WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 6/2014
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Die hohen Ausgaben
reduzieren
Matthias Leder moderiert Diskussion über
Kommunalen Schutzschirm.
S
ind nicht die zu hohen Ausgaben die
Hauptursache der enormen kommu-
nalen Defizite?“ Diese zentrale Frage
stellte Matthias Leder, Hauptgeschäftsführer
der IHK Gießen-Friedberg, als Moderator
einer Podiumsdiskussion im Rahmen der
Frankfurt Global Business Week. Im Ver-
gleich mit anderen Bundesländern falle auf,
dass die hessischen Kommunen zwar die
dritthöchste Einnahmekraft pro Einwohner
im Bundesvergleich hätten, aber auch die
höchsten Ausgaben. Ursache hierfür seien
wiederum hohe kommunale Standards, die
es zu reduzieren gelte. Bad Vilbels Bürger-
meister Thomas Stöhr betonte, dass eine
Absenkung von Standards in einigen Berei-
chen sinnvoll sei und erläuterte dies am Bei-
spiel der U3-Kinderbetreuung.
Der hessische Finanzminister Thomas
Schäfer erläuterte vor etwa 200 Zuhörern die
Situation der 100 Kommunen, die sich dem
Schutzschirm angeschlossen haben. Diese
erhielten vom Land Entschuldungs- und
Zinshilfen zur Haushaltskonsolidierung. Das
Haushaltsdefizit der Schutzschirmkommu-
nen habe sich im Durchschnitt halbiert. Spä-
testens bis zum Jahr 2019 sollen die Kommu-
nen ihre Defizite abgebaut haben und ausge-
glichene Haushalte aufweisen. Die hohen
Defizite seien entstanden durch die häufige
Entscheidung, laufende Ausgaben über Kre-
dite zu finanzieren sowie zu niedrige Steuern
und Gebühren anzusetzen. Insbesondere bei
der Grundsteuer B bestehe bei den hessischen
Kommunen Nachholbedarf. Die Kommunal-
aufsicht werde künftig auch stärker darauf
achten, dass Gebühren kostendeckend festge-
setzt werden.
Vor- und Nachteile des
Schutzschirms
Karl-Christian Schelzke, Direktor des
Hessischen Städte- und Gemeindebundes,
ging auf die Frage nach den Vor- und Nach-
teilen des Schutzschirms ein. Die Entschul-
dungs- und Zinshilfen des Schutzschirms
seien hilfreich für die teilnehmenden Kom-
munen. Allerdings seien die Auflagen des
Konsolidierungsprogramms sehr hoch und
von den Kommunen nur schwer umzuset-
zen. Der Gemeindebund befürchte zudem,
dass die Kommunen, die dem Schutzschirm
nicht angehörten, künftig ebenfalls den
Haushalt auszugleichen hätten und damit
der Druck insgesamt größer werde. Bürger-
meister Stefan Naas, Steinbach am Taunus,
unterstrich, dass auch seine Kommune vom
Schutzschirm profitiere und zudem schwie-
rige Entscheidungen – wie beispielsweise
eine Erhöhung der Grundsteuern – leichter
umzusetzen seien.
Wie hoch ist der Finanz-
bedarf der Kommunen?
Diese aktuelle Frage, die derzeit im Rah-
men einer Reform des Kommunalen Finanz-
ausgleichs zu klären ist, wurde ebenfalls
diskutiert. Moderator Leder zog das Fazit,
dass es zwischen Land und Kommunen noch
einige Diskussionen bis zum 31. Dezember
2015
geben werde, dem Datum, zu dem der
Finanzausgleich nach einem Urteil des Hes-
sischen Staatsgerichtshofs zu reformieren
ist. Bürgermeisterin Gisela Stang, Hofheim
am Taunus, richtete daher die Botschaft an
Finanzminister Schäfer, es sei zu befürchten,
dass das Land den minimalen Finanzbedarf
der Kommunen berechne und nicht den
Mindestbedarf. Schäfer betonte, es werde
der Mindestbedarf sein, so wie vom Staats-
gerichtshof vorgegeben.
Interkommunale Zusammen-
arbeit senkt Ausgaben
Zum Schluss der Runde bestand Einig-
keit, dass eine verstärkte interkommunale
Zusammenarbeit dazu beitragen könne,
Ausgaben der Kommunen zu reduzieren.
Leder unterstrich abschließend, dass hier die
Kommunen gefordert sind, aufeinander
zuzugehen und gemeinsame Projekte zu
entwerfen.
n
Diskutieren die Vor- und Nachteile des Kom-
munalen Schutzschirms:
Moderator Matthias
Leder (Hauptgeschäftsführer der IHK Gießen-
Friedberg), Bad Vilbels Bürgermeister Thomas
Stöhr, Gisela Stang (Bürgermeisterin Hofheim
am Taunus), Karl-Christian Schelzke (Direktor
des Hessischen Städte- und Gemeindebundes),
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer und
Steinbachs Bürgermeister Stefan Naas (v.li.n.re.).
Foto: I. Jakob-Diedolph
Michael Römer
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