Regionales Übereinkommen (Pan-Euro-Med- Freihandelszone)

1. Ziel der Pan-Euro-Med-Zone (Regionales Übereinkommen)

Durch das sogenannte Regionale Übereinkommen ist ein zollfreier Handelsraum, die Pan-Euro-Med-Zone, mit einheitlichen Ursprungsregeln und einheitlicher Dokumentation für Ursprungswaren der beteiligten Länder entstanden. Diese Ursprungserzeugnisse können (in der Endphase der Pan-Euro-Med-Zone) in jedes beliebige andere Mitgliedsland zollfrei eingeführt werden. Außerdem kann der präferenzielle Ursprung auch durch Be- und Verarbeitungsvorgänge in mehreren beteiligten Ländern erworben werden (diagonale Kumulation). Das ist der entscheidende Unterschied zu normalen Handelsabkommen, bei denen Zollvorteile nur für Ursprungswaren der beiden an der jeweiligen Warenbewegung direkt beteiligten Länder möglich sind. Die Kumulationszone ist für Händler, aber auch für Unternehmen mit Produktionsstätten unter anderem im Mittelmeerraum oder den Balkanstaaten interessant, da sie die Anwendung der dort erworbenen Präferenzen auf alle Teilnehmerstaaten ausweitet.

2. Teilnehmende Länder

  • EFTA-Staaten (Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein)
  • Türkei
  • Mittelmeeranrainer (Ägypten, Algerien, besetzte palästinensische Gebiete, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien)
  • Balkanstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien)
  • Färöer
  • Republik Moldau
  • Georgien
  • Ukraine

3. Voraussetzungen für die Gewährung des Zollvorteils

Es gibt im Wesentlichen zwei besondere Voraussetzungen für die Nutzung der Vorteile des Regionalen Übereinkommens:
  1. Die am Ursprungserwerb und am Handel beteiligten Staaten müssen dem Regionalen Übereinkommen beigetreten sein. Der jeweils aktuelle Stand wird durch eine Abkommensmatrix dokumentiert. Die Europäische Kommission gibt regelmäßig eine Matrix heraus, aus der sich der aktuelle Stand der Umsetzung ergibt. 
  2. Falls die Zone tatsächlich nicht nur bilateral genutzt wird, muss dies besonders dokumentiert werden. Dies geschieht entweder durch einen ausgefüllten Kumulationsvermerk (Ursprungserklärung, Lieferantenerklärung) oder die Warenverkehsbescheinigung EUR-MED anstelle der EUR.1
Weiterführende Informationen auf der Webseite des Zolls.

4. Reform des Regionalen Übereinkommens

Seit 2021 wird das Regionale Übereinkommen reformiert. In der Vergangenheit wurde besonders die diagonale Kumulation sehr zurückhaltend und nur von bestimmten Branchen (Textil/Bekleidung) genutzt. Für die mangelnde Akzeptanz gibt es mehrere Gründe:
  • Die Matrix der teilnehmenden Länder ist lückenhaft, damit ist die Anwendbarkeit des Regionalen Übereinkommens eingeschränkt.
  • Die Nachweis- und Dokumentationsanforderungen decken sich nicht mit denen anderer Abkommen (Stichwort Kumulationsvermerk, EUR-MED)
  • Die Ursprungsregeln sind streng, die einzuhaltenden Rahmenbedingungen schwierig.

4.1 Erleichterte Ursprungsregeln

Die reformierten Ursprungsregeln umfassen folgende Punkte:
  • Modernisierte und deutlich reduzierte Listenregeln. Auffällig sind höhere Anteile an Vormaterialien ohne Präferenzursprung. Geschätzt sind 95 Prozent aller Ursprungsregeln leichter geworden oder gleich geblieben.

    Für Spezialisten:
  • Volle Kumulation ist möglich. Das bedeutet, dass auch einzelne Fertigungsschritte, die selbst noch keinen präferenziellen Ursprung begründen, angerechnet werden können.
  • Für fast alle Branchen: Erleichterungen bei Toleranzen, Territorialität, buchmäßiger Trennung. Kein Drawback-Verbot.
  • Endlich: Berechnung mit Durchschnittspreisen möglich, Aufweichung des Identitätsprinzips.
  • EUR-MED und Kumulationsvermerk entfallen.
Die neuen Regeln werden schrittweise in das Warenursprungs- und Präferenzportal des Zolls eingearbeitet. 
Nebenbemerkung: Die Ursprungsregeln für Länder außerhalb des Regionalen Übereinkommens ändern sich nicht.

