Gewerberecht
EU-Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit
Die Verordnung (EU) 2023/988 - auch „GPSR“ (General Product Safety Regulation) oder „EU-Produktsicherheitsverordnung“ genannt - findet seit dem 13. Dezember 2024 unmittelbare Anwendung in allen EU-Mitgliedstaaten, ohne dass es eines Umsetzungsaktes durch den deutschen Gesetzgeber bedarf. Sie löst die bis dahin geltende europäische Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit ab. Damit stehen auch Änderungen im deutschen Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) an, die der nationale Gesetzgeber aber noch nicht vorgenommen hat.
- Hintergrund und Zielsetzung
- Wer ist von der GPSR betroffen?
- Welche Produkte sind betroffen?
- Welche Produkte sind von der GPSR ausgeschlossen?
- Wo gilt die GPSR in räumlicher Hinsicht?
- Wer gilt als Hersteller im Sinne der GPSR und welche Pflichten treffen ihn?
- Welche Sicherheitsanforderungen stellt die GPSR an den Hersteller?
- Wie hat die vom Hersteller vorzunehmende Risikoanalyse zu erfolgen?
- Wer ist Einführer und welche Pflichten treffen ihn?
- Wer gilt als Händler und welche Pflichten treffen ihn?
- Welche besonderen Anforderungen und Pflichten gelten im Fernabsatzgeschäft, insbesondere beim Online-Handel?
- Besondere Pflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen
- Sanktionen/Wettbewerbsrechtliche Relevanz der GPSR
Hintergrund und Zielsetzung
Die GPRS soll gewährleisten, dass auch weiterhin nur sichere Produkte in der EU in Verkehr gebracht werden. Aufgrund der steigenden Digitalisierung und des steigenden Absatzes von Produkten über den Onlinehandel wurden im Vergleich zur Richtlinie 2001/95/EG zusätzliche Anforderungen in die neue Verordnung 2023/988 aufgenommen.
Die GPSR trägt also in besonderer Weise dem konstanten Wachstum des Online-Handels und der zunehmenden Marktbedeutung von vernetzten und smarten Produkten Rechnung. Von letzteren können sowohl Cyberrisiken als auch Gefahren für die soziale und psychische Gesundheit der Verbraucher ausgehen.
Die GPSR trifft allein Vorgaben zur öffentlich-rechtlichen Produktsicherheit von Verbraucherprodukten, über deren Einhaltung die Marktüberwachungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten im öffentlichen Interesse wachen.
Hiervon zu unterscheiden ist die aus der Verwendung gefährlicher Produkte resultierende zivilrechtliche Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG). Dessen Anwendungsfall tritt also im Gegensatz zur GPSR erst dann ein, wenn ein Schaden bereits eingetreten ist. Die GPSR und das ProdSG wollen dagegen vorbeugend präventiv wirken, damit es möglichst nicht erst zu einem Schaden kommt.
Wer ist von der GPSR betroffen?
Adressat der GPSR sind Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer, Händler, Fulfilment-Dienstleister (Dienstleister für Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung und Versand von externen Produkten) sowie Anbieter von Marktplätzen (Verkaufs- und Onlineplattformen).
Betroffen von der GPSR sind natürliche oder juristische Personen, Personengesellschaften, Kleinstgewerbetreibende und Existenzgründer, sofern sie die vorgenannten Funktionen am Markt wahrnehmen.
Die gewählte Rechtsform, die Marktstärke, die Anzahl der Beschäftigten oder gewisse Umsatzschwellen sind für die Einordnung als Adressat ohne Bedeutung. Es gibt also keine Ausnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).
Welche Produkte sind betroffen?
Die GPSR gilt grundsätzlich für alle Verbraucherprodukte. Erfasst sind nicht nur neue, sondern auch gebrauchte und reparierte Produkte. Um ein Verbraucherprodukt handelt es sich, wenn der Hersteller sein Produkt bei der Gestaltung, Vermarktung und dem Vertrieb in subjektiver Hinsicht gezielt auf die Verwendung durch den Endverbraucher ausrichtet.
