Ausbildungsregelung über die Berufsausbildung zum Fachpraktiker im Gastgewerbe / zur Fachpraktikerin im Gastgewerbe
Die Industrie- und Handelskammer Erfurt erlässt aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses vom 27. März 2025 als zuständige Stelle nach § 66 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) in Verbindung mit § 79 Abs. 4 BBiG und § 71 Abs. 2 BBiG in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Mai 2020 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 28. März 2021 (BGBl. I S. 591), folgende Ausbildungsregelung für die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen.
(Nur-Lese-Fassung vom 27. März 2025)
§ 1 Ausbildungsberuf
Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker im Gastgewerbe/zur Fachpraktikerin im Gastgewerbe erfolgt nach dieser Ausbildungsregelung.
§ 2 Personenkreis
Diese Ausbildungsregelung regelt die Berufsausbildung gemäß § 66 BBiG für Personen im Sinne des § 2 SGB IX.
§ 3 Dauer der Berufsausbildung
Die Ausbildung dauert drei Jahre.
§ 4 Ausbildungsstätten
Die Ausbildung findet in ausbildungsrechtlich anerkannten Ausbildungsbetrieben und Ausbildungseinrichtungen statt.
§ 5 Eignung der Ausbildungsstätte
(1) Menschen mit Behinderungen dürfen nach dieser Ausbildungsregelung nur in dafür geeigneten anerkannten Betrieben und Ausbildungseinrichtungen ausgebildet werden.
(2) Neben den in § 27 BBiG festgelegten Anforderungen muss die Ausbildungsstätte hinsichtlich der Räume, Ausstattung und Einrichtung den besonderen Erfordernissen der Ausbildung von Menschen mit Behinderungen gerecht werden.
(3) Es müssen ausreichend Ausbilderinnen/Ausbilder zur Verfügung stehen. Die Anzahl der Ausbilderinnen/Ausbilder muss in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl der Auszubildenden stehen. Dabei ist ein Ausbilderschlüssel von in der Regel höchstens eins zu acht anzuwenden.
§ 6 Eignung der Ausbilder/Ausbilderinnen
(1) Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG erstmals tätig werden, müssen neben der persönlichen, berufsspezifisch fachlichen sowie der berufs- und arbeitspädagogischen Eignung (AEVO u.a.) eine mehrjährige Erfahrung in der Ausbildung sowie zusätzliche behindertenspezifische Qualifikationen nachweisen.
(2) Anforderungsprofil
Ausbilderinnen/Ausbilder müssen eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation nachweisen und dabei folgende Kompetenzfelder abdecken:
-
Reflexion der betrieblichen Ausbildungspraxis
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Psychologie
-
Pädagogik, Didaktik
-
Rehabilitationskunde
-
Interdisziplinäre Projektarbeit
-
Arbeitskunde/Arbeitspädagogik
-
Recht
-
Medizin
Um die besonderen Anforderungen des § 66 BBiG zu erfüllen, soll ein Qualifizierungsumfang von 320 Stunden sichergestellt werden.
(3) Von dem Erfordernis des Nachweises einer rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation soll bei Betrieben abgesehen werden, wenn die Qualität der Ausbildung auf andere Weise sichergestellt ist. Die Qualität ist in der Regel sichergestellt, wenn eine Unterstützung durch eine geeignete Ausbildungseinrichtung erfolgt.
(4) Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG/§ 42m HwO bereits tätig sind, haben innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünf Jahren die notwendigen Qualifikationen gemäß Absatz 2 nachzuweisen. Die Anforderungen an Ausbilderinnen/Ausbilder gemäß Absatz 2 gelten als erfüllt, wenn die behindertenspezifischen Zusatzqualifikationen auf andere Weise glaubhaft gemacht werden können.
§ 7 Struktur der Berufsausbildung
(1) Findet die Ausbildung in einer Ausbildungseinrichtung statt, sollen mindestens 24 Wochen außerhalb dieser Einrichtung in einem anerkannten Ausbildungsbetrieb/mehreren anerkannten Ausbildungsbetrieben durchgeführt werden.
(2) Soweit Inhalte der Ausbildung nach dieser Ausbildungsregelung, mit Inhalten der Berufsausbildung zum/zur [Nennung des anerkannten Ausbildungsberufs] übereinstimmen, für die nach der geltenden Ausbildungsordnung oder aufgrund einer Regelung der [Nennung der zuständigen Stelle] eine überbetriebliche Berufsausbildung vorgesehen ist, soll die Vermittlung der entsprechenden Ausbildungsinhalte ebenfalls überbetrieblich erfolgen.
(3) Von der Dauer der betrieblichen Ausbildung nach Absatz 1 kann nur in besonders begründeten Einzelfällen abgewichen werden, wenn die jeweilige Behinderung oder betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordern; eine Verkürzung der Dauer durch die Teilnahme an einer überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahme erfolgt nicht.
