150 Jahre IHK: Internationaler Festakt in der Kongresshalle

Gemeinsam mit über 800 Gästen aus fünf Kontinenten feierte die IHK Gießen-Friedberg am Dienstag in der Gießener Kongresshalle ihr 150-jähriges Jubiläum. Mit diesem Festabend, der den Höhepunkt einer Vielzahl von unterschiedlichen Veranstaltungen bildete, bedankte sich die IHK bei ihren 50.000 Mitgliedsunternehmen. 1872 von sieben Unternehmern gegründet, ist die IHK Gießen-Friedberg aktuell die viertgrößte Kammer Hessens. Die Mut machende Festrede hielt Volker Bouffier, Ministerpräsident a.D. des Landes Hessen.
„Today the world meets in Giessen“, freute sich IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder, der es sich nicht nehmen ließ, seine internationalen Gäste, darunter eine Delegation der Ogun State Council of Chambers of Commerce, Industry, Mines and Agriculture aus Nigeria sowie weitere Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus Angola, Brasilien, China, der Demokratischen Republik Kongo, Namibia, Portugal und den USA, in ihrer jeweiligen Landessprache zu begrüßen. Durch den abwechslungsreichen Festabend führte Werner D’Inka, Herausgeber a.D. der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
„Innovation bedeutet Erneuerung, aber auch Vorsprung“, betonte IHK-Präsident Rainer Schwarz. Wie innovativ die Mitgliedsunternehmen der drei Landkreise Gießen, Vogelsberg und Wetterau sind, machte der Filmbeitrag „Wir feiern unsere Unternehmen“ deutlich. Der Film spannte einen Bogen von den Anfängen der IHK im Jahr 1872 über bedeutende Unternehmen von damals bis in die heutige Zeit, entlang des Jubiläumsmottos „150 Jahre IHK Gießen-Friedberg: Innovationen gestern – heute – morgen“. Professor Albrecht Beutelsbacher, ehemaliges Vollversammlungsmitglied, verwies darin auf die industriellen Anfänge: „Die Familie Buderus pachtete 1731 die Friedrichshütte bei Laubach und 1817 die Eisenhütte zu Hirzenhain für ihr Eisenbahnstahlgeschäft.“ Im Jahr 1840 sei die erste Dampfmaschine in der Grube Buderus in Wetterfeld in Oberhessen installiert worden, Buderus einer der größten Eisenproduzenten Deutschlands geworden.

Stolz auf die Unternehmen

„Ich bin stolz auf unsere Unternehmen, die neben Corona aktuell mit vielfältigen Problemen wie Fachkräftemangel, bürokratischen Hürden und Inflation zu kämpfen haben“, erklärte Schwarz im Rahmen einer anschließenden Podiumsdiskussion. Die IHK wolle auch weiterhin ein starker Partner für Unternehmerinnen und Unternehmer sein und gemeinsam mit ihnen aktuelle Probleme in Angriff nehmen. Auf das Problem, qualifizierten Fachkräftenachwuchs zu finden, ging Sina Lupp, IHK-Vollversammlungsmitglied und geschäftsführende Gesellschafterin der Adolf Lupp GmbH & Co. KG, ein. „Es gibt leider immer weniger junge Menschen, die eine Ausbildung machen wollen“, bedauerte sie.
Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich blickte auf die Gründung des Vereins „MitteHessen“ 2003 zurück und wies in diesem Zusammenhang auch auf die Vielzahl von „Hidden Champions“, also auf die unbekannten Weltmarktführer in der Region, hin. An die Fusion der Kammern Gießen und Friedberg 1999 erinnerte IHK-Ehrenpräsident Dr. Wolfgang Maaß. „Durch den Zusammenschluss konnten wir nicht nur unser Beratungsangebot in allen Geschäftsbereichen ausbauen und die Strukturen vereinfachen, sondern auch die Mitgliedsbeiträge senken“, unterstrich er.

