Überarbeitete ISO 50006 in der deutschen Fassung veröffentlicht

Für Unternehmen, die ein nach ISO 50001 zertifiziertes Energiemanagementsystem implementieren möchten, oder bereits betreiben, sind die dazugehörigen Leitliniendokumente, bzw. die unterstützenden Normen, hilfreiche Werkzeuge, um die kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung nachweislich zu gestalten.
Neben der ISO 50015 („Messung und Verifizierung der energiebezogenen Leistung von Organisationen“) und der ISO 50047 („Bestimmung von Energieeinsparungen in Organisationen“) ist hier die ISO 50006 als Leitfaden zu nennen, der praxisnahe Hilfestellungen für Unternehmen bereithält.
Nun liegt die deutsche Fassung der ISO 50006 vor, deren Titel offiziell
DIN ISO 50006:2025-02 Energiemanagementsysteme - Bewertung der energiebezogenen Leistung anhand von Energieleistungskennzahlen und energetischen Ausgangsbasen (ISO 50006:2023)
lautet.
Die überarbeitete ISO 50006 bietet Unternehmen einen klaren Rahmen zur systematischen Erfassung und Bewertung ihrer energiebezogenen Leistung.
Durch die präzise Definition von EnPIs (Energy Performance Indicators / Energieleistungskennzahlen) und EnBs (Energy Baselines / energetische Ausgangsbasis) können Organisationen ihre Energieeffizienz gezielt verbessern, sowie gesetzliche und normative Anforderungen erfüllen. Hier die wesentliche Änderungen im Überblick:

Harmonisierung mit der ISO 50001:2018 und Überarbeitung der Begriffsdefinitionen

Das Technische Komitee ISO/TC 301 („Energy management and energy savings“) koordiniert die gesamte ISO-50000er-Reihe.
Dabei strebt das Komitee an, dass Begriffe einheitlich verwendet werden – egal ob in der ISO 50001, 50006, 50015 oder 50047.
Das Ziel lautet: konsistente, widerspruchsfreie Terminologie über alle Normen hinweg.
Beispiele:
  • Der Begriff „Energieverbrauch“ wurde klarer abgegrenzt von „energiebezogener Leistung“.
  • Die Definition von „Normalisierung“ (also die Anpassung von EnPIs an Einflussgrößen wie Produktion, Klima etc.) wurde erweitert und mit Anwendungsbeispielen ergänzt.
  • Begriffe wie „Relevanz“, „Grenze“, „Energieeinsparung“ wurden neu aufgenommen oder konkretisiert, um Missverständnisse in der praktischen Umsetzung zu vermeiden.
Unternehmen, Auditoren und Berater arbeiten oft mit mehreren Normen gleichzeitig. Somit erleichtern konsistente Begriffe die Anwendung erheblich.
Klarere Begriffe bedeuten auch weniger Auslegungsspielraum, was die Vergleichbarkeit von Audits erhöhen kann.
Für die Effizienzbewertung wird durch präzise Begriffsdefinitionen die Zuverlässigkeit von EnPIs und EnBs als Entscheidungsgrundlage gestärkt.

Aktualisierung von EnPIs und EnBs

Es wurden Verbesserungen hinsichtlich der Definition und Anwendung von Energieleistungskennzahlen (EnPIs) und energetischen Ausgangsbasen (EnBs) vorgenommen, einschließlich der Normalisierung dieser Kennzahlen, um externe Einflussfaktoren angemessen zu berücksichtigen.

Die Normalisierung ist der Prozess, bei dem EnPIs an relevante Einflussfaktoren angepasst werden, die nicht durch Maßnahmen beeinflusst wurden, z.B.:
  • Produktionsvolumen
  • Wetter/Heizgradtage
  • Betriebszeiten oder Auslastung
  • Rohmaterialqualität
Ziel: Faire und vergleichbare Bewertung der tatsächlichen Energieverbesserung.
Die neue Version beschreibt systematischer, wie Einflussfaktoren zu erkennen und EnPIs entsprechend anzupassen sind.
Es wird betont, dass EnPIs nicht rein absolute Werte sein müssen, sondern kontextabhängig aussagekräftig gemacht werden sollen.
EnPIs sollen nun gezielter an betriebsspezifische Prozesse gekoppelt und mit dokumentierten Begründungen versehen werden.
Die Auswahl von energetischen Ausgangsbasen muss den betrachteten Zeitraum, die Konstanz der Einflussgrößen und die Datenqualität nachvollziehbar einbeziehen.
Beispiele für Methoden der Normalisierung:
  • Regressionsanalyse
  • gewichtete Durchschnittswerte
  • statische Anpassungen
  • gleitende Mittelwerte
EnBs und EnPIs dürfen (und müssen ggf.) angepasst werden, wenn sich strukturelle Änderungen ergeben (z. B. neue Anlagen, veränderte Produktspezifikationen etc.).

