Für einen fairen E-Commerce
EU will Risiken bekämpfen
Der deutsche Einzelhandel – stationär wie online – ist auf gute und faire Wettbewerbsbedingungen angewiesen. Die zunehmende Präsenz von E-Commerce-Direktvertriebsmodellen aus Drittländern stellt eine wachsende Herausforderung dar. Während deutsche und europäische Unternehmen strengen Regulierungen unterliegen, richten sich einige außereuropäische Online-Marktplätze nicht nach den in Europa geltenden Standards und Vorgaben. Die daraus resultierenden Tiefstpreise verzerren den fairen Wettbewerb erheblich.
Vor allem die niedrigen Preise von drittländischen, zumeist asiatischen Anbietern, wie Temu und Shein, wirken auf Kunden attraktiv. Zugleich steht der Vorwurf unlauterer Geschäftspraktiken im Raum. Einige Wettbewerber halten Produktsicherheitsvorschriften oder sonstige Schutzstandards nicht ein oder umgehen EU-Zollregelungen.
Im vergangenen Jahr gelangten rund 4,6 Milliarden Sendungen mit geringem Wert auf den EU-Markt, d.h. Waren mit einem Wert von höchstens 150 Euro. Das entspricht 12 Millionen Paketen pro Tag, doppelt so viele wie im Jahr 2023 und dreimal so viele wie im Jahr 2022. Bei vielen dieser Waren wurde festgestellt, dass sie nicht den europäischen Rechtsvorschriften entsprechen.
Die EU-Kommission hat daher Anfang Februar 2025 eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um die damit verbundenen Risiken zu bekämpfen. Betroffen sind Waren, die über Online-Händler aus Drittstaaten und von Marktplätzen für Nicht-EU-Händler verkauft werden. Damit greift die Kommission auch einige der durch die DIHK im Herbst 2024 erarbeiteten Vorschläge für eine fairen E-Commerce auf.
Die Maßnahmen der EU-Komission umfassen folgende Vorhaben:
- Zollreform: Einführung eines neuen Unionszollkodex und eines EU-Zolldatenhubs zur besseren Überwachung und Kontrolle von Waren, die in die EU importiert werden. Abschaffung der 150-€-Zollgrenze, Bearbeitungsgebühr für kleine E-Commerce-Sendungen, Erweiterung des 'Import One Stop Shop' (IOSS)
- Umweltschutz: Umsetzung der Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte und Einführung von erweiterten Herstellerverantwortungspflichten für Textilien und Schuhe.
- Koordinierte Kontrollen: Einrichtung eines Prioritätskontrollbereichs für den E-Commerce, um gefährliche und nicht konforme Produkte zu identifizieren und zu entfernen.
- Produktsicherheit: Verstärkte Marktüberwachungsmaßnahmen und gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung von Produktfälschungen und zur Sicherstellung der Produktsicherheit.
- Digitale Dienste: Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) zur Regulierung von Online-Marktplätzen und zur Bekämpfung illegaler Produkte.
- Verbraucherschutz: Einführung eines Digital Fairness Act (für 2026 geplant) zur Stärkung des Verbraucherschutzes im digitalen Umfeld und zur Bekämpfung unfairer Geschäftspraktiken.
- Streitbeilegung: Verbesserung der alternativen Streitbeilegung für Verbraucher, insbesondere bei Streitigkeiten mit Nicht-EU-Händlern.
- Digitale Werkzeuge: Einführung des Digital Product Passport (DPP) zur Verbesserung der Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Produkten.
- Bewusstseinsbildung: Förderung von Aufklärungskampagnen für Verbraucher über ihre Rechte und Risiken beim Online-Kauf.
- Internationale Zusammenarbeit: Fortsetzung der bilateralen Zusammenarbeit mit Herkunftsländern importierter Waren, insbesondere China, zur Schulung und Sensibilisierung für EU-Produktsicherheitsvorschriften.
Die Kommission hat die einzelnen Maßnahmen sowei das weitere Vorgehen in einem anschaulichen Factsheet zusammengefasst.
Innerhalb eines Jahres wird die Kommission die Wirkung der angekündigten Maßnahmen bewerten und einen Bericht über die Ergebnisse der verstärkten Kontrollen veröffentlichen.