November 2025
1. Arbeitsrecht
Pauschale Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag unzulässig
Eine vertragliche Klausel, die dem Arbeitgeber eine pauschale Freistellung nach einer Kündigung erlaubt, ist unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen entschieden. In der Folge sprach das Gericht einem Arbeitnehmer eine Entschädigung zu, weil ihm während der Freistellung die private Nutzung seines Dienstwagens entzogen worden war.
Ein Gebietsleiter war seit 2022 beschäftigt und durfte seinen Dienstwagen auch privat nutzen. Nachdem er im Mai 2024 mit sechsmonatiger Frist selbst zum 31. Oktober gekündigt hatte, stellte ihn der Arbeitgeber einseitig frei und verlangte die Rückgabe des Dienstwagens zum 30. Juni. Grundlage war eine formularmäßige Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber bei oder nach Ausspruch einer Kündigung eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung erlaubte.
Der Dienstwagenvertrag enthielt zudem eine Widerrufsklausel, wonach bei Freistellung sowohl die dienstliche als auch die private Nutzung enden sollte. Der Arbeitnehmer gab den Wagen zurück und forderte vor Gericht eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum von Juli bis November 2024.
Das LAG Niedersachsen entschied zugunsten des Arbeitnehmers: Die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Widerruf der Dienstwagennutzung hätte nicht vorgelegen, weil die Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag unwirksam gewesen sei.
Nach Ansicht des Gerichts haben Beschäftigte auch nach einer Kündigung grundsätzlich einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung bis zum Ende der Kündigungsfrist. Eine einseitige Freistellung ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber ein überwiegendes, schutzwürdiges Interesse daran nachweisen könne – etwa bei drohender Konkurrenztätigkeit, dem Risiko der Mitnahme von Kunden oder der Gefahr, dass Geschäftsgeheimnisse preisgegeben würden.
Die im Vertrag enthaltene pauschale Klausel berechtigte den Arbeitgeber, Arbeitnehmer ohne jede Begründung freizustellen. Das verstoße nach Auffassung des Gerichts gegen das Transparenzgebot des Paragraf 307 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach die zur Freistellung berechtigenden Gründe klar und nachvollziehbar benannt werden müssten.
Da die Freistellungsklausel unwirksam war, konnte sich der Arbeitgeber auch nicht wirksam auf den Widerruf der Dienstwagennutzung berufen. Der Arbeitnehmer hatte deshalb Anspruch auf eine Entschädigung für die entgangene private Nutzung des Dienstwagens.
LAG Niedersachsen, Urteil vom 22. Mai 2025, Az.: 5 SLa 249/25.
Verhältnismäßigkeit einer Probezeit hängt vom Einzelfall ab
Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis im Sinne von § 15 Absatz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gibt es keinen Regelwert. Vielmehr ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Oktober 2025 stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen.
Die Klägerin arbeitete seit 22. August 2022 bei der Beklagten, wobei das Arbeitsverhältnis auf ein Jahr befristet war. Es sollte mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein. Die ersten vier Monate der Tätigkeit vereinbarten die Parteien als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.
Mit einem am 10. Dezember 2022 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Dezember 2022. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und geltend gemacht, die vereinbarte Probezeit sei unverhältnismäßig lang, so dass das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum 15. Januar 2023 enden könne. Es sei aber davon auszugehen, dass wegen Unwirksamkeit der Probezeitklausel die Vereinbarung der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Absatz 4 TzBfG insgesamt entfalle. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.
Das Landesarbeitsgericht als Vorinstanz hatte die Probezeit als unverhältnismäßig angesehen: Es sei von einem Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung auszugehen, hier also drei Monate. Gründe, davon abzuweichen, lägen nicht vor. Die Kündigung sei dennoch wirksam, beende das Arbeitsverhältnis aber erst zum 15. Januar 2023.
