Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nach handels- und steuerrechtlichen Vorschriften


Einleitung

Jeder Gewerbetreibende ist verpflichtet, geschäftliche Unterlagen für einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Man unterscheidet dabei Fristen von sechs und zehn Jahren. Im Bereich des Steuerrechts werden die Aufbewahrungspflichten in der Abgabenordnung (AO) geregelt, im Bereich des Handelsrechts enthält das Handelsgesetzbuch (HGB) entsprechende Vorschriften. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zur  Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen und zur Aufbewahrung von Schriftgut stimmen größten Teils überein, für die betriebliche Praxis sind jedoch überwiegend die steuerrechtlichen Vorschriften relevant.

Wer muss Aufbewahrungspflichten beachten?

Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Folglich ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese aufzubewahren.
Handelsrechtlich verpflichtet § 257 HGB zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen. Nach den Vorschriften des Steuerrechts (insbesondere §§ 140 f. Abgabenordnung) sind darüber hinaus alle diejenigen zur Buchführung und Führung von Aufzeichnungen verpflichtet, die nach anderen Gesetzen buchführungspflichtig sind. Mit "anderen Gesetzen" ist nicht nur das HGB gemeint, sondern eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten vorschreiben. Außerdem verpflichtet die Abgabenordnung alle Gewerbetreibenden ab Überschreiten bestimmter Umsatz- bzw. Gewinngrenzen zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen. Die Umsatzgrenze liegt derzeit bei 600.000 Euro, die Gewinngrenze bei 60.000 Euro.
Zur Aufbewahrung der Unterlagen sind folgende Personen verpflichtet:
  • Bei Einzelunternehmen der Geschäftsinhaber,
  • bei stillen Gesellschaften nur der Inhaber der Handelsgeschäfte,
  • bei der BGB-Gesellschaft und OHG die Gesellschafter,
  • bei der KG die persönlich haftenden und die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter,
  • bei der AG, Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften die Vorstände,
  • bei der GmbH der/die Geschäftsführer.
Hinweis: Auch Privatleute haben bei bestimmten Sachverhalten eine zweijährige Aufbewahrungspflicht zu beachten. Sie bezieht sich auf Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen, die Privatpersonen im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück erhalten haben. Zu den Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gehören u. a. sämtliche Bauleistungen, planerische Leistungen, die Bauüberwachung, Renovierungsarbeiten, das Anlegen von Bepflanzungen, Gerüstbau. Auf diese Aufbewahrungspflicht der Privatperson hat der Unternehmer nach dem Umsatzsteuergesetz in der Rechnung hinzuweisen.

Was ist aufzubewahren?

Aus steuerrechtlichen Gründen sind sämtliche Bücher und Aufzeichnungen aufzubewahren, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. § 147 Abs. 1 AO nennt im Einzelnen folgende Unterlagen:
  • Bücher (bei Kaufleuten Handelsbücher) und Aufzeichnungen
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
  • Lageberichte
  • Eröffnungsbilanz
  • die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
  • empfangene Handels- und Geschäftsbriefe
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
  • Buchungsbelege
  • Unterlagen nach Art. 15 Abs. 1 und Art. 163 des Zollkodex der Union und
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Problematisch ist in der Praxis die richtige Einordnung der Unterlagen. Nicht jeder Brief ist ein Geschäftsbrief, nicht jeder Beleg ein Buchungsbeleg. Eine beispielhafte, nicht vollständige Aufzählung finden Sie am Ende dieser IHK-Information.
Zu den Büchern (Handelsbücher) und Aufzeichnungen gehören Grundbuch sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt werden. Bei der Offene-Posten-Buchhaltung ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Hierbei kommt es nur darauf an, ob die Bücher für die Besteuerung irgendwie von Bedeutung sind. Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Je nach Art und angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen o. ä. Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Nach AO und HGB sind die Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind. Hierunter fallen auch Unterlagen, die die Technik eines DV-Buchführungssystems erläutern.
Als Geschäftsbrief (Handelsbrief) gilt jegliche Korrespondenz, die der Vorbereitung, der Durchführung oder der Rückgängigmachung eines Geschäftes dient. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat (z. B. nicht erfolgreiche Angebote, Werbeflyer, Prospekte) ist kein Handels-/Geschäftsbrief.
Buchungsbelege haben die Funktion nachzuweisen, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Vorgang zugrunde liegt. Dabei sind alle Sachverhalte buchungspflichtig, die eine Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens haben. Oft sind externe Buchungsbelege zugleich auch Geschäftsbriefe.
Sonstige Unterlagen sind beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen. Ihre Bedeutung für die Besteuerung ist im Einzelfall zu prüfen.
Speziell geregelt ist in § 14 b UStG die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer bzw. den Leistungsempfänger verlagert ist.
Nicht aufbewahrungspflichtig sind dagegen betriebsinterne Aufzeichnungen wie z. B. Kalender oder Arbeits- und Fahrberichte. Diese Papier können zeitnah vernichtet werden und müssen dem Außenprüfer oder Steuerfahnder auch nicht vorgelegt werden.

