Recht und Steuern

Verbraucherschlichtung - Mehrwert und Abmahnungsrisiko

Seit 2016 können Unternehmen und Verbraucher bei Unstimmigkeiten eine Verbraucherschlichtungsstelle einschalten. Als neutrale Stelle kann sie für beide Seiten von Vorteil sein und zu interessengerechten Lösungen beitragen.

Informationspflichten: Vorsicht Abmahnrisiko!
Obwohl Schlichtung grundsätzlich freiwillig ist, müssen sich Unternehmen spätestens mit Inkrafttreten der Informationspflichten mit dem Thema auseinandersetzen. Denn nach § 36 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) müssen Unternehmen selbst dann auf ihrer Website und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitteilen, ob sie im Streitfall an einem Schlichtungsverfahren teilnehmen, wenn sie dies nicht wünschen.

Eine weitere Pflicht enthält § 37 VSBG. Hiernach müssen sie dem Verbraucher zusätzlich im konkreten Einzelfall, falls sich eine Beschwerde nicht direkt lösen lässt, in Textform – also z. B. per Mail – mitteilen, ob sie zu Schlichtung bereit sind oder nicht. Außerdem muss, anders als nach § 36 VSBG, die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle genannt werden. Das gilt auch dann, wenn das Unternehmen nicht zu einer Teilnahme bereit ist.

Beide Pflichten sollten ernst genommen werden; auch, weil es bereits vielfach zu Abmahnungen kam.

Alle Unternehmen, die online mit Verbrauchern Verträge abschließen, müssen zudem auf ihrer Internetseite auf die sog. europäische ODR-Plattform hinweisen (Art. 14 ODR-Verordnung), samt anklickbarem Link. Typischerweise wird das im Impressum gemacht. Die mehrsprachige Plattform selbst ist übrigens keine Schlichtungsstelle, sondern weist den Weg zur richtigen Stelle und kann daher insbesondere für Kunden aus dem Ausland eine Hilfe darstellen.

Von der Pflicht nach § 36 VSBG sind Unternehmen, die am 31.12. des jeweils vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben, befreit. Diese Ausnahme gilt nicht für die Pflichten nach § 37 VSBG und Art. 14 ODR-Verordnung.

Vorteile für Unternehmen
Doch auch abgesehen vom Erfüllen dieser Pflichten lohnt sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema, denn Schlichtung bietet für Unternehmen handfeste Vorteile.

Denn auch wenn der Begriff „Verbraucherschlichtungsstelle“ vielleicht zu einer anderen Annahme verleiten könnte, ist Schlichtung wie immer streng der Unparteilichkeit und Neutralität verpflichtet und keine Interessenvertretung für Verbraucher. Im Rahmen der Schlichtungsverfahren kommen beide Seiten zu Wort, ein Schlichtungsvorschlag muss die objektive Sach- und Rechtslage schildern und bringt so beide Parteien auf Augenhöhe. Allein das ist ein echter Mehrwert gerade für Mittelständler ohne eigene Rechtsabteilung. Von dritter Seite wird im Verfahren festgestellt, ob und wenn ja, in welcher Höhe, der vom Verbraucher geltend gemachte Anspruch besteht. Außerdem verhindert der frühzeitige Hinweis, dass man zu einem Schlichtungsverfahren bereit ist, das weitere Eskalieren einer Streitigkeit, die Zeit, Nerven und damit letztlich immer Geld kostet. Dem Kunden wird so signalisiert, dass sein Problem ernst genommen wird und der Händler zu einer rechtlichen Überprüfung bereit ist, egal was diese zeigen wird.

Überschaubares Kostenrisiko
Diese und weitere positive Aspekte gehen noch zu oft unter, weil Unternehmen auch Sorgen, insbesondere in Hinblick auf die mit Schlichtung verbundenen Kosten, haben. In der Tat sieht das VSBG vor, dass vom Verbraucher keine Kosten erhoben werden dürfen. In der Regel fallen jedoch auf der Unternehmerseite Verfahrensentgelte an. Bei der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle, liegen diese in einem Bereich von 50 bis 600 Euro, je nachdem, wie hoch der Streitwert ist.

Einige Händler befürchten eine Kostenexplosion durch Antragswellen. Doch zeigt die Praxis der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle, dass es bislang noch nie zu Antragswellen kam. Ein Unternehmen mit 2 Millionen Kunden, das seit 2016 nach §§ 36, 37 VSBG auf die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle verweist, hatte zum Beispiel erst 2 Fälle, die ein Entgelt auslösten. Das Kostenrisiko ist nach den bisherigen Erfahrungen also als gering zu bewerten.

Hinzu kommt, dass ein Antrag erst dann ein kostenpflichtiges Verfahren auslöst, wenn der Verbraucher sich im Vorfeld schon selbst beim Unternehmen gemeldet hatte und das Problem nicht auf diesem direkten Weg behoben wurde. Hatte das Unternehmen dafür weniger als zwei Monate Zeit, kann es um Aussetzung des Verfahrens bitten, wodurch die Kosten entfallen.

Sofern dies nicht geht, kann – soweit sinnvoll – eine erhebliche Kostensenkung durch ein sofortiges Anerkenntnis erzielt werden.

Viel Mehrwert bei geringen Kosten
Doch selbst wenn das Unternehmen das Verfahrensentgelt in vollem Umfang tragen muss, bekommt es dafür viel: eine rechtliche Aufarbeitung des Falls, objektiv und unparteilich, zudem in einer leicht und auch für Nicht-Juristen gut verständlichen Sprache. Neben der rein rechtlichen Bewertung kann die Lösung durchaus die individuellen Interessen der Parteien berücksichtigen.

Schlichtung ist dabei keinesfalls ein Kompromiss um jeden Preis, auch kein 50/50 und erst recht kein blindes Folgen des Antragsziels mit systematischem Kulanzzuschlag zulasten des Unternehmens. Vielmehr wird beiden Seiten die Rechtslage erläutert, so dass sie wissen, was ihnen von Gesetzes wegen zusteht und was sie in die Lage versetzt zu erkennen, ob ggf. eine andere Lösung besser wäre.

Fazit
Ob ein Unternehmen sich nun im Rahmen seiner Informationspflicht dazu bereit erklärt, an einem Verfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, ist letztlich eine unternehmerische Entscheidung – was dem Gedanken der Freiwilligkeit der Schlichtung entspricht. Doch gute Gründe sprechen für ein „Ja“ dazu.

Felix Braun
Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle
des Zentrums für Schlichtung e.V., Kehl am Rhein
(www.verbraucher-schlichter.de)

Info:
Ausführliche Hinweise und Muster zur Formulierung der Informationspflichten finden Sie in der Broschüre „Ist Schlichten besser als Richten?“ des DIHK-Verlags (www.dihk-verlag.de).