WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 5/2014
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WIRTSCHAFT UND POLITIK
Auslandsengagement steigt
–
besonders in Europa
Statement von DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben
D
as Ausland wird für deut-
sche Industrieunterneh-
men als Investitions-
standort noch attraktiver. Die
Unternehmen wollen im laufen-
den Jahr dafür deutlich mehr
Kapital in die Hände nehmen als
2013.
Die großen Gewinner sind
dabei unsere europäischen
Nachbarländer. Ein erstes Warn-
signal für den Standort Deutsch-
land ist die leichte Zunahme der
Kosten am heimischen Standort
als Motiv von Auslandsinvesti-
tionen. Dieser steigt erstmals
seit 2003 wieder leicht an.
Viele europäische Standorte
haben zuletzt ihre Wettbewerbs-
fähigkeit durch zum Teil
schmerzhafte Reformen merk-
lich verbessert. Dies schlägt sich
nun in den Investitionen deut-
scher Unternehmen nieder.
Infolge der konjunkturellen
Belebung werden diese Euro-
partner allmählich auch als
Absatzmarkt wieder interessan-
ter. Deutsche Unternehmen
sichern mittlerweile 2,8 Millio-
nen Menschen in der EU einen
Arbeitsplatz. Damit ist das Vor-
krisenniveau fast wieder
erreicht. Dieses Engagement in
den Nachbarländern kommt
aber indirekt auch dem Arbeits-
markt in Deutschland zugute.
Denn Betriebe mit Auslandsin-
vestitionen wollen parallel hier-
zulande kräftig Beschäftigung
aufbauen – anders als Betriebe
ohne entsprechende Auslands-
aktivitäten. Insgesamt rechnen
wir 2014 hierzulande mit 35 000
zusätzlichen Stellen in Industrie-
unternehmen, die im Ausland
investieren.
Insgesamt will 2014 erneut
fast jedes zweite Unternehmen
(45
Prozent) im Ausland inves-
tieren. Als Zielregion setzen die
Betriebe weiterhin auf die dyna-
mische Entwicklung wachs-
tumsstarker Regionen rund um
den Globus. Sämtliche Vorha-
ben für Investitionen in Osteu-
ropa und insbesondere in Russ-
land stehen derzeit allerdings
unter dem Vorbehalt der weite-
ren Entwicklung im Krim-Kon-
flikt.
Die Rückkehr des Motivs
„
Kostenersparnis“ bei Investi-
tionen im Ausland zeigt, dass
der Anstieg bei Löhnen und
Strompreisen nun beginnt, auf
die Unternehmen durchzuschla-
gen. Die hohen Energiepreise
sind mittlerweile für zwölf Pro-
zent ein Grund, im Ausland zu
investieren - 2011 waren es nur
neun Prozent. Gerade in Sachen
Stromkosten sind die meisten
Standorte außerhalb Deutsch-
lands inzwischen günstiger.
Hierzulande ist der Anstieg der
Energie- und Rohstoffkosten
mittlerweile seit vier Jahren aus
Sicht der Industrieunternehmen
größtes Geschäftsrisiko. Fast
zwei Drittel nennen derzeit die-
ses Risiko. Da Sonderlasten wie
die EEG-Umlage nur die heimi-
sche Wirtschaft treffen, sind sie
eine zusätzliche Bürde im inter-
nationalen Wettbewerb – und
inzwischen auch oftmals ein
Anlass, die Produktion ins Aus-
land zu verlagern. Besorgniser-
regend ist, dass Unternehmen,
die wegen des Energie- und
Rohstoffbezugs im Ausland
investieren, sich zugleich bei
ihren Plänen für Beschäftigung
und Investitionen in Deutsch-
land am stärksten zurückhalten.
Auch der Fachkräftemangel
schlägt sich nieder: Um diesem
zu begegnen, investiert aktuell
jedes zehnte Unternehmen im
Ausland – 2011 nannten nur
sieben Prozent diesen Grund.
n
DIHK-Hauptgeschäftsführer
Martin Wansleben
Foto: DIHK/Thomas Kierok