Darüber hinaus handelt es sich auch dann um ein Verbraucherprodukt, wenn der Hersteller das Produkt zwar primär an Unternehmer (B2B-Verhältnis) vertreibt, das Produkt jedoch unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern genutzt wird. Bei diesem unscharfen, objektiven Kriterium für die Einordnung als Verbraucherprodukt ist hingegen nicht auf die abstrakte Möglichkeit der Nutzung des Produkts durch den Verbraucher abzustellen, sondern vielmehr darauf, dass eine Nutzung durch den Verbraucher wahrscheinlich ist. Kann das Produkt sowohl für private als auch für berufliche Zwecke genutzt werden, fällt es als Verbraucherprodukt in den Anwendungsbereich, wenn die Nutzung durch Verbraucher wahrscheinlich ist.
Ob die Nutzung durch den Endverbraucher wahrscheinlich und vernünftigerweise vorhersehbar ist, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn
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im Rahmen der Vermarktung und Produktgestaltung gezielt Verbraucher angesprochen werden;
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das Produkt im Einzel- oder Onlinehandel ohne Zugangsbeschränkungen erworben werden kann;
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das Produkt regelmäßig seine Funktion im privaten Haushalt erfüllen kann;
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das Produkt die Endverarbeitungsstufe erreicht hat und sofort vom Verbraucher eingesetzt werden kann.
Der Kreis der Verbraucherprodukte erstreckt sich ferner auch auf solche Produkte, die im Rahmen einer Dienstleistung zur Nutzung durch den Verbraucher bereitgestellt werden. Es reicht für die Anwendbarkeit der GPSR aus, dass der Verbraucher dem Produkt im Rahmen der Dienstleistung vorübergehend ausgesetzt ist. Typische produktbezogene Dienstleister, die künftig die Händlerpflichten nach der GPSR zu erfüllen haben, sind insbesondere Vermieter, Leasinggeber, Verpächter und Verleiher von Verbraucherprodukten.
Welche Produkte sind von der GPSR ausgeschlossen?
Einige bestimmte Produkte sind vom Anwendungsbereich der GPSR ausdrücklich ausgenommen. Hierzu gehören:
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Human- und Tierarzneimittel,
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Lebensmittel,
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Futtermittel,
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lebende Pflanzen und Tiere,
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tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte,
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Pflanzenschutzmittel,
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Luftfahrzeuge,
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Antiquitäten
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sowie Produkte, die eindeutig als Produkte mit Reparatur- oder Wiederaufarbeitungsbedarf gekennzeichnet sind.
Wo gilt die GPSR in räumlicher Hinsicht?
Die GPSR gilt für das Inverkehrbringen oder Bereitstellen eines Produktes auf dem Unionsmarkt. Sie findet auch dann Anwendung, wenn das Produkt zwar in einem Drittstaat hergestellt oder von einem Drittstaat aus im Online-Handel vertrieben wird, sofern sich das Produkt an Verbraucher innerhalb der EU richtet. Ist das Produkt allein für den Export in einen
Drittstaat bestimmt, findet die GPSR verpflichtend keine Anwendung.
Drittstaat bestimmt, findet die GPSR verpflichtend keine Anwendung.
Wer gilt als Hersteller im Sinne der GPSR und welche Pflichten treffen ihn?
Die GPSR kennt drei verschiedene Herstellertypen.
Tatsächlicher Hersteller ist, wer das Produkt herstellen bzw. entwickeln oder herstellen lässt und es unter seinem eigenen Namen oder unter einer eigenen Handelsmarke vermarktet.
Der Quasi-Hersteller ist diejenige Person, die ein Produkt lediglich herstellen lässt und sodann im eigenen Namen oder unter einer eigenen Handelsmarke vertreibt.
Im Übrigen gilt als Hersteller auch diejenige Person, die - obwohl sie nicht bereits einem der vorgenannten Herstellertypen zuzuordnen ist - eine wesentliche Veränderung am Produkt vornimmt, die sich auf die Produktsicherheit auswirkt. Die wesentliche Veränderung am Produkt kann physischer oder digitaler Natur sein.
