August 2024
1. Arbeitsrecht
Inflationsausgleichsprämie: Beschäftigte in Elternzeit dürfen nicht benachteiligt werden
Arbeitnehmer in Elternzeit erhielten bisher keinen tarifvertraglichen Inflationsausgleich. Das Arbeitsgericht (ArbG) Essen entschied, dass diese Regelung rechtswidrig ist und eine Arbeitnehmerin Anspruch auf volle Inflationsausgleichszahlung hat, auch wenn sie durchgehend in Elternzeit war.
Nach dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV-Inflationsausgleich) vom 22. April 2023 erhalten Arbeitnehmer, die in der Zeit ab Juni 2023 in Elternzeit waren oder sind, bisher keinen Inflationsausgleich. Der Tarifvertrag gilt nur für Personen, die dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) unterfallen, deren Arbeitsverhältnis am 1. Mai 2023 bestand und die zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 31. Mai 2023 Anspruch auf Entgelt hatten. Zum Entgelt zählen nicht nur das Arbeitsentgelt, sondern auch Krankengeld oder Krankengeldzuschuss sowie Leistungen der Krankenkassen nach dem Mutterschutzgesetz. Arbeitnehmer in Elternzeit sind jedoch ausgeschlossen.
Eine Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (TVöD AVK) geregelt ist, befand sich seit Sommer 2022 durchgehend in Elternzeit. Seit Dezember 2023 übte die Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit während der Elternzeit in Teilzeit im Umfang von 24 Wochenstunden aus. Eine Vollzeittätigkeit umfasst 39 Wochenstunden.
Der TV-Inflationsausgleich sieht vor, dass Beschäftigte eine einmalige Sonderzahlung mit dem Entgelt für Juni 2023 erhalten, wenn ihr Arbeitsverhältnis am 1. Mai 2023 bestand und sie zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 31. Mai 2023 Anspruch auf Entgelt hatten. Zudem erhalten sie von Juli 2023 bis Februar 2024 monatliche Sonderzahlungen von 220 Euro, sofern an mindestens einem Tag im Bezugsmonat Anspruch auf Entgelt bestand.
Die Arbeitgeberin lehnte die Einmalzahlung sowie die monatlichen Zahlungen ab, da die Arbeitnehmerin in den maßgeblichen Zeiträumen keinen Anspruch auf Entgelt hatte. Seit Aufnahme der Teilzeittätigkeit gewährte die Arbeitgeberin eine anteilige Inflationsausgleichzahlung von 135,38 Euro pro Monat.
Das Arbeitsgericht Essen entschied nun, dass diese Regelung gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) verstößt. Der Inflationsausgleich sei keine Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung, da auch Krankengeld als Entgelt zählt. Zwischen Arbeitnehmern, die Krankengeld wegen der Pflege ihrer Kinder beziehen, und Arbeitnehmern in Elternzeit gibt es keinen relevanten Unterschied, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Gewerkschaften und Arbeitgeber hätten zwar die Freiheit bei Verhandlungen von Tarifverträgen, jedoch nicht die Willkür Arbeitnehmergruppen unterschiedlich zu behandeln.
Das Gericht entschied, dass die Arbeitnehmerin so zu behandeln sei, als zähle sie zum Kreis der Begünstigten. Ihr stehen sowohl die Einmalzahlung in Höhe von 1.240 Euro als auch die monatliche Zahlung von 220 Euro zu.
Das Gericht führte aus, dass Artikel 3 GG die fundamentale Gerechtigkeitsnorm sei und eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie bilde.
Es sei zwar grundsätzlich zulässig, Arbeitnehmer in Elternzeit von bestimmten Leistungen auszunehmen, doch bemängelte das Gericht die sachlich nicht nachvollziehbare Differenzierung, da manche Konstellationen mit dem Anspruch auf Entgelt gleichgestellt werden, während die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht berücksichtig wird.
