Brasilien ist auch 2024 auf Wachstumskurs

Brasilien überrascht mit einem Wachstum, das deutlich über den Erwartungen zu Jahresbeginn liegt. Entscheidend dazu beigetragen haben die Wirtschaftsreformen der Vorgängerregierungen. Besonders wichtig waren die Arbeitsmarktreform, die Rentenreform, die Unabhängigkeit der Zentralbank und die Privatisierungen, die den Infrastrukturausbau ermöglichen.
Zwei Reformen, die die neue Regierung seit dem Amtsantritt von Lula da Silva auf den Weg gebracht hat, haben den Grundstein für weiteres Wachstum gelegt. Der neue fiskalpolitische Rahmen soll ein Ausufern der Staatsverschuldung verhindern. Die zweite wichtige Maßnahme ist die Steuerreform, die derzeit noch im Nationalkongress verhandelt wird. Die Reform soll Bürokratie abbauen und Anreize für die Reindustrialisierung des Landes schaffen, unter anderem durch umfassende Steuererleichterungen für Unternehmen.
Im ersten Halbjahr 2023 profitierte die Wirtschaft von einer Rekordernte. Auch die hohen Einnahmen aus dem Export von Erdöl und Eisenerz sowie die Erholung des Dienstleistungssektors kurbelten das BIP-Wachstum an. Für das Gesamtjahr 2023 wird ein Zuwachs um real drei Prozent prognostiziert.
Positiv dürften sich 2024 die sinkenden Zinsen auswirken. Es wird erwartet, dass der Leitzins bis Ende 2024 auf 9,25 Prozent fällt. Die Zentralbank hatte die Zinswende im August 2023 eingeleitet. Seitdem senkte sie den Leitzins in drei Schritten von 13,75 auf 12,25 Prozent. Die Zinssenkungen werden die Investitionen und den Konsum stimulieren. Davon profitieren insbesondere die verarbeitende Industrie und die Bauwirtschaft. Insgesamt dürfte das BIP-Wachstum 2024 mit voraussichtlich 1,5 Prozent geringer ausfallen als 2023.
International gewinnt Brasilien an Bedeutung. Dank des soliden mehrjährigen Wachstums und der schrittweisen Aufwertung der Landeswährung ist Brasilien auf Rang 9 der größten Volkswirtschaften der Welt.
Exportüberschuss auf Rekordniveau
In den ersten zehn Monaten 2023 exportierte Brasilien Waren mit einem ähnlich hohen Wert wie im Vorjahreszeitraum. Dagegen brachen die Importe um 12 Prozent ein. Entsprechend erhöhte sich der Handelsbilanzüberschuss um fast 60 Prozent auf über 80 Milliarden US-Dollar. Die VR China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Brasiliens, auf den rund 30 Prozent der Exporte und über 20 Prozent der Importe entfallen.
Deutschland überholte 2023 Argentinien und ist derzeit nach der VR China und den USA das drittwichtigste Lieferland. Das brasilianische Importvolumen aus der VR China ist etwa viermal so hoch wie das aus Deutschland. Produkte „Made in Germany“ genießen in Brasilien einen hervorragenden Ruf, können auf dem preisorientierten Markt jedoch kaum mit Waren aus der Volksrepublik mithalten. Deutsche Maschinenbauer gewinnen ihre Kunden durch einen zuverlässigen After-Sales-Service. 2023 strömten immer mehr chinesische E-Autos auf den brasilianischen Markt. Der zügige Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens würde eine Wende einleiten. Im Jahr 1999 waren die Verhandlungen gestartet und 2019 nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer wurde eine Einigung erzielt.

Dieser Text wurde erstellt unter Verwendung von Material von BMWK, AHK Brasilien, GTAI, Statistischem Bundesamt, Zoll und DIHK.

VON TESSA ALTENBRAND UND TIM MÜLLER

Stand: 23.01.2024