Rechtlicher Überblick

Insolvenzverfahren und Insolvenzveröffentlichungen

1. Wer oder was ist insolvenzfähig?

Das Insolvenzverfahren kann grundsätzlich über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person des Privatrechts (Kapitalgesellschaften und rechtsfähige Vereine) eröffnet werden, ferner über das Vermögen der
  • offenen Handelsgesellschaften (OHG),
  • Kommanditgesellschaften (KG),
  • BGB-Gesellschaften (GbR),
  • Partnereedereien,
  • Partnerschaftsgesellschaften (PartG),
  • Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigungen (EWIV),
  • nicht rechtsfähigen Vereine.
Hinweis: Darüber hinaus sind Insolvenzverfahren über Sondervermögen (zum Beispiel Nachlässe) zulässig.

2. Verbraucher- oder Regelinsolvenzverfahren?

Die Insolvenzordnung differenziert zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren, wobei der Schuldner keine Wahlmöglichkeit hat. Alle zum Zeitpunkt der Antragstellung Selbstständigen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit, unterfallen dem Regelinsolvenzverfahren. 
Tipp: Nutzen Sie auch unsere Krisenberatung für Mitgliedsunternehmen, wenn eine Insolvenz droht. Informationen dazu finden Sie im gleichnamigen Artikel.
Ehemals Selbstständigen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Die Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger, also maximal 19 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere die Forderungen der Sozial-versicherungsträger (zum Beispiel Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge, Lohnforderungen von Angestellten) und Finanzämter (Lohnsteuer) sowie Berufsgenossenschaften.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren selbst verläuft dann in drei Stufen:
  • Zwingender außergerichtlicher Einigungsversuch
    Der Schuldner muss zunächst versuchen, eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern herbeizuführen, auf der Grundlage eines von ihm erstellten Schuldenbereinigungsplans. Unterstützt wird er dabei von einer zur Schuldnerberatung geeigneten Person oder Stelle. Dies kann neben den öffentlichen oder karitativen Schuldnerberatungsstellen auch ein Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder eine vergleichbar geeignete Person oder Stelle sein. Diese hat im Falle des Scheiterns eine Bescheinigung über den Einigungsversuch auszustellen.
  • Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
    Erst wenn der außergerichtliche Einigungsversuch misslingt, kann der Schuldner binnen sechs Monaten einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen und die Restschuldbefreiung beantragen.

    Mit dem Insolvenzantrag hat der Schuldner dem Gericht folgende Unterlagen bzw. Erklärungen vorzulegen:
  1. die Bescheinigung über den erfolglosen außergerichtlichen Einigungsversuch,
  2. den Antrag auf Restschuldbefreiung oder die Erklärung, dass eine Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll,
  3. ein Vermögensverzeichnis, eine Vermögensübersicht, ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen sowie die Erklärung, dass diese Angaben vollständig sind,
  4. einen Schuldenbereinigungsplan.

    Auf den Plan aus dem außergerichtlichen Verfahren kann dabei weitgehend zurückgegriffen werden. Das Gericht wird in der Regel nochmals versuchen, auf der Grundlage des Schuldenbereinigungsplans eine Einigung zwischen Gläubigern und Schuldnern herbeizuführen. Dabei hat es auch die Möglichkeit, die Zustimmung einzelner Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen zu ersetzen, wenn der Plan inhaltlich angemessen ist. Während dieser Zeit wird das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet; der Antrag auf Eröffnung ruht.
  • Vereinfachtes Insolvenzverfahren
    Kommt auch der Schuldenbereinigungsplan nicht zustande oder erscheint die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens von vornherein aussichtslos, wird ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchgeführt. Eine Abweisung mangels Masse dürfte hier relativ selten sein, da in der Regel die Voraussetzungen für eine Stundung gegeben sein dürften. In diesem Verfahren wird regelmäßig nur eine Gläubigerversammlung abgehalten. Bei überschaubaren Vermögensverhältnissen des Schuldners und einer geringen Zahl der Gläubiger oder der Höhe der Verbindlichkeiten kann das Insolvenzgericht anordnen, das Verfahren oder einzelne seiner Teile schriftlich durchzuführen. An Stelle eines Insolvenzverwalters wird im vereinfachten Verfahren ein Treuhänder tätig. Die Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände steht in diesem Verfahren ebenso wie das Anfechtungsrecht dem Gläubiger (und nicht dem Treuhänder) zu. Am Ende wird die Insolvenzmasse anteilig an die Gläubiger verteilt.