Der Verstoß gegen Artikel 3 GG führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Tarifregelung, sondern nur zur unwirksamen Ausschlussregelung. Die Arbeitnehmerin erhielt den gesamten geltend gemachten Inflationsausgleich.
Das Gericht ließ ausdrücklich die Berufung aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils zu.
Quelle: ArbG Essen, Urteil vom 16. April 2024, Az.: 3 Ca 2231/23
BMAS: Veröffentlichung arbeits(schutz)rechtlicher Empfehlungen für hybride Bildschirmarbeit
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Rahmen des Programms ARBEIT: SICHER + GESUND (ASUG) umfassende arbeitsrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Empfehlungen zur Gestaltung gesunder hybrider Bildschirmarbeit erarbeitet. Das BMAS reagiert mit diesen Empfehlungen auf den formulierten Auftrag im Koalitionsvertrag.
Die Empfehlungen sind abrufbar unter
2. Firmen-, Handels- und Gesellschaftsrecht
Unterscheidbare Firmen im Handelsregister
Grundsätzlich muss sich jede neue Firma von allen bereits im Handels- oder sonstigen Registern eingetragenen Unternehmensnamen innerhalb derselben politischen Gemeinde deutlich unterscheiden.
Das Kammergericht Berlin hat z.B. mit seinem Beschluss vom 17. Mai 2024 (Az.: 22 W 10/24) entschieden, dass zwei Unternehmen mit nahezu identischem Tätigkeitsbereich und nahezu identischen Sachbegriffen im Namen sich nicht mehr deutlich unterscheiden, wenn die drei vorangestellten Buchstaben nur in einem Vokal voneinander abweichen. Das Gericht hat daher die notwendige Unterscheidbarkeit der neugegründeten PEX- Logistik GmbH wegen der bereits eingetragenen Pax Logistics GmbH verneint.
Tipp: Zur Beurteilung, ob sich die Firmen ausreichend unterscheiden, kommt es immer auf den Gesamteindruck an. Ihre IHK hilft Ihnen gerne bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr Ihrer neuen Firma oder Ihrer Firmenänderung.
Kein Anspruch auf Löschung von Daten aus der Gesellschafterliste
Nachdem sich der BGH im Januar bereits mit den im Handelsregister eingetragenen Daten eines Geschäftsführers befasst hat, entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) München mit Beschluss vom 25. April 2024 (Az.: 34 Wx 90/24 e) über einen Löschungsanspruch des Gesellschafters. Ein Anspruch auf Löschung von in der Gesellschafterliste enthaltenen Daten besteht nicht.
Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass in der – im Handelsregister einsehbaren - Gesellschafterliste der Vor- und Zuname, das Geburtsdatum und der Wohnort der Gesellschafter enthalten sein müssen. Nicht vorgeschrieben ist die komplette Wohnanschrift, die im entschiedenen Fall in der Gesellschafterliste aufgenommen war.
Dennoch besteht kein Anspruch auf Löschung. Die Eintragungen im Handelsregister haben Transparenz- und Beweisfunktion, es greift der so genannte gute Glaube für die Handelsregisterdaten. Dokumente nachträglich zu verändern oder diese nachträglich der unbeschränkten Einsicht zu entziehen, bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Die gibt es jedoch nicht, auch nicht über die DSGVO. Das Registergericht ist nicht befugt, notarielle Urkunden zu verändern oder veränderte Abschriften hiervon herzustellen.
Allenfalls könnte der beurkundende Notar dem Registergericht eine fehlerfreie Liste bzw. eine neue reduzierte Liste einreichen, die nur die gesetzlich vorgeschriebenen Daten enthält und die den Formvorschriften des § 40 Abs. 2 HGB entspricht. Ein Anspruch auf Austausch wird seitens des OLGs allerdings nicht ausdrücklich bejaht.