Wie lange ist aufzubewahren?

Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschluss, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanz, Buchungsbelege, Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind (ATLAS), sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, und Rechnungen beträgt zehn Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt stets mit Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die Aufbewahrungsfrist auch verlängern. Dies ist der Fall, wenn das Schriftgut für Steuern von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig). Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen gehemmt werden, wie z. B. einem Einspruch, eine Betriebsprüfung oder eine spätere Abgabe der Steuererklärung.
Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen sind Unterlagen auch dann noch länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind:
  • für eine begonnene Außenprüfung
  • für eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO
  • für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen
  • für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren
  • zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen

In welcher Form müssen Unterlagen aufbewahrt werden?

Für die Aufbewahrung sind gesetzlich folgende Formen vorgeschrieben beziehungsweise zugelassen:
  • Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen sowie die nach den Vorschriften über das Zollverfahren erforderlichen Unterlagen – letztere aber beschränkt auf amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise – sind im Original aufzubewahren.
    Achtung bei Ausfuhrbelegen und Eingangsrechnungen, aus denen Vorsteuer geltend gemacht werden soll.
  • Empfangene Handels- und Geschäftsbriefe und Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt.
  • Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht die inhaltliche Wiedergabe aus.
Sollen die Unterlagen in elektronischer Form aufbewahrt werden, sind die seit 2015 geltenden “Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff” (GoBD) zu beachten.
Achtung: Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen in dieser (elektronischen) Form aufbewahrt und dürfen innerhalb der Aufbewahrungsfrist weder verändert noch gelöscht werden. Außerdem müssen sie maschinell ausgewertet werden können. Dies bedeutet, dass für steuerlich relevante, originär digitale Unterlagen die bildliche Wiedergabe aus Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv oder die inhaltliche Wiedergabe auf einem beliebigen Datenträger für sich alleine nicht mehr ausreicht .

Aufbewahrung im Original

Die Aufbewahrung im Original muss gesichert und geordnet erfolgen. Eine gesicherte Aufbewahrung bedeutet, dass der Raum oder das Gebäude, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden, vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt ist. Insbesondere muss auch gewährleistet sein, dass die Schrift auf dem verwendeten Papier nicht verblasst. Die geordnete Aufbewahrung erfordert, dass ein sachverständiger Dritter die Unterlagen in angemessener Zeit prüfen können muss. Hierzu kann beispielsweise ein Regelwerk dienen, in dem unter anderem festgelegt wird, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden und wer dafür verantwortlich ist.

Die bildliche Wiedergabe

Die bildliche Wiedergabe erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das Speichermedium sowie die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe bei Bedarf. Dabei kann die bildliche Wiedergabe auch kleinformatiger wieder hergestellt werden. Sie muss allerdings alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und Bearbeitungsvermerke enthalten. Im Einzelfall kann auch der Farbe Beweiskraft zukommen, z. B. bei einer Rechnung, wenn allein die Farbe beweist, dass es sich dabei um das Original und nicht um den Durchschlag handelt (z. B. bei Stornobeträgen in roter Farbe).