3. Antrag auf Eröffnung eines (Regel-) Insolvenzverfahrens

a) Zuständigkeit

Ein Insolvenzverfahren wird durch Antrag für das Regelinsovenzverfahren beim zuständigen Gericht eingeleitet. Dies ist in Hamburg das
Amtsgericht Hamburg
– Insolvenzgericht –
Sievekingplatz 1
20355 Hamburg
Telefon: 040 4 28 63 - 0
Wichtig! Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Liegt der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit in einem anderen Ort, ist ausschließlich das dortige Insolvenzgericht zuständig.

b) Insolvenzantrag

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind grundsätzlich sowohl die Gläubiger als auch der Schuldner selbst.
Ist der Schuldner keine natürliche Person, so ist neben den Gläubigern jedes Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstandes bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners berechtigt, den Insolvenzantrag zu stellen.
Die Anforderungen an den Insolvenzantrag sind für den Schuldner deutlich erhöht worden. So hat er seinem Insolvenzantrag ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Weitere Anforderungen ergeben sich aus § 13 Abs. 1 InsO.
Tipp: Antragsformulare sowie dazugehörige Ausfüllhinweise sind über die Internetseite des Insolvenzgerichts Hamburg als pdf abrufbar.
Wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, kann er gleichzeitig mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen (oder er muss dies spätestens 2 Wochen nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts nachholen).
Dazu muss der Schuldner während der sog. Wohlverhaltensperiode den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an den Treuhänder abgeben. Die Wohlverhaltensperiode beträgt sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Gleichwohl beginnt das Restschuldbefreiungsverfahren formell erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
Wenn der Schuldner während dieser Phase seinen Obliegenheiten nachkommt, insbesondere einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich um eine solche bemüht, Erbschaften zur Hälfte an den Treuhänder herausgibt, Zahlungen nur an den Treuhänder leistet und sich keiner Insolvenzstraftaten schuldig macht, kann das Gericht nach Anhörung aller Beteiligten die Befreiung von sämtlichen Schulden gegenüber Insolvenzgläubigern aussprechen, die nicht auf deliktischer Haftung oder auf Geldstrafen beruhen.
Die Restschuldbefreiung ist allerdings zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger beantragt wurde und wenn der Schuldner
  • wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist,
  • sich innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Eröffnungsantrag mit unrichtigen Angaben einen Kredit erschlichen hat oder dies versucht hat,
  • innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Eröffnungsantrag bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt bekommen hat oder diese versagt worden ist,
  • innerhalb des letzten Jahres durch Verschwendung die Befriedigung von Insolvenzgläubigern beeinträchtigt hat,
  • während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt hat,
  • unrichtige oder unvollständige Angaben in den im Verbraucherinsolvenzverfahren vorzulegenden Verzeichnissen gemacht hat oder
  • eine ihm während der Wohlverhaltensperiode auferlegte Obliegenheit verletzt.
Damit ein Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen kann, ist Voraussetzung, dass dieser ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Gläubiger muss danach durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen, dass der Schuldner außer Stande ist, die fälligen und ernstlich eingeforderten Verbindlichkeiten im wesentlichen zu erfüllen. Hinreichend ist hierfür bspw. die Bescheinigung eines Gerichtsvollziehers über eine erfolglose Zwangsvollstreckung oder die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners.

c) Antragspflicht

Für natürliche Personen besteht keine Insolvenzantragspflicht. Wird jedoch eine juristische Person (GmbH oä) zahlungsunfähig oder ist überschuldet, haben die Geschäftsführer und der Vorstand bei einer Aktiengesellschaft die Pflicht, unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, einen Insolvenzantrag zu stellen, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes.