Dies sah das BAG anders: Es gebe keinen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit. Vielmehr sei in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Angesichts des von der Beklagten aufgestellten detaillierten Einarbeitungsplans mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollten, sah das BAG eine Probezeitdauer von vier Monaten als verhältnismäßig an. Auch dann, wenn eine unzulässige Probezeitdauer vereinbart worden wäre, hätte keine rechtliche Veranlassung bestanden, von einer Verkürzung der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Absatz 1 KSchG auszugehen.
BAG-Urteil vom 30. Oktober 2025; Az.: 2 AZR 160/24 (Pressemitteilung 40/25 vom 30. Oktober 2025)
2. Firmen-, Handels- und Gesellschaftsrecht
Gestaltungsklage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eines OHG-Gesellschafters
Will ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) einem Mitgesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entziehen, muss er alle nicht zustimmenden Gesellschafter mitverklagen. Tritt während des Verfahrens ein neuer Gesellschafter hinzu, kann dieser nicht nachträglich im Wege der Anschlussberufung einbezogen werden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 27. August 2025 entschieden.
Der Kläger und der Beklagte waren neben weiteren Gesellschaftern an einer OHG und einer Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt. Der Beklagte, zugleich Rechtsanwalt, war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer beider Gesellschaften. Der Kläger wollte ihm die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entziehen.
Mit Zustimmung einer Mitgesellschafterin erhob er Klage gegen die ursprünglichen Beklagten sowie – nach dem Tod eines Mitgesellschafters – gegen dessen Rechtsnachfolger. Der Kläger verlangte, dem Beklagten die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen und die übrigen Gesellschafter zur Zustimmung zu verurteilen. Das Landgericht gab der Klage statt.
In der Berufungsinstanz traten unstreitig zwei neue Gesellschafter in die OHG und KG ein. Der Kläger versuchte, diese im Wege der Anschlussberufung nach Paragraf 524 Zivilprozessordnung (ZPO) nachträglich in das Verfahren einzubeziehen. Die Beklagten wandten ein, die Klageerweiterung sei unzulässig.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, entschied das OLG Hamm nur noch über die Kosten gemäß Paragraf 91a ZPO. Das Gericht stellte klar:
Ein Gesellschafter, der einen anderen Gesellschafter auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nach Paragrafen 116 Absatz 5, 124 Absatz 5 Handelsgesetzbuch (HGB) verklagt, müsse alle übrigen, nicht zustimmenden Gesellschafter ebenfalls auf Zustimmung verklagen. Es bestehe eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellen Gründen im Sinne des Paragraf 62 Absatz 1, 2. Alternative ZPO.
Treten nach Abschluss der ersten Instanz neue Gesellschafter hinzu, könnten diese nicht nachträglich durch Anschlussberufung einbezogen werden. Eine solche Klageerweiterung wäre unzulässig. In diesem Fall werde die gesamte Entziehungs- und Zustimmungsklage gegen die bisherigen Gesellschafter wegen fehlender Prozessführungsbefugnis unzulässig.
Da der Rechtsstreit durch die neuen Beitritte erst im Berufungsverfahren unzulässig geworden war, legte das OLG die Kosten teilweise dem Kläger und teilweise den Beklagten auf. Entscheidend war, dass die Klage nach dem erstinstanzlichen Sachstand zulässig und begründet gewesen war, aber durch die neu hinzugetretenen Gesellschafter ihre Grundlage verloren hatte.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Beklagten trotz ihres voraussichtlichen Obsiegens einen Teil der Kosten selbst zu tragen hatten, weil sie ihren Vortrag bereits in erster Instanz hätten bringen können.
