Internationale Fachkräfte finden via Nexus

Noch nie waren in Deutschland so viele Stellen unbesetzt wie derzeit. Laut einer Schätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind es aktuell ca. 1,8 Millionen. Dieses Defizit wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verschärfen, insbesondere angesichts der bevorstehenden Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit. Unternehmen werden hierzulande nicht in der Lage sein, ihren Fachkräftebedarf ausschließlich aus dem heimischen oder dem europäischen Angebot an Arbeitskräften zu decken, da viele unserer europäischen Nachbarn mit ähnlichen demografischen Problemen konfrontiert sind. Damit der Wirtschaftsstandort Deutschland weiterhin international konkurrenzfähig sein kann, müssen Unternehmen zunehmend auch qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten für offene Stellen in Betracht ziehen. Neben den fehlenden fertig ausgebildeten Fachkräften bleiben auch immer mehr Ausbildungsstellen offen. Auch hier müssen sich Firmen zunehmend darauf fokussieren, Interessenten aus Drittstaaten anzulocken. Diese Notwendigkeit hat auch der Gesetzgeber erkannt. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz zielt darauf ab, den Einwanderungsprozess zu vereinfachen und mehr qualifizierte Fachkräfte anzulocken. Die Einführung des neuen Gesetzes soll bis Juni 2024 abgeschlossen sein. Die IHK kann hier eine einzigartige Brückenfunktion und Vermittlerrolle einnehmen, da sie zum einen die konkreten Bedarfe ihrer Mitgliedsunternehmen kennt und zum anderen im Ausland durch persönliche Kontakte und aufgrund der Zusammenarbeit mit den Auslandshandelskammern (AHKs) bestens vernetzt ist.
Dienstleister unterstützen nach Bedarf
Um ihre Mitgliedsunternehmen beim Thema Fachkräftemangel zu unterstützen, startet die IHK Gießen-Friedberg am 31. Januar 2024 die Veranstaltungsreihe „Internationaler Fachkräfte Nexus“. Andreas Mertenbacher, der seit August 2023 für die Themengebiete Fachkräftegewinnung aus dem Ausland sowie Künstliche Intelligenz zuständig ist, informiert über das dahinterstehende Konzept: „Der Nexus ist als Plattform gedacht, bei dem in regelmäßigen Terminen ausgewählte Netzwerkpartner, die Fachkräfte aus Drittstaaten an Unternehmen vermitteln möchten, ihr Angebot interessierten Unternehmerinnen und Unternehmern vorstellen können.“ Gemeinsam mit den Kooperationspartnern solle ein möglichst diversifiziertes Angebot für die Unternehmen entstehen. Einige Dienstleister hätten sich auf die Vermittlung von Fachkräften aus ganz speziellen Berufszweigen wie der IT- oder Hotel- und Gastronomiebranche spezialisiert, andere suchten bedarfsorientiert für Firmen nach den passenden internationalen Fachkräften. Die Herkunftsländer seien ganz unterschiedlich, so Mertenbacher: „Von Peru über China bis nach Nigeria und Marokko sind viele verschiedene Erdteile und Kulturen vertreten.“ Viele IHK-Netzwerkpartner bieten neben der Fachkräftevermittlung auch weiterführende Leistungen an. Diese reichen von der Bedarfsanalyse im Unternehmen über die Vorauswahl von geeigneten Kandidaten im Ausland bis hin zur Unterstützung bei den digitalen Vorstellungsgesprächen und der Organisation von Deutschkursen, die bereits im Heimatland beginnen. Weiterhin unterstützen die meisten Netzwerkpartner beim Visa- und Anerkennungsprozess, der Wohnungssuche, bei Behördengängen, Kontoeröffnung und dem Abschließen von Versicherungen. „Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ist es das erste