Die inhaltliche Wiedergabe

Die inhaltliche Wiedergabe erfordert, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das magnetische Speichermedium übernommen werden, dass der Inhalt während der Aufbewahrung nicht verändert wird und dass die Wiedergabe während der Aufbewahrungsfrist möglich ist.
Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht die inhaltliche Wiedergabe aus.

Beweiskraft

Als Unternehmer sollten Sie sich vor Vernichtung der Originalunterlagen immer fragen, ob eine Aufbewahrung im Original aus Beweisgründen notwendig ist. Insbesondere gilt dies für Rechnungen, die zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) notwendig sind. Die Rechnung kann in Papierform vorliegen, möglich ist aber auch eine elektronische Rechnung. Seit dem 1. Juli 2011 ist für elektronisch übermittelte Rechnungen kein bestimmtes Übermittlungsverfahren mehr vorgeschrieben. Es ist nicht mehr zwingend erforderlich, dass diese mit einer elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz versehen sind oder ein EDI-Verfahren verwendet wird. Verfahren zur elektronischen Übermittlung von Rechnungen können z. B. auch E-Mail (ggf. mit pdf- oder Textdateianhang), Computer-Fax oder Faxserver, DE-Mail, E-Post oder Web-Download sein. Verwendet der Unternehmer keine qualifizierte elektronische Signatur oder das EDI-Verfahren, muss er allerdings durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren sicherstellen, dass die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind.
Die Aufbewahrung des Originals kann auch aus Gründen der Beweiserheblichkeit im Prozess notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Rechtsanspruch nur durch das Original zu beweisen ist (z. B. bei Vollmachten, Wertpapieren).
Grundsätzlich genügt die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe zur Beweissicherung. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Als Urkundenbeweise gelten nur schriftliche Äußerungen. Opto-elektronisch gespeicherte Daten gelten deshalb vor Gericht nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Ihnen fehlt die für Urkunden erforderliche Schriftlichkeit, da bei diesen Speichermedien Belege digital aufgezeichnet werden und sie deshalb nur maschinell darstellbar sind.

Wo muss aufbewahrt werden?

Nach der steuerlichen Vorschrift (§ 146 Abs. 2 AO) ist das aufbewahrungspflichtige Schriftgut grundsätzlich in Deutschland aufzubewahren. Die zuständige Finanzbehörde kann jedoch auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen abweichend vom vorgenannten Grundsatz bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen im Ausland geführt und aufbewahrt werden können. Voraussetzungen sind, dass
  1. der Steuerpflichtige der zuständigen Finanzbehörde den Standort des Datenverarbeitungssystems und bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift mitteilt,
  2. der Steuerpflichtige seinen sich aus den §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Absatz 1 und 2 ergebenden Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist,
  3. der Datenzugriff nach § 147 Absatz 6 in vollem Umfang möglich ist und
  4. die Besteuerung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Das Handelsgesetzbuch schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB).
Hinsichtlich der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer alle Rechnungen im Inland aufzubewahren haben. Handelt es sich allerdings um eine elektronische Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage der betreffenden Daten gewährleistet, darf der Unternehmer die Rechnungen auch im Ausland aufbewahren. Es ist jedoch dem Finanzamt mitzuteilen, wenn die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.