Den Hersteller treffen vor oder im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts folgende Pflichten:
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Durchführung einer internen Risikoanalyse und Erstellung technischer Unterlagen
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Anbringen einer Typen-, Chargen- oder Seriennummer zur Identifizierung und Rückverfolgbarkeit auf dem Produkt, ausnahmsweise - wenn aufgrund der Größe oder Art des Produkts nicht oder nur mit wirtschaftlich unverhältnismäßigen Anstrengungen möglich - auf der Verpackung oder auf einer beigefügten Unterlage (z. B. der Gebrauchsanleitung)
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Anbringen einer Herstellerkennzeichnung, ausnahmsweise - wenn aufgrund der Größe oder Art des Produkts nicht oder nur mit wirtschaftlich unverhältnismäßigen Anstrengungen möglich - auf der Verpackung oder auf einer beigefügten Unterlage (z. B. der Gebrauchsanleitung) durch Angabe des Namens, des eingetragenen Handelsnamens oder der eingetragenen Handelsmarke, der postalischen Anschrift sowie einer elektronischen Adresse (E-Mail-Adresse oder Direktlink zum Kontaktformular auf der Homepage)
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Dem Produkt sind in der Regel eine Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformation beizufügen, die jeweils in Papierform in einer für den Verbraucher leicht zu verstehenden Sprache zu verfassen sind. Hierauf kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn das Produkt auch ohne diese Informationen bestimmungsgemäß und sicher verwendet werden kann. Die bei der Abfassung zu wählende Landessprache ist abhängig davon, wo das Produkt innerhalb der EU auf dem Markt bereitgestellt wird
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Bei Serienprodukten müssen regelmäßige Warenausgangskontrollen und Qualitätstests durchgeführt werden
Nach dem Inverkehrbringen treffen den Hersteller die folgenden Pflichten:
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Die Risikoanalyse und technischen Unterlagen müssen auf dem neuesten Stand gehalten und für die Marktüberwachungsbehörden zehn Jahre lang aufbewahrt werden
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Kommt der Hersteller nach dem Inverkehrbringen zu der Einschätzung, dass das Produkt nicht mehr sicher und damit als gefährlich einzustufen ist, hat er unverzüglich Korrekturmaßnahmen (Rückruf und Rücknahme) und Unterrichtungen (Sicherheitswarnungen an Verbraucher, Meldungen an die Marktüberwachungsbehörde) vorzunehmen
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Der Hersteller muss ein Kommunikationsforum einrichten, über das Beschwerden, Unfälle oder Sicherheitsprobleme mitgeteilt werden können, z. B. durch Einrichtung einer Telefon-Hotline, einer E-Mail-Adresse oder einer speziellen Rubrik auf der Homepage. Beschwerden und gemeldete produktbezogene Unfälle, die erwarten lassen, dass die Produktsicherheit nicht mehr gewährleistet ist, sind vom Hersteller zu untersuchen
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Es ist ein internes Verzeichnis über Beschwerden, Rückrufe und etwaige Korrekturmaßnahmen zu führen. Das interne Beschwerdeverzeichnis muss datenschutzkonform ausgestaltet sein, wobei personenbezogene Daten keinesfalls länger als fünf Jahre nach ihrer Eingabe gespeichert werden dürfen
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Hersteller haben jeden produktbezogenen Unfall unverzüglich nach Kenntnisnahme der Marktüberwachungsbehörde des EU-Mitgliedstaates zu melden, in dem sich der Unfall ereignet hat. Ein Unfall liegt vor, wenn ein Mensch bei der Verwendung des Produkts zu Tode kommt oder - auch nur vorübergehend - eine schwerwiegende Gesundheitsschädigung erleidet. Die Unfallmeldung hat ausschließlich über das sog. Safety-Business-Gate zu erfolgen.
Welche Sicherheitsanforderungen stellt die GPSR an den Hersteller?
Es dürfen nur sichere Produkte in den Verkehr gebracht bzw. bereitgestellt werden. Die Produktsicherheit ist für die tatsächliche Gebrauchsdauer des Produkts zu gewährleisten, bezieht sich jedoch einschränkend wiederum ausschließlich auf die vernünftigerweise vorhersehbare Verwendung durch den Verbraucher.
Da eine uneingeschränkte Produktsicherheit praktisch nicht gewährleistet werden kann, verfolgt die GPSR einen risikobasierten Sicherheitsmaßstab.
Demnach ist ein Inverkehrbringen oder Bereitstellen von Produkten auf dem EU-Markt verboten, wenn trotz adäquater Risikovermeidungs- und Risikoeindämmungsmaßnahmen vom Produkt ernsthafte Gefahren für die Gesundheit oder das Leben des Verbrauchers ausgehen. Der Gesundheitsbegriff ist weit gefasst. Er umfasst nicht nur die Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit, sondern schützt darüber hinaus auch das geistige und soziale Wohlbefinden des Verbrauchers.
Dies führt dazu, dass insbesondere bei Produkten mit digitalen Elementen, die mit mobilen Endgeräten gekoppelt werden können und bei denen auch Cyberattacken voraussehbar und erwartbar sind, Risiken schwer eingrenzbar und kalkulierbar sind. Insoweit kann nur auf den aktuellen Stand der Technik zurückgegriffen werden.
