Wirtschaftliche Rahmenbedingungen entschlossen verbessern

Ilja Nothnagel zum Jahresgutachten des Sachverständigenrates

Damit Deutschland seine Wachstumsschwäche überwinden kann, sind nach Auffassung der Wirtschaftsweisen mehr Zukunftsinvestitionen erforderlich. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) teilt die Forderung nach Maßnahmen, die der Wirtschaft auf einen langfristigen Wachstumspfad helfen.
In seinem Jahresgutachten 2023/2024 formulierte der Sachverständigenrat (SVR) zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung am 8. November die Erwartung, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,4 Prozent sinken und 2024 um 0,7 Prozent zulegen wird.  "Deutliche Wachstumshemmnisse" für die kommenden Jahre sehen die Wirtschaftsweisen in der demografischen Alterung, dem geringen Produktivitätswachstum, einem veralteten Kapitalstock sowie der geringen Anzahl junger und innovativer Unternehmen. 
Anzeichen für einen selbstragenden Aufschwung sind derzeit nicht zu sehen", kommentiert Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, den Bericht. "Zu groß sind neben den konjunkturellen insbesondere die strukturellen Herausforderungen: weiterhin hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, hohe Zinsen. Zu groß ist die Verunsicherung bei den Unternehmen."
Das zeige auch die jüngste Herbst-Konjunkturumfrage der DIHK, der zufolge mehr als die Hälfte der Betriebe in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen aktuell ein Geschäftsrisiko sehen. "Das sollte ein Weckruf für die Regierung sein, schnell und konsequent zu handeln", so Nothnagel.
Energiekosten müssen sinken
"Damit die deutsche Wirtschaft wieder auf einen langfristigen Wachstumspfad kommt, braucht sie dringend Maßnahmen, die bei den Unternehmen direkt ankommen", stellt er klar. "Für Investitionen hierzulande müssen die Energiekosten sinken. Auch der Sachverständigenrat sieht hier zu Recht Ansatzpunkte insbesondere bei der Stromsteuer, die auf das europäische Mindestniveau reduziert werden sollte."
Aus Sicht vieler Betriebe sollten auch Abgaben, Umlagen und Netzentgelte sinken, fordert Nothnagel. "Gleichzeitig brauchen Unternehmen jetzt Anreize, um direkt und langfristig selbst oder mit Partnern in erneuerbare Energien investieren zu können und so das Stromangebot zu erhöhen. Nur dann kann die Wirtschaft in der Breite von sinkenden Strompreisen profitieren."
Bankkredite entbürokratisieren
Es sei wichtig, dass der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten die aktuelle Wachstumsschwäche Deutschlands untersuche und Themen für Zukunftsinvestitionen analysiere, bekräftigt das DIHK-Hauptgeschäftsführungsmitglied. "Eine Verbesserung des Zugangs zu einem möglichst einheitlichen europäischen Kapitalmarkt ist zwar richtig. Bei der Wagniskapitalfinanzierung müssen in der Tat dringend Fortschritte erzielt werden. Notwendig bleibt aber, insbesondere für die Breite des Mittelstands den Fokus auch auf die bankbasierte Finanzierung zu legen. Hier belasten Bürokratie und neue umfangreiche Berichtspflichten den Finanzierungszugang für viele deutsche Unternehmen."
Und: "Zusätzlich zu den SVR-Ausführungen zur Forschungszulage und zu einzelnen Abschreibungsmaßnahmen sollten im Wachstumschancengesetz die vorgesehenen Entlastungen in Höhe von rund 7 Milliarden Euro uneingeschränkt umgesetzt werden", präzisiert Nothnagel. "Das wäre ein kleiner, aber wichtiger erster Schritt heraus aus der aktuellen Krise."