Pan-Europa-Mittelmeer-Zone: ATLAS-Codierungsanforderungen für neue Ursprungsregeln

Unternehmen, die Waren mit der Schweiz, Norwegen, Island, den Faröer-Inseln, Jordanien oder Albanien austauschen, profitieren seit dem 1. September 2021 von vereinfachten Ursprungsregeln.
Die EU-Mitglieder und 22 weitere Partner – darunter etwa die EFTA-Staaten, die Mittelmeeranrainer, die westlichen Balkanstaaten oder die Türkei – hatten sich im "Regionalen Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln", kurz PEM, auf modernisierte Ursprungsregeln geeinigt.
In Kraft treten getreten sind die neuen PEM-Ursprungsregeln am 1. September 2021, zunächst allerdings nur mit der Schweiz, Norwegen, Island, den Faröer-Inseln, Jordanien und Albanien. Die EU geht davon aus, dass die übrigen PEM-Länder bis Ende 2021/Anfang 2022 nachziehen. Lediglich Marokko, Algerien und Syrien haben den neuen Regeln bislang nicht zugestimmt. Dort, wo sie gelten, erleichtern es die neuen Vorschriften den Unternehmen erheblich, den präferenziellen Ursprung zu erreichen und damit im gegenseitigen Warenverkehr Zölle zu sparen.

Wichtige Änderungen:

