Steuerinfo Juli 2023
Die aktuelle Steuerinfo von Juli 2023 informiert Sie u.a. über eine EuGH-Entscheidung zur Umsatzsteuer bei Aufladen von Elektrofahrzeugen, die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen, dem Referentenentwurf für ein Wachstumschancengesetz, und möglicher Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes.
- EuGH-Urteil zur Umsatzsteuer beim Aufladen von Elektrofahrzeugen
- Grundlage für deutsche Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung
- Diskussionsentwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes
- Digitaler Gewerbesteuerbescheid – IHK-Arbeit zahlt sich aus
- Vermeidung der Doppelbesteuerung
- Entwicklung internationaler und europäischer Unternehmensbesteuerung
- Unternehmen benötigen Erleichterungen bei der Globalen Mindestbesteuerung
- Umsetzung der globalen Mindeststeuer in Deutschland schreitet voran
EuGH-Urteil zur Umsatzsteuer beim Aufladen von Elektrofahrzeugen
Der EuGH (Urteil vom 20. April 2023, C-282/22) kommt zu dem Ergebnis, dass die Verschaffung von Strom auch dann als einheitliche Lieferung einzuordnen ist, wenn der Strom über eine Ladesäule abgegeben wird und der Empfänger weitere Leistungskomponenten erhält, die für sich betrachtet als sonstige Leistungen einzuordnen wären. Er stützt dies darauf, dass im Vorlagefall im Ergebnis für den Nutzer die Lieferung von Strom im Vordergrund steht. Die technischen Unterstützungskomponenten hätten zudem keinen eigenen Zweck, sondern dienen aus Sicht des EuGH nur dazu, die Abgabe von Ladestrom zu erleichtern und bereitzustellen.
Im Ausgangsverfahren ging es um eine Kombination von Umsätzen, die in der Lieferung von Elektrizität zum Aufladen von Elektrofahrzeugen und der Erbringung verschiedener Dienstleistungen bestehen. Die Klägerin stellte öffentliche Ladestationen für Elektrofahrzeuge zur Verfügung, die sowohl mit Schnellladeanschlüssen als auch Langsamladeanschlüssen ausgestattet sind. Neben der Verschaffung des Stroms erbrachte die Klägerin bei jedem Ladevorgang weitere Dienstleistungen. Diese umfassten je nach Bedarf des betreffenden Nutzers grundsätzlich die Bereitstellung von Ladevorrichtungen einschließlich der Verbindung des Ladegeräts mit dem Betriebssystem des Fahrzeugs, Übertragung von Elektrizität mit entsprechend angepassten Parametern an die Batterie des Elektrofahrzeugs, notwendige technische Unterstützung sowie Bereitstellung von IT-Anwendungen (spezielle Plattform, Website oder App), die die Reservierung eines Anschlusses, die Verfolgung des Umsatzverlaufs und die Bezahlung der Umsätze ermöglichen. Für diese Leistungen rechnete die Klägerin einen einheitlichen Preis ab, der sich in Anhängigkeit von der Ladezeit bestimmte.
Das vorlegende polnische Gericht hatte die Lieferung und die Dienstleistungen aus umsatzsteuerlicher Sicht als einen einheitlichen Umsatz eingestuft. Dieser Einordnung ist der EuGH gefolgt.
Der EuGH stellt in seiner Entscheidung nochmals heraus, dass bei der Prüfung, ob eine komplexe einheitliche Leistung als „Lieferung von Gegenständen“ oder als „Dienstleistung“ einzustufen ist, auf deren charakteristische und dominierende Bestandteile abzustellen sei. Dazu sei die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu beurteilen. Dabei sei auf die Sicht des durchschnittlichen Nutzers von Ladestationen abzustellen. Zudem dürften nur diejenigen Dienstleistungen berücksichtigt werden, die nicht bereits notwendig mit der Vermarktung des betreffenden Gegenstands verbunden seien.
