Trinationale Wasserstoff-Initiative für Unternehmen im Dreiländereck

Grüner Wasserstoff kann einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten: als Kraftstoff für Fahrzeuge, Rohstoff für die Industrie oder Brennstoff für Heizungen. Zudem kann er helfen, unabhängiger von fossilen Rohstoffen zu werden. Auf dem Trinationalen Wasserstoff Forum auf der Rheininsel bei Breisach drehte sich alles um diesen Energieträger: Am Donnerstag, 30. Juni 2022 diskutierten rund 300 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über grünen Wasserstoff im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz. Zugleich feierten sie den offiziellen Auftakt der von den Klimapartnern Oberrhein initiierten Trinationalen Wasserstoff-Initiative „3H2“ für Unternehmen.

Einhelliger Tenor - Wasserstoff nimmt Schlüsselrolle ein

„Für das zentrale Zukunftsprojekt, das Gelingen der Energiewende, ist grüner Wasserstoff ein wichtiger Baustein. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Frankreich, der Schweiz und Deutschland und die trinationale Wasserstoff-Initiative 3H2 begrüße ich daher sehr“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Schirmherr des Wasserstoff Forums. Er ergänzt: „Wenn wir länderübergreifend unsere Kräfte bündeln, dann können wir die Transformation des Energiesystems und unsere gesteckten Klimaziele schneller erreichen.“ Dies betonte auch Frédéric Bierry, Präsident der Collectivité européenne d’Alsace, sowie Kaspar Sutter, Regierungsrat Kanton Basel-Stadt, in ihren Begrüßungsworten. Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden- Württemberg, wurde mit einer Videobotschaft zugeschaltet: „Wasserstoff hat ein großes Potenzial, zur Defossilisierung des Energie- und des gesamten Wirtschaftssystems beizutragen. Ich freue mich, dass der Oberrhein mit der trinationalen Wasserstoffinitiative 3H2 zukünftig seinen Teil dazu beiträgt und dieses Zukunftsthema gebündelt und grenzüberschreitend angegangen wird,“ sagte Rapp.

Rückenwind nutzen

Die Forums-Veranstaltung wurde dieses Mal von deutscher Seite durch die Klimapartner Oberrhein organisiert. Sie knüpfte damit eng an die bereits am 5. April 2021 durchgeführte erste trinationale Auftaktveranstaltung auf französischer Seite mit rund 250 Teilnehmern an. „Für den Wirtschaftsstandort im Dreiländereck ist es wichtig, dass sowohl die regionalen Institutionen und Verbände, als auch die Industrie-Infrastrukturbetreiber in der Initiative 3H2 zusammenarbeiten, um die Wasserstoff­wirtschaft über konkrete Projekte gemeinsam voranzutreiben“, betonte Heinz-Werner Hölscher, Vorstands-vorsitzender der Klimapartner Oberrhein und Vorstand der badenova. Nur gemeinsam können im Wettbewerb die Kunden im Dreiländereck über Anschlüsse an den European Hydrogen Backbone (kurz EHB) und das nachgelagerte Verteilnetz Zugriff auf ausreichende Mengen grünen Wasserstoff erhalten.

Bedeutung der Netzinfrastruktur

Prof. Dr. Christopher Hebling, Bereichsleiter Wasserstofftechnologien am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, sprach in seiner Keynote „Gelingt mit Wasserstoff die Transformation der Energieversorgung?“ u.a. auch über die große Bedeutung der Netzinfrastruktur. „Das vorhandene Erdgasnetz in Europa kann durch Umwidmung zu 3/4 auch für den Transport von Wasserstoff genutzt werden. Wichtig ist ein rascher Anschluss an eine Pipeline nach Rotterdam im Westen, sowie im Süden an jene in Italien, die wiederum mit der MENA-Region (Middle-East, North-Africa) verbunden ist. Die großen Mengen von grünem Wasserstoff, die in Nordafrika mit großem Engagement derzeit aufgebaut werden, könnten so unserer Region zugutekommen“, sagte Prof. Dr. Christopher Hebling. Dass es weltweit bereits über 40 nationale Wasserstoffstrategien gebe, sei erfreulich und belege die allgemeine Aufbruchstimmung.

