BBiG-Novelle

Bachelor und Master Professional kommen

Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig. Das wird dank der neuen Bezeichnungen für Abschlüsse der höher qualifizierenden Berufsbildung endlich auch sprachlich sichtbar. Dieser Schritt soll den Karriereweg über das duale System der Aus- und Weiterbildung in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich aufwerten. Denn noch immer wird dieser als Alternative zum Studium oft nicht erkannt.
Autorin: Veronika Heibing, 30. Januar 2020
Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR), der zur Vergleichbarkeit von Qualifikationen in der Bundesrepublik und in Europa beitragen soll, dokumentiert es schon lange: Abschlüsse der höheren Berufsbildung sind genauso viel wert wie die der Hochschulen. Doch das Vorurteil, dass nur ein Studium gute Jobaussichten und Verdienstmöglichkeiten garantiert, hält sich hartnäckig. „In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich die Gleichwertigkeit der beiden Bildungswege noch immer nicht durchgesetzt“, sagt Hans-Heinrich Benda, Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung der IHK Darmstadt. Deshalb hatte sich die IHK für die Einführung der neuen Abschlussbezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ starkgemacht, die die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung auch sprachlich verdeutlichen sollen.
Für eine entsprechende Anpassung im Berufsbildungsgesetz (BBiG) hat die IHK viel politische Überzeugungsarbeit bei Bund und Ländern leisten müssen – auch weil führende Hochschulvertreter sich gegen die neuen Abschlussbezeichnungen ausgesprochen hatten. Aus ihrer Sicht würden die Begriffe „Bachelor“ und „Master“ ausschließlich im akademischen Kontext genutzt und die Unterschiede zwischen den Bildungswegen durch die neuen Berufsbezeichnungen verwässert. Dabei unterstreicht der Zusatz „Professional“ gerade die Praxisnähe der Berufsbildung, wie der DIHK in dieser Debatte betonte. Eine Verwechslung mit Hochschulabschlüssen sei so nicht gegeben. Für die neuen Bezeichnungen sprach sich auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek aus. Es müsse sichtbarer werden, dass auch über die berufliche Bildung eine Karriere aufgebaut werden kann, die sehr gute finanzielle Möglichkeiten einräumt. Zusätzlich würden die Abschlüsse so international vergleichbarer.

Neue Rekordzahl an Studierenden

Nachdem der Bundesrat der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes zugestimmt hat, ist der Weg frei für die neuen Berufsbezeichnungen. Das Gesetz trat zum 1. Januar 2020 in Kraft. Wer künftig eine höher qualifizierende Berufsausbildung abschließt, kann sich je nach Fortbildungsstufe „Geprüfte/-r Berufsspezialist/-in“, „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ nennen. Das steigert die Attraktivität des dualen Systems, erleichtert Unternehmen die Fachkräftesuche und ist ein wichtiges Zeichen angesichts neuer Rekordzahlen an Studierenden in Deutschland, wie Hans-Heinrich Benda erläutert. „Laut Statistischem Bundesamt hat die Zahl der Studierenden einen neuen Rekordwert erreicht und stieg seit 2009 um 37 Prozent an. Unternehmen aus unserer Region benötigen jedoch in erster Linie beruflich qualifizierte Fachkräfte“, so der IHK-Experte. „Auch zeigen unsere Beratungen von Studienzweiflern, dass viele zwar mit dem Studium beginnen, am Ende aber eine duale Ausbildung der erfolgreichere Weg für sie ist.“
Eine weitere Neuerung, die mit der Änderung des Berufsbildungsgesetzes wirksam ist: Ein Teil der Berufsprüfungen kann künftig von zwei statt drei Prüfern abgenommen werden. „Um das Prüferehrenamt nicht unnötig zu belasten, wäre es allerdings noch besser, wenn diese Regelung nicht nur für einen Teil, sondern für alle praktischen Prüfungen greifen würde“, erklärt DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Luft nach oben sieht der DIHK im neuen Gesetz insbesondere bei der Digitalisierung. „Hier ist das Recht noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen“, mahnt Eric Schweitzer. Auch das neue Berufsbildungsgesetz schränke etwa weiterhin die zeitgemäße und effiziente Kommunikation zwischen IHKs, Azubis und Betrieben ein. So werden beispielsweise die elektronische Übermittlung von Daten oder ein komplett digitales Berichtsheft verhindert. „Positiv bewerten wir, dass die Möglichkeiten, eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, erweitert werden und diese insbesondere auch Geflüchteten sowie Menschen mit einer Lernbeeinträchtigung oder einer Behinderung offenstehen“, sagt Hans-Heinrich Benda. „Für Unternehmen wird es immer schwieriger, geeigneten Nachwuchs zu finden. Jede Möglichkeit, neue Zielgruppen in der Auszubildendensuche ansprechen zu können, ist hilfreich.“
Dr.Marcel Walter
Geschäftsbereichsleiter
Bereich: Aus- und Weiterbildung