IHK-Konjunkturumfrage - Frühjahr 2025

Coburgs Wirtschaft kommt noch nicht in Schwung
„Die konjunkturelle Lage der Coburger Wirtschaft bleibt auch im Frühjahr ernst. Neben den derzeit bestehenden und schon oft thematisierten Schwächen im internationalen Standortwettbewerb drücken große wirtschaftspolitische Unsicherheiten auf die Bestellungen und den Konsum. Größte Verunsicherung herrscht aufgrund der aggressiven Zollpolitik der US-Administration, die schon jetzt für erhebliche zusätzliche Belastungen bei unseren exportorientierten Industrieunternehmen sorgt. Gleichzeitig nährt die Aussicht auf eine neue Bundesregierung Hoffnung. In diesem Spannungs- und Aufgabenfeld ist die künftige Bundesregierung gefordert: Unsicherheiten beseitigen, Konjunkturimpulse setzen und Potenzialwachstum heben.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Dr. Andreas Engel die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Frühjahr 2025.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sowohl die aktuelle geschäftliche Lage als auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen im Wirtschaftsraum Coburg abbildet, hat um 5 Punkte zugenommen und erreicht einen – nach wie vor mäßigen – Stand von 91. Der jüngste Indikatoranstieg ist allerdings im Wesentlichen auf die weniger von Pessimismus geprägten Rückmeldungen der Unternehmen über ihre zukünftige Geschäftsentwicklung zurückzuführen.
Aktuelle Geschäftslage: Aktuell bezeichnen 21 Prozent der befragten Betriebe ihre Situation als gut, 35 Prozent beurteilen sie als schlecht und 44 Prozent sehen sie wenigstens als befriedigend an. Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen der Unternehmen zur aktuellen Geschäftssituation verbleibt wie im Vorquartal unverändert bei -14. Nur in der Industrie und im Handel sind die Rückmeldungen noch unbefriedigender.
Erwartungen: Die regionale Wirtschaft blickt nicht mehr ganz so düster wie zu Jahresbeginn nach vorn. Trotzdem überwiegen die pessimistischen Geschäftsprognosen. 20 Prozent der Befragten erwarten für die kommenden Monate eine geschäftliche Aufhellung. 57 Prozent gehen von einem unveränderten Geschäftsverlauf aus, 23 Prozent befürchten jedoch eine geschäftliche Eintrübung. Der Saldo aus günstigen und ungünstigen Geschäftserwartungen beträgt folglich noch minus 3 Punkte (Vorquartal -15 Punkte). Die größten Risiken für ihre künftige Geschäftsentwicklung sehen die Unternehmen in den Arbeitskosten (68 Prozent), den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (68 Prozent) sowie der Inlandsnachfrage (64 Prozent). Gefragt nach den mittelfristigen Auswirkungen durch die Lockerung der Schuldenbremse hoffen 40 Prozent auf Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage und 20 Prozent auf steigende Aufträge für das eigene Unternehmen.
„Mit dem nun vereinbarten Koalitionsvertrag ist der erste Schritt getan – doch Papier allein schafft noch kein Wachstum. Was jetzt zählt, ist entschlossenes und zügiges Handeln. Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit, verlässliche Rahmenbedingungen und vor allem eine spürbare Entlastung von Bürokratie und Kosten. Wichtig sind jetzt konkrete Maßnahmen der neuen Bundesregierung für mehr Verlässlichkeit und Solidität, für mehr Innovationen und Investitionen – und für mehr unternehmerische Freiheit. Aus Sicht der Wirtschaft müssen noch vor der Sommerpause die Vorhaben angegangen werden, die den größten positiven Effekt für Wachstum, Beschäftigung und Investitionsdynamik entfalten können. Hierzu gehören u.a. mehr Tempo durch Bürokratieabbau und Verfahrensbeschleunigung, Wettbewerbsfähige Energiepreise ermöglichen sowie Steuerliche Anreize für Investitionen schaffen“, mahnt IHK-Präsident Dr. Engel.

