für Kaufleute im Sinne des HGB verpflichtend. Nach § 1 HGB ist jedoch jeder Gewerbetreibende Kaufmann, es sei denn, dass sein Unternehmen „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“. In der Praxis wird häufig eine Jahresbruttoprovision von € 75.000,- als Grenze angesehen. Hilfsweise werden auch Kriterien wie Größe der Belegschaft, Zahl der Vertretungen und vermittelter Warenumsatz herangezogen.
Wer demnach kein Kaufmann ist, kann sich gemäß § 2 HGB dennoch ins Handelsregister eintragen lassen. Durch diese freiwillige Eintragung erhält der Handelsvertreter die vollständige Rechtsposition eines Kaufmanns.
Für Kaufleute gilt das HGB vollumfänglich. Eine Übersicht über die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten findet sich in unserem Merkblatt „Eintragung ins Handelsregister“. Die Vorschriften der §§ 84 ff HGB finden aber gemäß § 84 Abs. 4 HGB auch auf Handelsvertreter Anwendung, die keine Kaufleute sind.

3. Pflichten des Handelsvertreters

Alle gesetzlichen und vertraglichen Pflichten hat der Handelsvertreter mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen, § 86 Abs. 3 HGB. Folgende Pflichten werden hierbei vom Gesetzgeber besonders hervorgehoben:
  1. Vermittlungs- und Abschlusspflicht, § 86 Abs. 1 HGB
    Diese Verpflichtung besteht darin, Geschäftsbeziehungen zu Neukunden herzustellen und den Umsatz mit den bereits vorhandenen Kunden weiter zu steigern. Zu diesem Zweck hat der Handelsvertreter die potentiellen wie vorhandenen Kunden in ausreichendem Umfang zu besuchen und zu betreuen.
  2. Wahrung der Interessen des vertretenen Unternehmers, § 86 Abs. 1 HGB
    Der Handelsvertreter hat seine gesamte Tätigkeit in das Interesse des vertretenen Unternehmers einzustellen. Er ist also nicht unparteiischer Makler sondern Interessenvertreter des vertretenen Unternehmens.
  3. Pflicht zur persönlichen Dienstleistung
    Zwar ist der Handelsvertreter gegenüber dem vertretenen Unternehmer zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet (§ 613 Satz 1 BGB). Dies schließt aber wegen seiner Selbständigkeit die Einstellung und den Einsatz von eigenen Handlungsreisenden und selbständigen Untervertretern mangels besonderer Vereinbarung nicht aus. Zu beachten aber bleibt, dass der Handelsvertreter für ein Verschulden der von ihm eingesetzten Handlungsreisenden und selbständigen Untervertretern einzustehen hat (§ 278 BGB).
  4. Informationspflicht, § 86 Abs. 2 HGB
    Der Handelsvertreter hat die Pflicht, jede Geschäftsvermittlung und jeden Geschäftsabschluss unverzüglich mitzuteilen. Darüber hinaus werden von der Informationspflicht aber auch die Marktbeobachtung, Berichte über Konkurrenzangebote sowie Anregungen und spezielle Beobachtungen bei Kundenbesuchen von der Informationspflicht erfasst.
  5. Weisungsrecht des vertretenen Unternehmers
    Aus der allgemeinen Pflicht des Handelsvertreters bei seiner Tätigkeit für den vertretenen Unternehmer dessen Interessen wahrzunehmen, folgt ein gewisses Weisungsrecht des vertretenen Unternehmers.
    Die Weisungen können sich auf die Geschäfts- und Lieferbedingungen, auf den Kundenkreis und die Kundenbehandlung erstrecken. Eine Weisung des vertretenen Unternehmers darf allerdings die rechtliche Selbständigkeit des Handelsvertreters in seinem Kerngehalt nicht beeinflussen. Letzteres wäre der Fall, wenn sich eine Weisung auf die Organisation des Handelsvertreterbetriebes beziehen würde.
  6. Prüfung der Zahlungsfähigkeit
    Der Handelsvertreter hat die Kreditwürdigkeit der Kunden im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten zu prüfen und darüber zu berichten, auch wenn infolge des ungünstigen Berichtes das Geschäft zu scheitern droht.
  7. Aufbewahrungspflicht
    Der Handelsvertreter hat die weitere Nebenpflicht, ihm zur Ausübung seiner Tätigkeit anvertraute Gegenstände wie z. B. Muster und Waren pfleglich zu behandeln und ordnungsgemäß zu verwahren. Dies beinhaltet auch die Pflicht, eine ihm zur Verfügung gestellte wertvolle Musterkollektion selbst zu versichern.
  8. Verschwiegenheitspflicht
    Der Handelsvertreter ist zur Verschwiegenheit über ihm zur Kenntnis gekommene Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet.
  9. Tätigkeit für Konkurrenzfirmen
    Zwar darf der Handelsvertreter für mehrere Unternehmer gleichzeitig tätig sein. Aus dem zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bestehenden Treueverhältnis folgt aber das Verbot für den Handelsvertreter, dem vertretenen Unternehmer Konkurrenz in dem zur Betreuung übertragenen Bereich zu machen. Hier gilt ein von der Rechtsprechung angewendeter strenger Maßstab. Schon bei Bestehen der Möglichkeit, dass die anderweitige Betätigung die Interessen des bereits vertretenen Unternehmers beeinträchtigt, hat der Handelsvertreter von sich aus diesen bzw. alle möglicherweise betroffenen Unternehmer hierüber in Kenntnis zu setzen und dessen bzw. deren Zustimmung einzuholen. Das zwischen vertretenem Unternehmer und Handelsvertreter bestehende Vertrauensverhältnis genießt damit einen besonderen Schutz vor jedweder Störung.