Besonderheiten für originär digitale Daten durch den EDV-Zugriff der Finanzverwaltung

Bei originär digitalen Daten hat die Finanzbehörde seit 1. Januar 2002 das Recht, im Rahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung der Unterlagen zu nutzen. Der EDV-Zugriff der Finanzverwaltung beschränkt sich ausschließlich auf Daten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hierzu gehören nach Auffassung der Finanzverwaltung in jedem Fall die Daten in den Bereichen Finanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung und Anlagenbuchhaltung. Aber auch Daten aus anderen Bereichen können hierzu gehören, soweit sie für die Besteuerung relevant sind.
Der aufbewahrungspflichtigen Unternehmer muss also originär digitale Daten immer in einer maschinell auswertbaren Form aufbewahren und bereitstellen. Dabei sind als "originär digital" die Daten anzusehen, die in das Datenverarbeitungssystem in elektronischer Form eingehen oder im Datenverarbeitungssystem erzeugt werden. Maschinell auswertbar sind Unterlagen, wenn sie maschinell gelesen, maschinell sortiert und maschinell selektiert/gefiltert werden können. Detaillierte Erläuterungen zum EDV-Zugriff der Finanzverwaltung enthält das bereits erwähnte BMF-Schreiben vom 14. November 2014.

Formen des Datenzugriffs

Die Finanzverwaltung kann in folgenden drei Varianten auf die Daten des Steuerpflichtigen Zugriff nehmen:
  • Nur-Lese-Zugriff
  • Mittelbarer Datenzugriff
  • Datenträgerüberlassung
Im Rahmen des Nur-Lese-Zugriffs greift die Finanzbehörde selbst unmittelbar auf das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen in der Form zu, dass sie Einsicht in die gespeicherten Daten nimmt und die vorhandene Hard- und Software zu Prüfung der Daten nutzt. Der Nur-Lese-Zugriff umfasst das Lesen, Filtern und Sortieren der Daten, eine Fernabfrage (Online-Zugriff) durch den Betriebsprüfer ist nicht möglich.
Beim mittelbaren Datenzugriff kann die Finanzbehörde verlangen, dass Daten nach ihrer Vorgabe maschinell ausgewertet werden, um den Nur-Lese-Zugriff durchführen zu können. Dabei kann die Finanzbehörde nur solche Auswertungen verlangen, wie sie das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen ermöglicht.
Bei der Datenträgerüberlassung kann die Finanzbehörde verlangen, dass ihr die steuerlich relevanten Unterlagen auf einem maschinell lesbaren Datenträger zur Auswertung überlassen werden. Die Finanzbehörde ist nicht berechtigt, selbst Daten aus dem DV-System herunterzuladen oder Kopien vorhandener Datensicherungen vorzunehmen.

Folgen bei Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten

Werden die Aufbewahrungspflichten nicht eingehalten und entspricht die Buchführung damit nicht den §§ 140 bis 148 AO, so ist die Finanzbehörde berechtigt, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Weiterhin kann bei der Verletzung der Buchführungspflichten je nach Einzelfall aufgrund der Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen oder anderen Straftatbeständen eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe drohen.

Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen berechtigt zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. Die Höhe ergibt sich dabei aus der voraussichtlichen Dauer der Aufbewahrungspflicht für die jeweiligen Unterlagen und den dafür erforderlichen Aufwendungen.
Zu bewerten ist die Rückstellung als Sachleistungsverpflichtung mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten (§ 6 Absatz 1 Nr. 3a Buchstabe b EStG). Zu den einzelnen rückstellungsfähigen bzw. nicht rückstellungsfähigen Kosten hat die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 Stellung genommen.