d) Insolvenzgründe

Das Insolvenzgericht prüft nach Eingang des Antrags von Amts wegen, ob ein Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren tatsächlich vorliegt. Nur wenn dies der Fall ist, kann das Insolvenzverfahren unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eröffnet werden.

aa) Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die derzeit fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies wird in der Regel angenommen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Die Zahlungsunfähigkeit muss über einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum anhalten. Andernfalls spricht man von einer Zahlungsstockung, die noch keinen Insolvenzgrund darstellt. Die Rechtsprechung geht noch von einer Zahlungsstockung aus, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die notwendigen Mittel zu leihen. Sie geht dabei von einem Zeitraum von max. 3 Wochen aus. Festgestellt werden kann die Zahlungsunfähigkeit mit einer Liquiditätsbilanz, in der die Forderungen den kurzfristig verfügbaren Zahlungsmitteln gegenübergestellt werden.

bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit

Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zum späteren Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Das ist dann der Fall, wenn aufgrund eines Liquiditätsplanes der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu einem späteren Zeitpunkt überwiegend wahrscheinlich ist. Zur Antragstellung ist hier nur der Schuldner berechtigt; er ist aber nicht verpflichtet.

cc) Überschuldung

Überschuldung gilt als Insolvenzgrund nur bei juristischen Personen (z.B. AG und GmbH) und bei Personenhandelsgesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter (z.B. GmbH & Co. KG). Für andere Gesellschaftsformen wie oHG, KG und die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sowie für Einzelkaufleute und Privatpersonen stellt die Überschuldung keinen Insolvenzgrund dar. Grund dafür ist die beschränkte Haftung, der Kapitalgesellschaften dem Gesetz nach unterliegen. Die Überschuldung tritt regelmäßig bereits vor der Zahlungsunfähigkeit ein.
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners nicht die bestehenden Verbindlichkeiten deckt, wenn also in der Bilanz die Passiva die Aktiva übersteigen. Die hierfür erforderliche Bewertung erfolgt in bilanzieller Form, der sog. Überschuldungsbilanz. Ihrem Zweck entsprechend ist diese abzugrenzen sowohl von der Handelsbilanz als auch von der Eröffnungsbilanz. Es ist von einer Fortführung des Unternehmens auszugehen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Daraus ergibt sich ein zweistufiger Prüfungsaufbau. Ist die Fortbestehensprognose negativ, erscheint das Unternehmen also nicht lebensfähig, so erfolgt die Bilanzierung auf der Grundlage der Auflösung der Gesellschaft; die Aktiva werden dementsprechend mit den Liquidationswerten bilanziert. Wird dagegen eine zukünftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens prognostiziert, so können Fortführungswerte aktiviert werden. Zu beachten ist, dass eine positive Fortbestehensprognose nicht per se die Überschuldung ausschließt. 
Tipp: Unser Dokument "Wie vermeide ich Zahlungsausfälle" gibt Ihnen Hinweise, wie Sie vorbeugen können und welche Möglichkeiten Sie bei Zahlungssäumnis Ihres Schuldners haben.