4. Pflichten des vertretenen Unternehmers

Den vertretenen Unternehmer trifft die Rechtspflicht, den Handelsvertreter bei seiner Arbeit zu unterstützen und alles zu unterlassen, was diese Tätigkeit und ihren Erfolg beeinträchtigen könnte. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Treue-, Unterstützungs- und Rücksichtnahmepflicht, die gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist. Die nachfolgend erläuterten Nebenpflichten des § 86 a HGB sind spezielle Ausprägungen hiervon.
Überlassung von Arbeitsunterlagen, §86 a Abs. 1 HGB
Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen.
Informationspflichten
Der vertretene Unternehmer muss seinem Handelsvertreter alle Informationen zukommen lassen, die für dessen Tätigkeit von Bedeutung sind (§ 86 a Abs. 2 Satz 1 HGB). Damit muss der vertretene Unternehmer seinen Handelsvertreter z. B. wissen lassen, welche Aufträge er zu übernehmen in der Lage ist, mit welchen Kunden er keine Geschäftsbeziehungen pflegen will oder pflegt und wie seine Lieferfristen sind.
Des Weiteren trifft den vertretenen Unternehmer die Verpflichtung, dem Handelsvertreter unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 HGB). Der Handelsvertreter hat keinen Anspruch darauf, dass der vertretene Unternehmer das von ihm vermittelte Geschäft annimmt, denn der Handelsvertreter kann grundsätzlich keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des vertretenen Unternehmers nehmen, dem die kaufmännische Entschließungsfreiheit insoweit allein zusteht.
Unter § 86 a Abs. 2 Satz 2 HGB fällt auch die Pflicht, dem Handelsvertreter die Nichtausführung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts unverzüglich anzuzeigen. Die Mitteilungspflicht betrifft nicht nur die vollständige, sondern auch die teilweise Nichtausführung eines zustande gekommenen Geschäfts.