Wichtig: Achten Sie bei der bei der Einreichung der Gesellschafterliste immer darauf, nur die gesetzlich verschriebenen Daten preiszugeben.
3. Steuerrecht
EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuer für Hotelumsätze
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das Angebot von Parkplätzen für Hotelgäste eine selbständige Hauptleistung zu der ermäßigt besteuerten Übernachtungsleistung darstellt und deshalb von der Steuerersatzmäßigung ausgenommen ist.
Gesetzliche Regelung:
Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, gilt ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG). Dies gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Sachverhalt:
Die Klägerin betrieb ein Hotel und Restaurant mit eigenem Parkplatz, der kostenfrei genutzt werden konnte. Während die Gäste das Frühstück gegen Aufpreis hinzubuchen konnten, erfolgte die Überlassung der Parkplätze an Hotelgäste ohne gesonderte Berechnung und konnte weder hinzu- noch abgebucht werden. Übernachtung, Frühstück und Parkplatz behandelte die Klägerin als einheitliche Leistung und berechnete hierauf den ermäßigten Steuersatz von 7 %. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Leistungen für Frühstück und Parkplatz seien mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuern. Hiergegen klagte die Klägerin vor dem Finanzgericht.
Das Sächsische FG wies die Klage ab. Es entschied, das Frühstück und die Parkplatzgestellungen seien keine Nebenleistungen zur Beherbergung, sondern selbständige Hauptleistungen. Aber selbst dann, wenn diese Leistungen unselbständige Nebenleistungen zu den ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistungen wären, habe das FA die Umsätze zu Recht aufgeteilt. Frühstück und Parkplatz gehörten zu den Leistungen, die im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht unmittelbar der Vermietung dienten und deshalb von der Steuerersatzmäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ausgenommen seien. Dagegen legte die Klägerin Revision beim Bundesfinanzhof ein. Dieser nahm an, dass es sich bei dem Frühstück um eine selbständige Hauptleistung handelt, während seine tatsächliche Würdigung, auch die Parkplatzgestellung sei eine selbständige Hauptleistung, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhält. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH muss nun entscheiden, ob es mit EU-Recht vereinbar ist, die Bereitstellung von Parkplatzen im Rahmen der Hotelübernachtung von dem in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG grundsätzliche vorgeschriebenen Aufteilungsgebot auszunehmen.
Der EuGH hatte in einem Urteil vom 18. Januar 2018, Az.: C-463/16, EU:C:2018:22 (Stadion Amsterdam) ausgeführt, dass eine einheitliche Leistung, die aus zwei separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann.
Diese Formulierung könnte auch dahin verstanden werden, dass bei einheitlichen Leistungen Steuersatzunterschiede jeglicher Art unionsrechtlich verboten sind. Bei dieser Sichtweise könnte § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtswidrig sein. Der Grundsatz, dass die unselbständige Nebenleistung stets das Schicksal der Hauptleistung zu teilen hat, könnte das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG verdrängen.
BFH, Beschluss vom 10. Januar 2024 – Az.: XI R 11/23 (XI R 34/20)
Vorinstanz: FG Sachsen vom 23. September 2020 – 2 K 352/20, DStRE 2021, 820
Vorinstanz: FG Sachsen vom 23. September 2020 – 2 K 352/20, DStRE 2021, 820
BMF: Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Mit Schreiben vom 12. Juli 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den an das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) vom 27. März 2024 angepassten Umsatzsteuer-Anwendungserlass veröffentlicht. Neu darin: Die Freigrenze für Geschenke wurde zum 1. Januar 2024 von 35 € auf 50 € angehoben.
BMF: Leistungsort bei der Ausgabe von einfachen Grundbuchauszügen und anderen Auszügen aus öffentlichen Registern
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich mit Schreiben vom 24. Juli 2024 zum Leistungsort bei der Ausgabe von einfachen Grundbuchauszügen und einfachen Auszügen aus anderen öffentlichen Registern geäußert.
