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The World meets in Giessen
„The World meets in Giessen“: Hochkarätige Konferenz verbindet globale Märkte Rund 150 internationale Unternehmer und hochrangige Vertreter aus Afrika und den BRICS-Staaten nutzten das zweitägige Forum für den Austausch zu Chancen auf globalen Märkten, Firmenpräsentationen und individuelles Netzwerken.
Christian Hiller von Gaertringen, Christoph Kannengießer, Matthias Leder, S.E. A. Azize Diabaté, Erick Rutto, Yakubu Audu Dadu, Dele Kelvin Oye und Kipkosgei Toroitich (v. l.)
VON DORIS STEININGER UND ANN-KATHRIN OBERST
„Wir wollen für Unternehmen Brücken zwischen den Kontinenten bauen und sie dadurch in ihrem internationalen Geschäft stärken“, erklärte Matthias Leder, Hauptgeschäftsführer der IHK Gießen-Friedberg, auf der internationalen B2B-Konferenz der IHK. Die dritte Auflage des Formats wurde mithilfe Künstlicher Intelligenz weiterentwickelt: Schon im Vorfeld organisierte die IHK das Matching zwischen potenziellen Geschäftspartnern, Kunden oder Lieferanten.
Die Veranstaltung unter dem Motto „The World meets in Giessen“ hat am 21. und 22. Mai in der Gießener Kongresshalle rund 150 Unternehmer und Experten aus Ländern wie Deutschland, Nigeria, China, Brasilien oder Indien zusammengebracht und verzeichnet einen Teilnehmerrekord. Insgesamt waren Teilnehmer aus 13 Ländern auf der Konferenz. Schwerpunktthemen waren aufstrebende Schlüsselindustrien in afrikanischen Staaten und Indien sowie strategische Entwicklungen innerhalb der BRICS-Gemeinschaft.
Darüber hinaus diskutierten hochrangige Vertreter aus Afrika und den BRICS-Staaten über Freihandelsstrategien. Der stellvertretende chinesische Generalkonsul WU Pengfei hob das chinesische Engagement für Freihandel und internationale Kooperationen hervor. „Für unsere exportorientierten Unternehmen ist es ein grundlegendes Anliegen, die wirtschaftliche Globalisierung weiter zu fördern“, erklärte IHK-Präsident Rainer Schwarz. Basis sei eine offene und regelbasierte Weltwirtschaft. Dies sichere die globale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.
Bedeutung des Welthandels für globale Entwicklung
In seiner Videobotschaft zur internationalen Handelskonferenz unterstrich Rudolf Scharping, Bundesverteidigungsminister a.D., die Erfolgsgeschichte des Welthandels seit Gründung der WTO vor 30 Jahren. Das Handelsvolumen habe sich in dieser Zeit verfünffacht und maßgeblich zur Armutsreduzierung beigetragen. „Neben dem beeindruckenden Anstieg des weltweiten Handelsvolumens wurde etwas viel Wichtigeres erreicht: Stabilität, Wohlstand und bessere Chancen für die Menschen. In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl der Menschen in absoluter von zwei Milliarden auf 700 Millionen gesunken.“
Gleichzeitig mahnte Scharping angesichts aktueller Konflikte und der Pandemiefolgen zu verstärkten Bemühungen für Bildung und Stabilität, besonders in Afrika und Südostasien. Der zunehmenden Regionalisierung des Handels müsse mit verlässlichen globalen Regulierungen begegnet werden.
Nollywood – Nummer drei weltweit
Auf der Konferenz zeigte sich eine Vielzahl von Chancen für hiesige Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent. So bietet die „Afrikanische Kontinentale Freihandelszone“ (AFCTA) Zugang zu einem Binnenmarkt mit über 1,4 Milliarden Konsumentinnen und Konsumenten. Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse sind deutlich vermindert. Insbesondere Nigeria sei eine geeignete Plattform für Investitionen und Exporte in andere afrikanische Länder, unterstrich Dele Kelvin Oye, Präsident der nigerianischen Handels-, Industrie-, Bergbau- und Landwirtschaftskammer (NACCIMA). Als viertgrößte Volkswirtschaft in Afrika verzeichnet Nigeria zudem eine boomende Kultur- und Kreativindustrie: „Nigeria beheimatet Nollywood – die drittgrößte Filmindustrie weltweit“, führte Oye aus. Ob Film, Musik, Mode oder Design – die Branche bilde eine Vielzahl von Kreativleistungen ab. Damit leiste sie einen bedeutenden Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Deutsche Unternehmen seien bisher in erster Linie im Energiesektor investiert mit dem Fokus auf nachhaltige ökonomische Entwicklung.
