Ausbildung in Teilzeit

Wer kann eine Ausbildung in Teilzeit absolvieren?

Die Berufsausbildung in Teilzeit bietet gerade alleinerziehenden jungen Müttern oder Vätern die Möglichkeit, eine bereits begonnene Ausbildung abzuschließen oder eine Ausbildung trotz Kinderbetreuung zu beginnen. Seit 2020 haben auch alle anderen Auszubildenden die Möglichkeit ihre Ausbildung oder Teile ihrer Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Ein besonderer Grund muss nicht nachgewiesen werden. Damit öffnet sich die Ausbildung in Teilzeit für einen großen Personenkreis und kann sehr flexibel gehandhabt werden.
Ein Anspruch auf Ausbildung in Teilzeit besteht jedoch nicht.
Das Einverständnis des Ausbildungsbetriebes vorausgesetzt, kann die Ausbildung teilweise oder komplett mit verringerter Stundenzahl durchgeführt werden.

Ausbildungsdauer

Die Auszubildenden müssen sich mit dem Ausbildungsbetrieb auf eine reduzierte wöchentliche Ausbildungszeit einigen und diese entweder im Ausbildungsvertrag oder durch eine Zusatzvereinbarung festlegen. Die Ausbildung kann um bis zu 50 Prozent verkürzt werden.
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum 1,5-fachen der Regelausbildungszeit. Bei einer zweijährigen Ausbildung dauert die Teilzeitausbildung dann höchstens 3 Jahre, bei einer dreijährigen Ausbildung maximal 4,5 Jahre und bei einer dreieinhalbjährigen maximal 5,25 Jahre.
Eine Teilzeitberufsausbildung kann mit einem Antrag auf Verkürzung verbunden werden, bspw. bei einem entsprechenden Schulabschluss oder bei vorliegenden Ausbildungserfahrungen und wenn zu erwarten ist, dass der Grund für die Durchführung der Teilzeitausbildung, wie z.B. die Betreuung eigener Kinder, erwarten lässt, dass die Ausbildung zielstrebig und erfolgsorientiert verläuft. Dann wird erst die Regelausbildungszeit abzüglich der Verkürzung berechnet und darauf die Formel für die Berechnung der Teilzeitverlängerung angewandt.
Bei der Teilzeitausbildung unterscheiden wir das Komplettmodell und das Zeitraummodell. Beim Komplettmodell wird die Ausbildungszeit vom Anfang bis zum Ende verkürzt durchgeführt. Die Teilzeitausbildung sollte in dem Fall schon im Ausbildungsvertrag vereinbart werden.
Beim Zeitraummodell kann die Teilzeit auch während der Ausbildung und nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart und beantragt werden. Auch hier verlängert sich die Ausbildungszeit entsprechend.
Beispielrechnungen:
Komplettmodell
Die wöchentliche Ausbildungszeit einer 36-monatigen Vollzeit-Berufsausbildung soll vom Anfang bis zum Ende der Ausbildungszeit von 40 auf 30 Stunden reduziert werden. Der Berechnungsfaktor für die Verlängerung ergibt sich aus 30h/40h = 0,75.
Die Vertragslaufzeit dieser Teilzeitausbildung verlängert sich von 36 auf 48 Monate. (Berechnung: 36 Monate VZ / 0,75 = 48 Monate Teilzeit).
 
Die maximale Ausbildungszeit von 54 Monaten (1,5 x 36 Monate) wird dabei nicht überschritten.
 
Komplettmodell mit Verkürzung der Ausbildungszeit
Ausbildungsbetrieb und Azubi einigen sich im Vorfeld auf eine Verkürzung der Regelausbildungszeit wegen z.B. Fachhochschulreife. 36 Monate - 12 Monate = 24 Monate Vollzeit-Ausbildung.
 