Die Branchen im Einzelnen

Industrie gesamt

Aktuelle Lage: Coburgs Industrieunternehmen finden weiterhin keinen Weg aus der Strukturkrise. Eine andauernd schwache Auftragslage, gesunkene Wettbewerbsfähigkeit aufgrund hoher Energie- und Arbeitskosten sowie politische Unsicherheiten drücken auf die Stimmung vieler Industrieunternehmen. Derzeit berichten gerade einmal 15 Prozent der befragten Betriebe von guten Geschäften. Über einen schlechten Geschäftsverlauf klagen hingegen 44 Prozent. Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen hat sich im Vergleich zur Vorumfrage zwar um 4 Punkte verbessert, bleibt aber mit -29 Punkten weiterhin deutlich im negativen Bereich. Der Auftragsbestand wird fast von der Hälfte der Befragten (48 Prozent) als zu klein bewertet. Folglich berichten nur 52 Prozent von voller bzw. befriedigender Kapazitätsauslastung.
Erwartungen: Der Ausblick der regionalen Industrie auf die künftige Geschäftsentwicklung fällt noch pessimistischer aus als im Vorquartal. Neben den strukturellen Sorgen haben sich zusätzlich die wirtschaftspolitischen Risiken für die Unternehmen verlagert und haben zunehmend ihre Ursache in der erratischen US-Zollpolitik, die die exportstarken Industriebetriebe in der Region besonders schwer belastet. Nur 9 Prozent der Unternehmen gehen von einer Besserung in den kommenden Monaten aus (zuvor 14 Prozent), hingegen erwartet mehr als ein Drittel (36 Prozent nach zuvor 33 Prozent) eine Verschlechterung des Geschäfts. Der Saldo steigt damit um 8 auf -29 Punkte. Die schwache Industriekonjunktur könnte ernstzunehmende Folgen für den Arbeitsmarkt haben: 49 Prozent der befragten Unternehmen rechnen im Jahresverlauf mit einer Verringerung der Beschäftigtenzahlen. Nur 2 Prozent der Industriebetriebe planen Neueinstellungen.
Industrie im Einzelnen:
Maschinenbau
Aktuelle Lage: In einem unverändert schwierigen Umfeld mit schlechter Investitionslaune bewegen sich Coburgs Maschinenbauer. Nach wie vor fehlt es an den notwendigen Wachstumsimpulsen für eine nachhaltige Marktbelebung. Auftragsbestände und Kapazitätsauslastung verharren mangels Orderplus auf schwachem Niveau. Nur 29 Prozent der Branchenvertreter berichten von voller Kapazitätsauslastung und 57 Prozent von nicht ausreichender Kapazitätsauslastung. Entsprechend fällt die Beurteilung der Geschäftslage aus: Kein Unternehmen bezeichnet seine aktuelle Lage als gut, 29 Prozent sind unzufrieden.
Erwartungen: Vor dem Hintergrund der anhaltenden strukturellen Probleme und des US-Zollkonflikts mit den zu erwartenden Auswirkungen auf Coburgs Maschinenbau verharren die Geschäftserwartungen der Branche im negativen Bereich. 43 Prozent der Betriebe rechnen mit schlechteren Geschäften in den nächsten Monaten. Kein Unternehmensvertreter (nach zuvor 17 Prozent) geht von einer Verbesserung aus. Der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen sinkt damit auf -43 Punkte (Vorumfrage -33 Punkte).
Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterindustrie
Aktuelle Lage: Andauernde Unsicherheiten bei Nachfrage und Absatzlage der OEMs, hoher Transformationsdruck und regulatorische Vorgaben, wie etwa das noch bestehende Verbrenner-Verbot in Europa, verhindern eine nachhaltige Stabilisierung der aktuellen Geschäftslage der heimischen Automobilzulieferer und Vorleistungsgüterproduzenten. Aktuell bewerten wie bei der Vorumfrage 14 Prozent ihre Geschäftslage mit gut. 32 Prozent bezeichnen sie als befriedigend und mehr als die Hälfte (55 Prozent) ist weiterhin unzufrieden. Der Lagesaldo sinkt damit nochmals um 5 auf nunmehr minus 55 Punkte. Damit verzeichnet die Branche den schlechtesten Wert seit der Coronakrise. Trotz leichter Zuwächse bei den Auftragseingängen aus dem Inland bleibt die Kapazitätsauslastung bei den Betrieben herausfordernd. Der Anteil der Befragten, deren Kapazitäten nicht ausreichend ausgelastet sind, stagniert bei 59 Prozent.
Erwartungen: Hohe Unsicherheit auf internationaler Ebene gepaart mit zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland und fehlender preislicher Wettbewerbsfähigkeit sorgt bei den befragten Branchenvertretern für weiterhin trübe Aussichten auf die kommenden Monate. 40 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus und die Hälfte erwartet eine Seitwärtsbewegung. Jedes 10. Unternehmen rechnet mit Verbesserung der Geschäftslage. Die Aussichten für den deutschen und europäischen Automobilmarkt machen Erweiterungsinvestitionsabsichten in der Region nicht erforderlich – das Marktwachstum findet andernorts statt.
Ge- und Verbrauchsgüterindustrie
Aktuelle Lage: Die Ge- und Verbrauchsgüterproduzenten, zu denen insbesondere die Möbel- und die Spielwarenindustrie gehören, berichten im Vergleich zur Vorumfrage von leichter Erholung, ein Aufschwung ist aber nicht in Sicht. Nach wie vor setzt die Konsumzurückhaltung der Verbraucher dieser Branche zu. Der Geschäftslagensaldo aus positiven und negativen Beurteilungen ist um 24 auf -22 Punkte gestiegen. Von der Mehrheit der Branchenvertreter wird der derzeitige Auftragsbestand als ausreichend und von 36 Prozent als zu klein bezeichnet.
Erwartungen: Die Mehrheit der befragten Hersteller von Ge- und Verbrauchsgütern geht von einer Seitwärtsbewegung aus. Ein Viertel geht von einer Verschlechterung aus, 17 Prozent rechnen mit einer Verbesserung des Geschäfts. Der Saldo der Geschäftserwartungen sinkt um 7 auf minus 8 Punkte. Größte Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung sieht die Branche in den Arbeitskosten, der Inlandsnachfrage und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.

