Die Region Oberhessen als inspirierende Bühne

Seit 1994 findet in Hessen alle vier Jahre eine Landesgartenschau (LGS) statt. Nachdem die siebte LGS im vergangenen Jahr bereits zum zweiten Mal in Fulda über die Bühne ging, werden 2027 die oberhessischen Kommunen Büdingen, Echzell, Gedern, Glauburg, Hirzenhain, Kefenrod, Limeshain, Nidda, Ortenberg, Ranstadt und Schotten Ausrichter sein. „2019 hat das in Baden-Württemberg gelegene Remstal erstmals in ganz Deutschland zu einer interkommunalen Landesgartenschau eingeladen, wir Oberhessen sind also die Zweiten“, freut sich Thomas Hellingrath, der gemeinsam mit Florian Herrmann die Geschäftsführung der Landesgartenschau 2027 innehat. Für den Landschaftsarchitekten, der Sorge für die technische Leitung trägt, ist dies kein Neuland. Bereits 2014 hat er bei der Gestaltung der LGS im nordrhein-westfälischem Zülpich sowie zuvor im niedersächsischen Bad Gandersheim mitgewirkt. Der kaufmännische Leiter, Florian Herrmann, hat seitens des Vereins Oberhessen den Bewerbungsprozess begleitet.
Große Chance für kleine Gemeinden
„Der Trend geht hin zu interkommunalen Veranstaltungen“, weiß Hellingrath. Auch die Bundesgartenschau 2029 werde von mehreren Kommunen im Mittelrheintal veranstaltet. „Nur so erhalten auch kleine Gemeinden, wie beispielsweise Glauburg, die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren.“
2021 hatte Oberhessen den Zuschlag für die Ausrichtung der LGS bekommen, vorausgegangen war eine Machbarkeitsstudie. In enger Zusammenarbeit mit den Kommunen hatten sowohl der Verein Oberhessen als auch die Wirtschaftsförderung Wetterau (wfg) die Bewerbung initiiert und die Planung des nachhaltigen Großprojektes von Anfang an begleitet. Eine Landesgartenschau Oberhessen 2027 gGmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Verein Oberhessen ist, wurde gegründet. Der Aufsichtsrat setzt sich aus den Bürgermeistern der einzelnen Kommunen, dem Land Hessen, gärtnerischen Fachverbänden sowie dem Bund Deutscher Landschaftsarchitekten zusammen und kommt vier Mal pro Jahr zusammen. „Unser Mitarbeiterstamm wächst stetig an“, erklärt Hellingrath. Aktuell werde noch ein Bauleiter gesucht. „Wenn es dann 2027 losgeht, werden wir etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben.“
Zwei Haushalte
Die Kosten für die Veranstaltung werden von zwei Haushalten getragen. Der investive Haushalt soll für nachhaltige Bauten genutzt werden. „Wir erhalten eine Fördersumme von 3,5 Millionen Euro vom Land Hessen“, so der Geschäftsführer. Diese Summe habe sich seit der ersten hessischen Landesgartenschau kaum erhöht. „Nordrhein-Westfalen bezuschusst seine Landesgartenschau mit sechs Millionen Euro“, weiß Hellingrath. „Wenn ein Bezug besteht, werden wir bei anderen Landesfördermitteln priorisiert.“ Der Rest, zwischen 30 und 50 Prozent, müsse selbst aufgebracht werden.
Mit dem Durchführungshaushalt sollen alle temporären Projekte bezahlt werden. „Blumenhallen, Bühne, Künstler, das grüne Klassenzimmer sowie Personal und die Ausbildung der Gästeführer“, nennt Heillingrath einige Beispiele. Hier rechnet er mit Kosten von circa zwölf Millionen Euro, die unter anderem durch Eintrittsgelder, Sponsoren und Lizenzen eingefahren werden sollen. Die Veranstalter hoffen, dass mindestens 400.000 Besucher zur LGS nach Oberhessen kommen werden. Die Nähe zum Rhein-Main-Gebiet stelle ein großes Potenzial dar.
Verborgene Schätze
„Eine Landesgartenschau in Oberhessen ist eine große Ehre und zugleich eine Riesenchance, positive Effekte für die Region zu erzielen. Wir haben so viele spannende Themen, die sich wunderbar mit einer Landesgartenschau verbinden lassen. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen. Wir haben Streuobstwiesen entlang wunderschöner Wanderwege, Kulturschätze, geologische Schätze, Gärten und Parks. Unsere Geschichte reicht von den Kelten in der Antike über die Römer und das Mittelalter bis in die Neuzeit“, unterstreicht Thomas Hellingrath.
Unter dem Motto „Entdeckerregion“ sind die Veranstalter aktuell auf der Suche nach „verborgenen Schätzen und besonderen Orten“. Bis zum 15. Mai dieses Jahres können versteckte Gärten, historische Gebäude, malerische Naturpfade und andere Geheimtipps auf der LGS-Webseite gemeldet werden. Dabei habe sich unter anderem herausgestellt, dass im Büdinger Stadtteil Calbach Hessens ältestes Backhaus steht, berichtet Hellingrath. Die Suche nach besonderen Orten sei ungemein identitätsstiftend, denn die Menschen würden sich dabei intensiv mit ihrer Heimat beschäftigen. Auch ein Fotowettbewerb ist auf der Webseite ausgeschrieben.
Nachhaltige Entwicklung
Ziel der Landesgartenschau in Oberhessen ist es, innovative und nachhaltige Verbesserungen in der Region zu schaffen, die weit über das Jahr 2027 hinausreichen sollen. Dabei habe jede Kommune Planungshoheit bei der Durchführung der eigenen Projekte. Die LGS soll nicht an einer Orts- oder Stadtgrenze enden, sondern die ganze Region als Bühne haben.
Zwei der vier Hauptveranstaltungsorte der Landesgartenschau – der Kurpark in Bad Salzhausen und der Schlosspark in Gedern – werden weiterentwickelt und saniert. Die beiden anderen – der Zukunftspark in Echzell und der Bürgerpark in Büdingen – müssen erst noch angelegt werden.
Weitere Beispiele für nachhaltige, kommunale Projekte sind unter anderem die Sanierung des Bahnhofsvorplatzes in Glauburg, der Bau des Echzeller Aussichtsturms oder die Entwicklung des Oberhessensteigs, eines 150 Kilometer langen Radwegs. „Die Projekte befinden sich in unterschiedlichen Planungsständen“, erklärt Thomas Hellingrath.
Weit mehr als nur Gärten
„Die LGS dient der Regionalentwicklung und geht weit über das reine Thema Garten hinaus“, macht der Veranstalter deutlich. „Hier bietet sich heimischen Unternehmen die einmalige Gelegenheit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren.“ Hierzu stünden die unterschiedlichsten Formate zur Verfügung, beispielweise auf Veranstaltungen, mit Ständen auf Freiflächen, im Rahmen einer Ausbildungsbörse oder als Sponsor von Projekten. Erfahrungsgemäß würden auch Hotellerie und Gastronomie profitieren. „Wir rechnen mit vielen Dauerkartenkäufern, die auch die eine oder andere Nacht in Oberhessen verweilen“, sagt Thomas Hellingrath.

VON PETRA A. ZIELINSKI


Stand: 07.05.2024