Weniger ist mehr: Bürokratieabbau als Konjunkturprogramm

Der Abbau übermäßiger Bürokratie kommt nur schleppend voran. Von den bisherigen Maßnahmen spürt ein Großteil der Unternehmen nur wenig, wie diese regelmäßig in den IHK-Konjunkturumfragen berichten. Im Ergebnis bremst Überregulierung weiterhin die Konjunkturentwicklung und kostet die Wirtschaft jedes Jahr Milliarden Euro durch den resultierenden Aufwand für Unternehmen.
Bürokratische Strukturen sind notwendig für Regelsetzung und Rechtssicherheit. Zudem schaffen sie einheitliche Standards und ermöglichen so Koordination und internationale Zusammenarbeit. Führen Verwaltungsprozesse allerdings zu übermäßigem Zeitaufwand und behindern durch Unübersichtlichkeit die Agilität von Unternehmen, spricht man von „Bürokratie-Monstern“. Freya Lemcke, Leiterin der DIHK-Vertretung bei der EU, kommentiert die Lage mit den Worten: „Vieles, was letztendlich bei den Unternehmen ankommt, ist unverhältnismäßig bürokratisch und im Betriebsablauf kaum abbildbar. Wir brauchen daher ein anderes Bewusstsein für die Umsetzbarkeit auf allen Ebenen von Regierung und Verwaltung“ (mehr im Interview mit Freya Lemcke auf Seite 8).
Seit 2016 hat die Bundesregierung bereits drei Bürokratieentlastungsgesetze (BEG) verabschiedet. Diese stellen erste wichtige Schritte dar. Die Weiterentwicklung dieser Gesetze ist allerdings nach Einschätzung der DIHK notwendig, um flächendeckend spürbare Entlastungen zu schaffen. Aktuell arbeitet die Bundesregierung bereits am vierten BEG. Dieses Gesetz fußt auf über 400 Vorschlägen einer Verbändeabfrage des Bundesministeriums der Justiz. Wichtige Eckpunkte sind die Kürzung der Aufbewahrungsfristen von Steuerunterlagen und der Fortfall eines verpflichtenden Meldescheins bei Hotelbesuchen deutscher Staatsbürger.
Wachstumschancengesetz soll spürbare Entlastung schaffen
Ein weiterer Schritt ist das voraussichtlich im März 2024 in Kraft tretende Wachstumschancengesetz. Es beinhaltet Anreize für Investitionen und Innovationen. Die Reduzierung der Erklärungspflichten von Klein[1]unternehmen und die Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze entlasten ganz besonders mittelständische Unternehmen. Die konsequente Ausgestaltung dieser Anreize ist notwendig, um in der Breite der Wirtschaft zu wirken.
Auf Bundesebene setzt sich die DIHK durch konkrete Vorschläge für die weitere Gestaltung von Schritten zur Reduktion von Bürokratie ein. Im Herbst 2023 veröffentlichte die DIHK 50 konkrete Verbesserungsvorschläge zu bestehenden und noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Rechtsakten. Diese Maßnahmen umfassen gekürzte Aufbewahrungsfristen, die Prüfung der Notwendigkeit von Formularen, eine einheitliche Definition von kleinen und mittelgroßen Unternehmen und weitere Lösungsvorschläge.
Auch in Hessen spielt das Thema Bürokratieabbau eine wichtige Rolle. Die Landesregierung hat diese Zielsetzung auf verschiedenen Ebenen im Koalitionsvertrag Mitte Dezember 2023 festgehalten. Die Reduktion des Verwaltungsaufwands und das Verhindern zusätzlicher Bürokratie sind zentrale Elemente des Koalitionsvertrags. Die Landesregierung will außerdem die einfache Gestaltung von Planungs- und Vergabeverfahren auf EU-Ebene unterstützen und einen besseren Zugang zu Fördermitteln gewähren. Die IHKs unterstützen diese Initiativen. „Die IHKs liefern durch regelmäßigen Austausch mit Unternehmen wichtige Impulse an die Regierung. So tragen sie dazu bei, effektive Maßnahmen zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands zu gestalten“, erläutert Andrea Bette, stellvertretende Leiterin des Geschäftsbereiches Innovation und Umwelt.
Weniger Bürokratie gibt es nur in Kooperation mit Unternehmen. Die IHK setzt sich auf den verschiedenen Ebenen für Entlastung der Betriebe ein. Dadurch entsteht ein nahezu kostenfreies Konjunkturprogramm, ebenso positiv wirkt sich der Abbau von Berichtspflichten auf die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen aus.
VON SIMON DEVENTER
Stand: 09.02.2024