Energiesparverordnung - Was Betriebe wissen müssen

Das Bundeskabinett hat zwei Energieeinsparverordnung beschlossen, die einmal kurzfristige und einmal mittelfristige Vorschriften für Unternehmen zum Energiesparen vorgibt.

Kurzfristig wirksame Maßnahmen

Die "Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen" (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV) gilt ab dem 1. September 2022 für sechs Monate.

Die wichtigsten Vorschriften im Überblick:

Der Einzelhandel muss Ladentüren und Eingangssysteme, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, geschlossen halten. Ausnahmen gelten, wenn das Offenhalten für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist.
Werbeanlagen dürfen in der Zeit zwischen 22 und 16 Uhr nicht beleuchtet werden. Ausnahmen gelten aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren, wenn dies kurzfristig nicht durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Die Verordnung nennt als Beispiele Anlagen "an Fahrgastunterständen oder Wartehallen, Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind" sowie Beleuchtung an Tankstellen und von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen.
In öffentlichen Nichtwohngebäuden gelten eine Reihe von Vorschriften. Öffentliche Gebäude sind definiert als "im Eigentum oder in der Nutzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts". Dazu gehört auch ein Unternehmen, das "öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringt und unter der finanziellen oder politischen Kontrolle von einer Gebietskörperschaft steht." Zu den wichtigsten Vorschriften gehören: 
  • Gemeinschaftsflächen, die nicht dem Aufenthalt von Personen dienen, dürfen nicht beheizt werden. Ausnahmen gelten für sensible Einrichtungen (beispielsweise Schulen, medizinische oder Pflegeeinrichtungen). Auch aus technischen Gründen kann ein Abweichen zulässig sein.
  • In Arbeitsräumen darf die Lufttemperatur zudem – je nach Art und Schwere der Arbeit – Temperaturen von 12 bis 19 Grad nicht übersteigen. Das ist durchschnittlich 1 Grad weniger als die Mindesttemperatur, die in der Arbeitsschutzrichtline für Raumtemperaturen vorgesehen ist.
  • Dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen (Durchlauferhitzer oder Boiler) müssen ausgeschaltet werden, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist. Bei zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen muss die Temperatur auf das Maß reduziert werden, "das nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich ist, um ein Gesundheitsrisiko durch Legionellen im Wasser zu vermeiden." Nach der Empfehlung des Umweltbundesamtes liegt diese Temperatur bei Anlagen mit mehr als 400 Litern zwischen 55 bis 60 Grad. Ausnahmen gelten für Anlagen, bei denen der "Betrieb von Duschen zu den gewöhnlichen betrieblichen Abläufen gehört.
In Arbeitsräumen in Arbeitsstätten (außerhalb der öffentlichen Nichtwohngebäude) gelten die oben genannten Maximaltemperaturen als Mindesttemperaturen. Unternehmen können also von den Vorgaben der Arbeitsschutzrichtlinie im Durchschnitt um 1 Grad nach unten abweichen, müssen dies jedoch nicht. An Büroarbeitsplätzen sind also auch 19 statt wie bisher 20 Grad zulässig.
Für Gas- und Wärmelieferanten gelten eine Reihe von Informationspflichten, wenn sie Eigentümer von Wohngebäuden oder Nutzer von Wohneinheiten leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefern. Sie müssen ihren Kunden unter anderem den Energieverbrauch und die Energiekosten der vorangegangenen und künftigen Abrechnungsperiode mitteilen, aber auch das rechnerische Einsparpotenzial des Gebäudes bei Absenkung der Durchschnittstemperatur um 1 Grad.
  • Eigentümer von Wohngebäuden mit weniger als zehn Wohneinheiten haben diese Informationen der Lieferanten unverzüglich an die Nutzer weiterzuleiten. 
  • Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen den Nutzern diese Informationen bis zum 31. Oktober 2022 mitteilen, ergänzt um spezifische Angaben zu der jeweiligen Wohneinheit.
Erhalten sie vom Energielieferanten nur allgemeine Informationen, etwa für das Gesamtgebäude, müssen sie auf Grundlage typischer Verbräuche bis zum 31. Januar 2023 eine individualisierte Mitteilung erstellen. Sie sind zudem verpflichtet, Kontaktinformationen und eine Internetadresse einer Verbraucherorganisation, einer Energieagentur oder sonstigen Einrichtung mitzuteilen beziehungsweise auf die Kampagne "80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel" (www.energiewechsel.de) mit entsprechenden Tipps hinzuweisen.