Die Bereitstellung der Ladevorrichtung inklusive der Verbindung mit dem Betriebssystem des Elektrofahrzeugs ist aus Sicht des EuGH ohnehin eine für die Abgabe des Stroms zwingend notwendige Komponente und daher bei der Charakterisierung als Lieferung oder Dienstleistung nicht zu berücksichtigen. Die technische Unterstützung und die IT-Komponenten wiederum haben nach seiner Auffassung keinen eigenen Zweck, sondern dienen lediglich zur Abwicklung, Erleichterung und Verbesserung des gesamten Ladevorgangs. Insgesamt beurteilt der EuGH die Übertragung von Elektrizität als den charakteristischen und dominierenden Bestandteil der einheitlichen und komplexen Leistung; die erbrachten Dienstleistungen teilen als Nebenleistungen das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung.
Das Urteil des EuGH entspricht der bisherigen deutschen Handhabung und bringt erfreuliche Klarheit. E-Charging wurde innerhalb der EU nicht von allen Mitgliedstaaten als Lieferung betrachtet: Zwar war der Mehrwertsteuerausschuss der Europäischen Kommission bislang der Auffassung, dass die Tätigkeit eines Ladestationsbetreibers als Lieferung von Gegenständen im Sinne der Artikel 14 und 15 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie (MwSt-RL) einzustufen sei. Der Mehrwertsteuerausschuss kann jedoch keine rechtsverbindlichen Entscheidungen treffen.
Nicht abschließend geklärt ist aber, ob in der klassischen Konstellation, in der zwischen Ladesäulenbetreiber und Nutzer ein sogenannter E-Mobilitätsbetreiber (E-Mobility Provider – EMP) eingeschaltet ist von einer Lieferkette auszugehen ist oder der EMP nur eine Dienstleistung erbringt.
Grundlage für deutsche Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung
Die Pläne der Ampel-Koalitionäre zur Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung stehen und fallen mit einer europäischen Grundlage. Diese Umsetzung der Pläne rückt nun in greifbare Nähe, denn die EU-Kommission hat den Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss für eine entsprechende Sondermaßnahme veröffentlicht. Der erforderliche Beschluss des EU-Rates steht noch aus.
Mitte April hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Diskussionsvorschlag zur obligatorischen Verwendung von elektronischen Rechnungen (sogenannten „eRechnungen“) für inländische B2B-Umsätze den Wirtschaftsverbänden übersandt.
Auf Basis der geltenden Regelungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) ist die Einführung einer verpflichtenden eRechnung nicht möglich. Art. 218 MwStSystRL definiert eine Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinn als „alle auf Papier oder elektronisch vorliegenden Dokumente oder Mitteilungen“. Die aufgeführte Papierrechnung steht der eRechnungspflicht mithin entgegen. Zudem knüpft Art. 232 MwstSystRL die Verwendung der elektronischen Rechnung bislang noch an die Zustimmung des Rechnungsempfängers. Beide Artikel sollen im Rahmen des Rechtssetzungsvorschlags „VAT in the Digital Age“ (ViDA) der EU-Kommission geändert werden, der harmonisierte Regelungen für die elektronische Rechnung innerhalb der EU enthält. Derzeit ist der zeitliche Abschluss Verfahrens auf EU-Ebene aber noch offen. Deshalb hat die Bundesrepublik Deutschland bereits im November 2022 einen Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung nach Art. 395 MwStSystRL gestellt, um vom geltenden Recht abweichen zu dürfen.
Der EU-Beschlussvorschlag vom 23. Juni 2023 enthält zum einen die Ermächtigung vorzuschreiben, dass Rechnungen, die von im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt werden, nur dann akzeptiert werden, wenn die jeweiligen Dokumente oder Mitteilungen elektronisch übermittelt werden. Zum anderen darf Deutschland bestimmen, dass die Verwendung entsprechender elektronischer Rechnungen nicht von der Zustimmung eines im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Rechnungsempfängers abhängig ist.
Die Ermächtigung soll ab dem 1. Januar 2025 gelten und ist befristet bis zum 31. Dezember 2027, es sei denn der Rechtssetzungsvorschlag „VAT in the digital age“ (ViDA) tritt zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft. Es liegt nun beim Rat der Europäischen Union, über den Vorschlag zu entscheiden. Da sich der Antrag Deutschlands stark an den Überlegungen auf EU-Ebene zur elektronischen Rechnungsstellung orientiert, darf mit dessen Zustimmung gerechnet werden.
