Hilfs- und Nebenarbeiten
Ihre Frage:
Inwieweit dürfen Auszubildende in die normalen betrieblichen Arbeitsprozesse eingegliedert und hierbei auch mit so genannten Hilfs- und Nebentätigkeiten betraut werden?
Unsere Antwort:
Auszubildenden dürfen nur Verrichtungen übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind (§ 14 Abs. 2 BBiG).
Zweck und Ziel der Ausbildung ist es, auf der Grundlage bestimmter inhaltlicher Vorgaben (Ausbildungsordnungen für bestimmte Berufe) eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Die Ausbildung hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen (vgl. § 1 Abs. 3 BBiG). Um all dies erreichen zu können, ist eine weitgehende Eingliederung der Auszubildenden in die betrieblichen Aufgabenstellungen und Arbeitsgänge zweckmäßig und wünschenswert.
Im Rahmen dieser Arbeitsprozesse fallen immer wieder Tätigkeiten an, die außerhalb einer qualifizierten Tätigkeit liegen und infolgedessen auch nicht Gegenstand der o. g. Ausbildungsvorgaben sind. Es handelt sich hierbei einerseits um Hilfsdienste wie z. B. das Ausfegen von Räumen, Abstauben von Regalen oder das Streuen von Salz auf einen glatten Gehsteig vor dem Geschäft, andererseits um mitmenschliche Dienste wie beispielsweise das Frühstückholen für andere Mitarbeiter.
Auch solche Verrichtungen können - unter bestimmten Voraussetzungen - dem Ausbildungszweck dienen, denn mit dem fachlichen Ausbildungspensum sind die der Ausbildung dienlichen Verrichtungen noch nicht abschließend beschrieben. Der Ausbildungsbetrieb hat darüber hinaus dafür zu sorgen, dass der Auszubildende auch charakterlich gefördert wird (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG).
Charakterliche Förderung bedeutet in diesem Zusammenhang, beim Auszubildenden Arbeitstugenden zu entwickeln, die ihn später befähigen, sich in der Wirklichkeit des Arbeitslebens zurechtzufinden und sich mit seiner erworbenen fachlichen Qualifikation in eine mehr oder minder große Arbeitsgruppe einzugliedern. Neben manchem anderen ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass der Auszubildende lernt, ein kooperativer und kollegialer Mitarbeiter zu werden.
Fallen deshalb in einer Arbeitsgruppe, der der Auszubildende zugeordnet ist, mitmenschliche Dienste oder Hilfsdienste der o. g. Art an, die von dieser Gruppe selbst bewältigt werden müssen, dürfen auch Auszubildende zu solchen Verrichtungen herangezogen werden, wenn folgende Voraussetzungen beachtet werden:
- Die Verrichtungen dürfen die körperlichen Kräfte des Auszubildenden nicht überfordern.
- Der vorrangige Ausbildungszweck einer möglichst erfolgreichen Kenntnis- und Fertigkeitsvermittlung nach der Ausbildungsordnung darf nicht gefährdet werden. Die Inanspruchnahme mit Hilfsdiensten und mitmenschlichen Diensten wird sich also in einem zeitlich eng begrenzten Rahmen halten müssen.
- Eine den Charakter fördernde Wirkung können die beschriebenen Inanspruchnahmen für kollegiale und andere Hilfsdienste nur haben, wenn die Kollegen, die sie fordern oder erwarten mit gutem Beispiel vorangehen, dem Auszubildenden also die Arbeitstugenden der Kollegialität, Kooperations- und Hilfsbereitschaft tätig vorleben. Wer es also beispielsweise unmöglich findet, vor den Augen eines Auszubildenden einen Besen in die Hand zu nehmen, um auszukehren oder neben anderen Kollegen auch dem Auszubildenden eine Tüte Milch zum Frühstück mitzubringen, der hat kein Recht dergleichen vom Auszubildenden zu fordern.
Stand: 13.01.2023