4.2. Beteiligte Länder und Übergangsregelungen („Transitional Rules”)

Leider wollen die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien im Moment (noch) nicht am reformierten Regionalen Übereinkommen teilnehmen. Alle anderen Staaten haben dennoch beschlossen, dass sie die neuen Regeln seit September 2021 optional anwenden können. Während der Übergangszeit können sowohl die bisherigen Regeln als auch die neuen Regeln angewendet werden. Gemischt werden darf natürlich nicht. Das Ende der Übergangszeit ist nicht definiert.
Die aktuelle Übersicht ist auf der Internetseite der Generaldirektion TAXUD zu finden. Die weiteren Staaten werden folgen, zunächst mit Ausnahme der Maghreb-Staaten. 
Daraus ergeben sich zwei separate Kumulierungszonen bzw. zwei Matrizen für diagonale Kumulierungszwecke:
  • Die Kumulierungsmatrix gemäß der alten „PEM 1.0“-Ursprungsregeln finden Sie in der Mitteilung der EU-Kommission 2020/C 322/3 vom 30.09.2020 (siehe auch Matrix oben).
  • Die Kumulierungsmatrix gemäß der neuen „PEM 2.0“-Übergangsursprungsregeln (Transitional Rules) finden Sie in der Mitteilung der EU-Kommission Nr. 2022/C 31/01 vom 21.01.2022
Im Dezember 2023 haben sich schließlich alle beteiligten Staaten einigen können, das modernisierte Abkommen anzuwenden. Ab 1. Januar 2025 gelten dann im gesamten Abkommensraum (siehe oben “Teilnehmende Länder”) nur noch die modernisierten Regeln.

4.3. Durchlässigkeit und Dokumentation

Wenn die Ursprungsermittlung auf Basis der „Transitional Rules” erfolgt, sollte dies durchgängig dokumentiert sein. Das bedeutet, dass der Begriff „Transitional Rules” auf den Nachweisen verwendet werden muss: auf Lieferantenerklärungen, Ursprungserklärungen und auf der EUR.1
Diese zunächst angewandte strenge Regelung wurde gelockert im Hinblick auf die Lieferantenerklärungen. Vorhandene Lieferantenerklärungen können auch dann für die Ursprungsermittlung nach den neuen Regeln verwendet werden, wenn Sie keinen Hinweis auf die "transitional rules” enthalten, sofern sie keinen positiven Kumulationsvermerk enthalten. (Ausgenommen Waren der Kapitel 2, 4 – 16)
Ursprungserklärungen und EUR 1sind nach wie vor unterschiedlich zu kennzeichnen.
Einen Leitfaden hat TAXUD als pdf-Download „Guidance on transitional PEM rules” in englischer Sprache publiziert. Weitere Informationen hat der deutsche Zoll veröffentlicht. 

5. Fazit

Die neuen Regeln gelten nur für die teilnehmenden Staaten. Wenn der präferenzielle Ursprung für alle EU-Abkommensstaaten ermittelt werden soll, wie das bei der Erstellung von Lieferantenerklärungen der Fall ist, müssen weiterhin die strengsten Regeln zugrunde gelegt werden. Alternativ wird die Präferenz nach den einfacheren „Transitional Rules” ermittelt, aber auf der Lieferantenerklärung auch nur die entsprechenden Anwenderstaaten genannt. 
Die neuen Ursprungsregelungen sind gelungen. Zahlreiche Vereinfachungen erleichtern die Ermittlung und auch die Dokumentation des präferenziellen Ursprungs. In einigen Fällen werden keine Vornachweise (Lieferantenerklärungen) mehr erforderlich sein. In anderen Fällen kann es sein, dass der präferenzielle Ursprung erstmals erreicht wird.
Dadurch, dass sich nun doch alle beteiligten Staaten auf die Anwendung der neuen Regeln haben einigen können, wird die gewünschte Erleichterung für Unternehmen greifbarer.
Mit freundlicher Unterstützung der IHK Region Stuttgart