LIEFERKETTENGESETZ

LkSG-Praxisleitfaden für KMU

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“) ist derzeit in aller Munde. Dabei stellt es nicht nur die vom LkSG direkt erfassten Unternehmen, sondern auch die kleinen und mittelgroßen Zulieferer dieser Unternehmen vor die erhebliche Herausforderung, die Einhaltung der menschen- und umweltrechtlichen Standards des LkSG entlang ihrer Lieferkette organisatorisch und strukturell zu überprüfen und zu gewährleisten, da ihre direkt betroffenen Kunden sie hierzu regelmäßig vertraglich verpflichten.

1. Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen

Der LkSG-Praxisleitfaden für KMU soll eine Hilfestellung für deutsche und ausländische Unternehmen darstellen, die als Zulieferer zwar nicht unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen („KMU“), deren Vertragspartner aber vom Anwendungsbereich des LkSG erfasst werden und die LkSG-Pflichten in Form von Verpflichtungs- bzw. Weitergabeklauseln an die KMU weitergeben. Auch KMU können aufgrund dieser Verpflichtungs- bzw. Weitergabeklauseln von ihrem Vertragspartner also verpflichtet werden, LkSG-Standards einzuhalten. Dieser Leitfaden soll KMU daher kurz und prägnant aufzeigen, welche LkSG-Standards an sie als Zulieferer des Vertragspartners weitergegeben werden können und praktische Hinweise geben, wie sie sich bei Vertragsverhandlungen zu LkSG-Verpflichtungs- bzw. Weitergabeklauseln verhalten sollten.

2. Verpflichtungs- bzw. Weitergabeklauseln: Welche LkSG-Standards und -Anforderungen können weitergeben werden?

a) Relevante LkSG-Standards

Das LkSG erfasst zunächst „lediglich“ bestimmte Grundrechts-Standards mit arbeitsrechtlichem Bezug und eine Auswahl an Umweltstandards. Diese Standards müssen von den vom LkSG erfassten Unternehmen entlang ihrer Lieferkette eingehalten werden und deshalb kann auch von ihren Zulieferern – den KMU – die Einhaltung dieser Standards grundsätzlich im Wege von Verpflichtungs- bzw. Weitergabeklauseln gefordert werden. Bei diesen LkSG-Rechtspositionen handelt es sich insbesondere um folgende:
  • Verbot von Kinderarbeit
    Dieses Verbot umfasst die Beschäftigung eines Kindes unterhalb des Alters, mit dem am Beschäftigungsort (im Ausland oder in Deutschland) die Schulpflicht endet, wobei das Beschäftigungsalter 15 Jahre nicht unterschreiten darf.
  • Verbot von Zwangsarbeit, Sklaverei, sklavenähnlicher Praktiken, Leibeigenschaft oder anderer Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung am Beschäftigungsort
  • Verbot der Missachtung der am Beschäftigungsort geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes
    Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigungsortes; es darf durch eine solche Missachtung nicht die Gefahr von Unfällen oder Gesundheitsgefahren am Arbeitsort entstehen.
  • Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit
    Die Koalitionsfreiheit fordert von Unternehmen „lediglich“, dass sie innerhalb ihres Geschäftsbereiches darauf achten, Vereinigungen oder andere Gruppen in ihrer Gründung und ihren Aktivitäten nicht durch ihr unternehmerisches Handeln zu behindern. Dies bedeutet, Unternehmen müssen keine Gewerkschaften gründen oder deren Gründung fördern, sie dürfen aber der Gründung und der Tätigkeit einer Gewerkschaft keine Steine in den Weg legen.
  • Verbot der Ungleichbehandlung der Beschäftigten
    Ungleichbehandlungen aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Religion oder Weltanschauung sind unzulässig, sofern diese nicht in den Beschäftigungserfordernissen begründet sind. Das Muster-Beispiel für eine solche Ungleichbehandlung ist die Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit.
  • Bezahlen eines angemessenen Lohns
    Maßstab für den angemessenen Lohn ist nicht das deutsche Lohnniveau, sondern mindestens der Mindestlohn nach dem Recht des Beschäftigungsortes.
  • Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädlichen Lärmemission oder eines übermäßigen Wasserverbrauchs
  • Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des widerrechtlichen Entzugs von Land, von Wäldern und Gewässern
  • Verbot der Beauftragung oder Nutzung privater oder öffentlicher Sicherheitskräfte zum Schutz des unternehmerischen Projekts, wenn aufgrund mangelnder Unterweisung oder Kontrolle beim Einsatz der Sicherheitskräfte:
    • das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung missachtet werden könnte,
    • Leib oder Leben verletzt werden könnte oder
    • die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit beeinträchtigt werden könnte.
  • Verbot der Herstellung von mit Quecksilber versetzten Produkten, der Verwendung von Quecksilber und Quecksilberverbindungen bei Herstellungsprozessen und der Behandlung von Quecksilberabfällen gem. des Übereinkommens von Minamata vom 10. Oktober 2013 über Quecksilber
  • Verbot der Produktion und Verwendung von Chemikalien sowie der nicht umweltgerechten Handhabung, Sammlung, Lagerung und Entsorgung von Abfällen nach dem Stockholmer Übereinkommen vom 23. Mai 2001 über persistente organische Schadstoffe
  • Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle i. S. d. Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden gefährlichen Abfälle und ihrer Entsorgung vom 22. März 1989 

b) Weitere LkSG-Anforderungen

Neben den menschenrechts- und umweltbezogenen LkSG-Standards werden viele vom LkSG erfasste Unternehmen bestrebt sein, die nachfolgenden weiteren Punkte an ihre Zulieferer weiterzugeben, um ihren LkSG-Pflichten entlang der Lieferkette gerecht zu werden:
  • Offenlegung der Lieferkette
    Um der LkSG-Verpflichtung nach Transparenz in der Lieferkette gerecht zu werden, können unmittelbare Zulieferer von ihren Kunden vertraglich verpflichtet werden, ihre weitere Lieferkette, sprich all ihre eigenen Zulieferer sowohl bis zu den jeweiligen Herstellungs- und Rohstoffgewinnungsorten als auch bis zu der Lieferung an den Endkunden, offenzulegen. Dieser Pflicht sollten KMU nicht ohne Weiteres ohne Vertraulichkeitsvereinbarung (auch als Non-Disclosure Agreement [NDA], Geheimhaltungsklausel oder Verschwiegenheitsvereinbarung bezeichnet) nachkommen, weil sie Gefahr laufen, wichtige Geschäftsgeheimnisse offenzulegen.