Die Ermächtigung soll ab dem 1. Januar 2025 gelten und ist befristet bis zum 31. Dezember 2027, es sei denn der Rechtssetzungsvorschlag „VAT in the digital age“ (ViDA) tritt zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft. Es liegt nun beim Rat der Europäischen Union, über den Vorschlag zu entscheiden. Da sich der Antrag Deutschlands stark an den Überlegungen auf EU-Ebene zur elektronischen Rechnungsstellung orientiert, darf mit dessen Zustimmung gerechnet werden.
Diskussionsentwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes
Auf Einladung von Katja Hessel, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, hat die DIHK am 27. Juni 2023 an einem Gespräch zu einer möglichen Änderung des Grunderwerbsteuerrechts teilgenommen.
Ziel des kurzfristigen Austauschs mit Katja Hessel war die Abgabe einer ersten Einschätzung zu den an die IHK-Organisation übermittelten Eckpunkten einer Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Hintergrund sind die Arbeiten des Arbeitskreises zur Modernisierung des Grunderwerbsteuerrechts am Institut für Steuerrecht der Universität Leipzig.
In der Grundkonzeption sieht das Reformmodell vor, bei den grunderwerbsteuerlichen Ergänzungstatbeständen die starren Prozentgrenzen durch unbestimmte, rechtsformneutrale Rechtsbegriffe (Erwerbergruppe/dienendes Interesse) zu ersetzen.
Die IHK-Organisation hat in der Besprechung keine abschließende Bewertung des Reformmodells abgegeben, weil wegen der kurzen Einladungsfrist eine umfassende Befragung der Unternehmen nicht möglich war. Außerdem lag noch kein ausformulierter Entwurf eines Gesetzestextes vor. Die IHK-Organisation hat in der Online-Besprechung darauf hingewiesen, dass das aktuelle GrEStG mit den Ergänzungstatbeständen schwer zu vollziehen sein dürfte und der Entwurf für die Unternehmen erhebliche Rechtsunsicherheiten enthalte.
Die IHK-Organisation hat in der Besprechung keine abschließende Bewertung des Reformmodells abgegeben, weil wegen der kurzen Einladungsfrist eine umfassende Befragung der Unternehmen nicht möglich war. Außerdem lag noch kein ausformulierter Entwurf eines Gesetzestextes vor. Die IHK-Organisation hat in der Online-Besprechung darauf hingewiesen, dass das aktuelle GrEStG mit den Ergänzungstatbeständen schwer zu vollziehen sein dürfte und der Entwurf für die Unternehmen erhebliche Rechtsunsicherheiten enthalte.
Außerdem hat die IHK-Organisation betont, dass vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) zum 1. Januar 2024 und dem vorgesehenen Wegfall der (zivilrechtlichen) Gesamthand eine Änderung der §§ 5 bis 7 GrEStG angezeigt sei. Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel hat hierzu eine Lösung bis Jahresende in Aussicht gestellt – unabhängig vom Fortkommen des Reformmodells.
Die Abstimmung mit den Bundesländern zur Modernisierung der Grunderwerbsteuer sei, so Hessel, bereits im Gange. Es gibt jedoch noch keinen konkreten Zeitplan für das Reformvorhaben.
Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen
Das Bundesfinanzministerium hat am 17. Juli 2023 ein weiteres BMF-Schreiben (IV C 6 - S 2121/23/10001 :001) zur Steuerbefreiung von Photovoltaikanlagen gem. § 3 Nr. 72 S. 1 EStG veröffentlicht. Darin werden unter anderem der persönliche und sachliche Anwendungsbereich für die Steuerbefreiung, sowie der Umfang der Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen festgelegt. Zudem wird definiert, welche Photovoltaikanlagen begünstigt werden, und welche nicht. Das BMF-Schreiben bestimmt den zeitlichen Anwendungsbereich und die zeitliche Zuordnung.
Alle Einzelheiten können Sie dem BMF-Schreiben vom 17. Juli 2023 entnehmen.
Referentenentwurf für ein Wachstumschancengesetz
Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenentwurf für das sog. Wachstumschancengesetz („Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen, Innovationen, Steuervereinfachung und Steuerfairness“) veröffentlicht.
