Verfällt der Resturlaub bei Krankheit vor der Altersteilzeit?
Der Europäische Gerichtshof hat bestätigt, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht verfällt, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit nicht in der Lage ist, ihn vor Beginn der Freistellungsphase in der Altersteilzeit vollständig zu nehmen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber diesen abgelten.
5. Juni 2023
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber im Jahr 2012 eine Altersteilzeitregelung vereinbart hatte. Im Mai 2016 begann er unmittelbar vor Eintritt in die Freistellungsphase seinen Resturlaub, konnte diesen wegen einer Erkrankung allerdings nicht vollständig nehmen.
Sein Arbeitgeber lehnte eine Abgeltung des Resturlaubs ab und erhielt in den ersten beiden arbeitsgerichtlichen Instanzen Recht, unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das BAG legte den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor, da es die Vereinbarkeit des deutschen Urlaubsrechts mit dem Recht der Europäischen Union bezweifelte.
Der EuGH bestätigte diese Zweifel und entschied, dass zumindest der gesetzliche Mindesturlaub nicht verfällt, wenn er aufgrund von Krankheit nicht mehr genommen werden kann und der Arbeitnehmer somit einen Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs hat.
Nach Ansicht des EuGH ist der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub ein wichtiger Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union. Darüber hinaus hat der Jahresurlaub nicht nur einen Erholungsaspekt, sondern hat als Teil des Gehalts auch eine finanzielle Komponente.
Quelle: EuGH, Urteil vom 27. April 2023 in der Rechtssache C‑192/22
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Markus Würstle
Bereich: Unternehmen und StandortThemen: Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht