A5 Nr.35

A5 Nr.35
§§ 319, 640BGB - Schiedsgutachtenvertrag über Bauarbeiten, Abnahme. OffenbareUnrichtigkeit des Schiedsgutachtens. Grundlage der Beurteilung. Darlegungslastder Partei. Verfahrensfehler des Gutachters
Einigen sich Bauherr und Bauunternehmer in einem Streit über Mängel derBauarbeiten, daß die Arbeiten durch Sachverständige begutachtet und die Kostendes Gutachtens in dem Verhältnis gequotelt werden sollen, in dem derMinderungsbetrag zum Rechnungsbetrag steht, dann liegt einSchiedsgutachtenvertrag vor des Inhalts, daß die Sachverständigen durchSchiedsgutachten die Mängel und die Minderungsbeträge feststellen sollen. Indieser Vereinbarung liegt gleichzeitig die Abnahme der Arbeiten, da diesedanach akzeptiert und lediglich der Werklohn gemindert werden sollen.
Die Parteien müssen ein Schiedsgutachten bis zur Grenze der offenbarenUnrichtigkeit hinnehmen. Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten, wenn sichdie Unrichtigkeit einem sachkundigen Betrachter sofort aufdrängt; dies ist nachdem Sach- und Streitstand zu beurteilen, den die Parteien dem Gutachterzur Beurteilung vorgelegt haben. Eine Partei, die sich auf die offenbareUnrichtigkeit beruft, muß Tatsachen vortragen, aus denen sich dem Sachkundigendie Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt.
Ein Fehler des Sachverständigen bei der Durchführung desBesichtigungstermins ist allein nicht geeignet, die offenbare Unrichtigkeit desGutachtens darzulegen; denn diese bestimmt sich nur nach dem Ergebnis, nichtnach der Art des Zustandekommens des Gutachtens.
OLGDüsseldorf, Urteil vom 26.7.2000 - 22 U 4/00; Neue Zeitschrift für Baurecht undVergaberecht (NZBau) 2000, 207 = RKS A 5 Nr. 35
Aus denGründen:

Nachdem die Kl. am 23.1.1998 die Rechnung über ihre Bauarbeiten erstellt unddie Bekl. Mängel beanstandet hatten, haben sich die Parteien darauf geeinigt,daß die Arbeiten durch Sachverständige begutachtet und die Kosten der Gutachtenin dem Verhältnis gequotelt werden sollen, in dem der Minderungsbetrag zumRechnungsbetrag steht. Das ist eine Schiedsgutachtenabrede dahingehend, daß dieGutachter die Mängel feststellen und die Minderungsbeträge festlegen sollen. Indieser Vereinbarung lag gleichzeitig die Abnahme der Arbeiten, da diese danach akzeptiertund lediglich der Werklohn gemindert werden sollte.
DieSachverständigen haben die Gutachten erstattet und die Minderung errechnet.Daran sind die Parteien gebunden. Offenbare Unrichtigkeit, die gem. § 319 BGBzu Unverbindlichkeit der Gutachten führen könnte, haben die Bekl. nichtdargetan. Bis zur Grenze der offenbaren Unrichtigkeit müssen die Parteien einSchiedsgutachten hinnehmen.
Offenbarunrichtig ist ein Schiedsgutachten dann, wenn sich die Unrichtigkeit einemsachkundigen Betrachter sofort aufdrängt. Eine Partei, die sich auf dieoffenbare Unrichtigkeit beruft, muß Tatsachen vortragen, aus denen sich demSachkundigen die Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt. EineBeweiserhebung ist in diesem Zusammenhang nur geboten, wenn Tatsachen behauptetwerden, die für das Gericht schlüssig auf einen Mangel der Leistungsbestimmunghindeuten (BGH NJW-RR 1993, 1034 [ 1035 ] m.w.Nachw.).
Der Vortragder Bekl., über das Gutachten hinaus sei ein Mangel des Werks der Kl. darin zusehen, daß die Kl. den Zugang zum Spitzboden entgegen der Vereinbarungnicht so mittig geschaffen hätten, daß man eine einfache baumarktübliche Treppehätte einbringen können, ist nicht geeignet, die Unrichtigkeit zu begründen.Dem Sachverständigen ist von den Parteien die Frage gestellt worden, ob dasTreppenhaus zu klein sei, so daß eine Treppe hier überhaupt nicht eingebautwerden könne. Der Sachverständige hat festgestellt, daß tatsächlich eine Treppeeingebaut ist und eine Art Unterzug 20 cm tief in den angrenzenden Raum ragt.Eine erhebliche Einbuße konnte er nicht feststellen. Daß dem Sachverständigenmitgeteilt worden sei, daß eine bestimmte Art von Treppe und eine mittigeÖffnung verlangt gewesen seien, tragen die Beklagten nicht vor. Allein darauf,welche Frage die Parteien dem Sachverständigen gestellt und welche Situation sie ihm bei der Besichtigung gezeigt haben, kommt es aber an; dennfür die Frage der offenbaren Unrichtigkeit ist von dem Sach- und Streitstandauszugehen, den die Parteien dem Schiedsgutachter vorgelegt haben. NeuerSachvortrag ist nicht zu berücksichtigen, da es nur darauf ankommt, ob demSchiedsgutachter bei der Beurteilung des ihm vorgelegten Materials ein Fehlerunterlaufen ist (BGH NJW 1979, 1885 [ 1886 ] ).
Ein solcherFehler liegt nicht vor. Die ihm allein vorgelegte Mängelrüge,der Einbau einerTreppe sei nicht möglich, hat der Sachverständige zutreffend verneint und aufGrund des vorhandenen Unterzugs keine eine Minderung rechtfertigendeBeeinträchtigung festgestellt. Andere Rügen hinsichtlich der Art der Treppe undder Anordnung des Deckendurchbruchs können die Bekl. auf Grund der Bindung andas Schiedsgutachten jetzt nicht mehr nachschieben.
Der Einwandder Bekl., der Sachverständige W. habe die Anschlüsse der Gipskartonwände ansMauerwerk nicht überprüft, ist ebenfalls nicht geeignet, die offenbareUnrichtigkeit des Gutachtens zu begründen. Wie ausgeführt, ist der Sachverhaltzu Grunde zu legen, der dem Gutachter von den Parteien unterbreitet worden ist.Der Gutachter konnte die Wandanschlüsse nicht überprüfen, weil die Wändetapeziert waren. Es hätte den Bekl. als Hauseigentümern obgelegen, die Tapetenentfernen zu lassen.
Ein Fehler desSachverständigen O. bei der Durchführung des Besichtigungstermins ist schonnicht geeignet, für sich die offenbare Unrichtigkeit darzutun; denn diesebestimmt sich allein nach dem Ergebnis, nicht nach der Art des Zustandekommensdes Gutachtens (Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 319 RdNr. 5 m.w.Nachw.). Imübrigen haben die Bekl. für ihre Behauptung, der Sachverständige sei zumvereinbarten Termin nicht erschienen und habe einen Tag später nach Hinweis,daß weder die Bekl. noch ihr Vertreter teilnehmen könnten, ohne Anwesenheit derBekl. die Besichtigung durchgeführt, keinen Beweis angeboten.