Vom Green Deal zum Clean Deal

„Wir müssen und werden bei all unseren Zielen auf Kurs bleiben, auch bei den Zielen des europäischen Green Deal“, so hat es die alte und neue EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, in ihren politischen Leitlinien zur neuen Legislaturperiode verkündet. Am 12. Februar hat die neue EU-Kommission ihr erstes Arbeitsprogramm vorgestellt: Aus dem Green Deal wird der Clean Deal.
„Ein neuer Plan für nachhaltigen Wohlstand und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit in Europa“ ist erste Priorität der aktuellen EU-Kommission. Dies ist allerdings keineswegs gleichbedeutend mit einem Abrücken von den klima- und umweltpolitischen Zielen des Green Deal. So ist auch die Verankerung des Klimaziels für 2040 im Europäischen Klimagesetz von minus 90 % im Vergleich zu 1990, wie noch von der alten EU-Kommission im vergangenen Jahr vorgeschlagen, Bestandteil des Arbeitsprogramms 2025. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft soll nun aber verstärkt von industrie-, wirtschafts- und handelspolitischen Maßnahmen flankiert werden, die darauf abzielen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die EU auch für energieintensive Industrien als attraktiven Fertigungsstandort zu erhalten.

Neue Strategie: Der Clean Industrial Deal

Als Kern der neuen Zielsetzung hat die EU-Kommission Ende Februar 2025 den „Clean Industrial Deal“ vorgestellt. Dieser entfaltet zwar keine legislative Wirkung, wird als übergeordnete Strategie aber die Leitplanken für zukünftige Rechtsakte setzen, insbesondere zur Energiepolitik, Förderung der Kreislaufwirtschaft, Schaffung von Leitmärkten für grüne Technologien, Investitionsförderung, Fachkräftesicherung und zu handelspolitischen Schutzmaßnahmen. Als wichtiger Rechtsakt in diesem Kontext ist der Industrial Decarbonisation Accelerator Act für das 4. Quartal angekündigt. Mit diesem sollen u. a. Investitionen in Infrastruktur und Industrie kanalisiert und straffere Genehmigungsverfahren für Sektoren im Wandel eingeführt werden.

Viele weitere Aktionspläne im Jahr 2025

Weitere Ausgestaltungen sind bisher nur als Aktionspläne angekündigt, die nicht legislativ wirken, sondern lediglich zukünftige Gesetzesvorhaben ankündigen werden, so
  • der Aktionsplan für bezahlbare Energie (Q1),
  • der Fahrplan zur Beendigung russischer Energieimporte (Q1),
  • der Investitionsplan für nachhaltigen Verkehr (Q3) als strategischer Rahmen für die Förderung nachhaltiger Kraftstoffe in Produktion und Distribution sowie zur beschleunigten Entwicklung von Lade- und Betankungsinfrastrukturen und
  • die Bioökonomie-Strategie (Q4) zur Förderung einer stärker kreislauforientierten und nachhaltigeren Nutzung biologischer Ressourcen für die Produktion von Lebensmitteln, Materialien, Energie und Dienstleistungen.
Ebenfalls Implikationen für die Wirtschaft könnte die angekündigte Europäische Wasserresilienz-Strategie (Q2) haben, die im Arbeitsprogramm allerdings dem Agrar-Schwerpunkt zugeordnet wird.

Zahlreiche Gesetzesinitiativen zum Bürokratieabbau

Besonders interessant dürfte der Ausgang der sog. Omnibus-Verfahren zum Bürokratieabbau werden. Mit den ersten beiden „Omnibussen“ hat die EU-Kommission am 26. Februar bereits weitreichende Vereinfachungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Taxonomie und das europäische Lieferkettengesetz vorgeschlagen. Außerdem soll eine Bagatellgrenze von 50 t pro Jahr für CBAM eingeführt und die EU-Investitionsinstrumente vereinfacht werden.
Weitere Pakete zur Digitalgesetzgebung und Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik werden folgen. Der Vereinfachung soll auch eine zielgerichtete Überarbeitung der REACH-Regulierung (Q4) dienen. Damit soll die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien einfacher werden, ohne Abstriche beim Gesundheits- und Umweltschutz zu machen.
Erklärtes Ziel der EU-Kommission ist es, bis zum Ende der Legislatur die bürokratischen Lasten für alle Unternehmen um mindestens 25 % zu senken, für KMU sogar um 35 %.
Der Green Deal wirkt fort: Viele Reglungen der in der Legislaturperiode 2019-2024 beschlossenen Richtlinien und Verordnungen treten erst im Laufe der Jahre in Kraft. Was ab wann gilt, zeigen unsere Timelines zur Umsetzung des Green Deal auf einen Blick.