Ohne Normalisierung könnte z.B. ein kalter Winter als „Verschlechterung der Energieeffizienz“ erscheinen – obwohl in Wirklichkeit nur mehr Heizenergie gebraucht wurde.
Mit verbesserter Methodik können Unternehmen fundierter zeigen, ob Maßnahmen wie Dämmung, Prozessoptimierung oder Wärmerückgewinnung tatsächlich wirken.
EnPIs und EnBs sollen nicht nur gebildet, sondern auch korrekt interpretiert werden und dies unter Berücksichtigung aller relevanten Einflüsse.
Dies hilft Unternehmen dabei, ihre energiebezogene Leistung glaubwürdig und objektiv darzustellen – sowohl intern als auch gegenüber Auditoren, Fördermittelgebern oder Investoren.

Nachweis der Verbesserung der energiebezogenen Leistung

Die Norm legt nun größeren Wert auf den Nachweis tatsächlicher Verbesserungen der energiebezogenen Leistung, einschließlich Methoden zur Messung und Überwachung dieser Fortschritte.
Ein zentrales Ziel eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 ist die kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung.
Die ISO 50006 liefert dazu die methodische Grundlage – und in der neuen Fassung wird der Nachweis dieser Verbesserung viel klarer und strenger gefasst.
  • Die neue Norm verlangt, dass Organisationen nicht nur Kennzahlen definieren, sondern konkret darlegen können, wie und warum sich die energiebezogene Leistung verbessert hat.
  • Dazu müssen Vergleiche mit validierten energetischen Ausgangsbasen (EnBs) gemacht werden, unter Berücksichtigung normalisierter Einflussfaktoren.
  • Die Norm enthält strukturiertere Anforderungen, welche Daten, welche Methoden und welche Dokumentationen verwendet werden sollen, um den Fortschritt nachzuweisen.
    Zum Beispiel: Vorher-nachher-Vergleiche, Trends über Zeit, Regressionsanalysen oder spezifische EnPI-Bewertungen über mehrere Zeiträume hinweg.
  • Energieeinsparung kann ein Ergebnis von weniger Produktion sein – das bedeutet aber nicht automatisch eine Verbesserung der energiebezogenen Leistung.
  • Die Norm betont: Nur effizienzbezogene Verbesserungen – also mehr Output pro Energieeinheit oder gleicher Output mit weniger Energie – zählen als Verbesserung im Sinne der Norm.
  • Der Nachweis der Verbesserung soll in den Kontext von Zielen, Indikatoren und Maßnahmen gestellt werden. Dies soll eine Verbindung zwischen operativen Daten und strategischen Entscheidungen herstellen (z.B. für Investitionen oder Förderanträge).
Unternehmen erhalten somit ein klareres Bewertungsraster, ob sie tatsächlich Fortschritte machen oder nur statistische Schwankungen beobachten.
Auditoren und externe Stakeholder können den Nachweis objektiver nachvollziehen.
Fördermittelgeber (z.B. das BAFA) verlangen oft einen konkreten Nachweis von Effizienzgewinnen – dafür ist diese Neuregelung hilfreich.

Strukturelle Überarbeitung

Die Struktur der Norm wurde von zuvor 4 auf nun 10 Kapitel erweitert.
Sie orientiert sich stärker an der High Level Structure (HLS), wodurch sich Synergien mit anderen Managementsystemnormen wie ISO 9001 oder der ISO 14001 ergeben.

Fazit

Die neue Fassung der ISO 50006 macht deutlich:
Der Nachweis der Verbesserung der energiebezogenen Leistung muss fundiert, nachvollziehbar, methodisch sauber und auf belastbaren Daten beruhend erfolgen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass die Investition in die Normpublikationen für Unternehmen, die ein strukturiertes und zukunftsfähiges Energiemanagement anstreben, trotz der Kosten absolut empfehlenswert ist.