Dieses Gesetz soll in Zeiten multipler Krisen aus steuerlicher Sicht die Rahmenbedingungen für Wachstum, Investitionen und Innovationen der deutschen Wirtschaft fördern. Folgende Maßnahmen sieht der Referentenentwurf vor:
Dieses Gesetz soll in Zeiten multipler Krisen aus steuerlicher Sicht die Rahmenbedingungen für Wachstum, Investitionen und Innovationen der deutschen Wirtschaft fördern. Folgende Maßnahmen sieht der Referentenentwurf vor:
- Einführung einer Investitionsprämie für Investitionen, die zur Minderung des Energieverbrauchs beitragen. Bemessungsgrundlage: Maximal 200 Millionen Euro. Maximal Investitionsprämie: 30 Millionen Euro.
- Ausweitung der förderfähigen Kosten einer Auftragsforschung von 60 Prozent auf 70 Prozent im Rahmen der steuerlichen Forschungsförderung. Entfristung der auf 4 Millionen Euro angehobenen Bemessungsgrundlage und gleichzeitige Erhöhung von 4 auf 12 Millionen Euro.
- Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags von 2 auf 3 Jahr ab 2024. Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung von 2024 bis 2027.
- Anhebung der GWG-Grenze von 800 auf 1.000 Euro. Erhöhung der Anschaffungs-, bzw. Herstellungskosten bei Poolabschreibungen von 1.000 auf 5.000 Euro, bei einer Verkürzung des Abschreibungszeitraums von 5 auf 3 Jahre. Anhebung der Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 5 EStG von 20 auf 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
- Reform der Thesaurierungsbegünstigung (Entfall der (fiktiven) Entnahme durch Zahlung der betrieblichen Gewerbesteuer als auch der betrieblich induzierten Einkommensteuer).
- Anhebung der Schwellenwerte in § 141 AO auf 80.000 bzw. 800.000 Euro.
- Erhöhung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro.
- Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen.
- Einführung einer eRechnungspflicht für alle Unternehmen bis 1.1.2026.
- Zinsschranke: Streichung des Eigenkapital-Escape (EK-Escape) für konzernzugehörige Betriebe. Umwandlung der in § 4h Abs. 2 S. 1lit. a) EStG genannten Freigrenze von 3 Mio. Euro in einen Freibetrag.
Weitere Einzelheiten unter: www.bundesfinanzministerium.de
Steuerliche Folgen der Löschung einer britischen Limited aus dem britischen Handelsregister nach dem 31. Dezember 2020
Das Bundesfinanzministerium hat ein neues BMF Schreiben am 19. Juli 2023 (IV C 2 - S 2701/19/10001 :004) veröffentlicht.
Eine britische Limited kann sich nach dem Brexit nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 und 54 AEUV berufen. Zivilrechtlich wird sie in Deutschland wie eine Drittstaatengesellschaft behandelt. Die sog. „Sitztheorie“ findet Anwendung, wonach dasjenige Recht des Staates anwendbar ist, in dem die betroffene Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat. Sofern dieser also in Deutschland ist, wird deutsches Gesellschaftsrecht angewendet. Eine britische Limited wird wie eine GbR, OHG oder im Falle eines Alleingesellschafters, als natürliche oder juristische Person mit persönlicher Haftung behandelt. Ertragssteuerlich ist eine Limited mit statuarischem Sitz im Vereinigten Königreich und Ort der Geschäftsleitung im Inland, die nicht im Companies House gelöscht ist, nach dem Rechtstypenvergleich weiterhin als Kapitalgesellschaft zu beurteilen.
Sofern die britische Limited im Companies House gelöscht wurde, hat dies keinen Einfluss auf die in Deutschland existierende GbR, OHG oder dem Einzelunternehmen. Die Löschung im Companies House führt daher bei der Limited zu einer Schlussbesteuerung unter Aufdeckung der stillen Reserven und zu einer Auskehrung des nach der Aufdeckung der stillen Reserven vorhandenen Eigenkapitals der Limited.
Das Schreiben ist auf alle Sachverhalte anzuwenden, in denen die Löschung der Limited im Companies House nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt. Die BMF-Schreiben vom 6. Januar 2014, BStBl I S. 111, und vom 19. Oktober 2017, BStBl I S. 1437, sind weiterhin in Fällen anzuwenden, in denen die Limited vor dem 1. Januar 2021 im Companies House gelöscht wurde.