Technisch komplexe Produkte bedürfen vor der Bereitstellung einer technischen Prüfung, bei denen technische Normen und Regelwerke den Maßstab bilden. Diese Prüfungsergebnisse sollten den technischen Unterlagen beigefügt werden. Bei Nichteinhaltung einer technischen Norm ist genau zu dokumentieren, warum die Produktsicherheit dennoch aus Herstellersicht hinreichend gewährleistet ist.
Wie hat die vom Hersteller vorzunehmende Risikoanalyse zu erfolgen?
Erforderlich ist eine Ermittlung des vom Produkt ausgehenden Schadenspotenzials und eine Einschätzung zur Eintrittswahrscheinlichkeit und Höhe des zu erwartenden Schadens beim Verbraucher.
Je größer das gesundheitliche Gefährdungspotential ist, desto detaillierter und umfangreicher muss die Risikoanalyse sein. Ein erhöhtes Risiko wirkt sich zugleich unmittelbar auch auf die Anforderungen bei der Erstellung der technischen Unterlagen aus. Erweist sich das fassbare Risiko als relativ hoch, reicht eine sonst übliche allgemeine Produktbeschreibung nicht mehr aus. Vielmehr ist unter Berücksichtigung des konkreten Risikos in der tiefergehenden Produktbeschreibung darzulegen, auf welche Art und Weise eine sichere Produktverwendung ungeachtet der ermittelten Risiken gelingen kann.
Bei der Risikoanalyse ist es zweckmäßig, zunächst produktabhängig unterschiedliche Kategorien für die Produktsicherheit zu bilden, um einen Maßstab für die sich anschließende Risikobeurteilung zu bilden.
Mögliche Kategorien sind insoweit:
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Standsicherheit,
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Bruchsicherheit,
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Brand- und Explosionssicherheit,
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Verschleißfestigkeit,
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produktbezogene Cybersicherheit
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sowie die mechanische, physikalische, chemische und elektrische Sicherheit.Folgende Kriterien können bei der Risikoanalyse zur Beurteilung der Produktsicherheit herangezogen werden:
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Die Produkteigenschaften: Äußere Merkmale, bei der Herstellung verwendete Materialien und Stoffe sowie die Verpackung und Hinweise zur Inbetriebnahme, Verwendung und Wartung des Produkts
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Äußere Einwirkungen auf das Produkt: Witterungsverhältnisse, Temperatur und Luftdruck
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Einwirkung auf andere Produkte, wenn eine gemeinsame Verwendung des Produkts mit anderen Produkten, einschließlich der Verbindung dieser Produkte, vernünftigerweise vorhersehbar ist
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Einwirkung anderer Produkte auf das zu bewertende Produkt, insbesondere Gefahren aus der Wechselwirkung mit anderen - auch digitalen bzw. smarten - Produkten, soweit die kombinierte Verwendung voraussehbar ist
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Optik und Etikettierung des Produkts, Eignung des Produkts für Kinder einschließlich Angabe einer Altersgrenze, Anweisungen und Informationen zur sicheren Verwendung und Entsorgung des Produkts
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Rücksichtnahme auf besonders schutzwürdige Nutzergruppen bei der Produktverwendung: Produktabhängig sind klare und leicht verständliche Warn- und Sicherheitshinweise in der Gebrauchsanleitung zu erteilen, damit Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen das Produkt sicher verwenden können. Es ist Rücksicht weiterhin auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Produktverwendung zu nehmen
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Verleitet das Produkt den Verbraucher aufgrund seiner Form, seines Geruchs, seiner Farbe, seines Aussehens, seiner Verpackung, seiner Größe oder seiner äußerlichen Beschaffenheit zu einer bestimmungswidrigen Verwendung (z. B. Lutschen und Verschlucken kleiner Produkte, die Ähnlichkeit mit Lebensmitteln aufweisen) - insbesondere durch Kinder - bedarf es besonderer, gut sichtbarer Sicherheitshinweise auf dem Produkt selbst
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Angemessene Präventionsmaßnahmen gegen Cyberattacken, die entweder zur Kontrollübernahme durch Dritte oder zum vollständigen Ausfall der Verbindung führen
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Gefahren bei dem Einsatz produktbezogener künstlicher Intelligenz.
Wer ist Einführer und welche Pflichten treffen ihn?