§ 8 Ausbildungsrahmenplan, Ausbildungsberufsbild
(1) Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die im Ausbildungsrahmenplan (Anlage) aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit).
Eine von dem Ausbildungsrahmenplan abweichende Organisation der Ausbildung ist insbesondere zulässig, soweit die jeweilige Behinderung der Auszubildenden oder betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordern.
(2) Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker im Gastgewerbe/zur Fachpraktikerin im Gastgewerbe gliedert sich wie folgt:
-
Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht
-
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes
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Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit
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Umweltschutz
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Umgang mit Gästen, Beratung und Verkauf
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Einsetzen von Geräten, Maschinen und Gebrauchsgütern, Arbeitsplanung
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Hygiene
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Küchenbereich
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Servicebereich
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Warenwirtschaft
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Werbung und Verkaufsförderung
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Wirtschaftsdienst
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Arbeiten am Tisch des Gastes
-
Ausrichten von Festlichkeiten und Veranstaltungen
§ 9 Zielsetzung und Durchführung der Berufsausbildung
(1) Die in dieser Ausbildungsregelung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) sollen so vermittelt werden, dass die Auszubildenden zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 des Berufsbildungsgesetzes befähigt werden, die selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren (berufliche Handlungskompetenz) einschließt. Diese Befähigung ist auch in den Prüfungen nach den §§ 10 und 11 nachzuweisen.
(2) Die Ausbildenden haben unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplanes für die Auszubildenden einen individuellen Ausbildungsplan zu erstellen.
(3) Die Auszubildenden haben einen schriftlichen Ausbildungsnachweis zu führen. Ihnen ist Gelegenheit zu geben, den schriftlichen Ausbildungsnachweis während der Ausbildungszeit zu führen. Die Ausbildenden haben den schriftlichen Ausbildungsnachweis regelmäßig durchzusehen und abzuzeichnen. Die Auszubildende/Der Auszubildende kann nach Maßgabe von Art oder Schwere/Art und Schwere ihrer/seiner Behinderung von der Pflicht zur Führung eines schriftlichen Ausbildungsnachweises entbunden werden.
§ 10 Zwischenprüfung
(1) Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist eine Zwischenprüfung durchzuführen. Sie soll vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden.
(2) Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die in der Anlage für das erste Ausbildungsjahr aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie auf den im Berufsschulunterricht entsprechend dem Rahmenlehrplan zu vermittelnden Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.
(3) Für die Zwischenprüfung bestehen folgende Vorgaben:
Die zu prüfende Person soll in höchstens 4 Stunden eine praktische Aufgabe bearbeiten. Dabei soll er zeigen, dass er Arbeit planen, durchführen und präsentieren, die Ergebnisse kontrollieren und Gesichtspunkte der Hygiene, des Umweltschutzes, der Wirtschaftlichkeit und der Gästeorientierung berücksichtigen kann. Hierfür kommen folgende Gebiete in Betracht:
-
Planen von Arbeitsschritten
-
Anwenden von Arbeitstechniken
-
Präsentieren von Produkten
§ 11 Abschlussprüfung
(1) Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob die zu prüfende Person die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. In der Abschlussprüfung soll die zu prüfende Person nachweisen, dass er die dafür erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist. Die Ausbildungsregelung ist zugrunde zu legen.
(2) Die Abschlussprüfung ist praktisch und schriftlich durchzuführen.
(3) In der praktischen Prüfung soll die zu prüfende Person in höchstens drei Stunden eine komplexe Prüfungsaufgabe sowie in höchstens zwei Stunden zwei weitere Prüfungsaufgaben bearbeiten. Hierfür kommen insbesondere in Betracht:
1. Als komplexe Prüfungsaufgabe:
a) Präsentieren und Servieren von Speisen und Getränken
b) Anlassbezogenes Herrichten eines Veranstaltungsraumes
Diese Aufgabe soll Ausgangspunkt für ein gastorientiertes Gespräch sein. Innerhalb der Prüfungsaufgabe sollen höchstens 15 Minuten auf das Gespräch entfallen.
2. Als weitere Prüfungsaufgaben:
a) Zuordnen von Gläsern und Bestecken zu vorgegebenen Speisen und Getränken
b) Zuordnen von Produkten zu Verwendungsmöglichkeiten
c) Vorbereiten von Bestellungen
(4) Die schriftliche Prüfung wird in den Prüfungsbereichen Gastorientierte Dienstleistungen sowie Wirtschafts- und Sozialkunde durchgeführt werden. Es kommen Fragen und Aufgaben, die sich auf praxisbezogene Fälle beziehen, insbesondere aus folgenden Gebieten in Betracht:
1. Im Prüfungsbereich: Gastorientierte Dienstleistungen:
a) Umgang mit Gästen, Beratung und Verkauf
b) Einsatz von Geräten, Maschinen und Gebrauchsgütern
c) Arbeitsplanung
d) Arbeitstechniken
Die Prüfungszeit beträgt 90 Minuten.