Langfristig wirksame Maßnahmen

Die Verordnung "zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen" (Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSimiMaV) gilt seit dem 1. Oktober 2022 für zwei Jahre. Sie umfasst folgende Regelungen:

Gasheizungsanlagen prüfen und optimieren

Eigentümer von Gebäuden mit mehr als zehn Wohneinheiten beziehungsweise von Nichtwohngebäuden mit einer beheizten Fläche von 1.000 Quadratmetern sind verpflichtet, bis zum 30. September 2023 einen hydraulischen Abgleich ihrer gasbefeuerten Heizungsanlage durchzuführen. Bei Wohngebäuden mit sechs bis zehn Einheiten gilt die Umsetzungspflicht bis zum 15. September 2024.
Ausgenommen sind Gebäude,
  • in denen das Heizsystem in der aktuellen Konfiguration bereits hydraulisch abgeglichen wurde,
  • in denen ein Heizungstausch oder eine Wärmedämmung von mindestens 50 Prozent der wärmeübertragenden Umfassungsfläche bevorsteht oder
  • die innerhalb von sechs Monaten nach dem jeweiligen Stichtag umgenutzt oder stillgelegt werden sollen.
Darüber hinaus sind Eigentümer von Gebäuden, in denen Anlagen zur Wärmeerzeugung durch Erdgas genutzt werden, unabhängig von der Größe der Gebäude verpflichtet, bis zum 15. September 2024 eine Heizungsprüfung durchzuführen und die Heizungsanlage optimieren zu lassen. Hat der Gebäudeeigentümer einen Dritten mit dem Betrieb der Heizungsanlage beauftragt, ist der Dienstleister für die Heizungsprüfung und -optimierung verantwortlich.
Eine Ausnahme besteht für Gebäude, die im Rahmen eines standardisierten Energiemanagementsystems oder Umweltmanagementsystems verwaltet werden, und in Gebäuden mit standardisierter Gebäudeautomation. Ebenso entfällt die Verpflichtung zur Heizungsprüfung, wenn innerhalb der zwei Jahre vor dem 1. Oktober 2022 eine vergleichbare Prüfung durchgeführt und kein weiterer Optimierungsbedarf festgestellt wurde.
Die Prüfung ist von einer fachkundigen Person wie beispielsweise einem auf der Energieeffizienz-Expertenliste des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle aufgeführten Energieberater oder einem Schornsteinfeger durchzuführen. Optimierungen müssen schriftlich dokumentiert und bis Mitte September 2024 umgesetzt werden.

Wirtschaftliche Effizienzmaßnahmen umsetzen

Der zweite Punkt betrifft Unternehmen, deren Gesamtenergieverbrauch innerhalb der vergangenen drei Jahre im Durchschnitt über zehn Gigawattstunden pro Jahr lag und die Energieaudits nach dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) durchführen müssen beziehungsweise Energie- oder Umweltmanagementsysteme einsetzen: Sie sind verpflichtet, die in den Audits identifizierten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz umzusetzen, wenn diese wirtschaftlich durchführbar sind.
Eine solche Wirtschaftlichkeit ist dann gegeben, wenn sich – begrenzt auf einen Zeitraum von höchstens 15 Jahren – nach maximal 20 Prozent der Nutzungsdauer ein positiver Kapitalwert ergibt. Die Umsetzung ist binnen 18 Monaten vorzunehmen und von zertifizierten Umweltgutachtern oder Energieauditoren abschließend zu bestätigen.
Ausgenommen sind Maßnahmen, die nach § 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes  einer Genehmigung bedürfen.