OLG Hamm, Beschluss vom 27. August 2025, Az.: 8 U 131
Wahlvorschläge für den Aufsichtsrat müssen konkret sein
Gemäß Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin vom 24. September 2025 (Az.: 2 U 106/23)
muss bei Wahlvorschlägen für Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft der tatsächlich ausgeübte Beruf angegeben werden. Allgemeine Bezeichnungen wie „Betriebswirt“ genügen nicht den Anforderungen des § 124 Absatz 3 Satz 4 Aktiengesetz (AktG). Nach dieser Vorschrift hat der Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern deren Namen, den ausgeübten Beruf und deren Wohnort zu enthalten.
muss bei Wahlvorschlägen für Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft der tatsächlich ausgeübte Beruf angegeben werden. Allgemeine Bezeichnungen wie „Betriebswirt“ genügen nicht den Anforderungen des § 124 Absatz 3 Satz 4 Aktiengesetz (AktG). Nach dieser Vorschrift hat der Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern deren Namen, den ausgeübten Beruf und deren Wohnort zu enthalten.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Hauptversammlung einer AG ein neues Aufsichtsratsmitglied gewählt. Der Wahlvorschlag enthielt jedoch keine präzise Berufsangabe, sondern lediglich die allgemeine Bezeichnung „Betriebswirt“. Es war damit unklar geblieben, ob und gegebenenfalls wie der Vorgeschlagene beruflich oder unternehmerisch tätig ist. Die Beurteilung von potentiellen Interessenskonflikten oder relevanten sonstigen beruflichen Belastungslagen war auf dieser Grundlage nicht möglich. Das Gericht sah darin einen formellen Mangel, der zur Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses führte.
Wahlvorschläge für Aufsichtsratsmitglieder müssen klar und vollständig sein. Die Berufsangabe muss konkret und nachvollziehbar sein – pauschale oder unklare Bezeichnungen reichen nicht aus. Unternehmen sollten bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen besonders auf die formalen Anforderungen achten, um Anfechtungen zu vermeiden.
Wahlvorschläge für Aufsichtsratsmitglieder müssen klar und vollständig sein. Die Berufsangabe muss konkret und nachvollziehbar sein – pauschale oder unklare Bezeichnungen reichen nicht aus. Unternehmen sollten bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen besonders auf die formalen Anforderungen achten, um Anfechtungen zu vermeiden.
3. Steuerrecht
BMF aktualisiert FAQs zur Kassensicherungsverordnung
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 15. Oktober 2025 die FAQs auf seiner Website zur Anwendung des § 146 Abgabenordnung (AO) und der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) aktualisiert. Die FAQs beantworten häufige Praxisfragen und geben konkrete Hinweise zur Umsetzung von § 146a AO und der KassenSichV. Neu aufgenommen wurden Erläuterungen zu EU-Taxametern und Wegstreckenzählern sowie zur Mitteilungspflicht nach § 146a Absatz 4 AO.
BFH-Urteil erleichtert Vorsteuerabzug ausländischer Unternehmen
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 25. Juni 2025 (Az.: XI R 17/22) entschieden, dass auch ausländische Unternehmer den Vorsteuerabzug im normalen Umsatzsteuer-Veranlagungsverfahren geltend machen können. Wenn das ausländische Unternehmen zum Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung tatsächlich steuerpflichtige Umsätze in Deutschland ausführt, ist das bürokratische Vergütungsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern mit seinen strengen Fristen nicht mehr zwingend. Deutsche Unternehmen, die mit ausländischen Partnern oder eigenen Auslandsgesellschaften arbeiten, können künftig einfacher mit der deutschen Umsatzsteuer abrechnen. Auch bei Rechnungen in Fremdwährung sorgt das Urteil für Klarheit: Maßgeblich ist der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Leistungserbringung.
BFH-Urteil vom 25. Juni 2025
BFH-Urteil vom 25. Juni 2025
Neues BMF-Schreiben konkretisiert E-Rechnungspflicht
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2025 hat das BMF die Anwendung der E-Rechnung weiter präzisiert. Im Vergleich zum ersten Schreiben von 2024 enthält die Neufassung vor allem Klarstellungen zu technischen und inhaltlichen Anforderungen, insbesondere die Fehler- und Validierungspflichten sowie die Archivierungsanforderungen wurden detailliert geregelt. Zudem wurde nochmal verbindlich bestätigt, dass nur strukturierte Formate nach EN 16931 (z.B. XRechnung) als E-Rechnung gelten Einfache PDF-Rechnungen per E-Mail erfüllen die Anforderungen nicht mehr.