Dienstleistung

Versicherungs- und Finanzgewerbe
Aktuelle Lage: Das regionale Versicherungs- und Finanzgewerbe zeigt sich gegenüber der gesamtwirtschaftlichen Unsicherheit weiter resilient. Insbesondere die Schaden- und Unfallversicherung sorgt dank Beitragserhöhungen und Neu-Kundengewinnung für positive Impulse. Aktuell berichtet die Hälfte der befragten Branchenvertreter von guten Geschäften, keiner der Befragten ist unzufrieden.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt die Branche im Vergleich zur Vorumfrage wieder etwas optimistischer (per Saldo +25 Punkte). Die Mehrheit der befragten Unternehmer geht von einer Seitwärtsbewegung aus, keiner rechnet mit einer Verschlechterung. Allerdings dämpfen Unsicherheiten über die zukünftige Schadenentwicklung die Erwartungen in sämtlichen Sparten. Zusätzlich sieht die Branche in der anhaltenden Wachstumsschwäche in Deutschland ein zentrales Risiko für die dauerhafte Stabilität des Finanzsystems.
Unternehmensnahes Dienstleistungsgewerbe
Aktuelle Lage: Auf Grund der weiterhin bestehenden konjunkturellen Schwäche bleibt die aktuelle Geschäftslage im unternehmensnahen Dienstleistungsgewerbe angespannt. Zwar hat sich der Lagensaldo im Vergleich zur Vorumfrage leicht um 3 auf -6 Punkte verbessert, bleibt aber dennoch im negativen Bereich. Ein Drittel der Branchenvertreter spricht von voller Auslastung in den letzten sechs Monaten (Vorumfrage: 35 Prozent), 39 Prozent waren nicht voll ausgelastet.
Erwartungen: Die Aussichten für die kommenden Monate sind, verbunden mit der Hoffnung auf ein anziehendes Geschäftsumfeld, vorsichtig optimistisch. 35 Prozent der Branchenvertreter rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte, 23 Prozent mit einer Verschlechterung. Die Branche erwartet in den nächsten Monaten eine bessere Umsatzentwicklung und eine höhere Auslastung als derzeit.