Weitere Einzelheiten unter: www.bundesfinanzministerium.de
Digitaler Gewerbesteuerbescheid – IHK-Arbeit zahlt sich aus
Ein Vorhaben im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ist die elektronische Abrufbarkeit des Gewerbesteuerbescheides, der digitale Gewerbesteuerbescheid. Hintergrund ist, dass jede hebeberechtigte Gemeinde in Deutschland bisher die Gewerbesteuerbescheide an die Betriebe Ihres Gemeindegebietes beziehungsweise dortige Betriebsstätten in Papierform versendet. Diese Bescheide sehen zum Teil sehr unterschiedlich aus. Das beeinträchtigt ihre Maschinenlesbarkeit erheblich.
Zum Jahreswechsel 2022/2023 wurde nun der digitale Gewerbesteuerbescheid implementiert, der vor allem die Auswertung der Gewerbesteuerbescheide für Unternehmen mit Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden erleichtert. Bisher nehmen allerdings nur wenige Gemeinden und Unternehmen diese Möglichkeit in Anspruch. Umso erfreulicher ist es, dass die IHK-Organisation hier unterstützen konnte, indem sie Pilot-Unternehmen in den Bundesländern gewinnen konnte. Auf diese sehenswerten Unterstützungsleistungen weist der „Newsletter Digitaler Gewerbesteuerbescheid“ für das zweite Quartal 2023 von der init AG hin:
„Durch die Einbindung der Industrie- und Handelskammern ist es gelungen, unter anderem jeweils sieben Pilotunternehmen je Bundesland bis zum Sommer sicherzustellen. In Verbindung mit Aktivitäten der kommunalen Verbände, mindestens sieben Testkommunen je Bundesland zu erreichen, können wir sicherstellen, dass alle länderspezifischen Besonderheiten - wie beispielsweise unterschiedliche Gesetze beziehungsweise Regelungen zu den Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften - in unserem Projekt in der Spezifikation/Datensatz berücksichtigt werden.“
Das ist ein Paradebeispiel für erfolgreiche IHK-Arbeit in den Regionen. Wir hoffen, dass sich noch mehr Unternehmen und vor allem Kommunen von den Vorteilen des digitalen Gewerbesteuerbescheides überzeugen lassen. Der Newsletter kann mit formloser Mail an gewerbesteuer-newsletter@init.de abonniert werden.
Vermeidung der Doppelbesteuerung
Die EU-Kommission hat am 19. Juni neue Vorschriften vorgeschlagen, um die Quellensteuerverfahren der EU-Mitgliedstaaten besser aufeinander abzustimmen. Dadurch sollen Anleger, Vermittler von Finanzprodukten und nationale Steuerverwaltungen künftig Anträge auf Reduzierung von noch nicht gezahlten oder Erstattung von gezahlten Quellensteuern leichter und rechtssicher stellen beziehungsweise bearbeiten können.
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bieten grenzüberschreitend tätigen Anlegern die Möglichkeit, ihre in einem anderen Mitgliedstaat zu viel gezahlten Steuern zurückzufordern. Bislang wendet jeder EU-Mitgliedstaat eigene Quellensteuerverfahren an – insgesamt circa 450 verschiedene – die sich zum Teil stark voneinander unterscheiden. Oftmals führt das zu doppelt gezahlten Steuern auf Dividenden- und Zinsausschüttungen grenzüberschreitend tätiger Anleger oder zumindest zu überlangen Verfahren. Beides passt nicht zu einer funktionierenden Kapitalmarktunion. Im Ergebnis sollen grenzüberschreitende Investitionen unterstützt und obendrein Steuerbetrug bekämpft werden.
Eine standardisierte Meldepflicht, eine gemeinsame digitale EU-Ansässigkeitsbescheinigung sowie zwei Schnellverfahren sollen dabei laut Vorschlag - Faster Initiative (europa.eu) https://taxation-customs.ec.europa.eu/taxation-1/corporate-taxation/faster-initiative_de#legislative-texts– zum Einsatz kommen. Insgesamt sollen Anleger durch die Umsetzung des Pakets jährlich um mehr als 5 Milliarden Euro entlastet werden:
- Ein gemeinsamer digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz, in Landessprache und innerhalb eines Tages, soll auch Anlegern mit einem breit gestreuten Portfolio künftig zu einem einzigen digitalen Nachweis über den Steuerwohnsitz verhelfen, mit dem sie im selben Kalenderjahr mehrere Erstattungen beantragen können.
