BGH-Urteil zu Kundenanlagen

Übergangsregelung für Kundenanlagen tritt in Kraft

Der Bundestag hat im Rahmen der EnWG-Novelle einen vorübergehenden Bestandsschutz für bestehende Kundenanlagen beschlossen (§ 118 Abs. 7 EnWG).
Energieanlagen, die vor Inkrafttreten der Novelle an ein Energieversorgungsnetz angeschlossen wurden und unter die Definition der Kundenanlage fallen, bleiben bis zum 31.12.2028 von den regulatorischen Pflichten für Energieversorgungsnetze ausgenommen.

Hintergrund sind EuGH- und BGH-Urteile, die die bisherige Regelung (§ 3 Nr. 24a EnWG) als unionsrechtswidrig bzw. nur eingeschränkt anwendbar bewertet haben.

Der Bestandsschutz soll Zeit für eine endgültige gesetzliche Lösung schaffen und Betreibern ermöglichen, sich auf neue Anforderungen vorzubereiten (z. B. Übereignung an Netzbetreiber oder Betriebsführung durch diesen).
Die Übergangsregelung gilt nur für bereits angeschlossene Anlagen, nicht für neue Projekte. Unklar bleibt, ob Änderungen oder Erweiterungen den Bestandsschutz entfallen lassen.

Die Vereinbarkeit der Übergangslösung mit Unionsrecht ist nicht gesichert.
Eine endgültige Regelung für Kundenanlagen steht also weiterhin aus.

Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Beschluss vom 13.05.25 klargestellt, dass Leitungsanlagen, die der Weiterleitung von Elektrizität an – dafür bezahlende – Letztverbraucher dienen, nicht als Kundenanlagen gemäß §3 Nr.24a EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) einzustufen sind.
Vielmehr handelt es sich in diesen Fällen um Verteilernetze im Sinne von Art.2 Nr.28 der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie.
Das hier verlinkte Urteil folgt damit der Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 28.11.2024 (C-293/23).
Wer vor Ort Strom produziert und über eigene Leitungen an mehrere Endkunden verkauft, betrieb bisher ein privilegiertes Kundenanlagen-Modell.
Dies wird nach dem Urteil des BGH bald nicht mehr möglich sein. Der Betreiber muss künftig die vollen regulatorischen Pflichten (z.B. Netzgebühren, dokumentarische Anforderungen etc.) erfüllen.
Die Rechtsbeschwerde einer Anlagenbetreiberin wurde zurückgewiesen. Sie hatte unter Berufung auf den Kundenanlagenstatus eine vereinfachte Abrechnungsform über Unterzähler (Summenzählermodell) gefordert.
Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf Betreiber dezentraler Energieversorgungsstrukturen, insbesondere im Bereich von Quartierslösungen, Mieterstrommodellen und Campusnetzen, aber auch beispielsweise bei Industrieparks oder Einkaufszentren.
Die Bundesregierung muss nun durch eine europarechtskonforme Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) für Klarheit sorgen. Dies dürfte jedoch etliche Monate in Anspruch nehmen.
Zwischenzeitlich wurde ein Referentenentwurf mit der sperrigen Bezeichnung “Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich, zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften sowie zur rechtsförmlichen Bereinigung des Energiewirtschaftsrechts” veröffentlicht, den Sie unter “Weitere Informationen” finden können.
Wie unter anderem der Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer (hier) zu entnehmen ist, besteht allerdings immer noch für viele Punkte Klärungsbedarf.

Ergebnis Kurzumfrage

Vor diesem Hintergrund hat die DIHK im März bundesweit Unternehmen zum Thema befragt.
Das Ergebnis finden Sie unter unter “Weitere Informationen” als pdf-Datei.
Die Rückmeldungen aus den Betrieben zeigen, dass mehr als die Hälfte davon eine Kundenanlage betreibt – vielfach sogar unbewusst.

Verbändeappell Kundenanlage

27 Verbände, darunter BBEn, BDI, VCI, VKU und DGRV, fordern gemeinsam mit der DIHK die Bundesregierung in einem Appell dazu auf, Rechtssicherheit für die Kundenanlage herzustellen.
Den Appell finden Sie unter unter “Weitere Informationen” als pdf-Datei.

Stand: 02.09.2025