5. Wie wird ein Handelsvertreter vergütet?

Die Provision ist ihrem Wesen nach eine Erfolgsvergütung und stellt das übliche Entgelt für die Dienstleistung des Handelsvertreters dar. Dies schließt aber nicht aus, dass der Handelsvertreter aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung neben oder anstelle der Provision eine Vergütung in anderer Form (z. B. ein Fixum) erhalten kann.
Vorraussetzungen, §§ 87 und 87 a HGB
Zwischen dem vertretenen Unternehmer und dem Handelsvertreter muss ein wirksamer Handelsvertretervertrag bestehen und es muss während der Laufzeit des Vertrages zu einem vermittelten Geschäftsabschluss zwischen dem vertretenen Unternehmer und dem Kunden gekommen sein. Die danach notwendige Kausalität der Tätigkeit des Handelsvertreters für den Geschäftsabschluss liegt immer dann vor, wenn die Geschäfte ohne die Tätigkeit des Handelsvertreters nicht abgeschlossen worden wären. Dabei genügt es, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters den Geschäftsabschluss mitverursacht hat.
Die Voraussetzung der vorgenannten unmittelbaren Kausalität für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters entfällt, wenn ihm ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen worden ist. Er hat dann Anspruch auf Provision für alle direkten und indirekten Geschäfte mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während der Vertragsdauer. Auf eine unmittelbare Mitwirkung bei dem Geschäftsabschluss kommt es hier nicht an. Zu beachten bleibt aber, dass die für den Bezirksvertreter provisionspflichtigen Geschäfte mit Personen seines Bezirks bzw. seines Kundenkreises abgeschlossen sein müssen. Es muss sich also grundsätzlich um solche Personen handeln, die ihre geschäftliche Niederlassung im Bezirk haben. Es kommt daher gerade nicht auf den Ort des Geschäftsabschlusses oder den Ort der Lieferung an. Vielmehr wirkt der Bezirksschutz bei Geschäften mit bezirksansässigen Kunden auch dann, wenn die Lieferung außerhalb des Bezirks erfolgt.
Der Abschluss allein genügt jedoch nicht, um den Provisionsanspruch entstehen zu lassen! Weitere Voraussetzung ist nach § 87 a Abs. 1 HGB die Ausführung des Geschäfts (z. B. Lieferung der Ware) durch den Unternehmer oder durch den Dritten.
Der so entstandene Provisionsanspruch entfällt aber wieder nach § 87 a Abs. 2 HGB, wenn endgültig feststeht, dass der Dritte nicht leistet (z. B. Insolvenzverfahren). Grundsätzlich steht die Nichtleistung des Dritten aber erst dann fest, wenn der Unternehmer seine Forderung eingeklagt hat.
Gegenüber dem Handelsvertreter ist der Unternehmer nicht zur Ausführung des Geschäftes verpflichtet. Gemäß § 87 a Abs. 3 HGB bleibt aber der Provisionsanspruch erhalten, wenn der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht ausführt, es sei denn, der Unter-nehmer hat die Umstände der Nichtausführung nicht zu vertreten.
Provisionsanspruch des bereits ausgeschiedenen Handelsvertreters
  • Geschäftsabschluss nach Beendigung des Handelsvertretervertrages
    Ein Geschäft, das nicht während der Dauer des Handelsvertretervertrages, sondern erst nach seiner Beendigung abgeschlossen wird kann provisionspflichtig sein. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters für das Zustandekommen des Geschäfts überwiegend kausal war. Dies ist der Fall, wenn der Handelsvertreter das Geschäft vermittelt oder eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist.
  • Angebotseingang vor Beendigung des Vertragsverhältnisses
    Ist das Angebot des Dritten zum Abschluss eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter Anspruch auf Provision hätte, vor Vertragsbeendigung mit dem Handelsvertreter dem Unternehmer zugegangen, so ist der ausgeschiedene Handelsvertreter für nachvertragliche Geschäfte ebenfalls provisionsberechtigt. Mit dieser Regelung wird eine Umgehung der Provisionspflicht des vertretenen Unternehmers vermieden, in der Gestalt, dass der vertretene Unternehmer die Annahme des Kundenangebots bis zu einem Zeitpunkt nach Beendigung des Handelsvertretungsverhältnisses zurückhält.
Berechnungsgrundlage
Mangels anderweitiger Vereinbarung ist für die Provision Berechnungsgrundlage allein das Entgelt, das nach dem ursprünglich zwischen vertretenem Unternehmer und Kunden abgeschlossenen Vertrag in Geldwert geschuldet wird. Vom vertretenen Unternehmer dem Kunden eingeräumte Barzahlungsnachlässe und nach Geschäftsabschluss vereinbarte Rabatte mindern den ursprünglichen Geldwert nicht. Ebenso mindern die vom vertretenen Unternehmer nicht gesondert in Rechnung gestellten Nebenkosten (z. B. Fracht, Verpackung, Zoll) den ursprünglichen Geldwert nicht. Werden die Nebenkosten den Dritten dagegen besonders berechnet, so können sie abgesetzt werden. Hinsichtlich der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) bringt § 87 b Abs. 2 Satz 3 HGB zum Ausdruck, dass diese Steuer nicht als gesondert in Rechnung gestellt gilt.
Abrechnung und Fälligkeit der Provision
Der Unternehmer hat die Provision gemäß § 87 c Abs. 1 HGB monatlich abzurechnen. Der Abrechnungszeitraum kann aber auf bis zu drei Monate verlängert werden. Der Provisionsanspruch wird nach § 87 a Abs. 4 i.V.m. § 87 c Abs. 1 HGB einheitlich am letzten Tag des Monats fällig, der dem Abrechnungszeitraum folgt.
Beispiel:
Wurde am 8. Juni ein Geschäft abgeschlossen und die Auslieferung fand am 1. Juli statt, so ist der Provisionsanspruch am 31. August fällig. Hat der vertretene Unternehmer über die Provisionsansprüche des Handelsvertreters abgerechnet und der Handelsvertreter die Abrechnung als zutreffend anerkannt, so stellt die Abrechnung ein Schuldanerkenntnis des vertretenen Unternehmers dar, welches nicht der Schriftform bedarf.
Anspruch des Handelsvertreters auf eine Einsicht in Bücher und Urkunden
Der Handelsvertreter kann verlangen, dass ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder sonstige Urkunden gewährt wird wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

