09.11.2023

Mit wirkungsvoller Berufs-orientierung die Fachkräfte von morgen erreichen

Die Gewinnung von jungen Menschen für die Duale Ausbildung ist für die Wirtschaft vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, aber auch im Hinblick auf die Diskrepanz zwischen schulischer Vorbereitung und unternehmerischer Erwartungshaltung herausfordernd. Die Berufsorientierung stellt sich als essenzielle Zukunftsaufgabe dar, an der zahlreiche Akteure eingebunden sind. Auf Einladung der IHK Erfurt fand am gestrigen Mittwoch, 8. November 2023, der 2. Bildungspolitische Abend statt, der den gemeinsamen Diskurs zwischen Wirtschaft, Schulen und Politik, aber auch mit Eltern und Verbänden ermöglichte. 
Unter dem Titel „Wie wird die Leerstelle zur Lehrstelle? Fachkräfte von morgen begeistern!“ lud die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt gestern Abend gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Thüringer Industrie- und Handelskammern, dem Landesverband Thüringen von DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V., der Landeselternvertretung, dem Verband der Wirtschaft Thüringens e. V. und SCHULEWIRTSCHAFT Thüringen zu einer Hybrid-Veranstaltung. Zentrales Anliegen der Veranstaltung war, die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit aktueller Maßnahmen zur Berufsorientierung zu betrachten und dabei die Sichtweisen von Wirtschaft und Schule zu berücksichtigen.
Mit kurzweiligen Impulsvorträgen beleuchteten Vertreter aus dem Bildungsministerium, der IHK Südthüringen, der hiesigen Agentur für Arbeit und zweier Ostthüringer Unternehmen ihre Sicht auf die berufliche Orientierung sowie die schulische Vorbereitung auf die Arbeitswelt.  Dabei wurde insbesondere von Antje Blumentritt, Geschäftsführende Gesellschafterin KOMOS GmbH in Bürgel, angemahnt, die Familien und Schulen zu stärken sowie den Jugendlichen Wertschätzung entgegenzubringen und sie bei dem Optionsdschungel zu unterstützen. Zudem sollten die naturwissenschaftlichen Fächer an den Schulen stärker gewichtet werden.
Während der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Herausforderungen in Lösungen wandeln“ stellten sich Colette Boos-John, Vizepräsidentin der IHK Erfurt und Landesvorsitzende DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V., Helmut Holter, Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport, Irena Michel, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Thüringen Mitte, Ingo Faulstich, Geschäftsführer der addON solution GmbH in Jena, sowie Denny Jahn, Schulleiter des „Albert-Schweitzer-Gymnasium“ Ruhla, den Fragen der rund 130 Teilnehmenden. Zudem diskutierten sie mit Thomas Fahlbusch, Moderator der Veranstaltung und Abteilungsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Erfurt, Ideen, wie beispielsweise Unterrichtsausfälle dafür genutzt werden könnten, um den Schülern im Klassenzimmer das Unternehmertum näher zu bringen. Hoffnung machte die Aussage des Thüringer Bildungsministers, Helmut Holter, zukünftig auch Quereinsteiger mit einem Abschluss einer Höheren Berufsbildung (z. B. Meister oder Betriebswirt) in den Schuldienst aufzunehmen, auch um damit einen besseren Praxisbezug zu gewährleisten.
Inwieweit die Landesstrategie zur beruflichen und arbeitsweltlichen Orientierung in Thüringen verbessert werden müsse, wurde im Podium als auch durch Wortmeldungen des Auditoriums aufgegriffen. In diesem Zusammenhang wurde eine fehlende Transparenz der zahlreichen Maßnahmen rund um die Berufsorientierung kritisiert und der Ruf nach einer verbesserten, zentralen Informationsplattform deutlich. Zudem wurde die Verstärkung der „Praxiskoordinatoren“ gefordert, die sehr erfolgreich seit 2022 thüringenweit als Mittler zwischen Wirtschaft und Schule Praktikumsangebote generieren. Dass betriebliche Praktika der erfolgreichste Weg sind, um die Schüler an ihren Wunschberuf heranzuführen und gleichzeitig den Unternehmen von Beginn an einen authentischen Eindruck der potenziellen Nachwuchskräfte ermöglichen, stellte Ingo Faulstich fest.
„Der Matchingprozess für Nachwuchskräfte und Unternehmen ist elementar, um die Abbrecherquoten bei der Dualen Ausbildung zu reduzieren“ bekräftigte Colette Boos-John, Vizepräsidentin der IHK Erfurt und Landesvorsitzende DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V. Sie warb bei den Unternehmensvertretern dafür, die Berufsanfänger im Betrieb nach ihren Talenten einzusetzen.
Konsens herrschte zudem darin, die für berufliche Orientierung zuständigen Lehrer zu stärken. Dies ist auch eine Forderung des gemeinsamen Positionspapiers „Wie gelingt Schule der Zukunft?“ der IHK Erfurt und Die FAMILIENUNTERNEHMER e.V., welches an Politikvertreter adressiert wurde. Positionspapier zum Download (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 104 KB).
Abschließend tauschten Akteure und Gäste im „Markt der Möglichkeiten“ ihre Meinungen aus und informierten sich bei den zahlreichen Ausstellern zu Berufsorientierungsprojekten.