Erfolg durch Vernetzung der drei Nachbarn

Deutschland, Frankreich und die Schweiz - alle drei Länder stehen vor der gleichen Herausforderung: Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein in der Transformation des Energiesystems zur Erreichung der Klimaziele. Drei Landes­grenzen stoßen im Dreiländereck aneinander und es besteht ein hohes Maß an wirtschaftliche Verflechtung von Industrie und Gewerbe, das die gemeinsame Region stark macht. Die Bedeutung einer engen grenzüberschreitenden, trinationalen Zusammenarbeit ist in diesen Ländern gemeinsames Verständnis: „Nur gemeinschaftlich lassen sich die komplexen Herausforderungen der Versorgung mit grünem Wasserstoff für den gesamten Wirtschaftsstandort im Dreiländereck bewältigen“, betonen die drei Vertreter der Kammern, Dr. Dieter Salomon (IHK Südlicher Oberrhein), Dr. Sebastian Deininger (Handelskammer beider Basel) und Pascal Pfeiffer (CCI Alsace Eurométropole ) zusammen mit dem Präsident des DVGW Michael Riechel. Dr. Dieter Salomon ergänzt: „Wir von der IHK Südlicher Oberrhein sind froh, dass wir als Gründungsmitglied von Beginn an dabei sind und dass die Initiative auch von den Kammern in Frankreich und der Schweiz so engagiert vorangetrieben wird. Wir freuen uns auf viele gemeinsame Projekte“.
Die Industrie- und Handelskammern fungieren als Bindeglied zu den Industrie-Unternehmen während die Energieversorgungsunternehmen badenova, Industrielle Werke Basel und GRTgaz für die notwendige Infrastruktur sorgen. Die beteiligten Kammern sind die IHK Südlicher Oberrhein, die Handelskammern beider Basel sowie die CCI Alsace Eurometropole. Die am Prozess ebenfalls aktiv mitwirkenden Klimaorganisationen sind neben den Klimapartnern Oberrhein die Klimaplattform der Wirtschaft/Region Basel sowie die Pole Véhicule du France aus dem Elsass.
Der Verein „Strategische Partner – Klimaschutz am Oberrhein“, kurz Klimapartner Oberrhein, mit 126 Mitgliedern (Kommunen, Unternehmen, Kammern, Verbänden und der Wissenschaft) hat die relevanten Akteure aus den drei Ländern zusammengebracht. Und er hat gemeinsam mit den Kammern, Energieversorgern und Klimaschutzorganisationen der drei Länder die Gründung der Trinationalen Wasserstoff Initiative beschlossen. Die Idee zur Gründung fassten sie bereits im April 2022. Der offizielle Start von „3H2“ – so nennt sich die Initiative in Zukunft - war am gestrigen Donnerstag, 30. Juni 2022. „Erklärtes Ziel von 3H2 ist es, dass sich die relevanten Akteure aus den drei Ländern eng austauschen und gemeinsam proaktiv das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Sie bündeln ihre Kräfte, tauschen Erfahrung und Know-how aus, um auf nationaler und europäischer Ebene konkrete Projekt für die Region zu fördern“, sagte Dr. Oliver Jochum (Klimapartner Oberrhein).

Bedeutung von Wasserstoff für die Unternehmen

Alles zielt darauf ab, die Unternehmen in der Region zu unterstützen, denn sie sind letztlich eine der zentralen Nutzergruppen von grünem Wasserstoff. Beim Forum waren bereits viele Unternehmen dabei und diskutierten engagiert mit. Neben den Energieversorgern GRTgaz, IWB, badenova, Energiedienst und der RWE waren dies folgende Unternehmen: Fischer group, Kd Trucking, Gschwander Logistik, SICK, Badische Rheingas, Fritz Mayer AG/AVIA, Koehler Papier SE, Spedition Eckert, Badische Stahlwerke, VARO Energy, Port of Switzerland, GETEC PARK.SWISS AG, Hoffmann-La Roche, Butachimie, Borealis, Hynamics, Baden Airpark, GRZ Technologies sowie die Infrastruktur-Trägergesellschaft. Tenor der versammelten Wirtschaftsunternehmen war: Wasserstoff kann ein zentraler Baustein für eine Dekarbonisierung der Industrie sein. Allerdings braucht es von Anfang an eine durchdachte Strategie für den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur. Hier gilt es mit den jeweils überregionalen Initiativen und Akteuren, wie z.B. 3H2 vor Ort, in den Bereichen Gasnetztransformations­planung sowie Erzeugung und Transport von grünem Wasserstoff eng zusammenzuarbeiten. Dazu Andreas Volkert, Geschäftsführer Badische Stahlwerke Kehl: „Die Grundvoraussetzung für grünen Wasserstoff ist grüner Strom. Er muss deutschland- und europaweit zur Verfügung gestellt werden bzw. durch weltweite Kooperationen importiert werden. Um ihn dann als Unternehmen mitnutzen zu können, muss bei uns in Baden-Württemberg natürlich die entsprechende Netzinfrastruktur geplant und vorhanden sein.“  
Eine Meilenstein-Planung für die kommenden Jahre liegt bereits auf dem Tisch: bis Ende des Jahres soll die Initiative von aktuell 25 auf mehr als 50 Unternehmen in der Region anwachsen, um konkrete Wasserstoff-Projekte und ein gemeinsames Lobbying für die grenzüberschreitende Region voranzutreiben.

Allgemeine Infos zu Wasserstoff

Wasserstoff ist ein natürliches chemisches Element, dessen Energiegehalt genutzt werden kann. Er lässt sich als Energieträger speichern und transportieren sowie zur Energieumwandlung einsetzen. Da Wasserstoff (H) nur in Form von Verbindungen vorkommt, muss er mit Hilfe von Energie aus einem wasserstoffreichen Ausgangsstoff abgespalten werden. In Deutschland sind bereits mehr als 30 Elektrolyseure zur Herstellung von so genanntem „grünem Wasserstoff“ installiert. „Grün“ heißt der Wasserstoff deshalb, da der zur Elektrolyse benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Bei diesen deutschen Anlagen handelt es sich bis heute zum Großteil um Demonstrations- und Forschungsprojekte.