Das gemeinsame Registerportal der Länder ermöglicht es jedem, das Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister sowie zum Teil das Vereinsregister bundesweit und in elektronischer Form zu Informationszwecken selbst einzusehen bzw. abzurufen. Zusätzlich besteht in jedem Land die Möglichkeit, bei berechtigtem Interesse (z. B. beim Grundstückskauf) Einsicht in das Grundbuch zu nehmen.
Neben der kostenfreien Einsichtnahme bzw. Abruf der Inhalte sowie der elektronisch verfügbaren Dokumente besteht auch die Möglichkeit, einen einfachen, kostenpflichtigen Grundbuch- bzw. Registerauszug zu beantragen.
Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich bei der Ausgabe von einfachen Grundbuchauszügen nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Dies gilt auch in Fällen, in denen die einfachen Grundbuchauszüge elektronisch übermittelt werden können.
Bei der Ausgabe einfacher Auszüge aus anderen öffentlichen Registern findet § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG mangels Grundstücksbezug keine Anwendung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich in diesen Fällen nach § 3a Abs. 1 u. 2 UStG.
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird entsprechend angepasst und die Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Mehr Gleichberechtigung bei der Steuerklasse
Wie das Bundesfinanzministerium am 24. Juli 2024 mitteilt, plant die Bundesregierung Änderungen bei den Steuerklassen III und V einzuführen. Für alle betroffenen Steuerpflichtigen soll ein Faktor berechnet werden, der eine zutreffende Verteilung der Lohnsteuerbelastung des jeweiligen Arbeitslohns der (Ehe-)Partner bereits beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber ermöglicht. Dadurch soll der höhere (und oftmals kritisierte) Lohnsteuerabzug in der Steuerklasse V – die überwiegend Frauen betrifft – vermieden und Anreize zur Arbeitsaufnahme gesetzt werden. Für die Umsetzung der Gesetzesänderung, insbesondere die notwendigen Programmierungsarbeiten in den Finanzverwaltungen, rechnet die Bundesregierung mit einem Zeitraum von fünf Jahren. Der Start des neuen Verfahrens ist aktuell zum 1. Januar 2030 geplant.
BFH zur Verfassungswidrigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften und Kapitaleinkünften
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Beschluss vom 7. Juni 2024 (Az.: VIII B 113/23) festgestellt, dass die Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften und Kapitaleinkünften verfassungswidrig sind. Die aktuellen Regelungen führten zu einer doppelten Ungleichbehandlung der Steuerzahler und seien mit dem Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Entscheidung erging im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nach summarischer Prüfung.
In dem Verfahren ging es um zusammenveranlagte Eheleute, die in ihrer Einkommensteuererklärung Kapitalerträge aus Termingeschäften in Höhe von 250.631 Euro und Verluste aus Termingeschäften in Höhe von 227.289 Euro erzielten. Das Finanzamt ermittelte die Kapitaleinkünfte und wendete dabei die betragsmäßige Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte an. Dies führte dazu, dass die Eheleute im Verlustentstehungsjahr Gewinne versteuern mussten, obwohl sie wirtschaftlich keine Gewinne erzielt hatten. Um die Verluste auszugleichen, müssten sie über mindestens zehn Jahre vorgetragen werden – soweit überhaupt Gewinne erzielt werden.
Nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG dürfen Verluste aus Termingeschäften nur bis zu einer Grenze von 20.000 Euro pro Jahr verrechnet werden. Zudem dürfen Verluste aus Kapitaleinkünften (z. B. aus Aktien) nur mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist also nicht erlaubt. Der BFH sieht darin eine Ungleichbehandlung und einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip, wonach Gewinne und Verluste steuerlich gleich zu behandeln sind (Paragraph 20 EStG).
4. Wettbewerbsrecht
Voreinstellung kostenpflichtiger Versandoptionen
Gemäß einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe darf die kostenpflichtige Option eines Expressversandes nicht bereits voreingestellt sein.
