Pressemitteilung

PM003: Weil ruft das Jahr des Turnarounds aus

Beim Neujahrsempfang der IHK Elbe-Weser waren die Redner sich einig: Die Lage ist schwierig, aber der Wirtschaftsstandort Deutschland viel stärker, als er glaubt. Entschiedenes Handeln ist allerdings sofort nötig, damit das so bleibt.


Elbe-Weser-Raum (IHK). Rund 900 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Bildung, Kultur und Medien hatten sich am 8. Januar im Stadeum in Stade versammelt, um am traditionellen Neujahrsempfang der IHK Elbe-Weser teilzunehmen. Dort erlebten sie einen aufgeräumten und energiegeladenen niedersächsischen Ministerpräsidenten, der 2025 als Jahr des Turnarounds ausrief, ohne die Augen vor den Schwierigkeiten zu verschließen. „Wir befinden uns im Gegensatz zu anderen OECD-Staaten im vierten Jahr in einer Seitwärts- bzw. sogar Rückwärtsbewegung, und der Abstand wird größer.“ Die Situation sei ambivalent: Einerseits sei Deutschland vor allem mit dem Norden Energieland Nummer ein, andererseits seien viele Bestandsunternehmen gefährdet. „Wir haben zu wenig Dynamik, zu wenig Investitionen.“
Als Hauptursachen nannte Stephan Weil drei „neuralgische Punkte“: die Energiekosten, die Arbeitskräfte und die Überregulation. Um den Industriestandort Deutschland nicht zu gefährden, müssten die Energiekosten gesenkt werden. „Und wir können definitiv besser werden in der ökonomischen Steuerung der Energiewende“, so Weil. Es sei beispielsweise absurd, enorme Geldsummen in Entschädigungszahlungen für das Abstellen von Windrädern zu stecken, statt diesen Überstrom speicherbar zu machen, um ihn dann zu verkaufen. Auch gehöre es zur ökonomischen Vernunft, Energie dort billiger zu bekommen, wo sie erzeugt werde – wie in Niedersachsen. Mit der Einrichtung einer zentralen Zuwanderungsstelle seien die Weichen für eine Zuwanderung und Integration von Arbeitskräften aus dem Ausland gestellt. „Ich bin sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit mit den IHKs bei diesem Thema.“ Ebenfalls lobte er die Tätigkeit der bei der IHK Niedersachsen angesiedelten Clearingstelle zum Bürokratieabbau. „Wir müssen einfacher, schneller und billiger werden. Wir sind sehr guten Willens, bürokratisch abzurüsten, und mein herzlicher Dank gilt der IHK-Organisation, die 150 Vorschläge dazu eingereicht hat, von denen wir viele umsetzen können.“
Den Unternehmen dankte Weil für ihr Engagement, ihr Verantwortungsbewusstsein, ihre Kompetenz und ihr Herzblut. Um ihre Zuversicht zu schüren, seien Fördermaßnahmen für Investitionen dringend nötig. „Wir brauchen einen Brustlöser“, sagte Weil.
Mit seinen Gedanken griff Weil viele Punkte auf, die IHK-Präsident Matthias Kohlmann zuvor angemahnt hatte und die zu der besorgniserregenden Entwicklung führten, dass „50 Prozent der großen Industrie Produktionsreduzierungen oder gar -verlagerungen ins Ausland“ plane. Deutschland hindere sich oft selbst am Erfolg, so das Fazit des IHK-Präsidenten, der die Politik aufforderte, schnell und konsequent gegenzusteuern.
Im derzeitigen Multikrisenmodus gebe es allerdings eine universelle Superkraft, unterstrich Kohlmann, die all diese Herausforderungen bewältigen könne: die der Beziehungen, der Netzwerke. Mit Blick auf die schwer einzuschätzenden Entwicklungen in den USA, die mit 10 Prozent aller Exporte der wichtige Handelspartner Deutschlands ist, sei eine Diversifizierung von Handelsbeziehungen entscheidend, um Abhängigkeiten zu reduzieren und resilienter zu werden. Als wichtigen Schritt in diese Richtung nannte der IHK-Präsident das Mercosur-Handelsabkommen. Als weiteren entscheidenden Baustein führte er die Global-Gateway-Strategie der EU an, die unter anderem stabile Handelsströme kritischer Rohstoffe sicherstellen will.
Im anschließenden Wirtschaftstalk diskutierten Julia Friedlander, Geschäftsführerin der Atlantik-Brücke, Hans-Peter Fricke, Geschäftsführer der Fricke Gruppe, und Wirtschaftsminister Olaf Lies, moderiert von der Journalistin Tanit Koch, über die Auswirkungen der US-Wahl auf die Wirtschaft, flankiert von Sven Thorsten Potthoff, CEO der AHK San Francisco, der sich live zugeschaltet hatte. Auch hier lag der Tenor darauf, sich auf die starke europäische Gemeinschaft zu besinnen, um unabhängiger zu werden, und in Zukunftstechnologien zu investieren. Mit Trump werde es „sehr viel Hin und Her“ geben, sagte Friedländer. Wahrscheinlich sei auch eine Anhebung der Zölle. Aber auch die Biden-Regierung habe mit dem Inflation Reduction Act schon protektionistisch gehandelt, so Potthoff. Er riet den deutschen Unternehmen, sich ein Beispiel an den amerikanischen zu nehmen, die sich pragmatisch und nüchtern auf die Gegebenheiten einstellen. Friedländer ermutigte zudem: „Die deutschen Unternehmen sind viel besser darauf vorbereitet und viel stärker, als sie glauben.“ Deutsche Unternehmen genössen einen sehr guten Ruf in den USA, ebenso das deutsche Bildungssystem. Dem pflichtete der Wirtschaftsminister bei. „Wir müssen mit den Konsequenzen aus der US-Wahl umgehen und unsere Strukturprobleme lösen, keine Frage. Aber wir müssen auch wieder stolz sein auf unsere eigenen Produkte.“
Pressemitteilung Nr. 3
Stade, 9. Januar 2025