6. Delkredereprovision

„Verpflichtet sich ein Handelsvertreter für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen, so kann er eine besondere Vergütung (Delkredereprovision) beanspruchen“, § 86 b HGB. Zum Schutz des Handelsvertreters bedarf eine derartige Verpflichtung der Schriftform. Ferner darf das Delkredere nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der Handelsvertreter vermittelt oder abschließt.
Der Delkredereanspruch besteht zusätzlich neben dem Anspruch auf die sonstige Vergütung des Handelsvertreters (also neben der Vermittlungsprovision) und kann im Voraus nicht ausgeschlossen werden. Die Höhe der Delkredereprovision richtet sich nach dem übernommenen Risiko und kann von den Parteien frei vereinbart werden.
Die Übernahme des Delkredere hat in der Regel Bürgschaftscharakter. Der Handelsvertreter haftet daher gesamtschuldnerisch neben dem Schuldner.

7. Anspruch auf Aufwendungsersatz

Der Handelsvertreter ist selbständiger Unternehmer und hat daher die Kosten, die seine Handelsvertretungstätigkeit mit sich bringt, selbst zu tragen. Er kann grundsätzlich nicht den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen verlangen. Zu den im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen des Handelsvertreters gehört alles, was der Vermittlung und dem Abschluss von Geschäften dient.
Aufwendungen außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebs erhält der Handelsvertreter nur dann ersetzt, wenn er auf Weisung des vertretenen Unternehmers gehandelt hat oder die Erstattung handelsüblich ist.

8. Die Verjährung

Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt gemäß § 199 Absatz 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der jeweilige Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den die Ansprüche begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der neue Verjährungsfristbeginn hat somit entsprechend den allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsregelungen eine subjektive Komponente. Dieser Regelverjährung unterliegt auch der An-spruch auf Buchauszug, auf Bucheinsicht, auf Aufwendungsersatz und auf den anerkannten Saldo einer Provisionsabrechnung zwischen vertretenem Unternehmer und Handelsvertreter.

9. Beendigung des Handelsvertretervertrages

Auf bestimmte Zeit abgeschlossene Handelsvertretungsverträge enden automatisch mit Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wird ein solches Vertragsverhältnis trotz Zeitablauf von beiden Teilen fortgesetzt, so verwandelt es sich in ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes Vertragsverhältnis. Zwischen den Parteien kann ausdrücklich oder stillschweigend eine vertragliche Aufhebung eines auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossenen Handelsvertretervertrages vereinbart werden.

