Aus- und Weiterbildung

KMK - Ausgestaltung eines Pakts für berufliche Schulen

Mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.03.2022 hat diese Kernpunkte zur Realisierung eines „Pakts für berufliche Schulen“ formuliert.

I. Einleitung/Präambel  

 Aufgrund mit der Digitalisierung verbundener Herausforderungen sehen sich die beruflichen Schulen einer Innovationsdynamik ausgesetzt, zu deren Bewältigung es einer Lehr- und Lerninfrastruktur auf höchstem technologischen und didaktischen Niveau bedarf. Hierzu haben die Länder in den „Politischen Vorhaben zur ,Ländervereinbarung über die gemeinsame Grundstruktur des Schulwesens und die gesamtstaatliche Verantwortung der Länder in zentralen bildungspolitischen Fragen‘ vom 15.10.2020“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.10.2020) angeregt, gemeinsam mit allen im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung relevanten Akteuren einen „Pakt für berufliche Schulen“ zu schließen.
 
Auch die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zur Umsetzung von Empfehlungen aus dem Bericht der Enquetekommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ des Deutschen Bundestages vom 22.06.2021 bekannt und spricht sich darin für den Abschluss eines „Paktes für berufsbildende Schulen“ aus. Die Kultusministerkonferenz begrüßt den Konsens in der Einschätzung zur Bedeutung dieses Vorhabens sehr. Sie sieht, dass der Pakt für berufliche Schulen das Ziel hat, den hohen Stellenwert der beruflichen Bildung in ihrer Relation zur allgemeinen und zur hochschulischen Bildung herauszustellen und die Entwicklung der beruflichen Schulen in Deutschland zu stärken.
 
Der „Pakt für berufliche Schulen“ wird eine umso größere Wirksamkeit entfalten, je breiter das ihn tragende Bündnis angelegt ist. Als Partner für die Ausgestaltung eines „Pakts für berufliche Schulen“ sieht die Kultusministerkonferenz alle Institutionen, Verbände und Organisationen, die sich im Bereich der beruflichen Bildung in Deutschland betätigen. Der „Pakt für berufliche Schulen“ lädt alle Beteiligten dazu ein, ihren Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung des Systems der beruflichen Schulen mit ihrem Credo „Kein Abschluss ohne Anschluss“ zu leisten.

II. Handlungsfelder, Zielsetzungen und Maßnahmen

 1. Verstetigung und proaktive Weiterentwicklung der digitalen Ausstattung der beruflichen Schulen und der pädagogischen und berufsfachlichen Kompetenzen des Lehrpersonals
Im Zuge der Corona-Pandemie haben auch die beruflichen Schulen eine Aufwertung ihrer digitalen Ausstattung erfahren, ein Kompetenzsprung bei Lehrpersonal und Schülerschaft war zu verzeichnen. Beigetragen haben dazu Programme des Bundes und der Länder. Die hochwertige digitale Ausstattung aller beruflichen Schulen, deren professionelle Administration sowie die Stärkung der erforderlichen Kompetenzen des Lehrpersonals sind sicherzustellen.
Erforderliche Maßnahmen:
  • Finanzierung von Ausstattung verstetigen  
  • Systemadministration gewährleisten 
  • Beitrag der Lehrkräfteaus- und Fortbildung sicherstellen 
  • Portal für berufliche Bildung (PBB) implementieren.
 2. Agile Innovationsprozesse installieren - anstehenden Strukturwandel und Transformationsprozesse mitgestalten  
Aufgrund des Megatrends „Transformation von Arbeit“ wird eine permanente Anpassungsnotwendigkeit der Qualifikationsprofile von Beschäftigten erkannt. Bildungsangebote müssen eine deutlich höhere Flexibilisierung aufzeigen, um bei einer starken regionalen Ausrichtung Infrastruktur und berufliche Bildung im Land abzusichern. Möglichkeiten von Teilzeitausbildungen, Nutzen von online gestützten Unterrichtsformaten in der Ausbildung und der Erwerb von zertifizierten Zusatzqualifikationen sind dabei in den Blick zu nehmen.
Erforderliche Maßnahmen:
  • Flexibilisierung der Bildungsangebote ausbauen und Kompetenzen hinsichtlich der digitalen Bildung überprüfen und neu formulieren Teilzeitausbildung stärken
  • Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht als Option in die Rahmenvorgaben aufnehmen
  • Regionale und überregionale Bedarfslagen bündeln 
3. Berufliche Schulen als Motor der Fachkräftesicherung
Transformationsprozesse, Internationalisierung und sich weiter verkürzende Innovationszyklen machen effizientere Bildungsbiographien und die Ausrichtung auf lebensbegleitende Lernprozesse erforderlich. Der dringend benötigte Fach- und Führungskräftenachwuchs muss kompetent sein, die rasanten Entwicklungen aktiv mitzugestalten.
 
