Außergerichtliche Streitbeilegung

Bei zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten stehen Unternehmen vor der Entscheidung staatliche Gerichte einzuschalten oder sich mit den verschiedenen Formen der außergerichtlichen Streitbeilegung zu beschäftigen. Die außergerichtliche Streitbeilegung kommt beispielsweise in Betracht, wenn es sich um spezielle Rechtsmaterien handelt, Vertraulichkeit oder Nichtöffentlichkeit gewünscht ist oder ein flexibles Verfahren angestrebt wird. Im Folgenden sollen deshalb die Themen Schiedsgerichtsverfahren, Schiedsgutachten, Schlichtungsverfahren und Mediation vorgestellt und erläutert werden.

DIHK Schiedsgerichtshof

Die schnelle, sichere und effiziente Lösung von Wirtschaftskonflikten – das ist Ziel und Aufgabe des neuen Schiedsgerichtshofs (SGH) bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Der SGH wurde von der DIHK gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern (IHKs) gegründet und hat im Dezember 2024 seine Arbeit aufgenommen.
Unternehmen können den SGH anrufen, sofern sie sich zuvor auf die Streitentscheidung nach den Regeln des SGH verständigt haben.
Als Alternative zu langen Gerichtsverfahren könnten Unternehmen ab sofort die Schiedsregeln des SGH vereinbaren, erklärt der Vorsitzende des SGH Stephan Wernicke: "Die Unternehmen erhalten beim SGH eine unternehmensnahe und maßgeschneiderte Konfliktlösung im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit. Auf Wunsch der Parteien kann dem Verfahren auch eine Mediation vorgeschaltet werden, die oft zu besonders schnellen, tragfähigen und kostengünstigen Ergebnissen führt."
Konfliktlösung im bekannten, wirtschaftsnahen Umfeld
Mit der Gründung des SGH unterstreichen IHKs, Auslandshandelskammern (AHKs) und DIHK gemeinsam ihr Engagement, alle Unternehmen, ob Mitglied oder Vertragspartner, bei der Lösung von Konflikten unabhängig und verbindlich zu unterstützen – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.
Der SGH setzt dabei auf innovative digitale Anwendungen. Er stellt Unternehmen ein umfassendes Angebot im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit zur Verfügung, darunter eine digitale Verfahrensmanagementplattform, die effiziente Verwaltung der Verfahren, Unterstützung bei der Auswahl der Schiedsrichter sowie eine umfassende Qualitätskontrolle.
Neben Schiedsverfahren nach den SGH-Schiedsregeln können Unternehmen auch auf weitere Streitbeilegungsverfahren der IHKs und AHKs zurückgreifen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Konfliktparteien zugeschnitten sind, wie zum Beispiel Mediation, Schiedsgutachten auch durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Schlichtung oder die Einigungsstellen für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten.
Erfahrenes Team aus der Wirtschaft
Der SGH ist Teil der DIHK und bündelt die langjährige Expertise der Industrie- und Handelskammern auf dem Gebiet der alternativen Konfliktlösung. Zusammen mit dem internationalen Netzwerk der AHKs an 150 Standorten in 93 Ländern bietet die Kammerorganisation mit dem SGH den Unternehmen eine verlässliche Plattform zur Beilegung wirtschaftlicher Streitigkeiten.

SGH-Schiedsverfahren

Mit Schiedsverfahren können Wirtschaftsstreitigkeiten verbindlich entschieden werden. Die Regeln des SGHs sind gezielt auf die Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten. Dauer und Kosten des Verfahrens werden kalkulierbar.
Effizienz
Durch ein straffes Fristen- und Verfahrensmanagement, das international erprobte Standards nutzt, werden Entscheidungen in der Regel innerhalb von 12 Monaten getroffen. Für dringende Fälle bietet der SGH ein Fast-Track-Verfahren, das Ihnen eine Entscheidung innerhalb von nur 6 Monaten ermöglicht. Diese effiziente und vertrauliche Streitbeilegung macht den SGH zum idealen Partner für Ihre wirtschaftlichen Konflikte.
Qualitätssicherung
Justiziare des SGHs können das Verfahren begleiten. Der SGH kann zur Qualitätssicherung und zur Sicherung der Vollstreckbarkeit unter Wahrung der Entscheidungsfreiheit des Schiedsgerichts Änderungen in der Form des Schiedsspruchs anregen.
Digitale Schiedsverfahren
Für Schiedsverfahren nach den Schiedsregeln des SGH steht Ihnen die Verfahrensmanagementplattform des SGH (VMP) zur Verfügung.
Mittels der VMP werden sämtliche Verfahrensschritte – von der Einreichung des Schiedsantrags bis hin zum Schiedsspruch – vollständig digital abgebildet. Prozessuale Handlungen sind von den Verfahrensbeteiligten mittels der VMP vorzunehmen.

Wie können Coburger Unternehmen den DIHK-Schiedsgerichtshof nutzen?

Unternehmen müssen zur Nutzung des SGH eine entsprechende Schiedsgerichtsklausel in ihre Verträge einfügen.
Die IHK zu Coburg empfiehlt ihren Mitgliedsunternehmen zur Beilegung von Wirtschaftsstreitigkeiten den von der DIHK errichteten Schiedsgerichtshof zu nutzen und die folgende Musterklausel in die Verträge aufzunehmen oder im Streitfall zu vereinbaren:
Schiedsgerichtsklausel
„Alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden.“
Ergänzungen sind optional und selbstverständlich möglich.
Schiedsgerichtsverfahren können online über die Internetseite des SGH eingeleitet werden.
Die Parteien können für Verhandlungen im Rahmen des Schiedsverfahrens Räumlichkeiten in der IHK zu Coburg anmieten, sofern diese verfügbar sind.