2. Wirtschafts- und Sozialkunde
Allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt.
Die Prüfungszeit beträgt 45 Minuten.
§ 12 Gewichtungsregelung
Die Prüfungsbereiche sind wie folgt zu gewichten:
1. Prüfungsbereich Praktische Prüfung 60 Prozent,
2. Prüfungsbereich Gastorientierte Dienstleistungen 30 Prozent,
3. Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde 10 Prozent.
§ 13 Bestehensregelung
(1) Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn die Leistungen
-
im Gesamtergebnis mit mindestens „ausreichend“,
-
im Prüfungsbereich Praktische Prüfung mit mindestens „ausreichend“,
-
in mindestens einem der übrigen Prüfungsbereiche mit mindestens „ausreichend“ und
-
in keinem Prüfungsbereich mit „ungenügend“ bewertet worden sind.
(2) Auf Antrag der zu prüfenden Person ist die Prüfung in einem der mit schlechter als „ausreichend“ bewerteten Prüfungsbereiche, in denen Prüfungsleistungen mit eigener Anforderung und Gewichtung schriftlich zu erbringen sind, durch eine mündliche Prüfung von etwa 15 Minuten zu ergänzen, wenn dies für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. Bei der Ermittlung des Ergebnisses für diesen Prüfungsbereich sind das bisherige Ergebnis und das Ergebnis der mündlichen Ergänzungsprüfung im Verhältnis von 2 : 1 zu gewichten.
§ 14 Übergang
Ein Übergang von einer Berufsausbildung nach dieser Ausbildungsregelung in eine entsprechende Ausbildung nach § 4 BBiG ist von der/dem Auszubildenden und der/dem Ausbildenden kontinuierlich zu prüfen.
§ 15 Bestehende Berufsausbildungsverhältnisse
Berufsausbildungsverhältnisse, die bei Inkrafttreten dieser Ausbildungsregelung bestehen, können unter Anrechnung der bisher zurückgelegten Ausbildungszeit nach den Vorschriften dieser Regelung fortgesetzt werden, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren.
§ 16 Prüfungsverfahren
Für die Zulassung zur Abschlussprüfung und das Prüfungsverfahren gilt die Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen der Industrie- und Handelskammer Erfurt entsprechend.
§ 17 Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit
Soweit die Dauer der Ausbildung abweichend von dieser Ausbildungsregelung verkürzt oder verlängert werden soll, ist § 8 Abs. 1 und 2 BBiG entsprechend anzuwenden.
§ 18 Inkrafttreten
Diese Ausbildungsregelung tritt nach ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
27. März 2025
Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Fachpraktiker im Gastgewerbe/zur Fachpraktikerin im Gastgewerbe
Anlage zu § 8
Lfd Nr.
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Teil des Ausbildungsberufsbildes
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Zu vermittelnde Fertigkeiten und Kenntnisse
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Ausbildungsjahr
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1 |
Berufsausbildung, Arbeits-und Tarifrecht
§ 8 (2) Nr. 1
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Während der gesamten Ausbildung zu vermitteln.
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2 |
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes
§ 8 (2) Nr. 2
|
|
Während der gesamten Ausbildung zu vermitteln.
|
3 |
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit
§ 8 (2) Nr. 3
|
|
Während der gesamten Ausbildung zu vermitteln.
|
4 |
Umweltschutz
§ 8 (2) Nr. 4
|
|
Während der gesamten Ausbildung zu vermitteln.
|
Lfd Nr.
|
Teil des Ausbildungsberufsbildes
|
Zu vermittelnde Fertigkeiten und Kenntnisse
|
Ausbildungsjahr
|
||
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1
|
2
|
3
|
|||
5 |
Umgang mit Gästen, Beratung und Verkauf
§ 8 (2) Nr. 5
|
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6 |
Einsetzen von Geräten, Maschinen und Gebrauchsgütern, Arbeitsplanung
§ 8 (2) Nr. 6
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X
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7 |
Hygiene
§ 8 (2) Nr. 7
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X
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X
X
|
8 |
Küchenbereich
§ 8 (2) Nr. 8
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X
X
X
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9 |
Servicebereich
§ 8 (2) Nr. 9
|
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10 |
Warenwirtschaft
§ 8 (2) Nr. 10
|
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11 |
Werbung und Verkaufsförderung
§ 8 (2) Nr. 11
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12 |
Wirtschaftsdienst
§ 8 (2) Nr. 12
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13 |
Arbeiten am Tisch des Gastes
§ 8 (2) Nr. 13
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14 |
Ausrichten von Festlichkeiten und Veranstaltungen
§ 8 (2) Nr. 14
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