Erforderliche Maßnahmen:
  • Innovationspotenziale zur Attraktivitätssteigerung umsetzen
  • Weiterbildungspotenzial erschließen und Kooperationen ausweiten
  • Anrechnung nutzen und Transparenz steigern
4. Integrationsleistung auf allen Gebieten stärken und weiter ausbauen
Mit ihren passgenauen und differenzierten Angeboten adressieren die beruflichen Schulen Zielgruppen des gesamten gesellschaftlichen Spektrums und integrieren junge Menschen mit (Markt-)Benachteiligungen aller Art. Um den Anforderungen einer weiter zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft gerecht werden zu können, bedarf es eines kontinuierlichen Ausbaus des Einsatzes individueller Lernsettings, insbesondere durch die Nutzung unterstützender digitaler Lehr- und Lernprozesse.
 
Erforderliche Maßnahmen: 
  • Inklusion vorantreiben 
  • Verlässliches Ausbildungsplatzangebot sicherstellen
  • Individualisierung von Lernprozessen forcieren
5. Internationalisierung und Globalisierung aufgreifen sowie Mobilitäten fördern
Internationale Austauschmaßnahmen sowie der Erwerb berufsbezogener Fremdsprachenkompetenzen gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig stehen die beruflichen Schulen in der Verantwortung, auch jungen Menschen, deren Bildungsbiografie außerhalb Deutschlands begonnen hat und die über keine anerkannten allgemeinen Abschlüsse verfügen, Entwicklungs- und Anschlussmöglichkeiten zu eröffnen.
Erforderlich Maßnahmen:
  • Kompetenzerwerb in internationalem Kontext ermöglichen
  • Innovationstransfer unterstützen
  • Erwerb von Zusatzqualifikationen mit globalem Bezug erweitern 
  • Schule als offenen Lebens- und Lernraum gestalten
  • Öffnung von Entwicklungs- und Anschlussmöglichkeiten
6. Berufliche Orientierung  
Demografiebedingte Rückgänge von Absolventinnen und Absolventen in Abschlussjahrgängen der allgemeinbildenden Schulen und ein verändertes Bildungswahlverhalten hin zu akademischen Abschlüssen setzen das System der beruflichen Bildung einem zunehmenden Wettbewerbsdruck aus. In der Konsequenz wird sich der bereits jetzt spürbare Fachkräftemangel in vielen Branchen weiter verschärfen. Der Konsolidierung der neu eingeschlagenen Wege zur Beruflichen Orientierung wie auch der Revitalisierung diesbezüglicher Maßnahmen und Angebote auf allen Ebenen kommt dabei eine herausragende Funktion zu, um auch die berufliche Ausbildung mit ihren Karriere- und Verdienstperspektiven verstärkt ins Bewusstsein bei Jugendlichen und insbesondere auch bei deren Eltern zu rufen.
 
Erforderliche Maßnahmen:
  • Digitale Formate festigen und ausbauen Expertise der beruflichen Schulen einbinden 
  • Elternarbeit intensivieren
  • Stellenwert von Praktika bekräftigen
 7. Berufsschule weiterentwickeln  
 Die Berufsschule wird sich den Herausforderungen u.a. zum demografischen Wandel und den Entwicklungen in den Bereichen Dekarbonisierung und Digitalisierung stellen, um weiterhin ihren Beitrag zur Fachkräftesicherung, zur Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung, der Individualisierung von Lernprozessen und damit zur Integration breiter Zielgruppen zu leisten.
 
Erforderliche Maßnahmen:
  • Bedarfsgerechtes, zukunftsfähiges Berufsschulangebot sicherstellen 
  • Berufsschulische Leistungsfeststellung in das Ergebnis der Berufsabschlussprüfung einbeziehen 
  • Prüfungen digital und kompetenzorientiert weiterentwickeln 
  • Attraktivität der Berufsausbildung weiter steigern