Zoll-Deal mit den USA belastet hessische Unternehmen
Handelspolitik: Eine Umfrage des HIHK zeigt: Mehr als drei Viertel der hessischen Unternehmen sehen durch den Zoll-Deal zwischen der Europäischen Union und den USA Mehrbelastungen auf sich zukommen. Auch auf die Geschäftsentwicklung wirkt sich die aktuelle Handelspolitik negativ aus.
Hessische Unternehmen sehen Mehrbelastung durch US-EU-Deal und handelspolitische Unsicherheit als größtes Risiko.
VON MONIKA GOLDBACH
Seit Januar steht das US-Geschäft im Zeichen der Zölle. Basiszölle, hohe branchenspezifische Zölle und angedrohte weitere Zollerhöhungen erschweren neue Vertragsabschlüsse und belasten bestehende Lieferbeziehungen. Die Vereinbarung zwischen der EU und den USA vom 27. Juli verteuert mit einem Pauschalzoll von 15 Prozent die meisten europäischen Produkte im US-Markt um weitere fünf Prozentpunkte. Die für Hessen wichtige Warengruppe der Arzneimittel war bislang vom Pauschalzoll ausgenommen und wird nun ebenfalls mit 15 Prozent belastet. Besser stellen sich nach dem Zoll-Deal lediglich die Exporteure von Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen, deren Zollbelastung bei der Einfuhr in die USA von zuletzt 27,5 Prozent auf 15 Prozent sinkt.
Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer Anfang August eine Blitzumfrage gestartet, an der sich bundesweit 3.500 und in Hessen 390 Unternehmen beteiligten. Die Ergebnisse zeigen große Belastungen und Unsicherheiten und wenig Erleichterung durch den EU-USA-Zoll-Deal.
Nur drei Prozent der befragten hessischen Unternehmen fühlen sich durch den Deal zwischen der EU und den USA entlastet. Hessische Unternehmen mit US-Geschäft sehen zu 77 Prozent eine Mehrbelastung durch den US-EU-Deal auf sich zukommen. Für Unternehmen ohne US-Geschäft sind die Auswirkungen weniger dramatisch. 63 Prozent erwarten keine Auswirkungen. Dennoch gehen 35 Prozent von einer Mehrbelastung aus.
„Im Ergebnis zahlen viele Unternehmen für den Zoll-Deal mit den USA einen hohen Preis: Höhere Zölle, mehr Bürokratie und Wettbewerbsnachteile gegenüber US-Unternehmen“, erläutert Frank Aletter, Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK). „Niemand weiß, wie lange dieser Kompromiss hält, ein bitterer Cocktail für die exportorientierte hessische Wirtschaft.“
Negativer Einfluss auf Geschäftsentwicklung
Zwei Drittel der befragten hessischen Unternehmen geben an, dass die aktuelle Handelspolitik die eigenen Geschäfte negativ beeinflusst, darunter auch zahlreiche Firmen, die selbst kein US-Geschäft betreiben. Von den 173 befragten Unternehmen mit eigenem US-Geschäft sehen sogar 87 Prozent ihr Geschäft negativ beeinflusst durch die US-Zölle. 78 Prozent der antwortenden Unternehmen sehen die handelspolitische Unsicherheit als größte Belastung. Vom erhöhten Basiszoll sind Unternehmen mit US-Geschäft naturgemäß stärker betroffen als Unternehmen ohne eigenes US-Geschäft. Die Unsicherheit betrifft jedoch alle. 41 Prozent der antwortenden Unternehmen beklagen Kosten und mehr Bürokratie im Zollverfahren und 38 Prozent blicken mit Sorge auf schwankende Wechselkurse.
Interessant ist, dass sich hessische Unternehmen ohne US-Geschäft durch den höheren Wettbewerbsdruck in der EU stärker belastet fühlen als Unternehmen mit US-Geschäft. Das liegt vermutlich daran, dass Letztere stärker auf den EU-Markt ausgerichtet sind und bislang weniger mit Anbietern aus Drittländern konkurrieren.
Höhere Kosten und weniger Handel erwartet
Für hessische Unternehmen ohne US-Geschäft ändert die US-Zollpolitik erwartungsgemäß kaum etwas an ihren Handelsbeziehungen. Allerdings gehen 52 Prozent der hessischen Unternehmen mit US-Handelsgeschäft von einer Verringerung ihres Handelsvolumens mit den USA aus. 19 Prozent wollen geplante Investitionen vertagen und 8 Prozent generell Investitionen in den USA zurückfahren. Nur 5 Prozent planen höhere Investitionen in den USA, gehen also in Richtung stärkere Lokalisierung. Damit zeichnet sich ab, dass das erklärte Ziel der US-Administration, durch höhere Zölle mehr Investitionen und damit Arbeitsplätze in die USA zu bringen, bei hessischen Unternehmen zumindest aktuell auf wenig Resonanz stößt.
Die höheren Zollsätze verursachen zusätzliche Kosten, die in der Regel der Importeur übernimmt. Das kann ein Kunde/Partner sein oder aber auch eine eigene Tochtergesellschaft. Zur Frage, wer die zusätzlichen Kosten trägt, sagt mehr als die Hälfte der antwortenden hessischen Unternehmen, dass diese Kosten an den Kunden weitergegeben werden, was für eine sehr gute Wettbewerbsposition auf dem US-Markt spricht. Ein Drittel gibt an, dass die Kosten zwischen deutschem Exporteur und US-Kunden geteilt werden. Nur 13 Prozent der antwortenden Unternehmen tragen diese Kosten selbst. Diese Rückmeldungen bestätigen, dass die hohen Zölle nur wenige Gewinner und viele Verlierer beiderseits des Atlantiks bringen.
Die US-Handelspolitik führt schon jetzt zu Verschiebungen in den globalen Handelsströmen und sie beeinflusst auch ganz konkret die Geschäftsstrategie der Unternehmen. 40 Prozent der befragten hessischen Unternehmen sagen, dass der EU-Binnenmarkt für sie aktuell an Bedeutung gewinnt, gefolgt von den EFTA-Ländern (18 Prozent) und Asien/Pazifik ohne China (17 Prozent).
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Barbara Dos Santos
Stand: 25.09.2025