    Zudem kann eine Haftungsklausel zu einer Schadensersatzpflicht z. B. aufgrund eines pauschalisierten Schadensersatzes oder Strafschadensersatz führen, wenn sich der unmittelbare Zulieferer verpflichtet, seine gesamte Lieferkette gegenüber seinem Vertragspartner offenzulegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen einer geänderten Lieferkette oder der Weigerung eines mittelbaren Zulieferers in der Upstream- oder Downstream-Lieferkette[1] diese nicht mehr offenlegen kann oder will (siehe hierzu Kapitel 3: “Kooperationspflicht des Vertragspartners mit KMU“).
Hinweis: KMU sollten stets prüfen, ob sie die notwendigen Kapazitäten zur Umsetzung solcher vertraglichen Verpflichtungen durch bestehende oder neu geschaffene Prozesse sicher gewährleisten können. Andernfalls könnten sie bei Nichteinhaltung der übernommenen Pflichten aufgrund ihrer administrativen Überlastung in eine untragbare Haftungsfalle geraten.
  • Präventionsmaßnahmen
    • Auditierung
      Im Rahmen „angemessener vertraglicher Kontrollmechanismen“ gestattet das LkSG den direkt vom Gesetz erfassten Unternehmen, seine unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer einer angemessenen Auditierung zu unterwerfen. Allerdings sollte ein solches angemessenes Auditierungsrecht vertraglich so ausgestaltet werden, dass es nur bei
      • Vorliegen eines nachgewiesenen Risikos einer LkSG-Rechtsposition,
      • nach Vorankündigung, zu den üblichen Geschäftszeiten eines Zulieferers und
      • bei gleichzeitig angemessenem Schutz der Geschäftsgeheimnisse (bspw. durch Vertraulichkeitsvereinbarungen, Non-Disclosure Agreements (NDA), Geheimhaltungsklauseln oder Verschwiegenheitsvereinbarungen) greift.
    • Schulungen und Weiterbildungen
Als Teil der angemessenen Präventionsmaßnahmen gegenüber ihren unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern können die vom LkSG erfassten Unternehmen, die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen der unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer-Mitarbeiter zur Durchsetzung der LkSG-Standards von ihren unmittelbaren Zulieferern verlangen.
Hinweis: Für KMU ist es daher sinnvoll, ihre vertraglichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterschulungen mit dem Kunden klar abzustecken, um exzessive Schulungen und Weiterbildungen für ihre Mitarbeiter und die weiteren Mitarbeiter entlang der Lieferkette zu vermeiden, da auch von Zulieferern nicht mehr als die allgemein nach dem LkSG geforderte Bemühenspflicht gefordert werden kann. Obwohl somit keine Erfolgspflicht geschuldet ist, müssen Verpflichtete nachweisen, dass Sie angemessene Maßnahmen ergriffen haben, um menschenrechts- und umweltbezogene Risiken in der Lieferkette zu verhindern.
  • Abhilfemaßnahmen
    Kann ein Unternehmen eine Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen LkSG-Pflicht nicht in absehbarer Zeit beenden, ist es verpflichtet, zusammen mit seinen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung zu erstellen und umzusetzen.
  • Gemeinsamer Plan
    Entsprechend kann ein vom LkSG erfasstes Unternehmen von seinen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern vertraglich verlangen, dass der Zulieferer, der die Verletzung verursacht hat, gemeinsam mit dem Unternehmen einen Plan zur Beendigung oder Minimierung der Verletzung erarbeitet und umsetzt, um der Verletzung effektiv abhelfen zu können.
  • Temporäres Aussetzen der Geschäftsbeziehung
    Das LKSG sieht als weitere Abhilfe-Maßnahme das temporäre Aussetzen der Geschäftsbeziehung mit dem für die Verletzung verantwortlichen unmittelbaren oder mittelbaren Zulieferer vor. Dies kann grundsätzlich in angemessener Form Eingang in den Zulieferervertrag finden (siehe hierzu Kapitel 8: “Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln”). Aus Zulieferer-Perspektive sollte eine vertraglich vereinbarte temporäre Aussetzung des Vertrages nur dann zulässig sein, wenn der Kunde schriftlich nachweist, dass in der KMU-Lieferkette Verstöße oder schwerwiegende Risiken für die LkSG-Rechtsposition vorliegen, die noch nicht beseitigt wurden.
  • Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht
    Nach dem LkSG gilt im Hinblick auf die Vertragsbeziehung mit den jeweils eigenen Zulieferern der Grundsatz „Befähigung vor Rückzug“. Der Abbruch von Geschäftsbeziehungen ist immer ultima ratio und daher nur geboten, wenn:
  1. die Verletzung einer vom LkSG geschützten Rechtsposition als sehr schwerwiegend bewertet wird,
  2. die Umsetzung der im Konzept erarbeiteten Maßnahmen nach Ablauf der im Konzept festgelegten Zeit keine Abhilfe bewirkt,
  3. dem Unternehmen keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung des Einflussvermögens auf den Zulieferer nicht aussichtsreich erscheint.
Ein Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht sollte daher aus Zulieferersicht – wenn überhaupt – nur unter engen Voraussetzungen und als letzte Handlungsoption im Zulieferervertrag mit einem vom LkSG erfassten Unternehmen vorgesehen werden. Dies liegt daran, dass solche Rücktritts- und Kündigungsrechte zu Problemen für KMU-Zulieferer beim Absatz von Produkten/Dienstleistungen führen können, wenn z. B. ein wichtiger Kunde den Vertrag kündigt.