10. Die Kündigung

Die ordentliche Kündigung eines unbefristeten Vertrages
Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 HGB beträgt die Kündigungsfrist bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Handelsvertretungsverträgen im ersten Jahr der Vertragsdauer einen Monat, im zweiten Jahr zwei Monate und im dritten bis fünften Jahr drei Monate zum Schluss eines Kalendermonats. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendermonats gekündigt werden. Die Kündigung selbst ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die keiner Form und keiner Begründung bedarf. Die Kündigungsfrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung. Eine Teilkündigung des Handelsvertretervertrages ist bei einheitlichem HV-Vertrag nicht möglich.
Die außerordentliche Kündigung, § 89 a HGB
Ein Handelsvertretungsverhältnis kann von jedem Vertragsteil ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem einen oder anderen Vertragsteil unter Berücksichtigung des besonderen Vertrauensverhältnisses, auf dem die Zusammenarbeit zwischen Handelsvertreter und vertretenem Unternehmer beruht, auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, lässt sich nicht mit Allgemeingültigkeit sagen. Vielmehr bleibt es der Rechtsprechung vorbehalten diese Generalklausel auszufüllen. Jedenfalls sind an die Feststellung des Vorliegens eines wichtigen Grundes strenge Anforderungen zu stellen.
Wichtige Kündigungsgründe für den vertretenen Unternehmer können sein:
  • unzulässige Konkurrenztätigkeit ohne Wissen des vertretenen Unternehmers bzw. ungenehmigte Vertretung eines Konkurrenzunternehmens
  • Pflichtvernachlässigung mit der Folge eines deutlichen Umsatzrückgangs
  • fingierte Bestellungen
  • Verletzung der Geheimhaltungspflicht
  • strafbare Handlungen 
  • ein nachhaltiges Zerwürfnis zwischen den Vertragsparteien
Dem Handelsvertreter kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung z. B. in folgenden Fällen zustehen:
  • Erteilung einer unrichtigen Abrechnung
  • Wiederholte Säumnis bei Abrechnungen und Provisionszahlung
Wird aus wichtigem Grund fristlos gekündigt, so muss dies in der Erklärung eindeutig zum Ausdruck gebracht werden. Die Angabe von Gründen gehört zwar nicht zum notwendigen Inhalt der Kündigungserklärung. Jedoch hat der Gekündigte einen Anspruch auf Mitteilung des Kündigungsgrundes entsprechend § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB.
Gemäß § 89 a Absatz 1 Satz 2 HGB kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

11. Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB

Der Handelsvertreter hat gegen den ursprünglich vertretenen Unternehmer einen Ausgleichsanspruch, wenn und soweit die vier nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind. Fehlt auch nur eine Voraussetzung, entfällt damit der ganze Ausgleichsanspruch.
Die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses
Der Handelsvertretungsvertrag muss beendet sein. Dabei kommen grundsätzlich alle Fälle der Beendigung des Handelsvertretungsverhältnisses in Betracht.
Erhebliche Vorteile des vertretenen Unternehmers
Dem vertretenen Unternehmer müssen nach Vertragsbeendigung erhebliche Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit vom Handelsvertreter neu geworbenen Kunden erwachsen. Den neuen Kunden sind auch die bei Beginn des Handelsvertretungsverhältnisses übernommenen vorhandenen Kunden gleichgestellt, mit denen der Handelsvertreter die Geschäftsbeziehung während der Dauer seiner Tätigkeit so wesentlich erweitert hat, dass dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden gleichkommt.
Ein Vorteil liegt in jeder Aussicht auf Mehrung des Unternehmergewinns, also darin, dass die vom Handelsvertreter neu geworbenen Kunden auch über das Vertragsende hinaus bei dem vertretenen Unternehmer Ware beziehen werden. Der Vorteil ist erheblich, wenn in dem Fortbestand der vom Handelsvertreter angeknüpften Geschäftsbeziehung eine dauernde Umsatzmöglichkeit zu sehen ist.
Für den Nachweis der Neuwerbung eines Kunden lässt die Rechtsprechung Beweiserleichterungen für den Handelsvertreter zu. Wenn dieser seit langer Zeit für einen Unternehmer tätig geworden ist, hierbei den Vertreterbezirk als „Mann der ersten Stunde“ aufgebaut und seine Tätigkeit lange Zeit zur Zufriedenheit des Unternehmers ausgeübt hat, spricht der Beweis des sog. ersten Anscheins dafür, dass die seit Beginn seiner Tätigkeit geworbenen Kunden von dem Handelsvertreter als neue Kunden geworben wurden.
Provisionsverluste des Handelsvertreters
Als nächste Voraussetzung wurde bislang verlangt, dass der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche verliert, die er bei Fortsetzung des Vertrages hätte. 9 Dabei wurde von den Bruttoprovisionseinnahmen des Handelsvertreters in den letzten zwölf Monaten vor Beendigung des Vertragsverhältnisses aus Geschäften mit neuen bzw. intensivierten Kunden ausgegangen. Bei der Berechnung durften jedoch die Vergütungen nicht berücksichtigt werden, die mit der Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters nicht in unmittelbaren Zusammenhang standen. Dazu gehörten z. B. auch die Inkassound die Delkredereprovision. Ein dem Handelsvertreter gezahltes Fixum war allerdings mit einzurechnen, soweit es als Entgelt für Geschäfte mit neu geworbenen Kunden anzusehen war.
Billigkeitsgesichtspunkte
Als weitere selbständige Anspruchsvoraussetzung ist schließlich bestimmt, dass die Zahlung des Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen muss. Auf den Ausgleichsanspruch können sich anderweitige Umstände wie z. B. die Altersversorgung aus Mitteln des vertretenen Unternehmers ausgleichsmindernd auswirken.
Berechnung des Ausgleichsanspruchs und dessen Höchstbetrag
Zunächst bedarf es der Ermittlung der vom Handelsvertreter neu geworbenen bzw. intensivierten Kunden. Dann folgt die Feststellung der Umsätze, die mit diesen Kunden im letzten Jahr der Vertragslaufzeit getätigt worden sind, und der daraus resultierenden Provisionsbeträge. Anschließend erfolgt die Berechnung der Provisionsverluste, in dem der zuvor ermittelte Umsatzbetrag mit einem bestimmten Multiplikator (i. d. R. mit drei) multipliziert wird. Von dem sich dann ergebenen Betrag sind evtl. gewisse Abzüge aus dem Gesichtspunkt der Billigkeit vorzunehmen, die allerdings ebenfalls aus Billigkeitserwägungen wieder ausgeglichen werden können.