Berücksichtigungsfähige Kosten

Bei der Berechnung sind folgende Kosten einzubeziehen:
  • Einmaliger Aufwand für das Einscannen oder die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht achivierten Unterlagen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, für das Brennen von DVD/CD und für die Datensicherung (Sach- und Personalkosten). Die Kosten für die fortlaufende Archivierung im laufenden Veranlagungszeitraum bis zum Bilanzstichtag sind nicht einzubeziehen.
  • Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom) für Räumlichkeiten, die der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen dienen. Soweit im Zusammenhang mit der digitalen Speicherung noch ein Raumbedarf besteht (z. B. für einen anteiligen PC-Arbeitsplatz, bei größeren Betrieben für einen (anteiligen) Server oder für Lagerungszwecke), dürfte bei kleineren und mittleren Betrieben nur noch ein geringer Platzbedarf bestehen, der entsprechend auch nur anteilig zu berücksichtigen ist.
  • Einrichtungsgegenstände (AfA für Regale und Schränke), es sei denn, diese sind bereits abgeschrieben. (Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Archivierung weiterhin mit den vorhanden Regalsystem erfolgt.)
  • Anteilige Finanzierungskosten für den Server, den PC oder die Archivräume (BFH-Urteil vom 11.10.2012).
  • Der Zinsanteil aus Leasingraten (z. B. für die o. g. technischen Geräte oder für Archivräume), wenn der Leasingnehmer nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggegenstandes ist (Folge aus dem BFH-Urteil vom 11.10.2012, a. a. O.).
Nicht rückstellungsfähig sind
  • die Kosten für die zukünftige Anschaffung von zusätzlichen Regalen und Ordnern (§ 5 Absatz 4b Satz 1 EStG),
  • die Kosten für die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist und
  • die Kosten für die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.
Es gibt zwei Methoden zur Berechnung der Rückstellung:
  • Die jährlichen Kosten werden für die Unterlagen eines jeden aufzubewahrenden Jahrgangs gesondert ermittelt. Dieser Betrag ist dann jeweils mit der Anzahl der Jahre bis zum Ablauf der Aufbewahrungspflicht zu multiplizieren.
  • Die jährlich anfallenden rückstellungsfähigen Kosten zur Erfüllung der Aufbewahrungspflicht für die Unterlagen aller Jahre werden mit dem Faktor 5,5 multipliziert (arithmethisches Mittel der Jahre eins bis zehn).