3. Kooperationspflicht des Vertragspartners mit KMU

Im Rahmen der vom LkSG vorgesehenen Kooperation zwischen dem LkSG verpflichteten Unternehmen und KMU als Zulieferern können Erstere insbesondere die nachfolgenden LkSG-Pflichten an ihre Zulieferer durch Weitergabe- und Verpflichtungsklauseln in Zuliefererverträgen weiterreichen:
  • Die Offenlegung ihrer eigenen Lieferkette, soweit der Zulieferer Kenntnis hinsichtlich seiner Lieferkette (upstream und downstream) besitzt und keine entgegenstehende Vertraulichkeitsvereinbarung die Weitergabe verhindert. Denn von einem Zulieferer kann nichts (rechtlich oder faktisch) Unmögliches verlangt werden.
Beachte:
  1. Zulieferer sollten ihre Geschäftsgeheimnisse sowohl hinsichtlich der Prozesse ihres eigenen Geschäftsbereiches als auch bzgl. ihrer Lieferkette durch Vertraulichkeitsvereinbarungen schützen.
  2. Transparenz in der Lieferkette eines Zulieferers macht ihn allerdings zu einem attraktiven Zulieferer sowohl für nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen als auch für alle weiteren Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette.
  • Die Verpflichtung grundsätzlich die oben dargelegten LkSG-Rechtspositionen einzuhalten, um sicherzustellen, dass es zu keinen LkSG-Verstößen kommt.
  • Die Ausarbeitung und Umsetzung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen, bspw. in Form von LkSG-Trainings und Prozessoptimierungen zur Risikominimierung oder der Entwicklung und Umsetzung eines gemeinsamen Planes zur Beendigung oder Minimierung der Verletzung zusammen mit dem Zulieferer, der die Verletzung einer LkSG-Rechtsposition verursacht hat, um die Verletzung effektiv beenden zu können.

4. Empfehlungen für eine kooperative Zusammenarbeit zwischen vom LkSG verpflichteten Unternehmen und KMU

Die Einhaltung der LkSG-Sorgfaltspflichten ist ein Lernprozess für alle Beteiligten – die nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen und ihre Zulieferer. Die Zusammenarbeit in der Lieferkette sollte als dynamischer Prozess verstanden werden, der auf intensivem Dialog und kontinuierlichem Austausch beruht. Nach Ansicht des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“), der für das LkSG in Deutschland zuständigen Behörde, sollten sich die dem LkSG unterliegenden Unternehmen ihrer Rolle und ihres Einflusses als Unternehmen mit größerer Marktmacht bewusst sein. Nach Ansicht des BAFA sollten die nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen daher langfristig mit ihren Zulieferern fair und auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Das BAFA hält die pauschale Abwälzung von LkSG-Pflichten (z. B. durch Verweis auf umfangreiche Zusicherungen oder ein umfassendes LkSG-Risikomanagement des Zulieferers) sowie die Weitergabe von Präventiv- und Abhilfemaßnahmen nur an seine Zulieferer, die die Zulieferer offensichtlich überfordern, für unzulässig. Werden solche Praktiken des direkt vom LkSG erfassten Unternehmens bekannt, riskiert dieses Unternehmen Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen durch das BAFA[2].