Beklagt war die Betreiberin eines Online-Shops, welche für die Zusendung von Bestellungen neben dem Standardversand auch einen Expressversand anbot, für den allerdings zusätzlich zu den üblichen Versandkosten ein Zuschlag von einem Euro erhoben wurde. Für den teureren Expressversand bestand im Warenkorb auch bereits eine voreingestellte Vorauswahl. Der Verbraucher musste die Option des Expressversandes mittels „Opt-out-Verfahren“ ausdrücklich abwählen.
Das Gericht sah hierin einen Verstoß gegen die Regelung des § 312a Abs. 3 BGB, welcher besagt, „dass eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann ein Unternehmer mit einem Verbraucher nur ausdrücklich treffen. Schließen der Unternehmer und der Verbraucher einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, wird eine solche Vereinbarung nur Vertragsbestandteil, wenn der Unternehmer die Vereinbarung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführt.“ Die Option des Expressversandes stelle eine sogenannte Zusatzleistung dar, welche für die Versendung der Bestellung nicht zwingend erforderlich sei, da die eigentliche Leistung auch mittels Standardversand erbracht werden könne. Daher bedürfe es hinsichtlich des Expressversandes einer ausdrücklichen Vereinbarung, welche nicht durch eine Voreinstellung bzw. ein „Opt-out-Verfahren“ herbeigeführt werden dürfe.
Oberlandesgericht Karlsruhe - Urteil vom 26. März 2026 – Az.: 14 U 134/23
Zulässigkeit von Kopplungsangeboten
Bei einem sogenannten Kopplungsangebot kann der Gesamtpreis zwar hervorgehoben werden, muss aber mit einem eindeutigen Sternchenhinweis versehen sein, der die tatsächliche Zusammensetzung des Preises transparent und in unmittelbarer Nähe erläutert.
Beklagt war ein Elektronikmarktbetreiber, welcher einen DVD-Player mit einem groß hervorgehobenen Gesamtpreis von 69,98 Euro bewarb. Erst in erheblich kleinerer Schrift fand sich darunter der Hinweis, dass es sich dabei um den „Gesamtpreis inkl. PlusGarantie“ handelt. Auf die freiwillige Produktversicherung in Form der PlusGarantie entfielen 16,99 Euro des Gesamtpreises von 69,98 Euro. Der DVD-Player selbst kostete ohne die Garantie nur 52,99 Euro.
Nach Ansicht des Landgerichtes Kiel sind Kopplungsangebote zwar grundsätzlich zulässig, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die tatsächliche Zusammensetzung des Gesamtpreises transparent und ohne weiteres für den Verbraucher zu erkennen ist. Auch bestehe bei intransparenten Kopplungsangeboten das Risiko der Irreführung, da der Verbraucher aufgrund des höheren Preises von einem höherwertigen Gerät ausgehen könnte. Auch eine Aufklärung des Verbrauchers an der Kasse sei nicht mehr ausreichend, da an diesem Punkt die Kaufentscheidung oft bereits gefallen sei.
Nach Ansicht des Landgerichtes Kiel sind Kopplungsangebote zwar grundsätzlich zulässig, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die tatsächliche Zusammensetzung des Gesamtpreises transparent und ohne weiteres für den Verbraucher zu erkennen ist. Auch bestehe bei intransparenten Kopplungsangeboten das Risiko der Irreführung, da der Verbraucher aufgrund des höheren Preises von einem höherwertigen Gerät ausgehen könnte. Auch eine Aufklärung des Verbrauchers an der Kasse sei nicht mehr ausreichend, da an diesem Punkt die Kaufentscheidung oft bereits gefallen sei.