Die wöchentliche Ausbildungszeit soll während der gesamten Ausbildungszeit auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden. Berechnungsfaktor 30h/40h = 0,75.
Die Vertragslaufzeit dieser Teilzeitausbildung verlängert sich von 24 auf 32 Monate.
(Berechnung: 24 Monate VZ / 0,75 = 32 Monate Teilzeit).
Die wöchentliche Ausbildungszeit einer ursprünglich auf 36 Monate vereinbarten Vollzeit-Ausbildung mit 40 Stunden pro Woche soll erst ab dem 2. Ausbildungsjahr (Restlaufzeit 24 Monate VZ) auf 30 Stunden pro Woche reduziert und dann beibehalten werden. Berechnungsfaktor 30h/40h =0,75.
Berechnung zur Verlängerung der Teilzeitausbildungszeit:
24 Monate Restlaufzeit VZ / 0,75 = 32 Monate Teilzeit = Verlängerung um 8 Monate.
Gesamte Ausbildungszeit:
   12 Monate bereits absolvierte VZ-Ausbildung
+ 32 Monate Teilzeitausbildung
= 44 Monate gesamte Ausbildungszeit.

Berufsschule

Die Berufsschule ist auch in der Teilzeitausbildung der duale Partner des Ausbildungsbetriebes. Der Berufsschulunterricht in der Teilzeitausbildung findet im Regelfall in regulären Fachklassen im Block bzw. an Einzeltagen statt.
Die Ausbildungszeiten in der Berufsschule können in der Regel nicht verkürzt werden. Hier sollte daher frühzeitig Kontakt mit der jeweiligen Berufsschule aufgenommen werden. Die Berufsschulzeiten werden nach den Regeln des BBiG auf die Arbeitszeit angerechnet.

Urlaubsanspruch

Wenn Teilzeitauszubildende an genauso vielen Arbeitstagen wie Vollzeitbeschäftigte arbeiten, haben sie den gleichen Urlaubsanspruch wie diese. Findet die Teilzeitausbildung an weniger betrieblichen Arbeitstagen statt, reduziert sich der Urlaubsanspruch dementsprechend.
Beispiel:
Bei einer Fünf-Tage-Woche mit 25 Stunden gibt es 25 Urlaubstage. Bei vier Arbeitstagen à 5 Stunden gilt entsprechend: 25 : 5 x 4 = 20 Urlaubstage.

Ausbildungsvergütung

Auch Teilzeit-Auszubildende erhalten eine Vergütung von ihrer Ausbildungsstätte. Die Höhe der Ausbildungsvergütung kann sich ‎entsprechend der prozentualen Verkürzung der ‎täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit (§18 ‎Abs. 3 Satz 2 BBiG) verringern.‎
Die Vergütung muss außerhalb einer Tarifbindung auch bei einer Teilzeitberufsausbildung mindestens jährlich bis zum jeweiligen Anteil der nach §17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) gesetzlich bestimmten Höhe der Mindestvergütung für das nächste Ausbildungsjahr ansteigen. Für den Verlängerungszeitraum, der über die in der Ausbildungsordnung vorgesehenen Ausbildungsjahre hinausgeht, muss die Vergütung nicht weiter ansteigen. Eine höhere Vergütung ist jedoch jederzeit möglich.
Über mögliche ergänzende Leistungen informiert die zuständige Agentur für Arbeit. Auch Kindergeld und Wohngeld können in Frage kommen. Zu Möglichkeiten der Kinderbetreuung berät das Jugendamt.

Vorteile für ausbildenden Unternehmen

Den Betrieben bietet das Modell der Teilzeitausbildung die Möglichkeit, bereits investierte Ausbildungszeit sinnvoll zu Ende zu führen und die Auszubildenden nach gemeinsamer Absprache zeitlich passgenau zu den jeweiligen Betriebsstrukturen einzusetzen. Ferner fällt die monatliche finanzielle Belastung aufgrund der reduzierten Ausbildungsvergütung geringer aus.
Weitere Vorteile:
  • Besonders hohe Motivation der Auszubildenden
  • Organisationserfahrung durch das Familienmanagement bei den Auszubildenden
  • Stärkere Betriebsbindung
  • Fachkräfte werden für den eigenen Bedarf ausgebildet
  • Positive Außenwirkung durch die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung (familienfreundlicher Betrieb)
  • Erschließen neuer Bewerberzielgruppen
  • Mögliche Bezuschussung der Ausbildung über die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter
Stand: 13.02.2024