Lösungen in Indien für hiesige Probleme
Generalkonsul B.S. Mubarak unterstrich die enge Verbindung zwischen Deutschland und Indien: „Über 2.000 deutsche Firmen sind in Indien vertreten, über 650 indische Firmen in Deutschland.“ Indien sei eine Gesellschaft im Wandel. Mit einem jährlichen Wachstum des Bruttoinlandprodukts zwischen sechs und sieben Prozent im Durchschnitt könnte Indien bis 2027 die weltweit drittgrößte Wirtschaftsnation sein. Eines von zehn „Einhorn-Startups“ (Start-up-Unternehmen mit einer Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar oder Euro, dessen Anteile nicht an einer Börse gehandelt werden) käme aus Indien, über 150.000 Start-ups seien gegründet worden. Digitalisierung, digitale Finanzdienstleistungen, grüne Energie oder Künstliche Intelligenz seien vielversprechende Branchen für Kooperationen.
„Digitalisierung und Fachkräftemangel sind große Herausforderungen in Deutschland. Indien bietet Lösungen“, führte Mubarak aus. So stamme die größte ausländische Gruppe von Studentinnen und Studenten aus Indien. Im Hinblick auf die Digitalisierung der indischen Wirtschaft sei es gelungen, die Kosten für die Datenübertragung um 96 Prozent zu senken. Sie würden mittlerweile zu den niedrigsten weltweit zählen.
Kompetenzzentrum für Afrika
Der zweite Konferenztag am 22. Mai stand ganz im Zeichen des individuellen Matchings zwischen den teilnehmenden Unternehmen. Nach dem Impulsvortrag von Oliver Wagener von der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung präsentierten sich Firmen aus Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika mit industriebezogenen Pitches. Parallel dazu fanden Matchings für den Aufbau neuer Geschäftsbeziehungen statt.
Die IHK Gießen-Friedberg bietet als Kompetenzzentrum für Afrika seit 2019 Unterstützung beim Aufbau von Wirtschaftskontakten zu Firmen auf dem gesamten Kontinent. Gemeinsam mit nigerianischen Partnern engagiert sich die IHK in einer Kammer- und Verbandspartnerschaft und ist in weiteren Projekten aktiv. Außerdem bietet sie ein breites Spektrum an Dienstleistungen: von individueller Beratung über Informationsveranstaltungen bis zur gezielten Vermittlung von Geschäftskontakten zu afrikanischen Partnerunternehmen. Engere Verbindungen werden beispielsweise auch zu Côte d’Ivoire, Kenia sowie zu Indien und China aufgebaut und gepflegt.
KI matcht Unternehmen
Im Fokus am zweiten Konferenztag: Matching und Pitching. Im Rahmen des Pitching fanden in drei Segmenten – Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika/ Europa – industriebezogene Firmenpräsentationen statt. In maximal vier Minuten präsentierten die Teilnehmer Unternehmen. Beim parallel stattfindenden Matching gab es die Möglichkeit zum direkten Austausch zwischen potentiellen Geschäftspartnern an den insgesamt 20 Matching-Tischen im Foyer der Kongresshalle. Anhand der Angaben der Teilnehmer waren mithilfe einer KI bereits im Vorfeld Matches ermittelt worden, insgesamt rund 84.
Oliver Wagener von der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung präsentierte im Impulsvortrag „Neue Markenarchitektur 2024 – Partners in Transformation“ die zentrale Anlaufstelle für deutsche und europäische Entwicklungszusammenarbeit. Die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanzierte Initiative unter Trägerschaft von Deutscher Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) und DEG Impulse bündele maßgeschneiderte Förder- und Finanzierungsangebote für Unternehmen, so Wagener.
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Tim Müller
Stand: 01.07.2025