Landgericht (LG) Kiel - Urteil vom 25. Januar 2024 - Az.: 6 O 86/23
5. Internetrecht
Landgericht (LG) Hamburg: Online-Shop muss bei auch verpackten Lebensmitteln über Zutaten informieren
Das Gericht sieht keine Ausnahme beim E-Commerce-Handel mit Lebensmitteln. Der Händler muss umfassend nach der europäische Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) über die darin enthaltenen Zutaten auf der Webseite informieren Im vorliegenden Fall bot der Web-Shop u.a. abgepackten japanische Reiskuchen zum Kauf an. Eine ausführliche Zutatenliste und auch die Nährwertangaben fehlte auf der Webseite.
LG Hamburg, Urteil vom 19. April 2024 - Az.: 416 HK O 26/23
Landgericht (LG) München I: Online-Teaser mit Affiliate-Links müssen als Werbung gekennzeichnet werden
Online-Teaser, die Links zu Partnerunternehmen („Affiliates“) für Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt enthalten, sind als Werbung anzusehen und müssen entsprechend gekennzeichnet werden. Erfolgt keine ausreichende Information über den Werbecharakter der Empfehlung, liegt hierin ein Wettbewerbsverstoß nach UWG. Die Beklagten betrieben eine Webseite mit redaktionellem Inhalt. Es gab dort auch Online-Teaser zu den Angeboten von Drittseiten. In eine dieser Vorschauen hieß es: "Hier gibt‘s was auf die Ohren: Beststeller-Hörbücher bei (...)". Das Gericht stellte klar, dass sich sog. Affiliate-Links äußerlich nicht von normalen Links unterscheiden, daher eine Klarstellung über den Charakter der Weiterleitung, hier Werbung, zwingend notwendig ist.
LG München I, Urteil vom 9. Juli 2024 - Az.: 1 HK O 12576/23
6. Zivilrecht, Gewerberecht, Gewerbliche Schutzrechte, Sonstiges
Sinnlose Bestellungen als sittenwidrige Schädigung eines Versandhändlers anerkannt
Sinnlose Bestellungen bei einem Versandhändler mit Belastungen durch anschließende Retourenvorgänge sowie nachteilige Bewertungen eines Mitbewerbers können als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB angesehen werden (Oberlandesgericht Hamm (OLG), Urteil vom 16. April 2024 – Az.: 4 U 151/22).
Im konkreten Fall vertreiben die Parteien Matratzen im Versandhandel. Mitarbeiter des Beklagten hatten über einen Zeitraum von wenigen Monaten mehr als 10 Artikel bestellt und mit negativen Bewertungen retourniert. Für dieses Verhalten sei kein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Beklagten zu erkennen, sondern es sei als Schadenzufügung im Sinne des Deliktsrechts anzusehen. Neben wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten das Verhalten zu unterbinden, bestehe demnach auch ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch.
7. Veranstaltungshinweise
Update Arbeitsrecht 2024
In diesem Seminar werden die Teilnehmer über die neuesten Entwicklungen im Arbeitsrecht informiert. Es werden die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sowie verschiedener Landesarbeitsgerichte (LAGs) vorgestellt und diskutiert. Das Seminar richtet sich an Fach- und Führungskräfte sowie Personalverantwortliche, die ihr Wissen im Arbeitsrecht auf den neuesten Stand bringen möchten. Durch praxisnahe Fallbeispiele und Diskussionen werden die Teilnehmer in die Lage versetzt, mit den aktuellsten rechtlichen Entwicklungen im Arbeitsrecht umzugehen.
Das Seminar findet am 3. September 2024 von 14:00 Uhr bis ca. 17:00 Uhr in den Seminarräumen der IHK Gießen-Friedberg, Flutgraben 5, 35390 Gießen, 5. Stock, statt. Es referiert Frau Rechtsanwältin Julia-Christina Sator. Das Teilnahmeentgelt beträgt 120,00 EUR. Anmeldungen unter: IHK Gießen-Friedberg, Recht und Steuern, Christiane Bölitz-Reitz, Tel: 0641 7954-4025, Email: veranstaltungen-recht@giessen-friedberg.ihk.de
WEG-Recht
In diesem Seminar beschäftigen Sie sich mit der aktuellen Rechtsprechung zum WEG sowie den gesetzlichen Neuerungen.
