06.12.2023

Unternehmensbefragung der IHK Erfurt zur Standortzufriedenheit: Durchschnittsnote 3,0

Gute Standortbedingungen sind eine grundlegende Voraussetzung für Unternehmen, um wirtschaftlich erfolgreich agieren zu können. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt hat im Rahmen ihrer Standortanalyse 2023 rund 10.000 regionale Mitgliedsunternehmen zu ihren Einschätzungen hinsichtlich verschiedener Standortfaktoren befragt: Im Ergebnis bewerten die Unternehmen in Nord-, Mittel- und Westthüringen die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich mit anderen Regionen mit der Durchschnittsnote 3,0. Trotz der angespannten Situation durch die multiplen Krisen, den Strukturwandel und die schwächelnde Konjunktur sehen die Unternehmen allerdings sogar Wachstumspotenziale hinsichtlich der personellen und räumlichen Expansion. Welche Bedingungen dafür vorherrschen müssen, zeigen die Ergebnisse der Studie. 
Im Fokus der Befragung der IHK Erfurt stand die Einschätzung der Unternehmen hinsichtlich Zufriedenheit und Wichtigkeit von insgesamt 56 weichen und harten Standortfaktoren aus sechs Themenfeldern: Verkehr und Infrastruktur, Standortkosten, Standortattraktivität, wirtschaftspolitisches Klima, Bildung und Fachkräfte sowie Marktnähe und Netzwerke. Abschließend wurden die Unternehmen zu Ihren Zukunftsaussichten befragt. 
Zu den wichtigsten Standortfaktoren gehören laut Auswertung die Breitband- und Internetversorgung, die Öffentliche Sicherheit, die Versorgungssicherheit mit Gas, Strom und Wasser sowie die Energiepreise. Dringenden Handlungsbedarf sehen die Unternehmen vor allem bei den Energiepreisen, bei der Breitband-Internetverbindung und darüber hinaus bei der Verfügbarkeit von Facharbeitern, den schulischen Kenntnissen von Schulabgängern, dem Digitalisierungsgrad der öffentlichen Verwaltung sowie der Dauer, Qualität und Transparenz von Genehmigungsverfahren. Hohe Zufriedenheit signalisieren die Unternehmen bei der Anbindung an Landes- und Fernstraßen, der Versorgungssicherheit mit Gas, Strom und Wasser; bei den Parkmöglichkeiten und der Räumlichen Nähe zur Kommunalverwaltung sowie den Kinderbetreuungsangeboten vor Ort.
Aus den Ergebnissen, die sowohl regional nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten als auch nach Branchen für den gesamten Bezirk der IHK Erfurt analysiert und aufgesplittet wurden, lässt sich insgesamt mit der Note 3,0 eine zufriedenstellende Einschätzung der Standortbedingungen ablesen. 
Die besten Gesamtbewertungen erhielten die Stadt Weimar (Note 2,7), gefolgt von der Stadt Erfurt und dem Landkreis Eichsfeld (jeweils Note 2,8). Dagegen schnitten die Landkreise Nordhausen und Unstrut-Hainich-Kreis (jeweils Note 3,2) und der Kyffhäuserkreis (Note 3,5) im Vergleich weniger gut ab.
Zusätzlich zu den o.g. branchenübergreifenden bedeutendsten Standortfaktoren und Handlungsbedarfen zeigen sich auch branchenspezifische Besonderheiten in der Analyse. Im Bereich der Industrie wurde Handlungsbedarf zusätzlich bei dem Mangel an Ausbildungsplatzbewerbern gesehen. Der Handel misst der Öffentlichen Sicherheit und Medizinischen Versorgung eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung bei und sieht insbesondere Verbesserungsbedarfe bei den Gewerbesteuerhebesätzen. Im Gastgewerbe werden die Wasser- und Abwassergebühren sowie Abfall- und Entsorgungsgebühren als relevanter Standortfaktor gesehen und Handlungsbedarfe auch bei der kommunalen Wirtschaftsförderung gesehen. Die Unternehmen der Dienstleistungsbranche messen zudem der Öffentlichen Sicherheit und den Lebenshaltungskosten hohe Wichtigkeit zu.
Die Analyse zeigt außerdem mit Blick auf zentrale Indikatoren der Wirtschaftsstatistik, dass sich der Bezirk der IHK Erfurt in den vergangenen Jahren nicht bei allen Indikatoren positiv entwickelte: Zwar hat sich die Zahl der Erwerbstätigen und der abhängig Beschäftigten im Vergleich zum gesamten Freistaat leicht überdurchschnittlich entwickelt, allerdings bleibt die Entwicklung des BIP hinter dem Durchschnitt Thüringens zurück  – und die Entwicklung beider Indikatoren schneidet im gesamtdeutschen Vergleich deutlich schlechter ab.
Trotz der Unsicherheiten durch den Strukturwandel und die Transformation, den multiplen Krisen und Krisenfolgen sowie der schwächelnden Konjunktur gab die Mehrheit der Befragten (51,1 %) bezüglich ihrer Zukunftsaussichten für die nächsten Jahre an, mindestens den Status quo ihres Unternehmens aufrecht erhalten zu wollen und keine personellen oder räumlichen Veränderungen vorzusehen. Zusätzlich plant fast jedes fünfte Unternehmen (18,6 %) sogar einen personellen Ausbau und gut jedes Zehnte (12,1%) eine räumliche Expansion am Standort. Nur wenige Unternehmen sehen hingegen die Notwendigkeit einer Verkleinerung oder Standortschließung (11,3 %) sowie einer Investitionsverlagerung ins Ausland (4,1 %). 
„In der gegenwärtig höchst angespannten wirtschaftlichen Lage haben wir unsere Unternehmen umfassend dazu befragt, wie sie die Standortbedingungen gegenwärtig einschätzen und was sie dringend benötigen. Trotz multipler Krisen und einer schwächelnden Konjunktur bewerten die Unternehmen in Nord-, Mittel- und Westthüringen ihren Standort mit einem befriedigenden Ergebnis, benennen aber klare Handlungsnotwendigkeiten an die Politik und Verwaltung. Wachstumshemmer sind mit deutlichem Abstand die hohen Strom- und Gaspreise, die geringe Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften und der Mangel an Nachwuchs, der schleichende Breitband-Internetausbau sowie der geringe Digitalisierungsgrad der Verwaltung. An diesen Stellschrauben muss die Politik und Verwaltung dringend mit mehr Engagement arbeiten, um den Wirtschaftsstandort langfristig attraktiv zu halten und Wachstumsaussichten auszuschöpfen“, fasst Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, die Ergebnisse der Standortanalyse zusammen. 
Die vollständigen Auswertungen der Standortanalyse (PDF-Datei · 7891 KB)können Sie der Online-Publikation entnehmen.
Hintergrundinformationen zur Standortanalyse:

Rund 10.000 hiesige Betriebe wurden im Rahmen einer Unternehmensbefragung im Juni und Juli 2023 von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt online um eine Standorteinschätzung gebeten. Neben allgemeinen Fragen zum Unternehmen und seinem Standort enthielt der Online-Fragebogen sechs Kategorien mit insgesamt 56 harten und weichen Standortfaktoren, die es nach ihrer Bedeutung und ihrer Zufriedenheit einzuschätzen galt. Bei der IHK Erfurt gingen im Erhebungszeitraum 1.471 Rückmeldungen ein, was einer Rücklaufquote von 14,9 Prozent entspricht.

Werden die Beurteilungen der einzelnen Standortfaktoren hinsichtlich Bedeutung und Zufriedenheit kombiniert, lassen sich Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Wirtschaftsstandorts Nord-, Mittel- und Westthüringen ableiten: Standortfaktoren, denen Unternehmen eine hohe Bedeutung beimessen und die gleichzeitig hohe Zufriedenheitswerte aufweisen, stellen Stärken einer Region dar. Schwächen liegen hingegen bei den Faktoren vor, die aus Unternehmenssicht eine hohe Bedeutung besitzen, in der Region aber nicht zufriedenstellend erfüllt sind. Hier besteht Handlungsbedarf. Als Chancen werden jene Faktoren eingestuft, die aus Unternehmenssicht eine geringere Bedeutung besitzen, in der Region aber überdurchschnittlich gut erfüllt sind („Standortbonus“). Als Risiken werden dagegen Faktoren eingeschätzt, denen die Unternehmen im Vergleich aller betrachteten Indikatoren eine geringere Bedeutung beimessen und die gleichzeitig weniger zufriedenstellend erfüllt sind.