Zu den wichtigsten Änderungen zählen etwa einfachere Be-/Verarbeitungsregeln für mehrere Kapitel im weltweit "Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung von Waren" (HS), die Nutzung gleitender Durchschnittspreise bei Ursprungskalkulationen, die Anhebung der Schwellenwerte bei der Toleranzregel von 10 auf 15 Prozent, eine vereinfachte "buchmäßige Trennung" oder die Berücksichtigung von Teilbearbeitungen/Wertschöpfungsanteilen bei der Kumulierung. Und: Perspektivisch sollen die auf den neuen Ursprungsregeln basierenden Nachweise auch elektronisch erstellt und übermittelt werden können.
Weiterhin wurden im TARIC zwei neue Codes geschaffen, die seit dem 1.9.2021 gelten:
  • „U075“: für eine Warenverkehrsbescheinigung EUR. 1, die im Rahmen der neuen Pan-Euro-Mittelmeer-Übergangsursprungregeln ausgefertigt wurde und im Feld 7 den Vermerk „Transitional Rules“ enthält.
  • „U076“: für eine Ursprungserklärung, die im Rahmen der neuen Pan-Euro-Mittelmeer-Übergangsursprungsregeln ausgefertigt wurde und den Vermerk “origin according to the transitional rules” enthält.
Hinweis zur Ursprungserklärung: Der Zusatzvermerk und folglich die Codierung U076 ist unabhängig von der Höhe des Warenwertes und unabhängig vom Status des Exporteurs (Stichwort „Ermächtigter Ausführer“) zu verwenden.
Details zu den Regelungen enthalten die Beschlüsse, mit denen die EU bereits im Dezember 2020 die Vorkehrungen zur geplanten Anwendung ab September 2021 getroffen hat. Sie sind abrufbar im Amtsblatt der Europäischen Union.
Da nicht alle PEM-Länder den neuen Ursprungsregeln zugestimmt haben, werden übergangsweise sowohl die alten als auch die neuen PEM-Ursprungsregelsysteme parallel anwendbar sein. Die Unternehmen können zwischen beiden Systemen frei wählen, und zwar sendungsbezogen. Entsprechend wird es übergangsweise zwei parallele Kumulierungszonen geben.
Hinweis: Eine automatische Verwendung von "PEM 1.0"-Nachweisen bei Präferenzkalkulationen für Export- oder Kumulierungszwecke im Rahmen der neuen "PEM 2.0"-Regeln ist nicht möglich. Stattdessen ist vorgesehen, dass Exporteure die Anwendung der neuen Übergangsregeln explizit auf den Präferenzdokumenten mit dem Zusatz "transitional rules" beziehungsweise "gemäß den Übergangsregeln" vermerken müssen. In der Konsequenz benötigen die ausführenden Unternehmen von ihren EU-Zulieferern – gegebenenfalls rückwirkend – (Langzeit-) Lieferantenerklärungen, die je nach PEM-Land ebenfalls einen solchen Zusatzvermerk aufweisen müssen.
Das Guidance-Papier zu den alternativ anwendbaren PEM-Übergangsursprungregeln („transitional rules“) finden Sie hier (PDF).
Inzwischen stehen ergänzende Informationen zu Codierungsanforderungen in Zollanmeldungen, zum Ratifizierungsprozess sowie eine Kumulierungsmatrix für die neuen PEM-Ursprungsregeln zur Verfügung.
Ratifizierungsprozess: Auf der Website zoll.de informiert die Generalzolldirektion in einer Tabelle zeitnah darüber, welche weiteren PEM-Länder die neuen "PEM 2.0-Regeln" ratifiziert haben. Neben der Schweiz (einschließlich Lichtenstein), Island, Norwegen, Färöer, Jordanien und Albanien sind die neuen Regeln inzwischen auch mit den palästinensischen Gebieten, Georgien und Nordmazedonien anwendbar. Der Stand vom 2.11.2021 ist als Auszug beigefügt (siehe Anlage).
Matrix zur diagonalen Kumulierung für neue Übergangsursprungsregeln (Transitional Rules) aktualisiert: Die EU-Kommission hat am 10.02.2023 im EU-Amtsblatt C 51 eine neue Mitteilung 2023/C 51/01 zur Anwendung der Übergangsregeln (Transitional Rules) für den Ursprung betreffend die diagonale Kumulierung zwischen den anwendenden Vertragsparteien in der Pan-Europa-Mittelmeer-Zone (PEM) veröffentlicht. Die Tabelle 1 der o.g. Mitteilung stellt eine vereinfachte Übersicht (Matrix) über die Möglichkeiten der diagonalen Kumulierung mit den neuen Transitional Rules in der Pan-Europa-Mittelmeer-Zone dar. Damit eine diagonale Kumulierung mit einem dritten Partner zulässig ist, müssen alle Felder der Tabelle zwischen den drei Partnern mit einem „X“ markiert sein. Die Tabelle 2 enthält das Datum der Anwendbarkeit der diagonalen Kumulierung auf Basis der neuen Regeln. Neu hinzugekommen sind die Kumulierungsmöglichkeiten zwischen diversen Staaten des Balkans und Moldawien zum 01.02.2023. 
Codierung: In der o.g. Tabelle auf zoll.de weist der Zoll auch darauf hin, bis zu welchem Datum eine Sonderregelung bei der Codierung von Präferenznachweisen in ATLAS-Zollanmeldungen für die jeweiligen PEM-Länder anzuwenden ist. Die Sonderregelung erfordert im Prinzip eine Doppelcodierung: Zusätzlich zur Codierung der neuen Präferenznachweise ("PEM 2.0") ist temporär auch die Codierung der alten Präferenznachweise ("PEM 1.0") erforderlich. Dabei müssen dem Zollanmelder die alten Nachweise nicht vorliegen. Details zur Codierung entnehmen Sie bitte der Fachmeldung des Zolls ATLAS-Info 0226/2021 vom 29.09.2021 (PDF). Nur mit Hilfe dieser temporären Sonderregelung (Doppelcodierung) können die Präferenzzölle auf Grundlage der neuen, alternativen PEM-Übergangsursprungsregeln gewährt werden.
Hintergrund: Die übergangsweise Sonderregelung (Doppelcodierung) ist erforderlich, da die PEM-Länder sehr kurzfristig entscheiden können, die neuen alternativen Ursprungsregeln anzuwenden und eine zeitnahe Umsetzung im IT-Verfahren ATLAS nicht gewährleistet werden kann.