Als Einführer wird diejenige Person angesehen, die sich innerhalb des Euroraums niedergelassen hat und im Euroraum ein Produkt in den Verkehr bringt, das von einem Hersteller aus einem EU-Drittstaat angefertigt worden ist. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass in jedem Fall innerhalb des Gebiets der europäischen Union eine für die Produktsicherheit verantwortliche Person vorhanden ist, wenn der Hersteller seine Niederlassung in einem Drittstaat unterhält.
Die Pflichten des Einführers entsprechen weitestgehend denen, die den Hersteller treffen. Seine Aufgabe ist es, durch die formelle Prüfung der allgemeinen Produktsicherheit, den Hersteller aus dem Drittstaat hinreichend zu kontrollieren.
Den Einführer treffen vor oder im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts folgende Pflichten:
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Gewährleistung der allgemeinen Produktsicherheit auf dem Transportweg und bei der Zwischenlagerung
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Durchführung von sicherheitsbezogenen Qualitätstests an dem Importprodukt zur Gewährleitung der allgemeinen Produktsicherheit
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Anbringung einer Einführerkennzeichnung auf dem Produkt, die dem Inhalt nach der Herstellerkennzeichnung entspricht (s. o., C.). Die Einführerkennzeichnung darf nicht von der Herstellerkennzeichnung verdeckt werden
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Beifügen von klaren Anweisungen und Sicherheitsinformationen in leicht verständlicher Sprache und in Papierform, soweit das Produkt ohne diese nicht sicher und wie vom Hersteller vorgesehen verwendet werden kann
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Überprüfung der Anforderungen an die Identifikations- und Herstellerkennzeichnung
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Überprüfung der Risikoanalyse und der technischen Unterlagen des Herstellers
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Plausibilitätscheck im Hinblick auf die vom Hersteller beigefügten klaren Anweisungen und Sicherheitsinformationen.
Nach dem Inverkehrbringen treffen den Einführer die folgenden Pflichten:
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Bei erheblichem sicherheitsrelevantem Risiko hat der Einführer den Hersteller unverzüglich zu unterrichten und sicherzustellen, dass der Hersteller Korrekturmaßnahmen ergreift und der Verbraucher unterrichtet wird. Zusätzlich sind die Marküberwachungsbehörden über das Safety-Business-Gateway zu unterrichten
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Untersuchung von eingereichten Beschwerden und Informationen über produktbezogene Unfälle
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Führen eines Verzeichnisses über Beschwerden, Rückrufe und etwaige Korrekturmaßnahmen
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Prüfung der Einrichtung eines Kommunikationskanals für Beschwerden, produktbezogene Unfälle und Sicherheitsprobleme durch den Hersteller
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Unverzügliche Meldungen von produktbezogenen Unfällen an den Hersteller
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Bereithalten einer Kopie der technischen Unterlagen für die Dauer von zehn Jahren ab dem Inverkehrbringen des Produkts.
Wer gilt als Händler und welche Pflichten treffen ihn?
Händler ist jede Person in der Lieferkette, die ein Produkt auf dem Markt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers und des Einführers. Mit der Bereitstellung ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen der Geschäftstätigkeit gemeint. Innerhalb der Lieferkette kann es mehrere unterschiedliche Händlerstufen geben, nämlich Großhändler, Zwischenhändler und Einzelhändler.
Den Händler treffen vor oder im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts folgende Pflichten:
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Überprüfung der Vollständigkeit der Hersteller- und Einführerkennzeichnung
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Überprüfung der Vollständigkeit der Identfikationskennzeichnung
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Faktenbezogene Überprüfung der Pflicht zur Bereitstellung von klaren Anweisungen und Sicherheitsinformationen durch den Hersteller und den Einführer
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Für den Händler gilt ein Bereitstellungsverbot, wenn bei den vorgenannten Überprüfungen der Hersteller- oder Einführerpflichten vom Händler Defizite festgestellt werden
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Gewährleistung der allgemeinen Produktsicherheit auf dem Transportweg und bei Zwischenlagerung, d. h. die vom Hersteller und Einführer veranlassten Kennzeichnungen und beigefügten Anweisungen und Sicherheitsinformationen dürfen sich auf dem Transportweg oder bei der Lagerung nicht verschlechtern
Nach dem Inverkehrbringen treffen den Händler die folgenden Pflichten:
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Kommt der Händler aufgrund der ihm vorliegenden Informationen zu der Auffassung, dass ein ernstes Produktrisiko besteht oder gegen Hersteller- und Einführerpflichten verstoßen wurde, hat der Händler den Hersteller bzw. den Einführer unverzüglich zu unterrichten, sicherzustellen, dass der Hersteller bzw. Einführer Korrekturmaßnahmen ergreift und die Marküberwachungsbehörden über das Safety-Business-Gateway zu unterrichten. Der Händler hat den Hersteller bzw. den Einführer bereits bei einer fehlenden Kennzeichnung oder fehlenden Anweisungen und Sicherheitsinformationen unverzüglich zu unterrichten.