Mal, dass sie sich mit dem Prozess der Fachkräfteeinwanderung beschäftigen. Das kann sehr zeitaufwendig und unübersichtlich sein, und es müssen viele Vorgaben beachtet werden“, weiß Mertenbacher. Daher sei das Angebot der meisten Dienstleister modular konzipiert. Sollte ein Unternehmen bestimmte Schritte im Migrations- und Integrationsprozess der Fachkräfte selbst übernehmen wollen, sei das ohne Weiteres möglich. Eine große Hürde für internationale Fachkräfte stelle beispielsweise die Wohnungssuche in Deutschland dar. „Hier sind sie oft auf die Unterstützung des Arbeitgebers angewiesen.“
HoGa-Fachkräfte aus Peru
Bei der Auftaktveranstaltung des „Internationalen Fachkräfte Nexus“ am 31. Januar stellt der Internationale Bund (IB) ein Angebot vor, dass sich auf die Vermittlung von peruanischen Fachkräften in die Hotel- und Gastronomiebranche fokussiert. Der IB arbeitet vor Ort mit einer international vernetzten Universität zusammen. Dort werden unter anderem Köche ausgebildet, die auch bereits Deutsch lernen. Qualitativ sei das Angebot sehr hoch, erklärt IHK-Vizepräsident Rainer Dietz, der in seinem Posthotel Johannesberg in Lauterbach nicht nur selbst ausbildet, sondern auch als Prüfer für den IHK-Beruf Koch tätig ist: „Die Lerninhalte der Studiengänge sind sehr umfangreich und decken nahezu alle Fähigkeiten ab, nach denen ich bei Fachkräften suche.“ Kaum eine Branche spürt aktuell den Fachkräftemangel so stark wie Hotels und Gaststätten, die noch immer an den Nachwirkungen der Corona-Pandemie leiden, in der sich viele Angestellte umorientieren mussten. Aufgrund des resultierenden Fachkräftemangels sind Gaststättenbesitzer gezwungen, Speisekarten zu verkleinern, Mittagstisch-Angebote einzustellen und im schlimmsten Fall an bestimmten Tagen ganz geschlossen zu bleiben.
Integration fördern
Internationale Fachkräfte stehen in Deutschland vor großen Herausforderungen. Sie müssen eine neue Sprache lernen, sich im Behörden-Dschungel zurechtfinden und im neuen Betrieb einleben. Unternehmen können hier helfen, indem sie den Integrationsprozess nicht nur im Betrieb aktiv unterstützen, sondern auch außerhalb des Arbeitsumfelds. Dazu können eine Integration in das Vereinswesen oder andere ehren[1]amtliche Tätigkeiten gehören. Der wichtigste Hebel ist aber nach wie vor Sprache. Eine gelungene Integration kann nur über ein nachhaltiges und hohes Sprachniveau erreicht werden. Unternehmen können hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie internationalen Fachkräften weiterführende Sprachkurse ermöglichen und sie dafür auch freistellen – denn nach einem vollen Arbeitstag hat niemand mehr Lust, noch eine Sprache zu lernen.

VON PETRA A. ZIELINSKI


Internationaler Fachkräfte Nexus Die IHK Gießen-Friedberg positioniert sich mit dem „Internationalen Fachkräfte Nexus“ als wichtiger Partner für Unternehmen, um den Zugang zu qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland zu erleichtern. Die kommenden Veranstaltungen und Netzwerktreffen bieten eine breite Palette an Lösungen und Möglichkeiten, um den Fachkräftemangel zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Die IHK lädt alle interessierten Unternehmerinnen und Unternehmer herzlich ein, sich aktiv am „Internationalen Fachkräfte Nexus“ zu beteiligen und von den vielfältigen Angeboten zu profitieren. Sie haben Fragen oder möchten als Netzwerkpartner Teil des „Internationalen Fachkräfte Nexus“ werden? Kontaktieren Sie uns!

Kontakt: Andreas Mertenbacher

Stand: 23.01.2024