INFORMATIONEN UND NEUERUNGEN

Selbstständige Kraftfahrer

Selbstständige Kraftfahrer ohne eigene Fahrzeuge

Personalengpässe durch Urlaub und Krankheit sind ein ständiges Problem jedes Un-ternehmers. Durch Personalreserven oder Aushilfskräfte werden diese Engpässe häufig kompensiert. Ein Weg, den Verkehrsunternehmer mit Vorsicht beschreiten sollten, ist einen „Selbständigen Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug“ einzusetzen. Dabei handelt es sich um Personen, die lediglich über eine Gewerbeanmeldung als Dienstleister verfügen, aber weder ein eigenes Fahrzeug noch eine Güterkraftverkehrserlaubnis bzw. eine EU-Lizenz oder einer Genehmigung gemäß Personenbeförderungsgesetz vorweisen können.

Abhängige Beschäftigung oder Selbstständige Tätigkeit

Von Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen werden derart eingesetzte Kraftfahrer in der Regel wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer behandelt, für die Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen (sog. Scheinselbstständigkeit).
Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbes ist die Selbständigkeit. Selbständig ist, wer weisungsfrei in eigener Verantwortung und auf eigene Gefahr handelt. Ein Selbständiger trägt Unternehmernehmerchancen und –risiken und besitzt in der Regel ein Produktionsmittel. Wer dagegen unter der Leitung eines Arbeitgebers tätig wird oder in den Betriebsablauf eingegliedert ist, den Weisungen des Arbeitgebers folgen muss, ohne ein Unternehmerrisiko zu tragen, ist Arbeitnehmer.
Ein Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber. Er unterliegt den Weisungen des Arbeitgebers und ist in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert. Er verrichtet Arbeiten im Betrieb, die ebenso auch von Angestellten ausgeführt werden könnten. Er kann z.B. nicht über Transportpreise und die Transportdurchführung entscheiden.
Zur Frage der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Kraftfahrern im Güterkraftverkehr wurden durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit Kriterien genannt, die nachfolgend abgedruckt sind.
Darin wird insbesondere festgestellt, wann ein Frachtführer tatsächlich selbständig ist und damit nicht der Sozialversicherung unterliegt. Die Ergebnisse können analog auf den Perso-nenbeförderungsbereich übertragen werden.
„Es ist davon auszugehen, dass Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff Handelsgesetzbuch dann ein selbständiges Gewerbe ausüben,
  • wenn sie beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetzen und für die Durchführung ih-res Gewerbes eine Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 besitzen. Dies gilt auch dann, wenn sie als Einzelperson ohne weitere Mitarbeiter nur für ein Unternehmen tätig sind und dabei die Farben oder ein „Logo“ dieses Unternehmens nutzen,
  •  Voraussetzung ist allerdings, dass ihnen weder Dauer noch Beginn und Ende der Ar-beitszeit vorgeschrieben wird und sie die – nicht nur theoretische – Möglichkeit haben, Transporte auch für weitere eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen. Ob sie diese Möglichkeit tatsächlich nutzen, ist nicht entscheidend.
Um ein eigenes Fahrzeug im Sinne der vorherigen Ausführungen handelt es sich nur dann, wenn es auf den Erwerbstätigen zugelassen ist und von ihm mit eigenem Kapitalaufwand erworben oder geleast wurde. Eine indirekte oder direkte Beteiligung an der Fahrzeug- /Leasingfinanzierung durch den Auftraggeber spricht gegen die Annahme einer selbständi-gen Tätigkeit.“

Handlungsempfehlungen

Aufgrund erheblicher Risiken rät die IHK Organisation vom Einsatz selbständiger Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug ab. Von Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen werden derart eingesetzte Kraftfahrer bislang ausnahmslos wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer behandelt. Fällt ein solches Beschäftigungsverhältnis bei-spielsweise bei einer Betriebsprüfung von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) oder einer Landesversicherungsanstalt auf, so muss der Auftraggeber Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge bis zu vier Jahre rückwirkend nachzahlen. Die Versicherungsträger werden neben der Lohnbuchhaltung auch die Finanzbuchhaltung der Unternehmen prüfen, so dass Fälle scheinselb-ständiger Kraftfahrer häufiger auffallen dürften. Darüber hinaus können sich straf-rechtliche Konsequenzen ergeben, wenn ein Betrug zu Lasten der Sozialversiche-rungsträger festgestellt wird.
Auftraggeber und Auftragnehmer können sich vor Beginn oder unmittelbar nach Aufnahme der Tätigkeit Gewissheit verschaffen, indem sie gemäß § 7a des Sozialgesetzbuches (SGB) IV einen verbindlichen Statusfeststellungsantrag bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. Die Entscheidung der DRV Bund, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt, ist verbindlich.
Trotz der theoretischen Möglichkeit, dass es Fälle gibt, in denen auch ein „selbständiger Kraftfahrer“ ohne Fahrzeug im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbständig ist, konnte der Sozialversicherungsträger bislang keinen Fall in diesem Sinne anerkennen. Zu dieser Bewertung kommt der Sozialversicherungsträger in der Regel aufgrund § 7 Abs. 1 SGB IV, wonach eine nichtselbständige Tätigkeit , insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis immer dann vorliegt, wenn der Beschäftigte nach Weisungen handelt und in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingebunden ist ohne ein unternehmerisches Risiko zu tragen.
Wichtig ist, dass sich an dieser sozialrechtlichen Bewertung auch dann nichts ändert, wenn das Finanzamt oder sogar die Finanzgerichte den „selbständigen Kraftfahrer“ als Selbständigen anerkannt haben. Keine Rolle spielt auch eine ordnungsgemäße Gewerbeanmeldung.

Beispiele aus der Praxis 

  • Rückführung einzelner Fahrzeuge für Mietfahrzeug- oder Leasingfirmen
  • Personenbeförderung im Taxi-, MIetwagen oder Busverkehr ohne eigenes Fahrzeug