Schiedsgutachten

Wenn sich Unternehmen oder Gesellschafter eines Unternehmens nicht über den Inhalt, die Auslegung oder die Anpassung eines Vertrages einigen können, so kommt für die verbindliche Klärung dieser Frage ein Schiedsgutachten in Betracht. Eine Anfechtung des Schiedsgutachtens kann nur bei grober Unbilligkeit oder grober Unrichtigkeit des Gutachtens erfolgen. Schiedsgutachter kann je nach Fragestellung ein Jurist oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sein. Als Sachverständiger kommt auch ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in Betracht.
Häufige Fälle sind Tatsachengutachten (Beispiele: Verkehrsgeltung einer Marke begutachten, Feststellung des Ausmaßes eines Schadens), Wert- oder Schätzgutachten (Beispiele: die Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie oder die Bestimmung eines Unternehmenswerts bzw. eines Wertes eines Gesellschaftsanteils).
Rechtsfeststelllende Gutachten: In solchen Gutachten soll der Schiedsgutachter neben Tatsachen auch Rechtsfragen mit einbeziehen., z.B. bei der Angemessenheit eines Honorars nach der HOAI sollen auch Fragen der Zusammensetzung des Honorars geprüft werden. Hier ist Vorsicht geboten, denn die rechtliche Bewertung ist nur bei speziellen Kenntnissen möglich.
Die Auswahl des Schiedsgutachters können die Parteien einvernehmlich festlegen. Häufiger enthalten z. B. Erb- oder Gesellschaftsverträge die Klausel, dass bei Uneinigkeit der Parteien über einen Schiedsgutachter die Industrie- und Handelskammer als unabhängige und neutrale Instanz einen Schiedsgutachter verbindlich bestimmen soll. Dies gehört auch zur Praxis der Industrie- und Handelskammer zu Coburg.
Das Honorar des Schiedsgutachters muss mit diesem festgelegt werden. Möglich ist eine frei vereinbarte Entgeltregung. Besonders bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen können auch die Entgeltsätze des JVEG herangezogen werden.

Schlichtungsverfahren

Die Schlichtung ist ein privatrechtliches, außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren. Schlichter ist ein neutraler Dritter bzw. mehrere neutrale Dritte.
Der oder die Schlichter unterstützen die Parteien bei ihren Verhandlungen. Kommt keine gütliche Einigung der Parteien zu Stande, so kann ein Schlichterspruch gefällt werden, der in der Regel für die Parteien verbindlich ist. Der Gang vor ein ordentliches Gericht kann aber in der Schlichtungsordnung bzw. gesetzlich vorgesehen sein.
Verschiedene IHKs bieten Schlichtungsstellen für kaufmännische Streitigkeiten an.

Schlichtungsausschuss für Ausbildungsstreitigkeiten (§ 111 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz)

Für Streitigkeiten zwischen einem Ausbildungsbetrieb und einem Auszubildenden aus einem bestehenden und bei der IHK zu Coburg eingetragenen Ausbildungsverhältnisses gibt es bei der IHK zu Coburg einen Schlichtungsausschuss.
Dieser Ausschuss ist mit einem Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber besetzt. Auf Antrag einer Partei wird er tätig. Vor einem Gang vor das zuständige Arbeitsgericht muss der Ausschuss tätig werden.
Der Ausschuss ist unabhängig und neutral. Er versucht eine gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen. Kommt keine Einigung zu Stande, kann das Scheitern der Schlichtung festgestellt werden oder ein Schlichtungsspruch gefällt werden. In beiden Fällen kann jede Partei das zuständige Arbeitsgericht anrufen.
Im Falle einer Schlichtung vor dem Ausschuss ist diese rechtsverbindlich und entspricht einem gerichtlichen Vergleich. Es handelt sich um einen vollstreckbaren Titel, soweit die Schlichtungsregelungen von einer Partei nicht freiwillig ausgeführt werden.
Das Verfahren ist nicht öffentlich und kostenfrei.

Einigungsstellenverfahren (§ 15 UWG)

Bei allen Industrie- und Handelskammern, auch bei der IHK u Coburg, bestehen Einigungsstellen für die Beilegung bürgerlich rechtlicher Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Das UWG ermöglicht ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren. Es ist kostengünstiger und in der Regel schneller als ein gerichtliches Verfahren. Die besondere praktische Erfahrung aus der Wirtschaft wird durch ehrenamtlich tätige Unternehmer sichergestellt, die dabei helfen, in einem persönlichen Gespräch zu einer sachgerechten Lösung zu finden, die juristischen Ansprüchen genügt. Den Vorsitz der Einigungsstelle hat ein Volljurist.
Beispiele für Verfahren sind z. B. irreführende Werbung oder Urheberrechtsverletzungen.

Mediation

Die Mediation ist ein Vermittlungsverfahren zwischen den Parteien eines Rechtsstreits. Die Parteien verhandeln grundsätzlich selbst über den Konflikt und werden durch einen neutralen Dritten, den Mediator, unterstützt. Ziel ist die gütliche Einigung, die den Interessen beider Parteien dient und geschäftliche oder persönliche Beziehungen aufrechterhält. Die Entscheidung über eine Einigung treffen die Parteien nicht der Mediator.
Mediatoren finden Sie u. a. bei IHKs, die Mediationsstellen betreiben, bei Mediationsverbänden sowie Rechtsanwaltskammern.