4. Vorläufige Entscheidung des Gerichts

Nach Eingang des Antrags prüft das Gericht die oben genannten Kriterien, um festzustellen, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Neben den bereits angesprochenen Antragsvoraussetzungen wird geprüft, ob die Kosten des Verfahrens aus der Insolvenzmasse beglichen werden können. Ist dies nicht der Fall, wird ein Insolvenzverfahren nur eröffnet, wenn sich jemand findet, der einen Kostenvorschuss in erforderlicher Höhe leistet.
Schuldnerinnen und Schuldner sowie deren gesetzliche Vertreter sind darüber hinaus verpflichtet, dem Insolvenzgericht über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen. Dies gilt besonders für solche Umstände, die zur Feststellung und vorläufigen Sicherung der Masse und für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlich sind (§§ 20, 97, 98, 101 InsO). Dabei sind auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen (§§ 20, 97 InsO).
Vielfach setzt das Gericht zur Aufklärung der schuldnerischen Vermögenslage einen Sachverständigen oder zur Sicherung der Masse einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Diese Personen haben die Verhältnisse im Einzelnen zu überprüfen. Sie benötigen hierzu ergänzende Erläuterungen und genaue schriftliche Unterlagen. Schuldnerin und Schuldner sind auch gegenüber diesen Beauftragten des Gerichts zur Mitwirkung und Auskunft verpflichtet. Sie haben ihnen alle Informationen zu geben und alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die benötigt werden, um den Auftrag sachgerecht und zügig zu erfüllen. Dies gilt besonders für sämtliche Buchführungsunterlagen und sonstige Geschäftspapiere, etwa Verträge und Gesellschafterbeschlüsse. Befinden sich diese Unterlagen im Besitz eines Dritten, etwa in einem Steuerberaterbüro, so müssen sie notfalls von dort beschafft werden.
Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema "Sachverständige" haben wir Ihnen zusammengestellt im Artikel "Öffentlich bestellte Sachverständige".
Zur Erfüllung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten hat die Schuldnerin oder der Schuldner bezie-hungsweise deren gesetzlicher Vertreter sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen (§ 97 Abs. 3 InsO). Sie haben, falls es verlangt wird, persönlich zu erscheinen und den Sachverhalt zu erläutern.
Wer entgegen diesen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten Vermögensbestandteile, die im Falle der Verfahrenseröffnung zur Insolvenzmasse gehören, verheimlicht oder beiseite schafft, macht sich wegen Bankrotts strafbar (§ 283 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB)).
Bis zu einer Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens können vom Gericht vorläufige Maßnahmen über das Vermögen des Schuldners angeordnet werden. Das können die Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots über das Vermögen des Schuldners, die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses oder auch die bereits oben angesprochene Untersagung von Zwangsvollstreckungen in das Schuldnervermögen sein. Die Anordnung von vorläufigen Maßnahmen muss öffentlich bekannt gemacht werden. Ab diesem Zeitpunkt ist dann ein eingesetzter vorläufiger Insolvenzverwalter alleiniger Verfügungsberechtigter über das Schuldnervermögen. Er führt auch die Geschäfte des Schuldners fort.

5. Abweisung mangels Masse

Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten (insbes. Gerichtskosten und Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken, so lehnt es den Eröffnungsantrag ab und der Schuldner wird für 5 Jahre in ein Schuldnerverzeichnis eingetragen. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft, so wird diese dann aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht, sofern sie darin eingetragen war.

6. Verfahrenseröffnung

Liegen alle Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren vor (insbesondere also ein ausreichendes Schuldnervermögen vorhanden ist), beschließt das Gericht dessen Eröffnung. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht, ggf. in das Handelsregister sowie das Grundbuch eingtragen und den dem Gericht bekannten Gläubigern des Schuldners zugestellt, die dann innerhalb einer gerichtlich festgelegten Frist ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden müssen.
Das Gericht hat darüber hinaus alle weiteren erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das vorhandene Vermögen zu sichern. Dazu kann es u.a. dem Schuldner ein Verfügungsverbot auferlegen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner untersagen oder eine Postsperre verhängen. Vereinfacht gesagt verliert der Schuldner alle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über sein Vermögen. Gegen die Anordnung der Maßnahmen steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Dieser hat dann das Vermögen zu sichern und zu erhalten, ggf. das Unternehmen fortzuführen und zu prüfen, ob eine die Kosten des Insolvenzverfahrens deckende, freie Vermögensmasse im Schuldnervermögen vorhanden ist. Da der Insolvenzverwalter auch in die arbeitsvertraglichen Pflichten des Schuldners eintritt, kann er bestehende Arbeitsverhältnisse mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende kündigen, wenn nicht gesetzlich, tariflich oder einzelvertraglich etwas anderes vereinbart ist. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann auch beauftragt werden, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestehen. Die Tätigkeit entspricht im wesentlichen der des früheren "Sequesters". Da die Befugnisse unterschiedlich ausgestaltet sein können, ist entscheidend, welche Befugnisse in dem Beschluss zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung aufgeführt sind.