BMF stellt klar: Vorsteuerabzug beim Wechsel der Besteuerungsform
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 10. November 2025 ein Schreiben zum Vorsteuerabzug bei einem Wechsel zwischen Kleinunternehmerregelung und Regelbesteuerung nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) veröffentlicht. Das Schreiben führt keine neuen Regeln ein, sondern stellt die bisher uneinheitlich gehandhabte Rechtslage klar.
Konkret bestätigt das BMF:
Ein Vorsteuerabzug ist für Leistungen, die vor dem Wechsel bezogen oder bezahlt wurden, nicht möglich – auch dann nicht, wenn die Leistung erst nach dem Wechsel ausgeführt wird. Erst mit dem tatsächlichen Übergang zur Regelbesteuerung tritt eine „Änderung der Verhältnisse“ im Sinne des § 15a UStG ein, sodass Vorsteuerbeträge nur unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich berichtigt werden können. Umgekehrt gilt: Wechselt ein Unternehmer von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung, kann eine Berichtigung der bisher abgezogenen Vorsteuer erforderlich sein, also zu Ungunsten des Unternehmers.
Für KMU, die sich an der Umsatzgrenze zur Regelbesteuerung bewegen oder einen Wechsel der Besteuerungsform planen, ist das Schreiben besonders relevant. Sie sollten den Zeitpunkt von Investitionen und Anzahlungen sorgfältig prüfen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
BMF Schreiben vom 10. November 2025
BMF Schreiben vom 10. November 2025
4. Wettbewerbsrecht
Produkthaftung wird digitaler – Unternehmen müssen sich vorbereiten
Die Bundesregierung hat einen Referentenentwurf zur Modernisierung des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) vorgelegt. Ziel ist es, das Haftungsrecht an die Anforderungen der digitalen Wirtschaft und globaler Lieferketten anzupassen. Der Entwurf dient zugleich der Umsetzung der EU-Richtlinie 2024/2853.
Künftig sollen auch Software-Produkte – einschließlich KI-Systemen und Cloud-Diensten – unter das Produkthaftungsgesetz fallen. Entscheidend ist nicht mehr, ob die Software physisch ausgeliefert oder online bereitgestellt wird. Auch nachträgliche Updates und Upgrades können haftungsrelevant sein, wenn sie Fehler verursachen oder nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Unternehmen müssen künftig besonders darauf achten, wie sie mit Produktveränderungen umgehen: Wer ein Produkt wesentlich verändert – etwa durch sogenanntes „Upcycling“ – kann rechtlich als neuer Hersteller gelten und haftet entsprechend. Die bisherige Haftungsobergrenze von 85 Millionen Euro soll entfallen, sodass künftig eine unbegrenzte Haftung möglich ist. Zudem können unter bestimmten Bedingungen auch Importeure, Fulfillment-Dienstleister oder Online-Plattformen haftbar gemacht werden, wenn der eigentliche Hersteller außerhalb der EU sitzt und nicht erreichbar ist.
Für die Praxis bedeutet das:Unternehmen sollten ihre Produktdokumentation, Qualitätssicherung und Vertragsgestaltung frühzeitig anpassen. Auch digitale Produkte und Dienstleistungen müssen künftig unter Haftungsgesichtspunkten bewertet werden. Wer Produkte verändert oder weiterverarbeitet, sollte prüfen, ob dadurch eine Herstellereigenschaft entsteht. Die Einbindung von Plattformen und Dienstleistern in die Lieferkette muss rechtlich klar geregelt sein.Das neue Produkthaftungsgesetz soll zum 9. Dezember 2026 in Kraft treten. Unternehmen haben also noch Zeit – sollten aber frühzeitig mit der Risikoanalyse und Anpassung ihrer Prozesse beginnen.