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Unverzügliche Meldungen von produktbezogenen Unfällen durch den Händler an den Hersteller. Der Hersteller kann den Händler anweisen, die Unfallmeldungen selbst über das Safety-Business-Gateway vorzunehmen.
Welche besonderen Anforderungen und Pflichten gelten im Fernabsatzgeschäft, insbesondere beim Online-Handel?
Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte im Wege des Versandhandels, Teleshoppings, Telemarketings oder Online-Handels auf dem Markt bereit, so muss das Angebot mindestens folgende eindeutigen und sichtbaren Angaben enthalten:
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Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke des Herstellers sowie die Postanschrift und die E-Mail-Adresse, unter denen der Hersteller kontaktiert werden kann
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falls der Hersteller nicht in der EU sitzt, Name, Postanschrift und
E-Mail-Adresse der verantwortlichen Person -
Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich der Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren
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etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die auf dem Produkt, der Verpackung oder in den Begleitunterlagen zu finden sind.
Besondere Pflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen
Der Online-Anbieter fungiert als Vermittler zwischen Verbraucher und Unternehmer, indem er es dem Verbraucher ermöglicht, über eine Online-Schnittstelle Fernabsatzverträge mit Unternehmern über Verbraucherprodukte abzuschließen. Bei der Online-Schnittstelle handelt es sich in der Regel um eine Website oder eine mobile Handy-App.
Den Anbieter eines Online-Marktplatzes treffen folgende Pflichten:
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Benennung einer sog. zentralen Kontaktstelle, damit der Verbraucher einerseits produktsicherheitsrelevante Fragen direkt mit ihr klären kann und andererseits eine schnelle und störungsfreie Zusammenarbeit mit den Marktüberwachungsbehörden erfolgen kann
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Implementierung eines GPSR-Compliance-Management-Verfahrens zur Überwachung der Pflichten nach der GPSR
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Anordnungen der Marktüberwachungsbehörden sind innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang zu erfüllen
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Regelmäßiges Monitoring der Informationen über gefährliche Produkte im Safety-Gate-Portal, um ggf. gefährliche Angebote auf dem Online-Marktplatz zu sperren oder zu entfernen
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Dafür Sorge zu tragen, dass die Unternehmer, die Produkte über den Online-Marktplatz vertreiben, dem Verbraucher die folgenden Mindestinformationen bereitstellen: Herstellerkennzeichnung, Identifikationskennzeichnung, ggf. Kennzeichnung des EU-Wirtschaftsakteurs sowie etwaige Warn- und Sicherheitsinformationen, die auf dem Produkt anzubringen oder beizufügen sind
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Vorübergehende Ausschließung der Unternehmer von dem Online-Marktplatz nach vorheriger Warnung bei mehrfachem und zeitlich anhaltendem Verstoß gegen die GPSR
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Meldungen zu Fragen der Produktsicherheit sind spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang zu bearbeiten
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Zusammenarbeit mit den Marktüberwachungsbehörden, Unternehmern und weiteren beteiligten Wirtschaftsakteuren, um Risiken für den Verbraucher zu beseitigen.
Sanktionen/Wettbewerbsrechtliche Relevanz der GPSR
Bei Verstößen gegen die GPSR können die Marktüberwachungsbehörden Sanktionen verhängen, wobei die GPSR zu möglichen Sanktionen keine eigenständigen Regelungen trifft. Art und Umfang der Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen die Pflichten nach der GPSR sollen in Kürze Eingang in das nationale Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) finden.
Das Inverkehrbringen eines gefährlichen Produkts sowie die Nichteinhaltung der Kennzeichnungs- und Identifikationspflichten und der besonderen Kennzeichnungs- und Informationspflichten im Fernabsatzgeschäft stellt einen wettbewerbsrelevanten Verstoß dar, der abmahnfähig ist.