5. Zusammenarbeit im Rahmen der Risikoanalyse

Transparenz und vorhandenes Wissen über die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken des LkSG in der eigenen Lieferkette sind zentral für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten des LkSG. Unternehmen, die nach dem LkSG verpflichtet sind, müssen gleichwohl risikobasiert vorgehen und prüfen, welche Informationen sie von ihren unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern für eine angemessene Risikoanalyse tatsächlich benötigen und welche nicht; die erforderlichen Lieferketteninformationen erhalten sie in der Regel nur im Rahmen einer funktionierenden und ausgewogenen Kooperationsbeziehung mit ihren Zulieferern.
Was sollten vom LkSG erfasste Unternehmen beachten?
  • Wenn ein Unternehmen Daten aus der Lieferkette von seinen KMU-Zulieferern anfordert, sollte es begründen, warum und wofür genau diese Daten im Einzelfall benötigt werden, da das Unternehmen nur Anspruch auf solche Daten hat, die für die Transparenz in der Lieferkette erforderlich sind („Datensparsamkeit“).
  • Das durch das LkSG verpflichtete Unternehmen sollte dabei verpflichtet werden, den Schutz der angeforderten Daten zu gewährleisten, z.B. durch Vertraulichkeitsvereinbarungen und angemessene Sicherungsmaßnahmen gegen den Zugriff durch Dritte.
  • Das nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen sollte seine Ressourcen, Informationen und Tools zur Risikoerkennung möglichst auch seinen KMU-Zulieferern zur Verfügung stellen, um die Einhaltung der geforderten LkSG-Standards in der Lieferkette nach einheitlichen Standards sicherzustellen und die LkSG-Compliance zu erhöhen.
Was sollten KMU-Zulieferer beachten?
  • KMU-Zulieferer sollten bei Auskunftsersuchen prüfen, welche Daten ihr Vertragspartner wirklich benötigt und ob berechtigte Interessen einer Offenlegung der gesamten upstream bzw. downstream Zulieferer entgegenstehen.
  • KMU-Zulieferer sollten sich gegenüber dem nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen auf den Grundsatz der Datensparsamkeit berufen und nur notwendige Daten (bspw. Zulieferer, Produktionsorte, etc.) mit Bezug zur Lieferkette weitergeben.
  • Bei Gefahr einer Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen sollte der KMU-Zulieferer diese durch eine Vertraulichkeitsvereinbarung und durch angemessene Datensicherheit vom Vertragspartner schützen lassen.
  • Bei Datenanfragen/Auskunftsersuchen von Unternehmen sollten Zulieferer um eine fundierte Begründung bitten und nur dann Daten zur Verfügung stellen, wenn eine entsprechende, auf dem LkSG basierende, risikobasierte Begründung vorliegt.
  • Zulieferer sollten sich nicht vertraglich verpflichten, Daten an das vom LkSG erfasste Unternehmen zu übermitteln, auf die sie keinen gesicherten oder nur beschränkten Zugriff haben (z. B. Informationen über mittelbare Upstream- und Downstream-Zulieferer).
  • Zulieferer sollten sicherstellen, dass Vorkehrungen zum Schutz der übermittelten Daten beim verpflichteten Unternehmen getroffen werden – z.B. durch Vertraulichkeitsvereinbarungen und durch angemessene Datensicherheit.
Praxis-Tipps für KMU:
  • KMU-Zulieferer sollten daher ihre Upstream- bzw. Downstream-Zulieferer nur dann offenlegen, wenn dies aufgrund von berechtigten Interessen – z. B. nachgewiesene Verletzung oder Risiko eines LkSG-Rechtsgutes – unbedingt erforderlich ist und sie durch angemessene Sicherheitsmaßnahmen[3] schützen lassen.
  • Bevor Daten mit geschäftlicher Relevanz (z.B. Geschäftsgeheimnisse) von einem Zulieferer an das vom LkSG verpflichtete Unternehmen übermittelt werden, sollte die Geheimhaltung dieser Daten durch den Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen vertraglich abgesichert werden.
  • Im Rahmen des Gebots der „Datensparsamkeit“ sollten Zulieferer zudem nur risikobasierte Daten der Lieferkette offenlegen, die einen konkreten Bezug zu Verletzungen oder Risiken bzgl. eines LkSG-Rechtsguts aufweisen, weil diese für eine angemessene LkSG-Risikoanalyse erforderlich sind.

6. Zusammenarbeit im Rahmen von Präventionsmaßnahmen

Bei der Gestaltung von Verträgen zwischen vom LkSG verpflichteten Unternehmen und ihren unmittelbaren Zulieferern verlangt das BAFA eine risikoorientierte und ausgewogene Ausgestaltung der Präventionsmaßnahmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das LkSG keine eigenständigen Haftungsstandards zwischen den Vertragspartnern entlang der Lieferkette begründet. Nach Ansicht des BAFA sollten Unternehmen, die nach dem LkSG verpflichtet sind, daher vertragliche Zusicherungen von Zulieferern mit Kontrollmaßnahmen, Schulungen und Weiterbildungen in eigener Verantwortung flankieren, um eine ausgewogene Vertragsgestaltung zu gewährleisten.
Was sollten vom LkSG erfasste Unternehmen beachten?
  • Vom LkSG erfasste Unternehmen können von ihren KMU-Zulieferern vertraglich die Zusicherung der Einhaltung der LkSG-Standards verlangen, sofern dies aufgrund einer risikobasierten Bewertung durch die eigene Risikoanalyse und der dabei identifizierten und priorisierten Risiken erforderlich ist.
Hinweis: Für eine solche wirksame Zusicherung muss das nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen dem Zulieferer konkret aufzeigen, wie dieser die vertragliche Zusicherung erfüllen kann und ob oder wie das nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen den Zulieferer mit eigenen Ressourcen unterstützt.
  • Die Kosten für Schulungen und Weiterbildungen von Mitarbeitern und Auditierungen von Upstream- bzw. Downstream-Zulieferern sollten grundsätzlich von dem vom LkSG erfassten Unternehmen getragen werden. Die Delegation von Präventionsmaßnahmen an Lieferanten, die diese personell oder finanziell überfordern, wird vom BAFA als unzulässig erachtet und kann zu einer Überprüfung des nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen durch das BAFA führen (siehe Kapitel 4: “Empfehlungen für eine kooperative Zusammenarbeit zwischen vom LkSG verpflichteten Unternehmen und KMU”).
  • Was sollten KMU-Zulieferer beachten?
    • Im Kontext einer angemessenen Pflichten-Verteilung ist KMU-Zulieferern anzuraten, mit ihren Vertragspartnern zu vereinbaren, dass Letztere selbst Schulungen und Weiterbildungen anbieten und ggf. risikobasierte Auditierungen durchführen oder die Kosten für von KMU durchgeführte Schulungen/Weiterbildungen und Auditierungen erstatten. Eine Auditierung beim KMU-Zulieferer sollte allerdings nur dann zulässig sein, wenn ein LkSG-Verstoß substantiiert nachgewiesen wurde.
    • KMU-Zulieferer sollten nur Zusicherungen von LkSG-Standards unterschreiben, auf die sie tatsächlich Einfluss haben und die sie einhalten können, um eine potenzielle Schadensersatzhaftung oder die Beendigung der Geschäftsbeziehung wegen Vertragsverletzung zu vermeiden.
    • Ein KMU-Zulieferer sollte zusätzlich eine individuelle Rechtsberatung durch seine eigene Rechtsabteilung oder durch externe, auf das LkSG spezialisierte Anwälte in Anspruch nehmen, wenn er zu Maßnahmen im Rahmen von LkSG-initiierten Vertragsänderungen oder vertraglichen Zusicherungen verpflichtet werden soll, da es sich hierdurch potenziell einer Schadensersatzhaftung oder der Beendigung der Geschäftsbeziehung wegen Vertragsverletzung aussetzt.
    • Bei Zusicherungen sollte der KMU-Zulieferer schließlich immer prüfen, ob eine Zusammenarbeit zwischen dem nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen und dem Zulieferer zur Umsetzung von Präventionsmaßnahmen bei Upstream- bzw. Downstream-Zulieferern sinnvoll ist, um z.B. gemeinsam mehr Einfluss auf die Upstream- bzw. Downstream-Zulieferer ausüben zu können.
  • Praxis-Tipps für KMU:
    • Nach Ansicht des BAFA kann das nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen eine zurückhaltende Mitwirkung oder Unterstützung von Zulieferern bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen nicht pauschal als Grund für die sofortige Beendigung der Geschäftsbeziehung anführen.
    • Gleichwohl sollten sich KMU-Zulieferer bemühen, mit dem nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen geeignete LkSG-Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um auch in Zukunft als ein geeigneter Zulieferer angesehen zu werden und nicht die Beendigung der Geschäftsbeziehung oder Schadensersatzforderungen zu riskieren. Dabei gilt die Grundregel: Je schwerwiegender der Verstoß und je bedeutender die LkSG-Rechtspositionen sind, desto größer müssten die Bemühungen des Zulieferers sein, sich für die Einhaltung der LkSG-Standards einzusetzen.
    • Auditierungen sind als Kontrollmaßnahmen (im Rahmen eines angemessenen Präventionsregimes) bei Zulieferern nur zulässig, wenn das Unternehmen einen LkSG-Verstoß substantiiert durch schriftliche Nachweise erbracht hat.
    • Hinsichtlich der detaillierten Anforderungen für ein solches risikobasiertes Auditierungsrecht gilt:
      • Vorankündigung: Die Auditierung ist dem KMU-Zulieferer mit angemessenem zeitlichem Vorlauf (ca. 1–2 Wochen) schriftlich anzukündigen.
      • Zeitpunkt: Die Auditierung ist nur zu den üblichen Geschäftszeiten des KMU zulässig.
      • Kosten: Das nach dem LkSG verpflichtete Unternehmen ist in der Regel für die Übernahme der Kosten im Rahmen eines angemessenen Präventionsregimes verantwortlich.
    • Beispiel für eine angemessene und faire Zusammenarbeit:
      Das direkt betroffene Unternehmen beteiligt sich Kunde sich an den durchgeführten Abhilfemaßnahmen, insb. durch Bonuszahlungen oder höhere Verkaufspreise im Gegenzug für die Risikominimierung wie Schulungsnachweise, Zertifizierungen, eigene Audits oder eigene Risikoanalysen der Lieferkette.

