11.05.2023

IHK-Konjunkturumfrage: Kurve zeigt nach oben - langsame Erholung

Der Konjunktur-Klimaindex verbessert sich zwar im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 um zehn Punkte und erreicht jetzt 100 von 200 möglichen Punkten – bleibt aber unter dem langjährigen Durchschnitt von 105 Punkten. Die regionale Wirtschaft ist besser durch den Winter gekommen als noch im Herbst 2022 zu befürchten war. Eine Energieknappheit ist nicht eingetreten und die Lieferketten haben sich leicht entspannt. Damit konnte eine Rezession zunächst abgewendet werden. Von einem nachhaltigen Wachstum sind wir aber noch weit entfernt: Es fehlen die notwendigen Investitionen. 
„Erfreulich ist: die Kurve zeigt wieder nach oben. Dennoch stellen sich für eine starke Konjunktur weitere Aufgaben, die gelöst werden müssen: hohe Energiepreise, steigende Zinsen infolge der zu hohen Inflation, eine schwächelnde weltweite Nachfrage, Fachkräftemangel, zu langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren und der Krieg in der Ukraine“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch. 
Branchenübergreifend werde die gegenwärtige Geschäftslage im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage vom Jahresbeginn nochmals etwas besser eingeschätzt. 33 Prozent der Befragten bewerten ihre momentane Situation mit gut, 47 Prozent äußern sich befriedigend. 20 Prozent votieren noch mit „schlecht“, fünf Prozentpunkte weniger als zu Jahresbeginn.
Trotz einer insgesamt positiven Konjunkturentwicklung bleiben die Erwartungen der Wirtschaft an die kommenden Monate gedämpft. 30 Prozent rechnen mit weiteren Verschlechterungen (Jahresbeginn 39 Prozent), 19 Prozent gehen von einer Verbesserung aus (Jahresbeginn 14 Prozent). Zu groß sind die nun seit drei Jahren bestehenden und mit der Energiekrise noch verschärften Unsicherheiten, wie insbesondere die hohen Energiepreise als größter Risikofaktor für 85 Prozent der befragten Unternehmer. Hinzu komme die hohe Inflationsrate und die daraus resultierende rückläufige Konsumneigung. 
Daneben spielen der Fachkräftemangel und eng damit verbunden die Höhe der Arbeitskosten in der Risikoeinschätzung eine wichtige Rolle. Letztere rückt momentan verstärkt in den Fokus und wird von den Firmenchefs mit 62 Prozent so hoch bewertet wie noch nie seit Beginn der Abfrage im Jahr 2011 (Jahresbeginn 54 Prozent). 
Bei den Investitionsabsichten sind im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 kaum Veränderungen zu verzeichnen: Immer noch mehr als ein Drittel aller Unternehmen muss aufgrund der hohen Kostenbelastung Investitionen zurückstellen oder das Budget kürzen, eine Investitionszurückhaltung bleibt vorherrschend. Neben konjunkturellen Risiken, wie einer sinkenden Nachfrage im In- und Ausland, belasten auch strukturelle Hemmnisse, wie der Fachkräftemangel oder das hohe Niveau bei Arbeits- und Energiekosten, die Investitionsentscheidungen. Zudem sind die Budgets vieler Unternehmen nach wie vor durch hohe Energie-, Material-, Arbeits-, und neuerdings auch Fremdkapitalkosten belastet. 
Statement für den Einzelhandel von Peter Peterknecht, Buchhandlung Peterknecht GmbH & Co. KG:
"Der Einzelhandel im Kammerbezirk der IHK Erfurt bewertet die Lage unterschiedlich. Die Situation hängt wesentlich von der geografischen Lage ab. Städte haben es leichter. Die Frequenz ist noch rückläufig, das Kaufverhalten jedoch positiv. Die private Konsumbereitschaft im Einzelhandel scheint solide. Wir sind aktuell in der Lage die erhöhten Kosten durch erhöhte Umsätze zu kompensieren."
Statement für die Industrie von Sebastian Becher, Becher Oberflächenveredlung GmbH:
"Die aktuelle Geschäftslage der Industrie ist relativ stabil, nach einer tiefen Talfahrt in den letzten Monaten. Erwartungen sind weiter gedämpft, denn Lieferketten sind weiterhin angespannt, Materialengpässe haben sich zum Teil weiter verschärft und die Suche nach Fachpersonal wird immer schwieriger. Der Industrie fehlt Planungssicherheit für anstehende Investitionen. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind aktuell nicht optimal, inkonsistent und auch nicht verlässlich. Wir brauchen wieder mehr wirtschaftsfreundliche Entscheidungen der Politik!"
Fazit der IHK-Hauptgeschäftsführerin: 
„Unternehmen sind krisenerprobt und robust durch die Krisenjahre gekommen. Die Maßgabe der Krisen lautete ‚auf Sicht fahren‘. Die zuletzt krisenbedingt zurückhaltende Investitionsbereitschaft trägt sich nun mit steigenden Energie-, Material- und Arbeitskosten sowie einer anhaltenden Vorsicht in den Unternehmen fort“, fasst Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, die Lage zusammen.

Hintergrundinformation zur Konjunkturumfrage:
Die IHK Erfurt befragt dreimal pro Jahr (zum Jahresbeginn, im Frühjahr und im Herbst) rund 700 Unternehmen aus Nord-, Mittel- und Westthüringen der Branchen Industrie, Bau, Verkehrsgewerbe, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen zur aktuellen Geschäftslage sowie zu den Erwartungen und Plänen für die kommenden Monate. Die aktuellen Ergebnisse wurden zwischen dem 27. März und dem 28. April 2023 erhoben. Die Rücklaufquote beläuft sich auf 36 Prozent.
Die ausführlichen Ergebnisse der Konjunkturumfrage finden Sie in der Präsentation zur Konjunkturumfrage (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 798 KB).