Freiwilliges Weihnachtsgeld doch Pflicht?

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil erklärt, wann die freiwillige Zahlung von Weihnachtsgeld doch nicht so freiwillig ist und eine jährliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers begründet.
Im konkreten Fall zahlte der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zusätzlich mit dem Novembergehalt ein jährliches Weihnachtsgeld, zuletzt 2017. In der Abrechnung wurde diese Gratifikation als „freiw. Weihnachtsgeld“ bezeichnet. Der langjährige Mitarbeiter erkrankte ab Dezember 2017 dauerhaft und erhielt daher für die Jahre 2018 bis 2020 kein Weihnachtsgeld. Dies begründete der Arbeitgeber damit, dass es sich um eine jährlich freiwillige Zahlung handele, die von Arbeitsleistung, Zuverlässigkeit und Fehlzeiten eines Mitarbeiters abhänge. Der Mitarbeiter argumentierte hingegen, die Zahlung sei jährlich „ohne Wenn und Aber“ gezahlt und damit nicht erkennbar an Bedingungen geknüpft worden.
Die Erfurter Richter sprachen dem Mitarbeiter das begehrte Weihnachtsgeld für die Kalenderjahre 2018 bis 2020 aus betrieblicher Übung zu. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen der Mitarbeiter schließen könne, ihm solle die Leistung auf Dauer eingeräumt werden. Für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen, wie z.B. Weihnachtsgeld, gelte regelmäßig, dass nach zumindest dreimaliger vorbehaltloser Gewährung der Anspruch zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat. Der Hinweis auf eine freiwillige Zahlung reiche jedoch nicht aus. Dadurch werde - jedenfalls unmissverständlich - nur zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet ist. Ein solcher Hinweis genüge für sich genommen also nicht, um einen zukünftigen Anspruch auf das Weihnachtsgeld auszuschließen, so das Gericht.

Stand: 11. Mai 2023