Erst wenn auf diese Weise die Höhe des Ausgleichs ermittelt worden ist, erfolgt eine Begrenzung der Höhe des Ausgleichs aufgrund der Regelung des § 89 b Abs. 2 HGB. Dort ist eine Höchstgrenze festgesetzt, die der Ausgleichsanspruch nicht übersteigen darf. Sie beträgt eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit berechnete Jahresprovision oder sonstige Vergütung. Hierbei handelt es sich um die durchschnittliche Jahresgesamtprovision (Bruttoprovision) des Handelsvertreters, d. h. die Provision mit allen alten wie neuen Kunden.
Der Anspruch ist abzuzinsen.
Unabdingsbarkeit
Der Ausgleichsanspruch kann nicht im Voraus abbedungen werden.
Ausschluss des Ausgleichsanspruchs
  • Kündigung durch den Handelsvertreter
    Der Ausgleichsanspruch entfällt, wenn der Handelsvertreter selbst kündigt, ohne dass ihm der vertretene Unternehmer durch sein Verhalten dazu begründeten Anlass gab. Ein begründeter Anlass ist z. B. in einer ungewöhnlich nachlässigen Ausführung der vom Handelsvertreter vermittelten Abschlüsse seitens des Unternehmers zu sehen. Auch ein rechtmäßiges Verhalten des vertretenen Unternehmers kann begründeter Anlass sein. Ein begründeter Anlass liegt hier z. B. vor, wenn die wirtschaftliche Lage des vertretenen Unternehmers sich so ungünstig gestaltet hat, dass der Handelsvertreter die Voraussetzung für eine gewinnbringende Fortsetzung seiner Tätigkeit als nicht mehr gegeben ansehen muss.
  • Dagegen bleibt der Ausgleichsanspruch erhalten, wenn der Handelsvertreter von sich aus gekündigt hat, weil ihm eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht 10 zugemutet werden kann. „Alter“ dürfte in der Regel mit Erreichen des Pensionsalters vorliegen. Das Kriterium „Krankheit“ liegt vor, wenn es sich um eine schwerwiegende Störung des Gesundheitszustandes handelt, die von nicht absehbarer Dauer und mit Ersatzkräften nicht auszugleichen ist.
  • Kündigung durch den vertretenen Unternehmer
    Der Ausgleichsanspruch entfällt weiter, wenn der Handelsvertreter sich ein Verhalten zu Schulden kommen ließ, das einen wichtigen Kündigungsgrund nach § 89 a HGB darstellt und der vertretene Unternehmer deswegen gekündigt hat. Der Ausgleichsanspruch entfällt nicht bereits, wenn er wegen eines wichtigen Grundes hätte kündigen können.
  • Eintritt eines Dritten in das Vertragsverhältnis
    Ein weiterer Ausschlusstatbestand ist der Eintritt eines Dritten in das Vertragsverhältnis. Hat danach der aus dem Vertragsverhältnis ausscheidende Handelsvertreter mit dem vertretenen Unternehmer eine Vereinbarung getroffen, dass ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt, besteht ein Ausgleichsanspruch nicht. Mit dieser Regelung soll eine Doppelzahlung an den aus dem Vertragsverhältnis ausscheidenden Handelsvertreter vermieden werden. Denn der Handelsvertreter wird einer solchen Vereinbarung nur zustimmen, wenn er von dem Dritten oder auch von dem vertretenen Unternehmer eine entsprechende Gegenleistung für die Übertragung der Vertretung erhält.
  • Der unabdingbare Ausgleichsanspruch ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gegenüber dem vormals vertretenen Unternehmer geltend zu machen. Einer Bezifferung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bedarf es dabei nicht.
  • Geltendmachung
    Binnen eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.