- Zwei Schnellverfahren, eines für die "Steuererleichterung an der Quelle" und eines zur "Quellensteuer-Erstattung": Beim ersten Verfahren wird zum Zeitpunkt der Ausschüttung von Zinsen oder Dividenden ein ermäßigter Steuersatz gemäß DBA angewandt. Im Rahmen des "Schnellerstattungsverfahrens" hingegen werden zunächst Dividenden oder Zinsen unter Berücksichtigung des Quellensteuersatzes des Mitgliedstaats gezahlt, in dem die Ausschüttung erfolgt. Zu viel gezahlte Steuern werden innerhalb von 50 Tagen nach Zahlung erstattet. Mitgliedstaaten können sich entweder für eines der beiden Verfahren oder für eine Kombination von beiden entscheiden.
Durch die Einführung einer standardisierten Meldepflicht erhalten die nationalen Steuerverwaltungen die erforderlichen Instrumente, um zu prüfen, ob Anleger den ermäßigten Steuersatz tatsächlich in Anspruch nehmen dürfen. Zertifizierte Finanzintermediäre müssen der zuständigen Steuerverwaltung zwecks Rückverfolgung die Ausschüttung von Dividenden oder Zinsen melden.
Daraus entstehen der Berufsgruppe allerdings Belastungen, deren Umfang noch zu prüfen sein wird. Vermittler einer bestimmten Größe werden sogar verpflichtet, sich in einem nationalen Register zertifizierter Finanzintermediäre zu registrieren.
Für den "Rahmen einer Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert, BEFIT" und den "Aktionsplan für die Kapitalmarktunion" sind die Vorschläge zentral. Sie müssten von den Mitgliedstaaten angenommen werden und könnten zum 1. Januar 2027 in Kraft treten.
Entwicklung internationaler und europäischer Unternehmensbesteuerung
Die Europäische Kommission hat am 30. Juni einen an den Rat gerichteten Bericht zu den Fortschritten der Arbeiten an der "Säule I" zu steuerlichen Herausforderungen auf Ebene der OECD erstellt. Artikel 57 der EU-Richtlinie zur Mindestbesteuerung verpflichtet die Kommission dazu.
In dem Bericht geht es um eine Bewertung der Umsetzung des ersten Teils einer zweiteiligen Erklärung von annähernd 140 Staats- und Regierungschefs vom Oktober 2021. Teil oder Säule I regelt die Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen sogenannten Sitzstaaten, in denen sich die Sitze großer multinationaler Unternehmen befinden, und den "Marktstaaten", wo sich die Käufer befinden. In dem Bericht unterstreicht die Kommission die bisher erzielten Fortschritte und fordert alle Teilnehmer auf, letzte Anstrengungen zu unternehmen, um eine Einigung über die Umsetzung dieser ersten Säule zu erzielen. Ein Teil der Arbeiten soll noch bis zum 12. Juli abgeschlossen werden. Hierzu sind regelmäßige Beratungen angesetzt.
Das Verhandlungsergebnis soll durch die Gruppe der Unterzeichnerstaaten mittels eines mehrseitigen internationalen Vertrages (multi-lateral convention, MLC) und nicht bilateral umgesetzt werden. Während das OECD-Sekretariat das Paket aus MLC und der erläuternden Erklärung noch im Juli vorlegen will, so die EU-Kommission, soll die Unterzeichnung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, voraussichtlich Ende 2023. Die Kommission hat ebenso erklärt, dass sie alles dafür tun werde, um eine rechtzeitige Umsetzung der ersten Säule auf EU-Ebene zu gewährleisten.
Die OECD-Initiative bringt weitreichende Änderungen des internationalen Ertragsteuersystems für Unternehmen mit sich. Für Unternehmen in der EU ist es aus Wettbewerbsgründen wichtig, dass die Regeln beider Säulen sowohl zusammen als auch einheitlich umgesetzt werden. Bei der Mindestbesteuerung ist die Europäische Union gleichsam in Vorleistung gegangen. Umso aufmerksamer verfolgt sie nun, dass ihre außereuropäischen Vertragspartner bei der Umsetzung in nationales Recht nachziehen.