7. Zusammenarbeit im Rahmen von Abhilfemaßnahmen

Die Kosten für Abhilfemaßnahmen bei Verletzung einer geschützten LkSG-Rechtsposition sollten nach Auffassung des BAFA angemessen zwischen den nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern aufgeteilt werden.
Dabei obliegt es dem nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen, einen fairen Vorschlag zu erarbeiten, wie die Kosten der Abhilfemaßnahme nach den Kriterien der Angemessenheit und Wirksamkeit aufgeteilt werden sollen.
Was sollten KMU-Zulieferer generell beachten?
Um sicherzustellen, dass das Unternehmen in Zukunft als zuverlässiger Zulieferer angesehen wird, sollte es bei einem LkSG-Verstoß die folgenden zwei Schritte durchführen:
  1. Der KMU-Zulieferer sollte zunächst ermitteln, inwieweit er zu dem Verstoß beigetragen hat (bzw. haben könnte).
  2. Der KMU-Zulieferer, der zu einem LkSG-Verstoß beigetragen hat (bzw. haben könnte), sollte überprüfen, welche Ressourcen ihm zur Verfügung stehen, um dann die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, d.h. unverzüglich darauf hinzuwirken, dass Verstöße in seinem eigenen Geschäftsbereich beendet werden, sofern dies mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in angemessener Weise möglich ist.
Praxis-Tipps für KMU:
  • KMU sollten darauf achten, dass ihre nach dem LkSG verpflichteter Kunde ihnen im Falle von Abhilfemaßnahmen nur die nach dem LkSG zulässigen und geeigneten Maßnahmen auferlegt. Dazu gehören insbesondere:
    • Erstellung eines gemeinsamen Plans zwischen dem Unternehmen und dem betroffenen Zulieferer bzw. Zulieferern,
    • Das temporäre Aussetzen der Geschäftsbeziehung mit dem Zulieferer und
    • als ultima ratio die Kündigung des bzw. den Rücktritt vom Vertrag (siehe Kapitel 2 b) “Weitere LkSG-Anforderungen”).

8. LkSG-Beschwerdeverfahren

Direkt vom LkSG betroffene Unternehmen müssen zusätzlich beachten, dass das Interesse an der Weitergabe von Informationen über die Funktionsweise und den Zugang zum LkSG-Beschwerdeverfahren mit den berechtigten Interessen von Zulieferern, insb. mit ihren Geschäftsgeheimnissen in der Lieferkette, kollidieren kann. Daher müssen sie akzeptieren, dass in manchen Konstellationen der direkte Kontakt zwischen Upstream- oder Downstream-Zulieferern und verpflichteten Unternehmen nur eingeschränkt möglich ist.
Was sollten vom LkSG erfasste Unternehmen beachten?
  • In einer solchen Situation liegt es in der Verantwortung der vom LkSG erfassten Unternehmen, den betroffenen KMU-Zulieferern als angemessene Lösung die gemeinsame Teilnahme an einem externen Beschwerdeverfahren anzubieten um die möglicherweise tangierte berechtigte Zulieferer-Interessen berücksichtigen und schützen. Hierzu gehören bspw. Multi-Stakeholder-Initiativen wie sie von externen Dienstleistern oder Branchenverbänden angeboten werden.

9. Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln

Zunächst ist es notwendig, zwischen Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln zu unterscheiden. Verpflichtungsklauseln verpflichten KMU-Zulieferer als unmittelbare Vertragspartner des nach dem LkSG verpflichteten Unternehmens unmittelbar zur Einhaltung bestimmter Compliance-Standards – das betrifft derzeit insbesondere die Standards des LkSG. Mit Weitergabeklauseln setzen nach dem LkSG direkt verpflichtete Unternehmen diese Standards darüber hinaus entlang der gesamten Lieferkette durch, indem der unmittelbare Zulieferer verpflichtet wird, sie in allen Verträgen in der Upstream- und Downstream-Lieferkette durch die Vereinbarung entsprechender vertraglicher Regelungen durchzusetzen.
Hinweis: Die folgenden Ausführungen gelten unabhängig davon, ob solche Verpflichtungs- oder Weitergabeklauseln in einem Zulieferervertrag direkt oder durch Verweis im Zulieferervertrag auf einen Verhaltenskodex für Lieferanten, einen Supplier Code of Conduct, einen Lieferantenkodex oder einen ähnlichen Kodex enthalten sind.
Hinsichtlich dieser Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln können KMU und ihre Lieferanten in der Regel nur im Hinblick auf die rechtlich verbindlichen Standards des LkSG verpflichtet werden. Die über diese gesetzlichen Standards hinausgehenden Klauseln unterliegen in der Regel als vorgefertigte Vertragsregelungen der (ggf. deutschen) AGB-Kontrolle. Dies bedeutet, dass KMU die entsprechenden Klauseln durch interne oder externe juristische Berater dahingehend prüfen lassen sollten, ob die vereinbarten Verpflichtungen noch vom LkSG abgedeckt sind und damit nach geltendem AGB-Recht unwirksam sein könnten.
Hinweis: Mangels vergleichbarer Regelungen nach dem deutschen AGB-Recht gibt es derzeit noch keine eindeutige Rechtsprechung, wann eine Verpflichtungs- oder Weitergabeklausel unwirksam ist. Es lässt sich jedoch allgemein annehmen, dass die Unwirksamkeit der Klausel – sofern es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt – umso wahrscheinlicher ist, desto stärker die Klausel von den Vorgaben des LkSG abweicht und desto stärker die Klausel den KMU-Zulieferer einseitig benachteiligt.
Darüber hinaus ist bei einem Verweis aus einem Zulieferervertrag auf einen Verhaltenskodex für Lieferanten, einen Supplier Code of Conduct, einen Lieferantenkodex oder einen ähnlichen Kodex („Zulieferer-Regelwerke“) nach deutschem AGB-Recht darauf zu achten, dass diese Zulieferer-Regelwerke wirksam in den Zulieferervertrag aufgenommen wurden. Dies setzt nach deutschem Recht voraus, dass der Vertragspartner – hier also der Zulieferer – die in Bezug genommenen Regelwerke durch einen Link oder die mit dem Vertrag übermittelten Vertragsregelungen zur Kenntnis nehmen kann.
Hinweis: Die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist ausreichend. Es kommt also nicht darauf an, ob der Verhaltenskodex tatsächlich zur Kenntnis genommen wird.
Bei ausgehandelten Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln sollten KMU darauf achten, dass ein mögliches Haftungsrisiko reduziert bzw. vermieden wird durch:
  • Starre Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln,
  • lange Fristen für Maßnahmen,
  • das Erfordernis des schriftlichen Nachweises von Verstößen gegen das LkSG mit kurzen Ausschlussfristen,
  • die Beschränkung von Maßnahmen und Verpflichtungen nur auf sehr schwere Verstöße gegen LkSG-Standards und
  • generell vage und mehrdeutige Formulierungen oder einen zweideutigen Pflichtenkatalog, sowie lange Fristen oder hohe Hürden für den Nachweis eines LkSG-Verstoßes.
Was sollten KMU beachten?
KMU, die Direktzulieferer eines direkt vom LkSG betroffenen Unternehmens sind, sollten auch bei der Weitergabe der LkSG-Standards an ihre eigenen Upstream-Zulieferer darauf achten, dass die mit ihnen bestehenden Weitergabeklauseln nicht gegen AGB-Recht nach den oben genannten Standards verstoßen. Im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr sind zudem weitere Besonderheiten zu beachten und KMU sollten sich ggf. entsprechenden Rechtsrat einholen.

LkSG-Musterklauseln

Nachfolgend finden Sie jeweils ein Beispiel für eine Klausel, die für KMU als Zulieferer eines unter das LkSG fallenden Unternehmens günstig ist sowie eine Klausel, die das BAFA als unzulässige LkSG-Klausel bewertet. Bitte beachten Sie, dass die Klauseln nur zum allgemeinen Verständnis dienen und keinesfalls unbesehen (d.h. ohne vorherige Beratung durch einen entsprechend qualifizierten Rechtsbeistand) übernommen werden sollten. Jegliche Haftung für ihre Verwendung ist ausgeschlossen.