Handel

Einzelhandel
Aktuelle Lage: Die Stimmung der Einzelhändler bleibt weiterhin gedrückt, denn man spürt noch immer die Konsumzurückhaltung der Verbraucher. Gestiegene Lebenshaltungskosten, Sorgen um die Arbeitsplatzsicherheit sowie die Steuer- und Abgabenlast drücken auf die Kauflaune. Aktuell bewerten 9 Prozent ihre Geschäftslage mit gut, 36 Prozent sind unzufrieden und 54 Prozent der befragten Branchenvertreter empfinden sie als befriedigend. Der Saldo im Einzelhandel hat sich gegenüber der Vorumfrage um 10 auf -27 Punkte verschlechtert.
Erwartungen: Im Einzelhandel bleiben die Geschäftserwartungen düster. Neben der schwachen Nachfrage bereiten den Betrieben auch die Arbeitskosten und unsichere wirtschaftspolitisch Rahmenbedingungen rund um den Handelskonflikt zwischen den USA und dem Rest der Welt große Sorgen. Aus Ihrer Sicht könnte sich dadurch die Sparneigung der Verbraucher fortsetzen, trotz der hoffnungsvollen Aussicht auf eine baldige voll handlungsfähige Regierung. 18 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine ungünstigere Geschäftsentwicklung, mit besseren Geschäften rechnen lediglich 9 Prozent der Händler.
Großhandel
Aktuelle Lage: Die Lage im regionalen Großhandel hat sich im Vergleich zur Vorumfrage nochmals verschlechtert (per Saldo um -29 Punkte). Die Branche leidet nach wie vor unter mangelnder Nachfrage aus der Industrie und konsumnahen Branchen: So berichten 29 Prozent der befragten Großhändler von schlecht laufenden Geschäften, keiner der Befragten dieser Branche kann eine gute Geschäftssituation verzeichnen. Immerhin 71 Prozent der Grossisten bezeichnen ihre Lage als befriedigend.
Erwartungen: Auf die kommenden Monate blickt der Großhandel mit wenig Optimismus. Die große Mehrheit der befragten Unternehmen (83 Prozent) rechnet künftig mit Geschäften auf aktuellem Niveau und 17 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Als größte Konjunkturrisiken gelten für die Branche die Inlandsnachfrage und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.

Tourismus

Aktuelle Lage: Die Stimmung der regionalen Hoteliers und Gastronomen bleibt trüb. Die Betriebe leiden unter weiter steigenden Kosten bei Personal, Nahrungsmitteln und Energie sowie der zunehmenden Preissensibilität und Konsumzurückhaltung ihrer Gäste. 16 Prozent (Vorumfrage 19 Prozent) der befragten Unternehmensvertreter bewerten ihre Lage als gut, 42 Prozent (Vorumfrage 38 Prozent) sind unzufrieden und genauso viele erachten sie als befriedigend. Der Saldo fällt im Vergleich zur Vorumfrage um 7 auf nunmehr -26 Punkte. Saisonbedingt sind kaum Umsatzzuwächse bei Tagestouristen und Urlaubsreisenden zu verzeichnen. Die durchschnittliche Zimmerauslastung in den letzten sechs Monaten betrug 40 Prozent (Vorumfrage. 43 Prozent).
Erwartungen: Dank der im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung in Aussicht gestellten Verbesserungen, wie z.B. der Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen, blickt die Branche auf die kommenden Monate optimistisch. 48 Prozent des befragten Gastgewerbes erwarten eine Verbesserung ihrer Situation (+34 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorumfrage), 9 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Zudem erwarten die Branchenvertreter saisonbedingt Umsatzsteigerungen bei Tagestouristen und Urlaubsreisenden. 62 Prozent der Befragten gehen von einer besseren Zimmerauslastung aus.