Unternehmen benötigen Erleichterungen bei der Globalen Mindestbesteuerung
Unternehmen, Bundesfinanzministerium, Politik und Wissenschaft haben auf der IHK-Organisation-Fachtagung am 16. Juni 2023 über die Details der globalen Mindeststeuer beraten und wichtige Nachbesserungen gefordert. Angesichts der Komplexität und der Notwendigkeit, neue IT-Strukturen zu implementieren, ist eine Umsetzung bis Jahresende kaum möglich. Im Gesetzgebungsverfahren sollte die Komplexität der Detailbestimmungen und die bürokratischen Belastungen der Unternehmen durch Vereinfachungen sowie Übergangsregelungen reduziert werden. Mit Blick auf die kurze Umsetzungsfrist sollte sich die Bundesregierung für einen zeitlichen Aufschub um mindestens ein Jahr einsetzen.
Bereits zum Jahresbeginn 2024 soll die neue „Globale Mindeststeuer“ für Unternehmen in Kraft treten. Hierzu hatte das Bundesministerium der Finanzen im März 2023 einen 242 Seiten umfassenden Diskussionsentwurf eines „Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes" vorgelegt, der große Diskussionen ausgelöst hatte: Die Detailregelungen sind äußerst komplex und basieren zudem nicht auf steuerrechtlichen, sondern auf IFRS-Rechnungslegungsstandards, die überdies noch aufwändigen steuerrechtlichen Anpassungen unterzogen werden müssen. Zur Berechnung der neuen Steuer müssen künftig über 220 Datenpunkte bereitgestellt werden, die bislang jedoch noch gar nicht in den IT-, Rechnungslegungs- und Steuersystemen vorhanden sind. Folglich müssen Unternehmen konzernweit neue IT-Prozesse implementieren, was mit erheblichen technischen Schwierigkeiten verbunden und angesichts der Knappheit an Steuer-, IT- und Buchhaltungsexperten bis Jahresende kaum möglich ist.
Auf der IHK-Organisation-Fachtagung am 16. Juni 2023 haben Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unter dem Motto „Von Unternehmen für Unternehmen“ wichtige Hilfestellung für eine Umsetzung in den Unternehmen gegeben und den Handlungsbedarf für die Betriebe erörtert. Dabei wurde deutlich, dass weitreichende Erleichterungen mit Blick auf eine praxistaugliche Umsetzung erforderlich sind:
- Zumindest für eine Übergangszeit sollten die bislang bestehenden Vereinfachungen (sog. „Safe-harbour-Regelungen“) ausgeweitet und deren Anwendungszeitraum verlängert werden.
- Bei der Berechnung der neuen Steuer (sog. „Top-up Tax“) sollten die hierfür erforderlichen Datenpunkte reduziert und nur auf solche Daten zurückgegriffen werden, die in den bestehenden Buchhaltungs- und IT-Systemen der Unternehmen vorhanden sind.
- Das Besteuerungsverfahren sollte stärker die Besonderheiten von Personengesellschaften berücksichtigen, welche gerade in Deutschland von großer Bedeutung sind.
- Rechtssicherheit ist für die betroffenen Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Daher sollten die gesetzlichen Regelungen klarer gefasst und zeitnah durch BMF-Schreiben präzisiert werden.
Im nun beginnenden Gesetzgebungsverfahren müssten grundlegende Vereinfachungen und Nachbesserungen erzielt werden, um die Regelungen praxistauglich auszugestalten und die überbordenden bürokratischen Belastungen der Unternehmen auf ein akzeptables Niveau zu senken; so das eindeutige Votum der Expertinnen und Experten.
Im parlamentarischen Verfahren wird sich die IHK-Organisation gemeinsam mit ihren Unternehmen für weitgehende Erleichterungen einsetzen.
Umsetzung der globalen Mindeststeuer in Deutschland schreitet voran
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 10. Juli 2023 den Referentenentwurf zur nationalen Umsetzung der globalen Mindeststeuer veröffentlicht. Bereits im März 2023 hatte das BMF einen ersten sogenannten Diskussionsentwurf vorgelegt, zu dem die IHK-Organisation gemeinsam mit den anderen Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft Stellung genommen hatte. Im Referentenentwurf werden weitere Detailbestimmungen getroffen und zudem flankierende Maßnahmen, wie zum Beispiel die Absenkung der Niedrigsteuergrenze des § 8 AStG auf 15 Prozent, die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen oder die Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG) vorgeschlagen.