12. Zurückbehaltungsrecht nach Beendigung des Vertrages

Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Handelsvertreter ein nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht (§ 369 HGB bzw. § 273 BGB) an ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB (z. B. Muster, Preislisten etc.) nur wegen seiner fälligen Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen, § 88 a Abs. 2 HGB. Da der Unternehmer diese Unterlagen in der Regel dringend benötigt, um einen neuen Handelsvertreter auszustatten, soll er nicht abwarten müssen, bis alle Ansprüche des Handelsvertreters gerichtlich geklärt sind. Die Ausnahme hinsichtlich Provision und Aufwendungsersatz ist auf die existenzielle Bedeutung dieser Ansprüche für den Handelsvertreter zurückzuführen.
Für alle übrigen Ansprüche (z. B. Ausgleichsanspruch, Schadensersatzanspruch etc.) kann der Handelsvertreter sein Zurückbehaltungsrecht nur an Gegenständen des Unternehmers geltend machen, die keine Unterlagen im Sinne des § 86 a Abs. 1 HGB darstellen. Andererseits können die gesetzlichen Zurückbehaltungsrechte des Handelsvertreters gemäß § 88 a Abs. 1 HGB vertraglich nicht abbedungen werden.

13. Nachvertragliche Pflichten des Handelsvertreters

Verschwiegenheitspflicht nach § 90 HGB
Der Handelsvertreter ist nicht nur während des Vertragsverhältnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das Gesetz legt dem Handelsvertreter vielmehr auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Pflicht zur Verschwiegenheit auf und verbietet es, die ihm bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu verwerten oder anderen mitzuteilen. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind alle Erfahrungen, Geschäftsverbindungen und Verfahrenstechniken des vertretenen Unternehmers, die nicht offenkundig oder einem größeren Kreis bekannt sind, und die der Unternehmer aus berechtigten wirtschaftlichen Interessen geheim halten will. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne des § 90 HGB sind auch die Namen und Anschriften der Kunden, die der Handelsvertreter neu geworben hat.
Die Geheimhaltungspflicht reicht jedoch nach Vertragsende weniger weit als vorher, weil der Handelsvertreter in seiner neuen Erwerbstätigkeit nicht übermäßig eingeschränkt werden darf. Nach § 90 HGB ist die Mitteilung und Verwertung nur unbefugt, „soweit dies nach den gesamten Umständen der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmannes widersprechen würde“. Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass ein Handelsvertreter mangels Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner Tätigkeit grundsätzlich frei ist.
Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht führt zu Schadensersatz und Unterlassungsansprüchen des Unternehmers gegen den Handelsvertreter.
Wettbewerbsabrede nach § 90 a HGB
Nach Vertragsende steht es dem Handelsvertreter grundsätzlich frei, mit dem vertretenen Unternehmer in Wettbewerb zu treten, insbesondere also auch die Vertretung eines Konkurrenten des früher vertretenen Unternehmers zu übernehmen. Dem kann aber mit Hilfe einer Wettbewerbsabrede vorgebeugt werden. Unter Wettbewerbsabrede sind Vereinbarungen zu verstehen, die den Handelsvertreter nach Vertragsende in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränken. Der Hauptzweck dürfte sein, die Abwerbung der bisherigen Kundschaft durch den Handelsvertreter zu verhindern. Zur Wirksamkeit der Abrede ist Schriftform im Sinne des § 126 BGB erforderlich. Ferner muss die Urkunde binnen angemessener Zeit dem Handelsvertreter ausgehändigt werden.
Die Wettbewerbsabrede kann längstens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Die Wettbewerbsabrede darf sich außerdem nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und nur auf die Gegenstände erstrecken, hinsichtlich derer sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den vertretenen Unternehmer zu bemühen hat.
Der Unternehmer ist unabdingbar verpflichtet, dem Handelsvertreter für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Diese Entschädigung ist ihrem Wesen nach nicht ein Schadensersatz, sondern ein Entgelt für die vereinbarte Wettbewerbsenthaltung.

14. Besondere Erscheinungsformen des Handelsvertreters

Der Versicherungsvertreter und der Bausparkassenvertreter
Versicherungsvertreter ist, wer als Handelsvertreter damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Die Tätigkeit des Versicherungsvertreters unterscheidet sich von der des Warenvertreters insofern, als der Versicherungsvertreter im Allgemeinen langfristige Verträge vermittelt oder abschließt, während die Tätigkeit des Warenvertreters in der Regel darauf gerichtet ist, Einzelgeschäfte zu vermitteln oder abzuschließen. Für den Bausparkassenvertreter gilt im Wesentlichen das Gleiche.
Auch für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer gilt grundsätzlich das Handelsvertreterrecht. Es gelten jedoch einige Einschränkungen:
  • Der Versicherungsvertreter erhält eine Provision lediglich für Geschäfte, die unmittelbar auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind.
  • Ist dem Versicherungsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so erhält er für Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden, keine Provision.
  • Für die unbedingte Entstehung des Provisionsanspruchs des Versicherungs- und Bausparkassenvertreters ist festgelegt, dass nicht die Ausführung des vermittelten Geschäfts durch das Unternehmen maßgeblich sein soll, sondern der Zeitpunkt der Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer.
Der Handelsvertreter im Nebenberuf, § 92 b HGB
Da das Gesetz keine Begriffsbestimmung des Handelsvertreters im Nebenberuf enthält, ist auf die Verkehrsauffassung abzustellen. Üblicherweise erfolgt die Abgrenzung nach der sog. „Übergewichtstheorie“. Eine Tätigkeit im Nebenberuf liegt danach vor, wenn der Handelsvertreter mit seinem Hauptberuf den überwiegenden Teil seines Einkommens erzielt (z. B. Rentner) bzw. – bei unentgeltlicher Haupttätigkeit – die Tätigkeit als Handelsvertreter zeitlich untergeordnet ist (z. B. Hausfrauen und Studenten).
Dem Handelsvertreter im Nebenberuf steht
  • kein Ausgleichsanspruch nach § 89 b zu, ebenso gelten für ihn
  • nicht die Kündigungsfristen des § 89 HGB.