Going International 2024

Die bundesweite Umfrage „Going International 2024“ des DIHK ist mit Unterstützung von 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland erstellt worden. An der Befragung vom 29. Januar bis zum 11. Februar 2024 haben sich 144 auslandsaktive Unternehmen mit Sitz in Hessen beteiligt.

Wesentliche Ergebnisse

  1. Positive Entwicklungen erwarten Hessens Unternehmen nur noch in den Vereinigten Staaten und in Kanada. Bezüglich des europäischen Binnenmarktes liegen die vor einem Jahr noch leicht positiven Perspektivensaldi Anfang 2024 tief im negativen Bereich, was eine starke Trendwende darstellt.
  2. Gute Ergebnisse erzielten die befragten Unternehmen im Schnitt nur noch in den USA, in geringerem Maß auch auf dem europäischen Binnenmarkt und im asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraum.
  3. Nachdem die Wahrnehmung von Handelshemmnissen in der vergangenen Umfrage etwas zurückgegangen war, ist 2024 wieder ein Anstieg festzustellen. Am häufigsten werden in diesem Zusammenhang Sanktionen, Zertifizierungs- und Sicherheitsanforderungen sowie Intransparenz bezüglich Gesetzgebung und Regulierung genannt.
  4. Insbesondere zu China befragt, tendiert mit fast zwei Dritteln die Mehrheit der dort engagierten Unternehmen aus Hessen zur Konsolidierung des bisherigen Geschäfts. Ein Fünftel plant einen Rückzug bzw. reduzierte Aktivitäten in China, 17 Prozent wollen hingegen ihr Engagement intensivieren. In diesem Zusammenhang bezeichnet nur 1 befragtes hessisches Unternehmen die China-Strategie der Bundesregierung als hilfreich, ein Zehntel als hinderlich, knapp die Hälfte als bedeutungslos für das eigene Geschäft und 40 Prozent möchten oder können sich nicht zu dieser äußern.
  5. Die Mehrheit der in China tätigen Mitgliedsunternehmen aus Hessen betrachtet das Land vor allem anderen als einen wichtigen Absatzmarkt. Aus diesem Grund werden als die beiden bedeutendsten Herausforderungen die schwache Auftragslage und die wirtschaftlichen Spätfolgen der Corona-Pandemie in China genannt. Weiterhin viel Sorge bereiten der hessischen Außenwirtschaft ungleiche Wettbewerbsbedingungen und der Schutz geistigen Eigentums.

Rückblick: Letztjährige Geschäftserwartungen in den einzelnen Weltregionen haben sich weitestgehend erfüllt

Im vergangenen Jahr waren die hessischen Unternehmen mit großem Abstand am erfolgreichsten in den Vereinigten Staaten unterwegs. Bescheidener – aber immer noch positiv – fällt die Bilanz im europäischen Binnenmarkt (einschließlich der Schweiz und Norwegens) sowie im asiatisch-pazifischen Raum aus. Auf dem chinesischen Markt verlief es unter dem Strich eher negativ, womit sich in diesem Jahr die Sonderumfrage zu China befassen wird (s. u.). Nicht befriedigend bis sehr schlecht waren auch die Ergebnisse in den meisten aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländern von Südosteuropa bis Subsahara-Afrika. Im europäischen Kontext betrifft das auch das Vereinigte Königreich. Bis auf Kanada, wo der Saldo entgegen der positiven Erwartung von Anfang des vergangenen Jahres leicht negativ ausfällt, haben sich die erwarteten Geschäftsperspektiven somit materialisiert.

Vorausschau: Einzige Hoffnung Nordamerika

Erwartete die hessische Außenwirtschaft Anfang 2023 noch Wachstumsimpulse aus dem EU-Binnenmarkt, so erkennt sie ein Jahr später allein auf dem nordamerikanischen Kontinent noch Perspektiven für die eigene Expansion. Die Eurozone sowie die übrigen EU-Mitglieder, die Schweiz und Norwegen hingegen sind in diesem Zeitraum um -27, respektive -24 Prozentpunkte abgestürzt. Mit Blick auf die USA verbesserte sich die Geschäftsperspektive aus Sicht der hessischen Unternehmen sogar um einen Punkt auf 21 Prozentpunkte. Deutlich verschlechtert haben sich jeweils die wahrgenommenen Chancen in der Türkei um acht auf mittlerweile -26 Punkte, in China um neun auf -22 Punkte, in Süd- und Mittelamerika um vierzehn auf -20 sowie im Nahen Osten um dreizehn auf -21 Prozentpunkte. Obwohl der russische Saldo um eindrucksvolle 32 Prozentpunkte von -74 auf nunmehr -42 gestiegen ist, bleibt das stark sanktionierte Land Schlusslicht bei den Geschäftsperspektiven. Die vorletzten Plätze belegen unverändert Subsahara- und Nordafrika.