Duale Ausbildung in Nigeria „ein Riesenerfolg“

Eine zweite Diskussionsrunde beschäftigte sich mit dem Thema „Förderung der Lebenschancen in Afrika“ und der Berufsbildungspartnerschaft mit Nigeria zwischen 2012 und 2018, die darauf abzielte, das duale Bildungssystem einzuführen und auf Dauer zu etablieren. „Die duale Ausbildung ist in Nigeria ein Riesenerfolg“, fasste Iyalode Alaba Lawson, Unternehmerin und bis vor kurzem auch Präsidentin der Nigerian Association of Chambers of Commerce (Naccima) – das Pendant zum DIHK – zusammen. Sie sei die fehlende Verbindung, die ungelernten Menschen helfe, Arbeit zu finden. Auch die Regierung habe mittlerweile diese Bedeutung erkannt. Wichtig sei es, den Bedarf der jeweiligen Unternehmen zu erkennen, ergänzte Stephen Awoyele, ehemaliger Projektkoordinator und Langzeitexperte der IHK Gießen-Friedberg in Nigeria.
Auf einer gemeinsamen Reise nach Äthiopien und Kenia mit dem Hessischen Wirtschaftsminister Tarek al Wazir 2019 habe er gesehen, dass es einerseits dort viele Menschen gäbe, die Arbeit bräuchten, andererseits aber auch Unternehmen, die Arbeiter suchten, erklärte Rainer Schwarz. Dass Bildung Perspektiven schaffe, unterstrich Dr. Matthias Leder. Insgesamt seien bereits über 1.000 Menschen in den Berufspartnerschaftsprojekten dual ausgebildet worden. Der IHK-Hauptgeschäftsführer wünschte sich, dass der Berufsbildungsexport anerkannt, angepasst und weiterentwickelt werde. „Das ist eine Generationenaufgabe.“
Ein Filmbeitrag zeigte auf, wie sich seit Beginn, als es in Nigeria noch keine Struktur der dualen Ausbildung gegeben habe, für die Projektbeteiligten das Blatt gewendet habe. Die Auszubildenden verbesserten ihre technischen Fertigkeiten wie auch ihre Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt. „Ich freue mich, dass wir mit diesem Erfolg ein kleines Stück zur Entwicklung dieses bevölkerungsreichsten Land in Afrika beitragen konnten“, erklärte Robert Malzacher, Geschäftsbereichsleiter International sowie Recht und Steuern
Afrika bleibt für die IHK im Fokus. „Unsere IHK ist Afrika-Kompetenzzentrum. Wir sind seit über 15 Jahren in Nigeria, seit über acht Jahren in Kenia und seit neuestem auch im Senegal aktiv“, unterstrich Leder in dem Video. Geplant sei eine Ausweitung des Kompetenzzentrums. Und ein Gedanke sei schließlich auch, dass sich über solche Kooperationen die Märkte Afrikas für Europa und Deutschland öffneten.

Inmitten weiträumiger Veränderungen

Dass sich der Wohlstand deutscher Unternehmen zu über 50 Prozent auf Export gründet, stellte Volker Bouffier gleich zu Beginn seiner Rede klar. So sei es auch für Deutschland gut, in einen „Chancenkontinent“ wie Afrika zu investieren. Der Ministerpräsident a.D. freute sich über das „Herzblut“, das die IHK Gießen-Friedberg und vor allem ihr Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder, in das Bildungsprojekt steckt. „150 Jahre IHK Gießen-Friedberg waren eine einzige Innovation“, lobte Bouffier und nannte als Beispiele die Entwicklung der Business Improvement Districts (BIDs) sowie die Fusion der IHKs Gießen und Friedberg.
Als Unternehmer-Mitmachorganisation biete die IHK den Rahmen für innovative Ideen. Die Grundidee der IHK – Dezentralität und Selbstorganisation der Wirtschaft – bezeichnete er als einen der Gründe für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand. Darüber hinaus stelle die IHK einen „unverzichtbaren Partner für die Politik“ dar, denn sie bringe die Wünsche von Unternehmen zu Gehör. Allerdings dürfe die Politik keine Hürden aufbauen, sondern müsse Raum für Ideen schaffen.
Auch auf das Weltgeschehen ging Volker Bouffier ein. „Wir befinden uns in einem Veränderungsjahrzehnt.“ Der Krieg mitten in Europa, der Klimawandel, der Fachkräftemangel und die Inflation stellten eine „toxische Mischung“ dar. Diese Herausforderung werde kein Land allein bewältigen können. „Wir brauchen mehr europäische Gemeinschaft“, forderte der Ministerpräsident a.D.. Darüber hinaus sprach er sich gegen Steuererhöhungen und für eine Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung aus. Auch die Gründung der IHK Gießen-Friedberg vor 150 Jahren sei in einer Zeit des Wandels geschehen. Allerdings habe man damals positiv in die Zukunft geschaut. „Mit Ihrer Jubiläumsfeier haben Sie ein Signal der Zuversicht gegeben“, bedankte sich Volker Bouffier bei der IHK.
Herausgegeben am 30. Juni 2022
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Hülsbömer, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Hülsbömer, Tel. 06031/609-1100
Stand: 11.12.2023