7. Gang des Insolvenzverfahrens

a) Forderungsanmeldung

Im Eröffnungsbeschluss sind alle Gläubiger aufgerufen, ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Dies muss schriftlich mit einem vom Insolvenzgericht herausgegebenen Formblatt erfolgen. Dabei muss die Forderung nach Art und Umfang benannt werden. Nicht geldliche Forderungen sind mit ihrem Gegenwert anzugeben. Zinsen können nur bis zum Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Der Anmeldung ist außerdem ein Beleg für den Bestand der Forderung beizufügen. Wird die Forderungsanmeldung nicht vom Gläubiger selbst durchgeführt, ist zusätzlich noch eine Vollmacht erforderlich.

b) Bericht des Insolvenzverwalters

In einem Berichtstermin unterrichtet der Insolvenzverwalter die Gläubiger umfassend über die Lage des Schuldners und eventuelle Sanierungsaussichten. Die Gläubigerversammlung entscheidet daraufhin über den Fortgang des Verfahrens.

c) Insolvenzplan

Zur Sanierung des Unternehmens kann der Schuldner oder der Insolvenzverwalter dem Gericht einen Insolvenzplan vorlegen, der den Beteiligten zur Stellungnahme zugeleitet wird. Dieser wird mit den Gläubigern in einem gesonderten Erörterungs- und Abstimmungstermin besprochen. Die Abstimmung der Gläubiger über den Plan findet in Gruppen statt. In jeder Gruppe muss eine Mehrheit der Abstimmenden Gläubiger zustande kommen. In bestimmten Fällen kann das Gericht die Zustimmung einzelner Gruppen ersetzen. Findet der Plan die Zustimmung der Gläubiger, wird er durch das Gericht bestätigt. Der Insolvenzplan stellt dann zusammen mit der Insolvenztabelle einen vollstreckbaren Titel dar. Danach wird das Insolvenzverfahren aufgehoben. Im Insolvenzplan kann geregelt werden, dass die Durchführung und Erfüllung des Planes für höchstens drei Jahre von einem sogenannten Sachverwalter überwacht wird. Im Regelfall wird anschließender Schuldenerlass vereinbart. Im Fall des Scheiterns eines Insolvenzplans kann der Schuldner oder der Insolvenzverwalter beauftragt werden, einen neuen Plan vorzulegen.