Mit dem Mindeststeuergesetz (MinStG) wird die sogenannte Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU vom 15. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt, wobei der Referentenentwurf neben konkreten Detailbestimmungen auch flankierende Maßnahmen in anderen Gesetzen vorsieht.
Zentrale Elemente des Mindeststeuergesetzes sind unter anderem:
Steuerpflicht
Der Mindeststeuer unterliegen inländische Geschäftseinheiten von großen Unternehmensgruppen mit einem Gruppenumsatz oberhalb von 750 Millionen Euro (§ 1 MinStG). Erfasst werden sowohl international als auch nur national tätige Unternehmensgruppen.
Umfang der Besteuerung
Der Mindestbesteuerung unterliegen alle in- und ausländischen Gewinne.
- Mit der sogenannten „Primärergänzungssteuerregelung“ werden nachgeordnete Geschäftseinheiten, welche in Niedrigsteuerländern angesiedelt sind, zentral auf Ebene der Muttergesellschaft nachversteuert („top-down approach“).
- Der zweite Mechanismus, die sogenannte „Sekundärergänzungsregelung“, wirkt als „Backstop“, der eine Mindestbesteuerung dort sicherstellt, wo die Primärergänzungssteuerregelung keine Anwendung findet.
- Drittens sieht der Referentenentwurf eine nationale Ergänzungssteuer für die Bundesrepublik Deutschland vor. Hierdurch kann Deutschland einen Ergänzungssteuerbetrag selbst vereinnahmen und damit den Zugriff der Primär und Sekundärergänzungssteuern von anderen Staaten verhindern.
Berechnungsgrundlagen
Die Berechnung der Mindeststeuer erfolgt auf Basis der handelsrechtlichen Rechnungslegung (zum Beispiel IFRS) sowie bestimmter steuerlicher Anpassungen und schleust niedrig besteuerte Gewinne auf 15 Prozent hoch. Auch die nationale Ergänzungssteuer wird auf Basis dieser Berechnungsgrundlagen ermittelt.
Minimierung des Bürokratieaufwands
Das BMF versucht, den Bürokratieaufwand der betroffenen Unternehmen zu reduzieren und das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen und sieht hierzu eine Zentralisierung des Besteuerungsverfahrens mit einem zentralen Akteur (§ 3 MinStG-E) sowie umfangreichen „Safe-Harbour-Regelungen“.
Sanktionen
Bei einer nicht ordnungsmäßigen Übermittlung des Mindeststeuer-Berichts (§ 92 MinStG) können Geldbußen von bis zu 30.000 Euro verhängt werden.
Flankierende Maßnahmen in anderen Gesetzen
Hierzu sieht der Gesetzentwurf
- Änderungen im Finanzverwaltungsgesetz (Art. 3) (Zuständigkeiten des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt);
- Anpassungen der Abgabenordnung (Art. 2) (Verspätungszuschlag des § 152 AO);
- Änderungen im Außensteuergesetz (Art. 5), wie zum Beispiel die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung (HZB) in § 8 Abs. 5 AStG von 25 Prozent auf 15 Prozent oder die Möglichkeit einer elektronischen Datenübermittlung der Mitteilungen und Erklärungen;
- die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen (Art. 6) sowie
- eine Abschaffung der Lizenzschranke in §§ 4j EStG
vor.
Aufkommenswirkungen
Das BMF rechnet mit Steuermehreinnahmen aus der Mindeststeuer in Höhe von 910 Millionen Euro für das Jahr 2026, wobei in den darauffolgenden Jahren 2027 und 2028 die Einnahmen rückläufig sein werden (535 Millionen Euro beziehungsweise 285 Millionen Euro). Für das Jahr 2025, das erste Jahr nach Inkrafttreten der Maßnahme, prognostiziert das BMF Mindereinnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro.
Zeitplan
Da das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren bis Jahresende 2023 abgeschlossen sein muss, ist zu erwarten, dass Ende August ein Gesetzentwurf vom Bundeskabinett verabschiedet und das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird.
Endredaktion: Viola Friedrichs