Barrieren für das internationale Geschäft

Nachdem im letzten Jahr die allgemeine Wahrnehmung der Handelshemmnisse rückläufig war, steigt sie in diesem Jahr auf einen Höchstwert von 65 Prozent. Die Top 5 Geschäftshindernisse weltweit bleiben unverändert Sanktionen, Zertifizierungsanforderungen, Sicherheitsanforderungen, intransparente Gesetzgebung und höhere Zölle. Sanktionen betreffen aus Sicht der hessischen Wirtschaft wenig überraschend vor allem das Russlandgeschäft, weitaus weniger hingegen China und die Türkei. Anforderungen an die Zertifizierung von Waren und Dienstleistungen werden den hessischen Unternehmen am häufigsten in der Eurozone, dem Vereinigten Königreich sowie im asiatisch-pazifischen Raum (ohne China) gestellt. Mit höheren Zöllen war die Exportwirtschaft in den USA, in China und im Vereinigten Königreich konfrontiert. Zusammenfassend setzt sich mit Blick auf Häufung, Art und regionales Auftreten der Handelshemmnisse auch 2024 der aus den letzten Jahren bekannte Trend fort.
Zusätzlich zu den Handelshemmnissen nennen die hessischen Unternehmen vor allem zwei weitere Hindernisse in ihren internationalen Geschäften: Erstens sind das für 52 Prozent der Umfrageteilnehmer „bürokratische Hürden oder Unsicherheit bei der Umsetzung von Regulierungen“, und zweitens klagen knapp 42 Prozent über „Hürden bei der Abwicklung des Auslandsgeschäfts durch Ausfuhrbehörden (z. B. BAFA-Genehmigungen, Exportkontrollen, Zoll).“ Die bürokratischen Hürden bestehen aus Sicht der Mitgliedsunternehmen vor allem in umfangreichen Berichtspflichten (71 Prozent) sowie der Einhaltung des LkSG (64 Prozent). Nur genau ein Drittel nennt in diesem Zusammenhang die Umsetzung des CO²-Grenzausgleichsmechanismus der EU.

Schwerpunkt China

Nach den Sonderumfragen zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und zu den Russlandsanktionen befragen die IHKs in diesem Jahr ihre Mitgliedsunternehmen insbesondere zu deren Chinageschäft. Demnach plant ein Fünftel der hessischen Befragten mit Chinageschäft, dieses innerhalb der nächsten 12 Monate herunterzufahren, 17 Prozent wollen es hingegen weiter ausbauen. Die Mehrheit von fast zwei Dritteln setzt in diesen Zeiten auf Konsolidierung des bisherigen Engagements. Befragt nach dem Nutzen der Chinastrategie der Bundesregierung für das eigene Geschäft, gibt mit 48 Prozent fast die Hälfte der in China engagierten hessischen Teilnehmer an, dass diese für sie kaum Bedeutung habe. Nur ein Unternehmen bezeichnet die Strategie als hilfreich, ein Zehntel der Befragten hingegen als hinderlich und 40 Prozent möchten sich nicht dazu äußern.
Die schwache Auftragslage wird mit 40 Prozent am häufigsten als momentane Herausforderung im Chinageschäft genannt. Mehr als 30 Prozent der in China tätigen hessischen Unternehmen kämpfen noch mit den wirtschaftlichen Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Weiterhin Sorgen bereiten vielen Firmen zwei Problematiken, über die auch häufig in der Wirtschaftspresse zu lesen ist – die ungleichen Wettbewerbsbedingungen sowie der Schutz geistigen Eigentums auf dem chinesischen Markt. Hingegen erkennen weniger als fünf Prozent der dort aktiven hessischen Unternehmen in den steigenden Anforderungen an die Nachhaltigkeit des eigenen Wirtschaftens eine nennenswerte Herausforderung.
Ein Drittel der befragten hessischen Firmen mit Engagement in China will sein Risikomanagement an geopolitische Risiken anpassen, jeweils ein Viertel will sich mit alternativen Absatz- bzw. Beschaffungsmärkten befassen. Etwas mehr als 30 Prozent äußert allerdings auch, dass das eigene Chinageschäft betreffend keine Anpassungen geplant sind.
Fast die Hälfte der befragten und in China wirtschaftenden hessischen Unternehmen betrachtet das Land vorwiegend als Absatzmarkt für die eigenen Produkte und Leistungen. Für ein knappes Drittel ist der chinesische Markt auch eine Quelle für Rohstoffe, Vorprodukte und Importware. Interessanterweise spielen Zukunftsthemen wie Forschung und Entwicklung, Umwelttechnologien, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft oder künstliche Intelligenz momentan bei Engagements in China nur für jeweils weniger als zehn Prozent eine Rolle.

Stand: 22.03.2024