a) Beispiel einer für KMU günstigen (restriktiven) LkSG-Klausel

1.        Der Zulieferer (“Zulieferer“) erfüllt die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten des deutschen „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ (“LkSG“) unter Beachtung der in § 2 Abs. 2 und 3 des LkSG aufgeführten Definitionen des „menschenrechtlichen Risikos“ und des „umweltbezogenen Risikos“ (“Menschenrechts- und Umweltstandards“).
2.         Der Zulieferer stellt sicher, dass seine Mitarbeiter auf Anfrage Schulungen und Weiterbildungen zu den Menschenrechts- und Umweltstandards erhalten. Die Schulung und Weiterbildung werden durch den Kunden des Zulieferers („Kunde“) durchgeführt. Sofern die Schulung und Weiterbildung nicht durch den Kunden durchgeführt werden, trägt der Kunde die Schulungskosten des jeweiligen Zulieferers.
3.         Der Zulieferer stellt dem Kunden auf Anfrage Informationen zur Verfügung, die geeignet sind, die Einhaltung der Menschenrechts- und Umweltverpflichtungen durch den Zulieferer zu überprüfen.
4.        Bei tatsächlichen Verstößen gegen die Menschenrechts- und Umweltstandards im eigenen Geschäftsbereich ergreift der Zulieferer geeignete Abhilfemaßnahmen, um die Verstöße zu verhindern, zu beenden oder zu minimieren. Kann der Zulieferer die Verletzung von Menschenrechts- und Umweltstandards im eigenen Geschäftsbereich in absehbarer Zeit nicht abstellen, kann der Kunde verlangen, dass der Zulieferer sich aktiv an der gemeinsamen Entwicklung und Umsetzung eines Aktionsplans zur Abstellung der Verletzung beteiligt. Während der Umsetzung des Aktionsplans zur Behebung der Verletzung von Menschenrechts- und Umweltstandards kann der Kunde diesen Vertrag vorübergehend aussetzen.
5.         Verstößt der Zulieferer gegen wesentliche Menschenrechts- und Umweltstandards und wird dieser Verstoß als sehr schwerwiegend eingestuft oder stellt der Zulieferer Verstöße gegen Menschenrechts- und Umweltstandards nicht innerhalb einer vom Kunde oder im Aktionsplan gesetzten Frist ab, kann der Kunde den Vertrag oder die Geschäftsbeziehung ultima ratio kündigen, wenn dem Kunden keine anderen, weniger schwerwiegenden Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung der Einflussmöglichkeiten auf den Zulieferer keine Aussicht auf Erfolg hat.
6.         Der Zulieferer gibt die Menschenrechts- und Umweltstandards, insbesondere die in den Ziffern 1–5 dieses Abschnitts genannten Verpflichtungen, in den Verträgen, Bestellungen, Aufträgen oder vergleichbaren Vereinbarungen mit seinen Vor- und Nachlieferanten weiter. Der Zulieferer verpflichtet seine Vor- und Nachlieferanten, in den Bestellungen, Aufträgen oder vergleichbaren Vereinbarungen mit ihren eigenen jeweiligen Vor- und Nachlieferanten die Menschenrechts- und Umweltverpflichtungen, insbesondere die in den Ziffern 1–5 dieses Abschnitts genannten Regelungen, weiterzugeben.

b) Beispiel einer nach Ansicht des BAFA unzulässigen LkSG-Klausel

Eine pauschale Vereinbarung, nach der alle LkSG-Pflichten des dem LkSG unterliegenden Unternehmens auf seine Zulieferer übertragen werden, ist nach Auffassung des BAFA unzulässig.
„Die Vertragsparteien schließen vor dem Hintergrund der Verpflichtungen, denen das Unternehmen A nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz unterfällt, die nachfolgende Vereinbarung, wobei klargestellt wird, dass der Lieferant nur dann unmittelbar den Verpflichtungen zur Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes unterfällt, sofern nach Maßgabe der rechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Anwendung findet.
§ 1 Verpflichtungen
Der Lieferant bekennt sich zur Einhaltung der Menschenrechte und einem nachhaltigen
Umweltschutz. Er verpflichtet sich, sich an die nachfolgenden Verbote zu halten:
  • das Verbot der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit,
  • das Verbot aller Formen der Sklaverei und sklavenähnlicher Praktiken,
  • das Verbot der Missachtung der nach dem Recht des Beschäftigungsortes geltenden
  • Pflichten des Arbeitsschutzes,
  • das Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Bodenveränderung,
  • Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädlichen Lärmemission oder eines
  • übermäßigen Wasserverbrauchs,
  • […]
§ 2 Maßnahmen
(1) Der Lieferant ist verpflichtet, Maßnahmen zum Vorbeugen und zur Minimierung von Risiken in seiner Lieferkette zu ergreifen, die in den Bereichen des hier geregelten § 1 entstehen können.
(2) Der Lieferant hat im Rahmen einer Risikoanalyse zu prüfen, ob konkrete Risiken nach Maßgabe der Regelungen dieses § 1 bestehen. Die ermittelten Risiken sind angemessen zu gewichten und zu priorisieren. Der Lieferant verpflichtet sich, Unternehmen A über jedwede Risikoerhöhungen im Zusammenhang mit diesem Vertrag unaufgefordert zu informieren.
3) Der Lieferant ist verpflichtet, bei einer Identifizierung von neuen Risiken konkrete Präventionsmaßnahmen zur Vorbeugung und zur Minimierung dieser Risiken zu ergreifen.
(4) Der Lieferant ist verpflichtet, bei einer Feststellung von Verletzungen einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht unverzüglich Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.
(5) Der Lieferant ist verpflichtet, ein Beschwerdeverfahren einzurichten und zu unterhalten, das es Dritten ermöglicht, Verstöße nach Maßgabe der vorstehenden Regelungen zu melden.
(6) Dem Unternehmen A bleibt vorbehalten, dem Lieferanten Maßnahmen vorzuschlagen oder einzelne Maßnahmen anzuordnen, sofern diese die Verpflichtungen nach § 1 betreffen.“[4]
Eine solche pauschale und weite Vereinbarung würde den Anforderungen des LkSG nicht genügen, da alle LkSG-Pflichten des dem LkSG unterliegenden Unternehmens auf dessen Zulieferer übertragen werden würden. Das betroffene KMU sollte seinen Kunden darauf hinweisen, dass eine solche umfassende Delegation der LkSG-Pflichten nach dem LkSG unzulässig ist und eine Prüfung des verpflichteten Unternehmens durch das BAFA zur Folge haben kann (siehe hierzu Kapitel 4: “Empfehlungen für eine kooperative Zusammenarbeit zwischen vom LkSG verpflichteten Unternehmen und KMU”).