Angesichts der rasanten Entwicklung des WEG-Rechts und einer Reihe grundlegender Entscheidungen des BGH und der Berufungsgerichte, besteht ein erheblicher Diskussionsbedarf. Darüber hinaus gibt es erhebliche Auswirkungen durch das Gebäudeenergiegesetz auf die WEG. Auch diese Auswirkungen sollen in dem Seminar näher beleuchtet werden.
Die Schwerpunkte des Seminars liegen auf folgenden Themen:
- Gebäudeenergiegesetz und seine Auswirkungen auf die WEG
- Fragen zu baulichen Veränderungen im Zusammenhang mit E-Mobilität, Kosten und Balkonkraftwerken
- Neue Entwicklungen zur WEG-Versammlung
- Betrachtung von WEG ohne Verwalter
- Jahresabrechnung/Wirtschaftsplans
Die Veranstaltung richtet sich insbesondere an WEG-Verwalter, die bereits über fundierte Kenntnisse im Wohnungseigentumsrecht verfügen. Es bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, sich umfassend über die aktuellen Entwicklungen im WEG-Recht zu informieren und deren praktische Auswirkungen im Verwalteralltag zu diskutieren. Als Referent steht uns Herr Rechtsanwalt Michael Bender zur Verfügung. Herr Bender ist spezialisiert auf das Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und seit 2006 Mitglied des Deutschen Mietgerichtstags e.V.
Das Seminar findet am 4. September 2024 von 14:00 Uhr bis ca. 17:00 Uhr in den Seminarräumen der IHK Gießen-Friedberg, Flutgraben 5, 35390 Gießen, 5. Stock, statt. Es referiert Herr Rechtsanwalt Michael Bender. Das Teilnahmeentgelt beträgt 120,00 EUR. Anmeldungen unter: IHK Gießen-Friedberg, Recht und Steuern, Christiane Bölitz-Reitz, Tel: 0641 7954-4025, Email: veranstaltungen-recht@giessen-friedberg.ihk.de
Die Durchführung von Bewerbungsprozessen unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
Das Seminar 'Die Durchführung von Bewerbungsprozessen unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)' bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihr rechtliches Wissen im Hinblick auf das AGG im Kontext der Einstellung von Personal zu vertiefen. Es richtet sich an Personalverantwortliche, Recruiter und alle, die in die Planung und Umsetzung von Bewerbungsprozessen involviert sind. In diesem Seminar werden Sie auf praxisnahe Weise mit den arbeitgeberseitigen Organisationspflichten, den Konsequenzen von Diskriminierung und den Besonderheiten bei der Einstellung von schwerbehinderten Bewerbern vertraut gemacht. Darüber hinaus erlernen Sie den Ablauf eines AGG-konformen Bewerbungsprozesses, um sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und diskriminierungsfrei agiert.
Das Seminar findet am 11. September 2024 von 14:00 Uhr bis ca. 17:00 Uhr in den Seminarräumen der IHK Gießen-Friedberg, Flutgraben 5, 35390 Gießen, 5. Stock, statt. Es referiert Herr Rechtsanwalt Dr. Heiko Reiter. Das Teilnahmeentgelt beträgt 120,00 EUR. Anmeldungen unter: IHK Gießen-Friedberg, Recht und Steuern, Christiane Bölitz-Reitz, Tel: 0641 7954-4025, Email: veranstaltungen-recht@giessen-friedberg.ihk.de
„Wir richten uns nach Ihren Wünschen“
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IHK-Info Steuern | Finanzen | Mittelstand – News und Fakten
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Stand: 28.08.2024