Perspektiven in die Zukunft: Die IHK als gelebte Unternehmerselbstverwaltung

Von den Ursprüngen der französischen „Chambre Superieur de Commerce“ Ende des 16. Jahrhundert bis hin zur heutigen IHK: „Es zeigte sich immer deutlicher, dass man eine Selbstverwaltung der Wirtschaft brauchte, auch, um den Bürger für den Staat zu interessieren“, erläuterte der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts, Professor Ferdinand Kirchhof, in seinem Festvortrag anlässlich des 150-jährigen Bestehens der IHK Gießen-Friedberg. Sein Vortrag „Perspektiven in die Zukunft: Die IHK als gelebte Unternehmerselbstverwaltung“ leitete das Jubiläumsjahr der IHK Gießen-Friedberg 2022 ein.
Aus der vielfältigen Historie, darunter finden sich auch frühere Aufgaben wie Gewerbesteuereinzug oder die Idee der IHKs als Modell für eine Räterepublik, greift das IHK-Gesetz die Vereinsidee von früher auf. Denn eine Körperschaft, so die heutige Rechtsform, sei nichts Anderes als ein öffentlicher-rechtlicher Verein und damit eine Absage an die ursprünglich französische Vorstellung, dass die IHKs nur der verlängerte Arm des Staates seien. Mit dem Zusatz einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zeige sich dagegen, dass die IHKs, wenn auch dezentralisiert und autonom, Teil des Staates seien und damit angebunden an staatliche Grundsätze und Vorgaben.
Die Pflichtmitgliedschaft begründete der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts mit der Gesamtvertretung der Wirtschaft durch die IHKs, was wiederum ihre gesetzlich zugewiesene Aufgabe sei. Die Vorteile der IHKs kämen allen Mitgliedern zugute, daraus leite sich die Rechtfertigung des Zwangsbeitrags ab. Allen Mitgliedern stünden Stimmrechte, Rederechte oder Partizipation in den Gremien offen.
Welche zukünftigen Aufgaben zeichnen sich am Horizont ab? Im Zuge der Digitalisierung konnte sich Kirchhof vorstellen, dass die IHKs IT-Netze planen, schalten oder betreiben. Wenn ein allgemeines Interesse der Wirtschaft bestünde, dürften sich IHKs auch an Unternehmen beteiligen. Auch denkbar seien IHKs als Wirtschafts-Cicerone, also als Fremdenführer durch die Unternehmenslandschaft für ausländische Unternehmen. So könne die IHK ein Türöffner werden, auch für Deutschland als Exportland.
Sie konnten an diesem Abend nicht live dabei sein? Hier haben Sie die Möglichkeit, den Vortrag und die anschließende Diskussion im Stream anzusehen:

Interview “Interessenvertretung als zentrale Aufgabe”

IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder im Gespräch mit Professor Dr. Ferdinand Kirchhof, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.
Das Video beleuchtet die Säulen, auf denen eine IHK steht. Zentral ist der Ansatz, dass Industrie- und Handelskammern gelebte Unternehmerselbstverwaltungen sind. Bereits die Gründung hat die Mitgliederpartizipation in den Blick genommen. An der Aktualität dieser Grundlage hat sich bis heute nichts geändert. Mehr noch: Es bieten sich daraus große Entwicklungsmöglichkeiten.
Stand: 11.05.2022