Positionspapier „12 Thesen zur Energieversorgung"

Die große Mehrheit der Thüringer Unternehmen hat die Energiekrise insbesondere durch stark gestiegene Energiekosten und die wirtschaftlichen Folgeerscheinungen und Risiken gespürt. Gegenüber der Erzeugung Erneuerbarer Energien sind die Thüringer Unternehmen grundsätzlich sehr aufgeschlossen, benötigen für die Investitionen jedoch Sicherheit, funktionierende Rahmenbedingungen, entsprechenden Netzzugang und beherrschbare Umsetzungszeiträume. Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt beschloss am 27. September 2023 ein zwölf Thesen umfassendes Positionspapier zur künftigen Ausgestaltung der Energieversorgung. Die konkreten Forderungen richten sich an die Thüringer Politik und Verwaltung.

12 Thesen zur Energieversorgung 

Status Quo der Energieversorgung in Thüringen

Thüringen verfügt über kaum ökonomisch relevante energetische (fossile und Kernenergie) Rohstoffe. Es gibt im Osten Thüringens Braunkohlevorkommen (Altenburger Land) und Lagerstätten an Rohstoffen zur Kernspaltung (Uranerz), bekannt durch die SDAG-Wismut. Diese sind jedoch weitgehend erschöpft und das Gebiet wird aktuell aufwändig saniert. Thüringen könnte als möglicher Standort für eine Atommüllendlager für die Nutzung von Kernenergie erneut interessant werden (BGE 2020).
In Mittelthüringen gibt es kleinere Erdgasvorkommen im Dreieck zwischen Gotha, Mühlhausen und Nordhausen. Auch diese Vorkommen sind am Ende des Nutzungszeitraums. Die Potentiale für unkonventionelle Fördermethoden (Fracking) von Schiefergas in Thüringen sind aufgrund der fehlenden geologischen Voraussetzungen eher gering.
Das durchschnittliche Windaufkommen beträgt in 80 Meter Höhe mindestens 5,5 Meter pro Sekunde und in 120 Meter ca. 6 Meter pro Sekunde. Es entspricht damit einer mittleren Standortgüte.
Ähnlich verhält es sich mit der solaren Einstrahlung, die im Jahresmittel zwischen 960 und 1100 kWh/m² beträgt (HSNH 2021).
Biogas spielt in Thüringen gegenüber anderen Bundesländern eine große Rolle (16,2 Prozent an Nettostromerzeugung).
Die Nettostromerzeugung im Land betrug 2020 10.889 Gigawattstunden, 62 Prozent aus erneuerbaren Energien und 38 Prozent vorwiegend aus Erdgas. Dem steht ein Strombedarf von 15.551 Gigawattstunden gegenüber (TLS 02/2022). Bezogen auf den gesamten Energiebedarf (Primärenergiebedarf) in Thüringen beträgt der Anteil von klassischen Stromanwendungen nur 15,7 Prozent. Ein Großteil 58,3 Prozent entfällt auf die Bereitstellung von Raum und Prozesswärme, 26 Prozent benötigt der Sektor Mobilität/Verkehr/Logistik (TLS 2018). Die beiden letzteren Sektoren sind für 70 Prozent der Treibhausgase verantwortlich (25 Prozent Verkehr und 45 Prozent Wärme) (TLS 2018). Der Anteil der Wirtschaft an den gesamten Treibhausgasemissionen beträgt 45 Prozent.
Bedeutend ist Thüringen aufgrund seiner Lage in der Mitte Deutschlands für den Transit sowohl bei Waren und Produkten wie auch bei Strom und Erdgas. Eine Ferngasleitung (STEGAL) quert Thüringen von Ost nach West und mit der bestehenden Thüringer Strombrücke sowie den beiden geplanten Stromtrassen Süd- und Süd-Ost Link kreuzen den Freistaat zukünftig drei bedeutende Stromtrassen. Zudem verfügt Thüringen mit dem Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal (Leistung 1060 Megawatt) über den größten Stromspeicher in Deutschland. Kleinere Gasspeicher befinden sich in Allmenhausen und Kirchheiligen (Nominelles Arbeitsgasvolumen 82 Millionen Normkubikmeter - deckt den Jahresbedarf von 41.000 Haushalten).