d) Liquidation

Wird ein Insolvenzplan nicht vorgelegt oder von den Gläubigern endgültig abgelehnt, hat der Insolvenzverwalter im Regelfall unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Schuldnervermögen zu verwerten. Zur Insolvenzmasse gehört dabei auch das vom Schuldner während des Verfahrens neu erworbene Vermögen. Rechtshandlungen vor Eröffnung des Verfahrens, welche die Gläubiger benachteiligt haben, kann der Verwalter innerhalb einer nach den §§ 146 InsO, 186 BGB zu bestimmtenden Frist  nach Verfahrenseröffnung anfechten und die Sache oder den Gegenwert zurückfordern.
In einer weiteren Gläubigerversammlung (Prüfungstermin) werden die Forderungen gegen den Schuldner geprüft und nach einfachen und nachrangigen Insolvenzforderungen (z.B. Zinsen und die Verfahrenskosten der Gläubiger) unterteilt. Vorrechte bestimmter Gläubiger – wie es sie noch in der Konkursordnung gab – existieren nicht mehr.
Gegenstände, die im Eigentum eines Gläubigers stehen, können körperlich aus der Insolvenzmasse herausverlangt werden (Aussonderung), wenn der Insolvenzschuldner kein Besitzrecht hat. Ein Aussonderungsrecht besteht grundsätzlich auch bei Gegenständen, die unter Eigentumsvorbehalt stehen (§ 449 BGB). Der Insolvenzverwalter kann jedoch die Ware oder das betreffende Investitionsgut bezahlen und so den Eigentumsvorbehalt zum Erlöschen bringen.
Andere gängige Sicherheiten wie z. B. der "verlängerte Eigentumsvorbehalt" oder eine Sicherungsübereignung begründen lediglich ein Recht auf Absonderung. Der Verwalter darf die gesicherten Gegenstände verwerten oder gesicherte Forderungen einziehen und hat den Erlös abzüglich einer Pauschale von 9 % für Feststellungs- und Verwertungskosten an den Gläubiger auszuzahlen. Fällt durch die Verwertung Umsatzsteuer zu Lasten der Insolvenzmasse an, kann der Verwalter diesen Betrag in Höhe von derzeit 19 % ebenfalls vom Verwertungserlös abziehen. Somit werden auch gesicherte Gläubiger in das Insolvenzverfahren einbezogen.
Nach einem Schlusstermin wird die Insolvenzmasse anteilig an die Gläubiger verteilt und das Verfahren durch das Gericht beendet. Wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, kann im Anschluss das Restschuldbefreiungsverfahren (s.o.) durchgeführt werden, falls dies beantragt wurde.
Tipp: Zusätzliche Informationen finden Sie auch im Artikel "Die Liquidation der GmbH und der UG (haftungsbeschränkt)".

e) Stundung der Insolvenzkosten

Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm die Kosten des Insolvenzverfahrens gestundet, wenn das Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Eine Stundung ist nur dann ausgeschlossen, wenn einer der Versagungsgründe für die Restschuldbefreiung vorliegt. Der Streit über die Zulässigkeit von Prozesskostenhilfe im Insolvenzverfahren wurde damit durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz hinfällig.
Gestundet werden alle notwendigen Kosten für alle Verfahrensabschnitte, und zwar Gerichtskosten inklusive Zustellungs- und Veröffentlichungskosten, Verwalter- und Treuhänderkosten im Insolvenzverfahren und Treuhänderkosten im Restschuldbefreiungsverfahren.

8. Insolvenzveröffentlichungen

Im "Elektronischen Bundesanzeiger" können Sie alle amtlich bekannt gemachten Informationen online recherchieren. Sie finden dort ausführliche Benutzerhinweise für die Recherche.
Weitere Informationen: www.bundesanzeiger.de
Außerdem veröffentlichen die Insolvenzgerichte Bekanntmachungen, die vorzunehmen sind, wenn ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt worden ist.
Zu den online verfügbaren Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte gehören zum Beispiel Terminbestimmungen, die Mitteilungen über die Eröffnung und Aufhebung von Insolvenzverfahren oder über die Anordnung und Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen.
Weitere Informationen: www.insolvenzbekanntmachungen.de

9. Weiterführende Informationen zum Insolvenzrecht

Dieses Dokument soll eine erste Übersicht über das Insolvenzrecht geben. Eine weitergehende Individualbetreuung von Insolvenzfällen kann unsere Handelskammer nicht leisten. Dies wäre mit der gesetzlich vorgeschriebenen Neutralitätspflicht nicht zu vereinbaren, da eine Parteinahme zugunsten eines Mitglieds (Insolvenzschuldner) gegen die Interessen eines anderen Mitglieds (Insolvenzgläubiger) verstoßen könnte. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an die Vertreter der rechtsberatenden Berufe.
Wenn Sie darüber hinausgehende Informationen benötigen, steht Ihnen in unserer Commerzbibliothek die gängige Rechtsliteratur (Gesetzestexte, Kommentare, Entscheidungssammlungen, Periodika) zur Verfügung. Die Commerzbibliothek finden Sie im Erdgeschoss unserer Handelskammer, Adolphsplatz 1, 20457 Hamburg. Sie ist Montag bis Donnerstag von 10 bis 20 Uhr sowie Freitag und Samstag von 10 bis 15 Uhr geöffnet.
Hinweis: Diese Informationen sollen Ihnen nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.