Irreführende Preiswerbung bei Lebensmitteln unzulässig
Gemäß einem Urteil des Landgerichts (LG) Köln vom 16. Juli 2025 (Az.: 84 O 92/24) dürfen Händler bei Preisnachlässen nicht auf die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers Bezug nehmen, wenn dies für Verbraucher nicht eindeutig erkennbar ist.
Ein bundesweit tätiger Lebensmitteldiscounter hatte für einen Joghurt mit einem durchgestrichenen Preis von 0,79 Euro und dem Hinweis „-58 %“ geworben. Tatsächlich bezog sich die Preisreduzierung auf die UVP des Herstellers – nicht auf den eigenen vorherigen Verkaufspreis. Das LG Köln sah darin eine Irreführung nach § 5 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Verbraucher erwarteten bei solchen Angaben eine echte Preissenkung durch den Händler selbst. Der Hinweis „UVP“ war lediglich klein gedruckt und reichte nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um den Eindruck einer tatsächlichen Preisreduzierung zu korrigieren.
In einem weiteren Fall hatte der Discounter für ein Markenprodukt mit zwei unterschiedlichen Preisen geworben – einem günstigeren Preis für App-Nutzer und einem höheren Preis für andere Kunden. Der Grundpreis war jedoch nur auf den App-Preis bezogen angegeben. Auch dies ist unzulässig: Für beide Preisvarianten muss ein korrekter Grundpreis angegeben werden.
Für die Praxis bedeutet das:Wer mit Preisnachlässen wirbt, muss klar und transparent kommunizieren, worauf sich die Ersparnis bezieht. Vergleiche mit UVPs müssen deutlich gekennzeichnet sein.
5. Internetrecht
Online-Werbung mit UVP: Durchgestrichene Preise weiterhin zulässig
Das Landgericht (LG) hat entschieden, dass Onlinehändler mit durchgestrichenen Unverbindlichen Preisempfehlungen („UVP“) werben dürfen, solange Verbraucher diese nicht als Rabatt verstehen.
Im konkreten Fall warb ein Elektronikhändler mit einer Preisangabe wie „-48 % UVP 1.369 € / 699 €“. Der klagende Verbraucherschutzverband sah darin eine unzulässige Preisermäßigung nach der Preisangabenverordnung (PAangVO) und eine irreführende UVP-Angabe.
Das Gericht wies die Klage ab: Die Gestaltung sei für Verbraucher klar als Herstellerempfehlung erkennbar und keine Preisermäßigung im Sinne der PAngVO. Auch die Tatsache, dass der Hersteller selbst zeitweise unter der UVP verkauft habe, mache die UVP nicht automatisch bedeutungslos.
Praxistipp:Onlinehändler sollten bei UVP-Werbung deutlich machen, dass es sich um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelt – etwa durch die Kennzeichnung „UVP“ direkt vor dem durchgestrichenen Preis. Wichtig ist eine transparente Gestaltung, die keine Rabattwirkung suggeriert. So bleibt die Werbung rechtssicher.
Online-Shops mit „Kauf auf Rechnung“ müssen klare Transparenz einhalten
Händler, die in ihrem Online-Shop mehrere Zahlungsarten anbieten, müssen auf die Details achten: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Werbung mit „Bequemer Kauf auf Rechnung“ irreführend sein kann, wenn nicht klar und unmittelbar auf Einschränkungen oder Voraussetzungen – wie eine Bonitätsprüfung – hingewiesen wird. Im konkreten Fall konnten Kunden nur nach positiver Bonitätsprüfung auf Rechnung bestellen. Der Hinweis darauf war jedoch nicht deutlich erkennbar.
Der BGH folgt damit der Linie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und betont: Bedingungen für Verkaufsfördermaßnahmen müssen nach den Regelungen des E-Commerce leicht zugänglich, klar und unmissverständlich sein. Ein bloßer Link reicht nicht aus, wenn die Hauptaussage vollständig erscheint und keinen Anlass zur weiteren Recherche gibt.