10. Praktische Tipps für KMU bei der Verhandlung und Gestaltung von Verträgen

KMU sollten bei der Verhandlung und Gestaltung von Verträgen in Bezug auf die LKSG-Standards den folgenden Punkten besondere Aufmerksamkeit schenken:
  • KMU sollten Vertraulichkeitsvereinbarungen für ihre Lieferkette verlangen, um ihr Knowhow und ihre Bezugsquellen innerhalb der Lieferkette angemessen zu schützen.
  • Sie sollten LkSG-pflichtige Kunden zudem darauf hinweisen, dass nur die LkSG-Standards in AGB an Zulieferer weitergegeben werden können, nicht aber weitere „nice to have“ Compliance-Standards.
  • Durch geschickte Vertragsgestaltung und -verhandlung lassen sich die Standards der Verpflichtungs- und Offenlegungsklauseln aufweichen und damit das Haftungsrisiko reduzieren.
  • Um zu vermeiden, dass KMU ihre eigenen Geschäftsgeheimnisse entlang der Lieferkette offenlegen müssen (z.B. Direktimporteure von Rohstoffen wie Kaffee oder Holz), kann es sinnvoll sein, eine eigene Risikoanalyse durchzuführen. Dadurch kann vermieden werden, dass sie ihre Geschäftsgeheimnisse entlang der Lieferkette offenlegen müssen. Eine solche Risikoanalyse sollte der allgemeinen Risikoanalyse des LkSG entsprechen. Mit der Offenlegung der Ergebnisse der Risikoanalyse sollte gleichzeitig das Informationsrecht des Kunden ausgeschlossen werden.

11. Schlussfolgerungen

Zusammenfassend sollten KMU als unmittelbare Vertragspartner von direkt vom LkSG betroffenen Unternehmen die folgenden Punkte beachten:
  1. Implementierung von eigenen LkSG-Klauseln: KMU sollten eigene, den zulässigen LkSG-Standards entsprechende Verpflichtungs- und Weitergabeklauseln in den Lieferverträgen mit ihren Zulieferern verankern (→ auch unter Bezugnahme auf einen Lieferantenkodex oder einen vergleichbaren Kodex möglich), um in einem LkSG-Haftungsfall ihrerseits Schadensersatz bzw. den Rücktritt vom oder die Kündigung des Vertrags gegenüber dem jeweils verantwortlichen Zulieferer verlangen zu können.
  2. Eigene Risikoanalyse: Um bei Vertragspartnern als guter und zuverlässiger Zulieferer zu gelten und um nicht alle Informationen in der Lieferkette offenlegen zu müssen sowie mit Blick auf die für 2024 geplante EU „Directive on Corporate Sustainability Due Diligence (CS3D)“, deren Anwendungsbereich auch KMU ab 250 Mitarbeitenden einbeziehen soll, sollten KMU bereits jetzt ein eigenes LkSG-Compliance-Management-System (CMS) inklusive der als Herz des LkSG-CMS zwingend erforderlichen Risikoanalyse aufzubauen, sofern die internen Kapazitäten hierfür ausreichen.
  3. Weiterführende Environment, Social, Governance (ESG)-Standards: Wenn vom LkSG erfasste Unternehmen ESG-Standards fordern, die über das LkSG hinausgehen, z.B. als Teil der eigenen Unternehmensphilosophie, müssen sich diese Standards am deutschen AGB-Recht messen lassen und sind daher für KMU nicht notwendigerweise verbindlich.
  4. Unterstützung des Vertragspartners: Im Rahmen der auch vom BAFA geforderten Kooperation und Behandlung auf Augenhöhe sollten KMU gegenüber ihren unter das LkSG fallenden Vertragspartnern souverän und selbstbewusst auftreten und auf diese vom BAFA gewünschte Kooperation in der Lieferkette im Hinblick auf LkSG-Anforderungen wie etwa Aus- und Weiterbildung sowie Risikoanalyse hinweisen und die Unterstützung des Vertragspartners im Hinblick auf derartige Aspekte aktiv einfordern.
  5. Kooperative Verhandlungen: Wie vom BAFA gefordert, sollten KMU mit ihren vom LkSG erfassten Vertragspartnern die vertragliche Umsetzung der LkSG-Standards gleichberechtigt und kooperativ aushandeln und die Standards nur insoweit gewährleisten, als sie diese auch tatsächlich erfüllen können. Darüber hinaus sollten die oben beschriebenen LkSG-Klauseln des Vertragspartners durch weiche Vertragsformulierungen, zusätzliche Nachweispflichten und hohe Hürden für Kündigung, Rücktritt oder Schadensersatz entschärft werden.
Weitere hilfreiche Links:
Autoren:
Franz Kaps
Associate (Rechtsanwalt), Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern, Frankfurt a.M
Silke Helmholz
Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin), Stabsstelle Internationales Wirtschaftsrecht und Handelspolitik, IHK Region Stuttgart
Tim Hagemann
Ass.iur., Stabsstelle Internationales Wirtschaftsrecht und Handelspolitik, IHK Region Stuttgart

[1] Upstream bedeutet hierbei die Lieferkette vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt, also der Produktionszyklus, Downstream hingegen beschreibt die Lieferkette von der Produktion bis zum Endverbraucher, also die Distribution.
[2] vgl. BAFA-Handreichung, Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern, S. 9.
[3] Zulässige Daten müssen in Übereinstimmung mit den geltenden Sicherheitsstandards gespeichert werden; es ist ratsam, die Daten in der EU zu speichern.
[4] BAFA Handreichung, Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern S. 9.