Krieg in der Ukraine

Notfallplan Gas

Aktueller Stand der Gasversorgung 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 23. Juni 2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Der damals befürchtete Lieferstopp durch Nordstream 1 ist daraufhin eingetreten und wird durch die Sabotage bzw. geopolitischer Spannungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg auch in absehbarer Zeit nicht wieder aufgehoben werden. Dennoch ist die Versorgungssicherheit in Deutschland aktuell gewährleistet.
Bisher wurden auf noch keiner Ebene Netzeingriffe durch die Bundesnetzagentur erforderlich. Der vormals überwiegende Bezug von Erdgas aus Ost-West-Richtung hat sich hin zu westeuropäischen Quellen verschoben, wobei das Thüringer Erdgasnetz von beiden Richtungen aus adäquat versorgt werden kann. Es wurden alle Ziele bei der Einspeicherung von Erdgas erfüllt, wobei der aktuelle Speicherstand in den letzten Wochen mehrmals die 99% überschritten hat. Insgesamt haben sich die Gesamtumstände durch folgende Faktoren verbessert: 
  • Höhere Durchschnittstemperaturen
  • geringere Verbräuche insb. aus verzögertem Beginn der Heizperiode
  • gesteigerte Importe aus Niederlanden und Belgien sowie Norwegen
  • aktuell zusätzlich Importe aus Frankreich möglich
  • verringerte Exporte in Nachbarstaaten
  • beschleunigter Aufbau LNG Terminals und Anbindungsleitungen 
Dies kann sich jedoch auch kurzfristig schnell ändern, weshalb Sie die im Nachfolgenden beschriebenen Hinweise beachten sollten. 
 
Der tägliche Lagebericht der Bundesnetzagentur gibt Auskunft über die Gaszuflüsse nach Deutschland.
Die Ausrufung der Alarmstufe ist der zweite Schritt nach der Frühwarnstufe  im Notfallplan Gas.

Die drei Stufen des Notfallplan Gas:

  1.  Frühwarnstufe (Frühwarnung): „Es liegen konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf vor, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- bzw. der Notfallstufe führt; die Frühwarnstufe kann durch ein Frühwarnsystem ausgelöst werden.“
  2.  Alarmstufe (Alarm): „Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt, der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen.“
  3. Notfallstufe (Notfall): „Es liegt eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage vor und es wurden alle einschlägigen marktbasierten Maßnahmen umgesetzt, aber die Gasversorgung reicht nicht aus, um die noch verbleibende Gasnachfrage zu decken, sodass zusätzlich nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um insbesondere die Gasversorgung der geschützten Kunden gemäß Artikel 6 sicherzustellen (Quelle: Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland; BMWK 9/2019)

Besonderer Stellenwert von geschützten Kunden:

Bestimmte Kunden unterliegen einem besonderen Schutz, wie beispielsweise Haushaltskunden und Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen.
Zu diesen geschützten Kunden zählen:
  1. Haushaltskunden 
  2. Kunden, deren Verbrauch über standardisierte Lastprofile ermittelt werden kann (Ausspeiseleistung maximal 500 kWh pro Stunde und jährliche Gasentnahme unter 1,5 Mio. kWh). Hierunter fallen kleine und mittlere Unternehmen der Sektoren Gewerbe, Handel, Dienstleistungen.
  3. Letztverbraucher im Erdgasverteilernetz, die Haushaltskunden zum Zwecke der Wärmeversorgung beliefern
  4. Fernwärmeanlagen, welche keinen Brennstoffwechsel vornehmen können, insoweit sie Haushaltskunden, Standardlastprofilkunden und solche Kunden beliefern, die grundlegende soziale Dienste erbringen.
  5. Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen. Ein „grundlegender sozialer Dienst beinhaltet Dienste in den Bereichen Gesundheitsversorgung (z.B. Krankenhäuser), essenzielle soziale Versorgung (z.B. die Strom- und Wasserversorgung), Notfallversorgung, Sicherheit, Bildung oder öffentliche Verwaltung. 
Achtung: Der überwiegende Teil der Unternehmen zählt nicht zu diesen Gruppen!
Weitere Informationen: 
Bundesnetzagentur geschützte Kunden
 

Hierarchie der Gasabschaltungen

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss im Fall einer Gasnotlage und Ausrufen der Notfallstufe als Bundeslastverteiler festlegen, wer in Deutschland weiter versorgt werden soll, und wer abgeschaltet werden muss. Sie berücksichtigt dabei die aus einer Abschaltung resultierenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen. Diese Informationen werden seit 29.09.2022 digital auf der Sicherheitsplattform Gas zusammengeführt, welcher nach §1a GasSV (Gassicherungsverordnung)  jedes Unternehmen mit einer technischen Anschlusskapazität von 10 MWh/h Gas beizutreten muss. 

Maßnahmen für Unternehmen

Wir empfehlen verschiedene Schritte und Überlegungen, wie Sie sich in der aktuellen Situation verhalten können.
  • Netzbetreiber kontaktieren: Sollten Sie von Ihrem Netzbetreiber noch nicht angeschrieben worden sein, nehmen Sie unverzüglich mit diesem Kontakt auf und übermitteln ihm die folgenden Daten.
  1. allgemeine Daten wie Firmenname und Anschrift sowie Branche
  2. Ansprechpartner im Fall einer drohenden Erdgas-Netzstörung (Entscheidungsträger) mit Telefonnummer und Erreichbarkeit (möglichst 24 Stunden/ 7 Tage)
  • folgende Daten sollten Sie bei der Ausrufung der Alarmstufe bereithalten
  1. * Wie lange benötigen Sie minimal zum ordnungsgemäßen Herunterfahren von Betriebsprozessen mit Gasrelevanz?
  2. * Gasverbrauch und Lastkurven
  3. * Besitzen Sie eine redundante Gas unabhängige Versorgung für Ihre Prozesse? Können Sie Gas kurzfristig beispielsweise durch andere Energieträger ersetzen?
  4. * Für welchen Zeitraum können Sie gegebenenfalls Gas als Betriebs- oder Prozessmittel ersetzen?
  5. * Finden Ihre Produkte gegebenenfalls in lebenswichtigen  Bereichen wie Lebensmittelversorgung, Pharmazie oder Sicherstellung der  Energieversorgung Einsatz?
* Diese Daten werden wahrscheinlich von der Bundesnetzagentur (BNetzA) mit dem Relaunch der Sicherheitsplattform Gas (geplant für Juni 2022) abgefragt. Die relevanten Unternehmen erhalten eine direkte Information durch die BNetzA (Gasverbrauch > 10.000 KWh)
  • Gas einsparen: Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung einer Gasmangellage ist das sofortige Einsparen von Erdgas. Dies gilt nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die gesamte Gesellschaft. Deshalb werben Sie auch bei Ihren Mitarbeitern dafür, die privaten Verbräuche zu reduzieren.
  • Lieferkette prüfen: Überprüfen Sie Ihre gesamte Lieferkette auf Gasrelevanz. Der Ausfall von Rohstoffen, Vorprodukten und Halbzeugen aufgrund des Stopps der Gasversorgung betrifft Ihre Produktion unmittelbar.
  • Alternativen und Gegenmaßnahmen entwickeln: Je besser Sie auf einen möglichen Stopp der Gasversorgung vorbereitet sind, um so geringer sind die Auswirkungen auf Ihr Unternehmen. Deshalb führen Sie eine Risikoanalyse durch, die die Energieversorgung und die Lieferkette einschließt, planen Sie jetzt Maßnahmen und ermitteln Sie alternative Versorgungsstrukturen oder beginnen Sie diese aufzubauen.