Praxistipp:Online-Händler sollten bei werblichen Aussagen zu Zahlungsarten stets alle Einschränkungen transparent und direkt kommunizieren – idealerweise unmittelbar bei der Aussage selbst. So lassen sich Abmahnungen und wettbewerbsrechtliche Risiken vermeiden.
6. Zivilrecht, Gewerberecht, Gewerbliche Schutzrechte, Sonstiges
AGB-Klausel: Schweigen kann als Zustimmung gelten
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bausparkasse, nach der die Zustimmung des Bausparers zu bestimmten Änderungen als erteilt gilt, wenn dieser nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht und auf die Bedeutung des unterlassenen Widerspruchs hingewiesen wurde, ist wirksam, wenn sie sich ausschließlich auf Änderungen bezieht, die nicht der Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegen und hierdurch weder der Vertragszweck geändert noch in die Kernrechte des Bausparers eingegriffen wird (Oberlandesgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 23. Juli 2025, Az.: 17 U 188/23).
Das Gericht hat entschieden, dass die Klausel zwar von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken abweiche, da sie das Schweigen des Bausparers als Annahme zu einer Vertragsänderung qualifiziere. Die vom Gesetz in solchen Fällen vermutete unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners sei hier indes widerlegt:
Die Änderungsfiktion habe sich auf konkret benannte thematische Punkte beschränkt. Diese bezögen sich nicht auf die Hauptleistungspflichten, sondern allein untergeordnete Vertragsgestaltungen. Die erfassten Regelungsbereiche unterlägen weder der Zustimmungspflicht der BaFin noch werde in Kernrechte des Bausparers eingegriffen. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sei sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck werde auf andere Weise sichergestellt. Die Klausel sei somit rechtmäßig.
7. Veranstaltungshinweise, Steuer-Info IHK
Weiterbildung für Wohnimmobilienmakler Teil 6: Die Pflichten des Maklers nach Steuerrecht und Geldwäschegesetz; Sanktionen der Aufsichtsbehörde
Teil 6 umfasst folgende Themen:
- Einkommensteuern
- Körperschaftsteuern
- Gewerbesteuer
- Umsatzsteuer
- Bewertungsgesetzabhängige Steuern
- Spezielle Verkehrssteuern (Grunderwerb- und Grundsteuern)
- Controlling und betriebliches Rechnungswesen
- Geldwäschegesetz
- Ordnungswidrigkeiten
Alles anhand realer Fallbeispiele, aktueller Trends und smarter KI kompakt auf den Punkt gebracht.
Das Seminar findet am 03.12.2025 von 14:00 bis 17:00 in 35390 Gießen, Flutgraben 4, statt.
Es referiert Herr Markus Ruppel. Das Teilnahmeentgelt beträgt 120,00 EUR.
Weitere Details und Anmeldungen unter IHK Gießen-Friedberg, Recht und Steuern, Christiane Bölitz-Reitz, Tel: 0641 7954-4025, Email: veranstaltungen@giessen-friedberg.ihk.de,
„Wir richten uns nach Ihren Wünschen“
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IHK-Info Steuern | Finanzen | Mittelstand – News und Fakten
Der DIHK-Newsletter Steuern | Finanzen | Mittelstand Ausgabe Nr. 10/2025 informiert Sie u.a.
über die DIHK-Stellungnahme zur Aktivrente, die Eckpunkte der geplanten gesetzlichen Regelung zur Aktivrente, die Steuerschätzung Oktober 2025 sowie über das Verteidigungsinstrument „SAFE“.
Ansprechpartner Recht:Dr. Sven Sudler, E-Mail: sven.sudler@giessen-friedberg.ihk.deCindy Mett, E-Mail cindy.mett@giessen-friedberg.ihk.de
Ansprechpartner Steuern:Elke Dietrich, E-Mail: elke.dietrich@giessen-friedberg.ihk.de
Stand: 27.11.2025