Verzeichnis zu den Aufbewahrungsfristen

Das Verzeichnis listet in alphabetischer Reihenfolge die wesentlichen Schriftgutarten auf. Dabei kann aus der Bezeichnung des Schriftgutes alleine noch keine Aussage über seine Aufbewahrung gemacht werden. Entscheidend ist die Funktion, die das Schriftgut im Betrieb hat.
Schriftgut
Aufbewahrungsfrist (Jahre)
Abrechnungsunterlagen
10
Abtretungserklärungen
6
Änderungsnachweise der EDV-Buchführung
10
Akkreditive
6
Aktenvermerke
10, soweit Buchungsbeleg
Angebote mit Auftragsfolge
6
Angestelltenversicherung (Belege)
10
Anhang zum Jahresabschluss (§ 264 HGB)
10
Anlagenvermögensbücher und Karteien
10
Anträge auf Arbeitnehmersparzulage
6
Arbeitsanweisungen (auch für EDV-Buchführung)
10
Aufbewahrungsvorschriften für betriebliche EDV-Dokumentation
10
Aufzeichnungen
10
Ausgangsrechnungen
10
Außendienstabrechnungen
10
Bankbelege
10
Bankbürgschaften
6
Bedienerhandbücher Rechnerbetrieb
10
Belegformate
10
Beitragsabrechnungen der Sozialversicherungsträger
10
Belege, soweit Buchfunktion (Offene-Posten-Buchhaltung)
10
Benutzerhandbücher bei EDV-Buchführung
10
Betriebsabrechnungsbögen mit Belegen als Bewertungsgrundlagen
10
Betriebskostenrechnungen
10
Betriebsprüfungsberichte
6
Bewertungsunterlagen
10
Bewirtungsunterlagen
10
Bilanzen
10
Buchungsbelege
10
Darlehensverträge (nach Ablauf des Vertrages)
6
Dauerauftragsunterlagen (nach Ablauf des Vertrages)
10
Dateien, Beschreibungen der
10
Dateiverzeichnisse
10
Datensätze, Beschreibung und Aufbau der
10
Datensicherungsregeln
10
Debitorenlisten (soweit Bilanzunterlage)
10
Depotauszüge (soweit nicht Inventare)
10
Einfuhrunterlagen
6
Eingabebeschreibungen bei EDV-Buchführung
10
Eingabedatenformate
10
Eingangsrechnungen
10
Einheitswertunterlagen
6
Essenmarkenabrechnungen
10
Exportunterlagen
10, soweit steuerlich relevant, insb. Ausfuhrnachweise
Fahrkostenerstattungsunterlagen
10
Fehlermeldungen, Fehlerkorrekturanweisung bei EDV-Büchführung
10
Finanzberichte
6
Frachtbriefe
6
Gehaltslisten
10
Geschäftsberichte
10
Geschäftsbriefe (außer Rechnungen oder Gutschriften)
6
Geschenknachweise
6
Gewinn- und Verlustrechnung
10
Grundbuchauszüge
10, soweit Inventurunterlagen
6, zur Kreditsicherung (nach Vertragsablauf)
Grundstücksverzeichnis (soweit Inventar)
10
Gutschriften
10
Handelsbriefe (außer Rechnungen oder Gutschriften)
6
Handelsbücher
10
Handelsregisterauszüge
6
Hauptabschlussübersicht (wenn anstelle der Bilanz)
10
Investitionszulage (Unterlagen)
6
Inventare und Inventarnachweise
10, soweit Bilanzunterlagen
Jahresabschlusserläuterungen
10
Journale für Hauptbuch und Kontokorrent
10
Kalkulationsunterlagen
6
Kassenberichte
10
Kassenbücher/-blätter
10
Kassenzettel
10, soweit Tagessummenbonus aufbewahrt werden: 0
Kontenpläne und Kontenplanänderungen
10
Kontenregister
10
Kontokorrentbelege
10
Kreditunterlagen (nach Ablauf des Vertrages)
10, soweit Buchungsbeleg, 6 soweit Korrespondenz
Lagebericht
10
Lagerbuchführungen
10
Lieferscheine
6, sofern als Belegnachweis,
v. a. im Zusammenhang mit einer Rechnung: 10
Lohnbelege
10
Lohnlisten
10
Magnetbänder mit Buchfunktion
10
Mahnbescheide
6
Mietunterlagen (nach Vertragsende, soweit handels- und steuerrechtlich relevant)
10
Nachnahmebelege
10
Nebenbücher
10
Organisationsunterlagen der EDV-Buchführung
10
Pachtunterlagen (nach Vertragsende, soweit handels- und steuerrechtlich relevant)
6
Postgiroauszüge mit Grundbuchfunktion
10
Preislisten
10, soweit Bewertungsunterlagen
Prozessakten
10, nach Abschluss des Prozesses
Rechnungen
10
Reisekostenabrechnung
10
Repräsentationsaufwendungen (Unterlagen)
10
Sachkonten
10
Saldenbilanzen
10
Schadensunterlagen
10, soweit Bilanzunterlagen, sonst 6
Scheckunterlagen
6
Schriftwechsel extern
6
Sozialversicherungsbeitragskosten
6
Spendenbescheinigungen
10
Überstundenlisten
10, soweit Lohnbeleg
0, soweit Kontrollunterlagen
Verbindlichkeiten (Zusammenstellung)
10, soweit Bilanzunterlagen
Verkaufsbücher
10
Vermögensverzeichnis
10
Vermögenswirksame Leistungen
(Bei Buchungsbelegen gilt die 10-jährige Aufbewahrungsfrist, bei Handels- und Geschäftsbriefen die 6-jährige.)
6
Versandunterlagen allgemein
10, soweit Buchungsbelege
Versicherungspolicen
6, nach Ablauf der Versicherung
Verträge (nach Vertragsende, soweit handels- und steuerrechtlich relevant)
6
Vollmachten
6 nach Erlöschen
Wareneingangs- und -ausgangsbücher
10
Wechsel (eingelöste)
10
Zahlungsanweisungen
10
Zugriffsregelungen bei EDV-Buchführung
10
Zwischenbilanz bei Gesellschafterwechsel oder Umstellung des Wirtschaftsjahres
10
Stand: August 2019
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